VwGH 95/20/0197

VwGH95/20/019711.9.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Baur und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des A in T, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Dezember 1994, Zl. 4.339.042/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1968 §1;
AsylG 1968 §1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Dezember 1994 wurde die Berufung des Beschwerdeführers - eines iranischen Staatsangehörigen, der am 29. April 1993 in das Bundesgebiet eingereist ist und am folgenden Tag den Asylantrag gestellt hat - gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 28. Juli 1993, mit dem festgestellt worden war, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei, abgewiesen.

Die belangte Behörde ging dabei von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 28. Juni 1993 aus: Der Beschwerdeführer habe danach keiner politischen Partei oder Organisation angehört, er sei jedoch mit dem Regime im Iran nicht einverstanden. Die Bevölkerung würde von den sogenannten Revolutionswächtern laufend unterdrückt und diskriminiert. So sei er im Jahr 1990 von Revolutionswächtern angehalten worden, weil er damals ein Kurzarm-Hemd getragen habe. Ihm seien deshalb die Arme mit Farbe angestrichen worden und ihm sei aufgetragen worden, künftig ein Hemd mit langen Ärmeln zu tragen. Als er am 29. November 1990 in einem Park in Teheran ein Foto von Khomeini verbrannt habe, sei er von Revolutionswächtern festgenommen und geschlagen worden. In der Folge sei er drei Monate inhaftiert, im Gefängnis jedoch weder geschlagen noch gefoltert worden. Anläßlich seiner Enthaftung sei ihm mit lebenslanger Haft gedroht worden, falls er weiterhin Widerstand leisten sollte. Er habe sich dann bis zum Verlassen des Irans ruhig verhalten, er sei jedoch von den Revolutionswächtern immer wieder beobachtet worden. Außerdem habe er im Iran wenig verdient und sich nicht einmal eine eigene Wohnung leisten können.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, den Angaben des Beschwerdeführers könne nicht entnommen werden, daß er im Iran einer asylrechtlich relevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen wäre. Die bloße ablehnende Haltung eines Asylwerbers gegenüber dem in seinem Heimatstaat herrschenden politischen System bilde für sich allein noch keinen Grund, ihn als Flüchtling anzuerkennen. Auch könne die Beobachtung der Einhaltung der islamischen Bekleidungsvorschriften nicht als eine asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Konvention angesehen werden. Von diesen Regeln seien alle Bürger im Heimatland des Beschwerdeführers im gleichen Ausmaß betroffen. Der Beschwerdeführer sei zwar für die Dauer von drei Monaten inhaftiert, jedoch anschließend wieder freigelassen worden, ohne daß gegen ihn der Vorwurf einer strafbaren Handlung erhoben worden sei. Im übrigen bestünde zwischen dieser Inhaftierung und der dann im Jahr 1993 erfolgten Flucht kein ausreichender zeitlicher Zusammenhang, weshalb insgesamt betrachtet der Beschwerdeführer in seinem Heimatland keine Verfolgung aus den im § 1 Z. 1 des Asylgesetzes 1991 (AsylG) genannten Gründen zu befürchten gehabt hätte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde ist zwar von der unrichtigen Annahme ausgegangen, daß sie im vorliegenden Fall bereits das Asylgesetz 1991 anzuwenden hätte (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, wonach auf das beschwerdegegenständliche Verfahren die Bestimmungen des Asylgesetzes 1968 anzuwenden gewesen wären), jedoch bewirkt die Heranziehung einer unzutreffenden Rechtslage nicht in jedem Falle eine notwendigerweise zur Aufhebung des Bescheides führende Rechtswidrigkeit. Vielmehr ist dafür entscheidend, inwieweit dieser Fehler geeignet ist, die Rechtsstellung des Beschwerdeführers zu beeinflussen und gegebenenfalls nachteilig zu verändern. Im vorliegenden Fall hat sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides - trotz der Zitierung weiterer Bestimmungen des AsylG (1991) - in rechtlicher Würdigung der vom Beschwerdeführer gemachten Angaben über seine Fluchtgründe ausschließlich mit dem Flüchtlingsbegriff des § 1 Z. 1 AsylG auseinandergesetzt; dieser stimmt jedoch mit jenem des AsylG (1968) vollinhaltlich überein. Der Beschwerdeführer unterlag hinsichtlich seines Vorbringens weder in erster Instanz noch in seiner Berufung einer Einschränkung. Die Behörde hat auch keine einschränkenden Verfahrensbestimmungen angewendet. Die unrichtige Anwendung des AsylG (1991) war im konkreten Fall somit nicht geeignet, die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig zu beeinflussen.

Die Beschwerdebehauptung, dem angefochtenen Bescheid könnte nicht entnommen werden, von welchen Feststellungen die belangte Behörde ausgegangen sei, geht am Inhalt des Bescheides vorbei. Darin hat die belangte Behörde klar zum Ausdruck gebracht, daß sie ihren rechtlichen Erwägungen ausschließlich die vom Beschwerdeführer selbst gemachten Angaben zugrunde lege.

Die belangte Behörde hat aus diesen Angaben im Verwaltungsverfahren zutreffend gefolgert, daß der Beschwerdeführer im Iran keiner asylrelevanten Verfolgung aus Konventionsgründen ausgesetzt war. Die Ablehnung des politischen Systems im Heimatland des Asylwerbers stellt für sich allein keinen Fluchtgrund dar. Die belangte Behörde befindet sich auch auf dem Boden der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die die Flucht auslösende Verfolgungsgefahr aktuell sein müsse. Die Inhaftierung des Beschwerdeführers wegen der Verbrennung von Lichtbildern der damaligen politischen Führer des Iran liegt im Verhältnis zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus seinem Heimatland so weit zurück, daß sie in keinem erkennbaren zeitlichen Zusammenhang mehr zueinander gesetzt werden können.

Daran vermögen auch allgemeine Informationen über die Situation im Heimatland des Beschwerdeführers nichts zu ändern, weil es - wie der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls bereits wiederholt ausgesprochen hat - auch vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse immer auf die konkrete Situation des einzelnen Asylwerbers ankommt.

Auf die in der Beschwerde erstmals aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer sei während seiner Haft von den Revolutionswächtern ständig mit dem "Umbringen" bedroht worden, er sei mittlerweile Christ geworden und müßte deshalb bei seiner Rückkehr in den Iran um sein Leben fürchten, ist schon auf Grund des im verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geltenden Neuerungsverbotes nicht einzugehen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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