VwGH 95/17/0484

VwGH95/17/048426.1.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der M Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems an der Donau vom 25. September 1995, Zl. MD-M-4/95/1317/La/Be, betreffend Ergänzungsabgabe nach dem NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §4 Abs1;
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §13;
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §15 Abs2;
LAO NÖ 1977 §3 Abs1;
BAO §4 Abs1;
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §13;
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §15 Abs2;
LAO NÖ 1977 §3 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1.0. Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

1.1. Mit Bescheid vom 30. Jänner 1995 schrieb der Magistrat der Stadt Krems an der Donau der beschwerdeführenden Partei für den Anschluß der Liegenschaft Parz. 8/1, KG X, gemäß § 6 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. 6930-0 idF LGBl. 6930-1 (im folgenden: Nö GdWasserleitungsG 1978), eine Wasseranschlußabgabe in der Höhe von S 101.206,58 inklusive Umsatzsteuer vor.

Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung mit der Begründung, daß für diese Liegenschaft bereits ein Wasseranschluß bestanden habe. Darüberhinaus liege der Berechnung zu Unrecht ein Einheitssatz von S 69,-- zugrunde; richtig wäre der Einheitssatz von S 48,--, da die Baulichkeit mit 15. Dezember 1992 fertiggestellt und zur selben Zeit um eine Endbeschau angesucht worden sei.

1.2. Mit Bescheid vom 25. September 1995 gab der Stadtsenat der Stadt Krems an der Donau der Berufung keine Folge, änderte jedoch den erstinstanzlichen Bescheid dahin ab, daß der beschwerdeführenden Partei eine Ergänzungsabgabe in der Höhe von S 95.514,08 auf der Grundlage der §§ 7 und 15

Nö GdWasserleitungsG 1978 vorgeschrieben wurde. Die Berechnungsgrundlagen werden in diesem Bescheid wie folgt dargestellt:

"A) Bestand NACH Änderung

Geschäftshaus 1.258,42 = 629,21 x 2 = 1.258,42 m2

2

15 % v. max. 500,00 m2 = 75,00 m2

1.333,42 m2

B) Bestand VOR Änderung

15 % v. max. 500,00 m2 = 75,00 m2

Anschlußabg. A) 1,333,42 m2 x 69,00 = S 92.005,98

Anschlußabg. B) 75,00 m2 x 69,00 = S 5.175,00

Ergänzungsabgabe S 86.830,98

zuzüglich 10 % Mwst. S 8.683,10

Gesamtbetrag S 95.514,08"

Nach der Begründung dieses Bescheides sei die Baubewilligung mit Bescheid vom 14. April 1992 erteilt worden. Mit Schreiben vom 4. Dezember 1992 habe die Beschwerdeführerin bei der Baubehörde um "Endbeschau" angesucht, da die Bauarbeiten zur Schaffung des Geschäftshauses abgeschlossen worden seien. Nach Erteilung der Benützungsbewilligung vom 3. Februar 1994 sei die beschwerdeführende Partei von der Abgabenbehörde erster Instanz mit Schreiben vom 14. Februar 1994 zur Abgabe einer Veränderungsanzeige aufgefordert worden. Die Beschwerdeführerin sei dieser Aufforderung durch Übermittlung der Veränderungsanzeige per 1. März 1994 (eingelangt am 7. März 1994) nachgekommen.

Gemäß § 15 Abs. 2 Nö GdWasserleitungsG 1978 entstehe der Anspruch auf die Ergänzungsabgabe erst mit dem Einlangen der Veränderungsanzeige. Der Berechnung habe daher der im März 1994 geltende Einheitssatz von S 69,-- zugrundegelegt werden müssen.

1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht verletzt, daß "für die Ermittlung der Wasseranschlußabgabe bzw. Ergänzungsabgabe ... kein höherer Einheitssatz als S 48,-- zugrundegelegt und die Wasseranschlußabgabe bzw. Ergänzungsabgabe nicht mit mehr als S 66.444,58 festgesetzt werde."

In der Beschwerde wird ausgeführt, die beschwerdeführende Partei habe auf einem Formblatt des Magistrates am 13. Juli 1992 um Wasseranschluß an die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Stadt Krems für die gegenständliche Liegenschaft, auf welcher sie ein neues Geschäftshaus errichtete, angesucht. Dabei sei unter anderem angegeben worden:

"Anschluß am Grundstück vorhanden

Gesamtfläche 2.731 m2

unverbaute Fläche 1.472 m2

verbaute Fläche 1.259 m2

Ich erkläre, die vorstehenden Angaben, die auch zur Ermittlung der gem. NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 bei Anschluß der Liegenschaft vorzuschreibenden Wasseranschlußabgabe dienen, richtig und nach bestem Wissen und Gewissen gemacht zu haben.

Beilagen: ................. M Ges.m.b.H.

