VwGH 95/19/0712

VwGH95/19/071219.12.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Juli 1995, Zl. 301.813/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Juli 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 22. Dezember 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 und § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufG) sowie § 10 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz (FrG) abgewiesen.

Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid damit, daß der Beschwerdeführer in der Berufung gegen die Entscheidung der ersten Instanz, welche seinen Antrag im Hinblick auf § 4 Abs. 1 AufG abgewiesen habe, im wesentlichen eingewendet habe, er sei Geschäftsführer eines Bauunternehmens in Österreich und zur Ausübung dieser Tätigkeit sei unbedingt seine dauernde Anwesenheit erforderlich. Darüber hinaus habe die Berufungsbehörde festgestellt, daß die Vorschrift des § 6 Abs. 2 AufG nicht eingehalten worden sei. Der Beschwerdeführer habe nach der auf seinen eigenen Angaben beruhenden Aktenlage den Antrag nicht vor der Einreise, mit der sein derzeitiger Aufenthalt begonnen habe, gestellt. Der Antrag sei am 22. Dezember 1994 vom Beschwerdeführer in Zagreb eingebracht worden. Er sei jedoch seit 21. November 1994 (also vor, während und nach der Antragstellung) aufrecht polizeilich in Österreich gemeldet gewesen, habe am 11. Oktober 1994 einen Mietvertrag für eine Wiener Wohnung abgeschlossen und somit schon zu diesem Zeitpunkt beabsichtigt, in Österreich einen ordentlichen Wohnsitz zu gründen. Zu diesem Zweck hätte er gemäß § 1 Abs. 1 AufG von Anfang an eine Aufenthaltsbewilligung benötigt. Darüber hinaus habe er am 21. Juli 1994 den Notariatsakt unterzeichnet, mit welchem er zum Geschäftsführer eines Bauunternehmens ernannt worden sei. Am 14. September 1994 habe er einen diesbezüglichen Abtretungsvertrag unterschrieben. Er habe den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht mit dem Datum seiner ersten Einreise nach Österreich gestellt, obwohl er schon zu diesem Zeitpunkt beabsichtigt habe, hier eine selbständige Erwerbstätigkeit auszuüben, sondern erst im Dezember 1994.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG sei ein Sichtvermerk zu versagen, wenn durch den Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet werde. Der Beschwerdeführer halte sich entgegen den Bestimmungen des Fremdenrechtes ohne Sichtvermerk und damit illegal in Österreich auf. Dadurch zeige er, daß er nicht gewillt sei, die österreichische Rechtsordnung, insbesondere in einem Bereich, der für den Ablauf eines geregelten Fremdenwesens vorgesehen sei, zu respektieren. Damit liege der genannte Sichtvermerksversagungsgrund vor.

Die belangte Behörde habe im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen festgestellt, daß unter Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK die öffentlichen Interessen überwögen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, er sei im Jahr 1994 mehrmals nach Österreich ein-, aber auch wieder ausgereist. Diese Ein- und Ausreisen hätten zur VORBEREITUNG seiner Existenzgrundlage in Österreich gedient. Die Aufenthalte des Beschwerdeführers seien ohne jede Verletzung fremdenrechtlicher Vorschriften vonstatten gegangen, er habe die Möglichkeit des sichtvermerksfreien Aufenthaltes von kroatischen Staatsbürgern in Österreich ausgenützt. Dieses Vorbringen habe er im Verwaltungsverfahren nicht erstatten können, weil die belangte Behörde einen anderen Abweisungsgrund herangezogen habe als die Erstbehörde und dem Beschwerdeführer hiezu kein Parteiengehör eingeräumt habe.

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt der Beschwerdeführer vor, daß Einreise im Sinne des § 6 AufG erst jene Einreise nach Österreich sei, an welche der dauernde Aufenthalt und/oder die in Österreich ausgeübte Erwerbstätigkeit zeitlich unmittelbar anknüpfen sollen. Die Aufenthalte des Beschwerdeführers hätten aber lediglich zur VORBEREITUNG seiner Existenzgrundlage gedient, deshalb habe er vor seiner Einreise nach Österreich im genannten Sinne den Antrag auf Aufenthaltsbewilligung gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 AufG brauchen Fremde zur Begründung eines Hauptwohnsitzes in Österreich eine Aufenthaltsbewilligung. Gemäß § 1 Abs. 2 wird von Fremden, die sich

...

2. zur AUSÜBUNG einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufhalten, für Zwecke des Aufenthaltsgesetzes jedenfalls angenommen, daß sie in Österreich einen Hauptwohnsitz begründen.

Zwar ist dem Beschwerdeführer dahingehend Recht zu geben, daß die Behörde, wenn sie den Versagungsgrund gegenüber dem Bescheid der Vorinstanz ändert, verpflichtet ist, dies dem Beschwerdeführer vorzuhalten. Eigene Angaben müssen der Partei demgegenüber nicht vorgehalten werden.

