VwGH 95/19/0129

VwGH95/19/012925.1.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der B in K, vertreten durch ihre Mutter SK als gesetzliche Vertreterin, diese vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. Mai 1995, Zl. 301.074/3-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992 §6 Abs3;
VwRallg;
AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992 §6 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 17. Mai 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die Beschwerdeführerin habe nach der auf ihren eigenen Angaben beruhenden Aktenlage den Antrag nicht vor der Einreise, mit der ihr derzeitiger Aufenthalt begonnen habe, gestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach dem von der belangten Behörde zur Abweisung der Berufung der Beschwerdeführerin herangezogenen § 6 Abs. 2 erster Satz AufG ist ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Es müssen demnach grundsätzlich zwei - in einem untrennbaren Zusammenhang miteinander stehende - Voraussetzungen vorliegen, nämlich, daß einerseits die Antragstellung vor der Einreise und andererseits vom Ausland aus erfolgen muß.

Das Erfüllen der Voraussetzung der Antragstellung vor der Einreise nach Österreich setzt allerdings denklogisch voraus, daß sich der Antragsteller jemals im Ausland befunden hat, da andernfalls schon begrifflich eine Einreise nach Österreich nicht denkbar ist, was gleichzeitig mit sich bringt, daß er auch das Erfordernis der Antragstellung vom Ausland aus nur dadurch zu erfüllen vermöchte, daß er (nur) zum Zweck der Antragstellung ausreist. Da die Festlegung eines solchen (bloßen) Formerfordernisses sinnlos wäre - was der Verwaltungsgerichtshof dem Gesetzgeber nicht zu unterstellen vermag -, ergibt sich, daß auf einen Antragsteller, der in Österreich geboren ist und das Bundesgebiet bis zur Antragstellung nicht verlassen hat, § 6 Abs. 2 AufG nicht anwendbar ist. Es besteht daher insoferne eine (echte) Gesetzeslücke, die im Fall der Beschwerdeführerin, deren Vater eine Bewilligung nach dem AufG besitzt, analog zu § 6 Abs. 3 AufG zu schließen ist.

Die Begründung des bekämpften Bescheides läßt nicht erkennen, ob die belangte Behörde diese Rechtslage ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat. Jedenfalls hätte sie davon ausgehend Feststellungen darüber zu treffen gehabt, ob die zum Zeitpunkt der Antragstellung etwas über sieben Monate alte, in Österreich geborene Beschwerdeführerin bis zur Antragstellung jemals aus Österreich ausgereist ist. Zwar bringt die Beschwerdeführerin diesbezüglich nichts ausdrücklich vor, doch hätten die in Richtung einer niemals erfolgten Ausreise der Beschwerdeführerin weisenden Berufungsausführungen und das Lebensalter der Beschwerdeführerin im Hinblick auf § 39 Abs. 2 AVG derartige Ermittlungen nahegelegt.

Der von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt ist daher in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil einerseits nur zwei Ausfertigungen der Beschwerdeschrift vorzulegen und andererseits nur eine Beilage (Abschrift des bekämpften Bescheides) für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendig waren.

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