Wien, 13.7.1992 Unterschrift"

Den auf dem Ansuchen angeführten Erläuterungen sei zu entnehmen gewesen:

"Falls sich die gemachten Angaben später wieder ändern sollten, sind diese Veränderungen binnen 2 Wochen nach Eintritt bzw. Bekanntwerden derselben bei sonstiger Straffolge dem Magistrat (Wasserwerk) schriftlich anzuzeigen (Veränderungsanzeige § 13 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978)."

Der neue Wasseranschluß sei im November 1992 vom Magistrat hergestellt und komplettiert worden. Die Fertigstellung des gesamten Geschäftshauses sei am 4. Dezember 1992 mit Wirkung vom 15. Dezember 1992 schriftlich dem Magistrat bekanntgegeben worden. Mit Schreiben vom 14. Februar 1994 habe der Magistrat die Beschwerdeführerin aufgefordert, eine Veränderungsanzeige ausgefüllt vorzulegen. Gegenüber den Angaben im Ansuchen um Wasseranschluß vom 13. Juli 1992 und in der Fertigstellungsmeldung vom 4. Dezember 1992 sei von der Beschwerdeführerin nichts verändert worden und sie habe daher auf den Bauakt verwiesen.

Der Einheitssatz von S 48,-- pro m2 sei jener Satz, welcher sowohl im Zeitpunkt des Ansuchens vom 13. Juli 1972 um Wasseranschluß als auch im Zeitpunkt der Fertigstellung des Bauwerkes (Meldung vom 4. Dezember 1992 per 15. Dezember 1992) Gültigkeit gehabt habe. Der tatsächliche Wasseranschluß und Wasserbezug sei Anfang November 1992 erfolgt. Für die Ermittlung der Wasseranschlußabgabe seien die im Ansuchen um Wasseranschluß bekanntgegebenen Daten sowie der zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Wasseranschlusses (November 1992) gültige Einheitssatz heranzuziehen. Zu Unrecht habe die belangte Behörde die Wasseranschlußabgabe nicht mit dem zum Anschlußzeitpunkt gültigen Einheitssatz vorgeschrieben.

Schon das erste Ansuchen um Wasseranschluß vom 13. Juli 1992 sei als "Veränderungsanzeige" zu werten, da es bereits die Mitteilung aller mit der Bauführung verbundenen Veränderungen enthalten habe. Daher sei der Zeitpunkt des Einlangens dieser Anzeige der im Sinne des § 15 Abs. 2 Nö GdWasserleitungsG 1978 maßgebliche Zeitpunkt.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 6 des Nö GdWasserleitungsG 1978 regelt die Wasseranschlußabgabe und bestimmt auszugsweise:

"(1) Die Wasseranschlußabgabe ist für den Anschluß an die Gemeindewasserleitung zu entrichten.

(2) Die Höhe der Wasseranschlußabgabe ist derart zu berechnen, daß die Berechnungsfläche (Abs. 3 und 4) für das angeschlossene Grundstück mit dem Einheitssatz (Abs. 5) vervielfacht wird.

(3) Die Berechnungsfläche jeder angeschlossenen Liegenschaft ist so zu ermitteln, daß die Hälfte der bebauten Fläche

  1. a) bei Wohngebäuden mit der um eins erhöhten Anzahl der mit Wasser zu versorgenden Geschosse vervielfacht,
  2. b) in allen anderen Fällen verdoppelt

    und das Produkt um 15 vom Hundert der unbebauten Fläche vermehrt wird."

    § 6 Abs. 4 leg. cit. enthält weitere als "Grundsätze" bezeichnete Regeln für die Ermittlung der Berechnungsfläche, unter anderem zur Berechnung der bebauten Fläche und zum anrechenbaren Höchstausmaß der unbebauten Fläche.

    § 7 leg. cit., betreffend die Ergänzungsabgabe, lautet:

    "Ändert sich die der Berechnung der Wasseranschlußabgabe zugrunde gelegte Berechnungsfläche für die angeschlossene Liegenschaft, so ist die Wasseranschlußabgabe neu zu berechnen. Ist die neue Wasseranschlußabgabe um mindestens 10 vom Hundert, mindestens jedoch um S 100,- höher als die bereits entrichtete, so ist vom Grundstückseigentümer eine Ergänzungabgabe in der Höhe des Differenzbetrages zu entrichten."

    § 13 leg. cit. trägt die Überschrift "Veränderungsanzeige" und bestimmt:

"(1) Veränderungen, die an oder auf angeschlossenen Liegenschaften vorgenommen werden und eine Änderung der Berechnungsgrundlagen für die ausgeschriebenen Wasserversorgungsabgaben oder Wassergebühren nach sich ziehen, sind binnen zwei Wochen nach ihrer Vollendung vom Abgabenschuldner der Abgabenbehörde schriftlich anzuzeigen (Veränderungsanzeige).

