VwGH 95/19/0291

VwGH95/19/029114.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des K in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. April 1995, Zl. 301.096/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 idF 1992/466 §3 Abs1;
AufG 1992 idF 1992/466 §3 Abs2;
AufG 1992 idF 1992/466 §3 Abs3;
AufG 1992 idF 1992/466 §9 Abs3;
VwRallg;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 idF 1992/466 §3 Abs1;
AufG 1992 idF 1992/466 §3 Abs2;
AufG 1992 idF 1992/466 §3 Abs3;
AufG 1992 idF 1992/466 §9 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. April 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 AufG (in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) setze voraus, daß die Ehe zum Zeitpunkt der Antragstellung mindestens ein Jahr bestanden habe. Der Beschwerdeführer habe am 5. Juni 1993 die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossen und seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung am 11. Jänner 1994 gestellt, sodaß die Ehe zu diesem Zeitpunkt noch nicht ein Jahr bestanden habe.

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG dürfe eine Bewilligung nicht erteilt werden, wenn der Unterhalt für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert sei. Der Mindestbedarf für den Unterhalt des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin betrage gemäß dem Sozialhilferichtsatz des Bundeslandes Oberösterreich (offenbar: unter Berücksichtigung monatlicher Mietkosten von S 2.000,--) S 10.950,-- pro Monat. Dem stünde an verfügbaren Unterhaltsmitteln lediglich das laufende Monatseinkommen der Ehegattin des Beschwerdeführers in Höhe von S 9.398,88 gegenüber. Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsgehalt) dienten der Bestreitung außerordentlicher Aufwendungen und seien daher den zur Sicherung des Unterhaltes zur Verfügung stehenden Mitteln nicht zuzurechnen.

Es könne daher gemäß § 5 Abs. 1 AufG sowie gemäß § 3 Abs. 2 AufG keine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden. Die öffentlichen Interessen überwögen die privaten Interessen des Beschwerdeführers auf Familienzusammenführung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Hinblick auf die Zustellung des angefochtenen Bescheides am 12. Mai 1995 hat die belangte Behörde zutreffend die Rechtslage vor Inkrafttreten der AufG-Novelle 1995, BGBl. Nr. 351, angewendet. Gemäß § 3 Abs. 1 a.F. AufG ist Ehegatten von österreichischen Staatsbürgern eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt. Aus dem Grunde des § 3 Abs. 2 a.F. AufG setzt die Erteilung einer Bewilligung gemäß Abs. 1 für Ehegatten voraus, daß die Ehe zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits mindestens ein Jahr besteht. Gemäß § 3 Abs. 3 a.F. AufG können die Fristen des Abs. 2 leg. cit. verkürzt werden, wenn der Ehegatte im gemeinsamen Haushalt gelebt hat und sein Lebensunterhalt und seine Unterkunft ausreichend gesichert sind.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 a.F. AufG nicht erfüllt hat, verweist jedoch auf sein bereits im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen, wonach er seit 16. Juni 1993 mit seiner Gattin im gemeinsamen Haushalt an der Adresse S lebe. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 a. F. AufG nicht vorliegen, wenn sich der Fremde während des Bestehens des gemeinsamen Haushaltes im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhielt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1995, Zl. 95/21/0067). Daß die Begründung und das Aufrechterhalten eines gemeinsamen Wohnsitzes mit seiner österreichischen Ehegattin rechtmäßig war, wird vom Beschwerdeführer nicht einmal behauptet. Als Staatsangehöriger der "Bundesrepublik Jugoslawien" hätte der am 10. Jänner 1993 in das Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführer zur Einreise einen gewöhnlichen Sichtvermerk und ab 1. Juli 1993 zur Begründung eines Hauptwohnsitzes eine Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 AufG benötigt.

Aus diesen Erwägungen lagen die Voraussetzungen für die Anwendung der Ermessensbestimmung des § 3 Abs. 3 a.F. AufG durch die Behörde nicht vor.

Damit ist aber lediglich ausgesagt, daß dem Beschwerdeführer kein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach § 3 Abs. 1 und 2 a.F. AufG zusteht und der belangten Behörde überdies die Abkürzung der Frist des § 3 Abs. 2 a.F. und damit die Verschiebung der Entscheidung über den anhängigen Antrag bei geschlossener Quote im Sinne des § 9 Abs. 3 zweiter Satz, erster Halbsatz a.F. AufG verwehrt war. Da im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die Voraussetzungen des § 9 Abs. 3 erster Satz a. F. AufG vorlagen, konnte die belangte Behörde im Wege einer Ermessensentscheidung auch bei einer unter einem Jahr andauernden Ehe und ohne Vornahme einer Fristverkürzung eine Bewilligung unter dem Titel "Familienzusammenführung" erteilen (vgl. Bezdeka-Graser, AufG, Anm. zu § 3 Abs. 2), sofern kein sonstiger Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG vorliegt. In diesem Zusammenhang hat die Behörde sich ausschließlich darauf gestützt, daß der Unterhalt des Beschwerdeführers nicht gesichert sei.

Der Beschwerdeführer hat nun dargelegt, daß seine Gattin - bezogen auf das Jahr 1994 - ein jährliches Nettoeinkommen von S 132.918,78 ins Verdienen brachte, was einem monatlich verfügbaren Nettoeinkommen von S 11.076,56 entspricht und damit den von der Behörde angenommenen monatlichen Mindestbedarf von S 10.950,-- übersteigt. Die belangte Behörde hat dieses Vorbringen als rechtlich unbeachtlich qualifiziert, weil die in diesem Betrag enthaltenen Sonderzahlungen der Deckung außerordentlicher Ausgaben dienten.

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß die Tätigung außerordentlicher Ausgaben für aufwendige Weihnachtsgeschenke und Urlaub zur Bestreitung des Lebensunterhaltes nicht unbedingt notwendig ist und es dem Beschwerdeführer und seiner Gattin freisteht, auch die Sonderzahlungen statt für außerordentliche Ausgaben zur Deckung ihres laufenden Lebensunterhaltes heranzuziehen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. März 1996, Zl. 95/21/0482).

Ausgehend von der unrichtigen Rechtsansicht, wonach das 13. und 14. Monatsgehalt für die Beurteilung dieser Frage nicht heranzuziehen sei, hat es die belangte Behörde unterlassen, Feststellungen über die Höhe des jährlichen Nettoeinkommens der Gattin des Beschwerdeführers zu treffen.

Der angefochtene Bescheid ist daher mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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