Der Beschwerdeführer hat als Belege für seinen Antrag nicht nur den Meldezettel betreffend die Adresse in W, S-Gasse 14/6, mit Anmeldedatum 21. November 1994, den Mietvertrag vom 11. Oktober 1994 betreffend Anmietung der genannten Wohnung mit Beginn 1. Oktober 1994, in welchem auch enthalten ist, daß der Beschwerdeführer "zur Zeit in W, K-Gasse 29/22 in Haupt-/Untermiete wohnhaft" sei, eine Bezugsbestätigung vom 19. Dezember 1994, nach welcher der Beschwerdeführer Gesellschafter-Geschäftsführer der Firma L sei und einen monatlichen Bruttobezug von S 9.545,-- ERHALTE, sondern insbesondere einen Notariatsakt vom 23. Juni 1994 über die außerordentliche Generalversammlung der L GmbH vorgelegt. In diesem über den Tagesordnungspunkt der Beschlußfassung über Bestellung und Löschung eines Geschäftsführers scheint auf, daß der Beschwerdeführer mit WOHNSITZ UND GEWÖHNLICHEM AUFENTHALT in W, K-Gasse 29/22, zum Geschäftsführer der Gesellschaft mit selbständigem Vertretungsrecht mit Wirksamkeit vom 23. Juni 1994 bestellt wurde. Zudem gibt der Beschwerdeführer in seiner persönlich verfaßten Berufung an:

"... ich bin Geschäftsführer in diesem Unternehmen (Anm.: Bauunternehmen L), das verschiedene Bauarbeiten ausführt. Es sind mehrere Verträge über Ausbau abgeschlossen und ohne meiner Anwesenheit kann man die Arbeiten NICHT WEITER ZU BAUEN FORTSETZEN (Anm.: Hervorhebung durch Unterstreichung durch den Verwaltungsgerichtshof). Die ausgeführten Arbeiten sind fachmännischer Art und solche Arbeitskraft auf dem Gebiet von Wien ist mangelhaft."

Aus dem Zusammenhalt dieser Angaben kann dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde, seine jeweiligen Anwesenheiten in Österreich hätten nur zur VORBEREITUNG seiner Existenz in Österreich gedient, nicht gefolgt werden. Insbesondere aus den Berufungsangaben ist eindeutig abzuleiten, daß der Beschwerdeführer seine Arbeitskraft in der Firma L tatsächlich eingesetzt hat und dafür zumindest im Dezember 1994 (Datum der Bestätigung) ein Einkommen erzielte. Daher ÜBTE der Beschwerdeführer eine (selbständige oder unselbständige) Erwerbstätigkeit in Österreich bereits vor Stellung des gegenständlichen Antrages am 22. Dezember 1994 in Österreich AUS. Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer gemäß § 1 Abs. 1 AufG vor Antragstellung bereits eine Aufenthaltsbewilligung benötigt hätte.

Daran ändert nichts, daß sich der Beschwerdeführer zeitweilig tatsächlich im Ausland aufhielt (Antragstellung 22. Dezember 1994, Übernahme des erstinstanzlichen Bescheides 17. Februar 1995, Postaufgabe der Berufung 22. Februar 1995; nicht aber zum Zeitpunkt der Zustellung des zweitinstanzlichen Bescheides in Wien am 21. Juli 1995).

Benötigte der Beschwerdeführer aber für seinen Aufenthalt zur AUSÜBUNG einer Erwerbstätigkeit in Österreich eine Aufenthaltsbewilligung, so kann er sich nicht auf die Rechtmäßigkeit einer zu Touristenzwecken möglichen sichtvermerksfreien Einreise samt anschließendem Aufenthalt berufen. Seine Einreise zwecks AUSÜBUNG einer Erwerbstätigkeit wurde daher von der belangten Behörde zu Recht als illegale Einreise samt daran anschließendem illegalen Aufenthalt gewertet. Die belangte Behörde ist daher zutreffend vom Vorliegen des Sichtvermerksversagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG und damit auch vom Vorliegen eines Ausschließungsgrundes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG ausgegangen (vgl. zur illegalen Einreise und daran anschließenden Aufenthalt das hg. Erkenntnis vom 25. November 1993, Zl. 93/18/0259, uva.).

Liegt aber dieser Ausschließungsgrund vor, kann trotz der anläßlich der Berufung vorgebrachten familiären (der am 5. November 1975 geborene Sohn lebt in Österreich und bewohnt die Wohnung n, S-Gasse 14/6) und privaten Interessen (Tätigkeit bei L GmbH) die Ansicht der belangten Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden, daß diese Interessen im Sinne des Art. 8 MRK hinter den öffentlichen Interessen zurückzutreten haben. Denn es liefe dem Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens entgegen, wenn ein Fremder bloß aufgrund von Tatsachen, die von ihm geschaffen wurden, als er rechtens nicht mit einem (längeren) Aufenthalt in Österreich rechnen durfte, den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer erzwingen könnte (vgl. zB. die hg. Erkenntnisse vom 23. Juni 1994, Zl. 94/18/0340, und vom 20. Juni 1996, Zlen. 96/19/1046, 1047).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Damit erübrigt sich eine Befassung mit der zu § 6 Abs. 2 AufG ergangenen Begründung des angefochtenen Bescheides sowie mit dem hiegegen erstatteten Beschwerdevorbringen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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