(2) Werden der Abgabenbehörde ohne Einreichung dieser Veränderungsanzeige anzeigepflichtige Veränderungen bekannt, so kann sie dem Abgabenschuldner die Einreichung einer Veränderungsanzeige auftragen. Diese Veränderungsanzeige ist binnen zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides einzureichen.

(3) Die in den Abs. 1 und 2 festgesetzten Fristen können auf Antrag verlängert werden."

Gemäß § 15 Abs. 2 leg. cit. entsteht der Anspruch auf die Ergänzungsabgabe mit dem Einlangen der Veränderungsanzeige.

2.2. Strittig ist ausschließlich die Frage, welcher Einheitssatz der Ergänzungsabgabenvorschreibung rite zugrundezulegen war.

Nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgaben (vgl. z. B. die hg. Erkenntnisse vom 12. November 1981, Zl. 16/3706/80, vom 20. Mai 1988, Zl. 86/17/0178, vom 30. Oktober 1991, Zl. 86/17/0149, und vom 26. Mai 1995, Zl. 95/17/0067) ist die im Zeitpunkt (Zeitraum) der Entstehung des Abgabenanspruches geltende Rechtslage heranzuziehen. Es liegt also einer jener Fälle vor, deren der Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. N.F. Nr. 9315/A, gedacht hat, wenn er ausführte, eine "andere Betrachtungsweise" (nämlich eine andere als das Abstellen auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung) werde "auch dann Platz zu greifen haben, wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum Rechtens war". Der sogenannte Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgaben stellt eine solche aus der Systematik der Abgabengesetze gewonnene rechtliche Regel dar.

Maßgeblich für den anzuwendenden Einheitssatz ist der im oben zitierten § 15 Abs. 2 Nö GdWasserleitungsG 1978 festgelegte Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches. Dies ist der Zeitpunkt des Einlangens der Veränderungsanzeige. Es kommt daher darauf an, ob die Rechtsauffassung der beschwerdeführenden Partei zutrifft, daß ihr Ansuchen vom 13. Juli 1992 um Wasseranschluß ihrer Liegenschaft an die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Stadt Krems und die darin enthaltenen Angaben (Erklärungen) als eine Veränderungsanzeige im Sinne der §§ 13 und 15 Abs. 2 Nö GdWasserleitungsG 1978 gewertet werden können.

Das ist nicht der Fall. Nach § 13 Abs. 1 leg. cit. ist eine Veränderungsanzeige nämlich eine schriftliche (vom Abgabenschuldner gegenüber der Abgabenbehörde zu erstattende) Anzeige von Veränderungen, die an oder auf angeschlossenen Liegenschaften vorgenommen werden und eine Änderung der Berechnungsgrundlagen für die ausgeschriebenen Wasserversorgungsabgaben oder Wassergebühren nach sich ziehen, nach deren Vollendung. Das seinerzeitige Ansuchen um Wasseranschluß erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Es ist unbestritten vor Fertigstellung des für die (neuen) Bemessungsgrundlagen relevanten Bauvorhabens (Bauvollendungsanzeige vom 4. Dezember zum 15. Dezember 1992) eingebracht worden und stellt daher schon aus diesem Grund keine Veränderungsanzeige nach Vollendung der Veränderungsmaßnahme im Sinne des § 13 Abs. 1 leg. cit. dar. Nur auf die Anzeige vollendeter bemessungsrelevanter Veränderungen stellt das Gesetz ab, nicht aber auf eine Bekanntgabe bloß geplanter oder in Ausführung befindlicher Veränderungsmaßnahmen.

Die belangte Behörde hat daher den angefochtenen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit dadurch belastet, daß sie die Eingabe der beschwerdeführenden Partei vom 13. Juli 1992 nicht als Veränderungsanzeige im Sinne der §§ 13 und 15 Abs. 2 Nö GdWasserleitungsG 1978 beurteilt hat. Unzutreffend ist nach den oben gemachten Ausführungen über die Entstehung des Abgabenanspruches nach § 15 Abs. 2 leg. cit. und die in diesem Zeitpunkt zugrundezulegende Gesetzes- und Verordnungsrechtslage die Auffassung der beschwerdeführenden Partei, es komme auf die Höhe des Einheitssatzes an, die im Zeitpunkt der Fertigstellung des Bauwerkes oder der Fertigstellung des Wasseranschlusses festgesetzt gewesen sei. Auf diesen Zeitpunkt kommt es nach dem Gesetz nicht an, sondern auf den Zeitpunkt des Einlangens der Veränderungsanzeige. Die beschwerdeführende Partei wurde daher durch die Bemessung der Ergänzungsabgabe mit dem Einheitssatz von S 69,-- nicht in dem von ihr geltend gemachten Recht auf Zugrundelegung des von ihr für zutreffend erachteten Einheitssatzes von S 48,-- verletzt.

2.3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

2.4. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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