VwGH 95/05/0194

VwGH95/05/019423.1.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des W.P. und der L.P., beide in L, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 7. Juni 1995, Zl. BauR - 011451/1 - 1995 St/Vi, betreffend Erlöschen einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde H, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO OÖ 1976 §53 Abs1;
BauRallg;
BauO OÖ 1976 §53 Abs1;
BauRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 6. November 1986 wurde den Beschwerdeführern die Baubewilligung für den Neubau eines Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 1049/5 der Liegenschaft EZ. 561, KG H, entsprechend dem bei der mündlichen Bauverhandlung aufgelegenen und als solchen gekennzeichneten Bauplan rechtskräftig erteilt.

Anläßlich einer bau- und feuerpolizeilichen Überprüfung der auf vorgenanntem Grundstück errichteten Bauhütte wurde in der vom Verhandlungsleiter der mitbeteiligten Partei aufgenommenen Niederschrift vom 21. März 1990 festgehalten, daß auf der gegenständlichen Bauparzelle eine Bauhütte errichtet und "mit den Aushubarbeiten am 7.11.1988 begonnen" worden sei. Diese Niederschrift wurde vom anwesenden Beschwerdeführer unterfertigt.

Mit Eingabe vom 28. Juli 1994 beantragten die Beschwerdeführer die Verlängerung der erteilten Baubewilligung für den Neubau ihres Wohnhauses mit der Begründung, mit der Bauausführung entsprechend § 53 Abs. 1 Oberösterreichische Bauordnung sei nachweislich am 16. Oktober 1989 begonnen und von einem Bauunternehmen der im Bauplan ausgewiesene Brunnen errichtet worden. Weitergehende Baumaßnahmen seien wegen ungeklärter Rechtsverhältnisse im Zusammenhang mit der Dienstbarkeit einer Wasserleitung, die den Bauplatz im Bereich des geplanten Neubaues quere, bis zum 13. November 1989 nicht möglich gewesen. Die Baubewilligung sei daher noch nicht erloschen. Aus wirtschaftlichen Gründen sei bislang die Weiterführung des Baues in einem Zuge nicht möglich gewesen.

Ohne Durchführung weiterer Erhebungen wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 19. Oktober 1994 das Ansuchen der Beschwerdeführer um Verlängerung "der Frist für die Fertigstellung des Wohnhauses wegen Unzulässigkeit" zurückgewiesen. In der Begründung führte der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei hiezu aus, die Baubewilligung erlösche gemäß § 51 Abs. 2 der Oberösterreichischen Bauordnung, wenn das Bauvorhaben nicht innerhalb von fünf Jahren nach Beginn der Bauausführung fertiggestellt worden sei. Mit der Bauausführung hätten die Beschwerdeführer entsprechend dem Aktenvermerk vom 8. November 1988 (gemeint offensichtlich vom 21. März 1990) am 7. November 1988 begonnen (Zufahrt, Kelleraushub). Der Baubeginn sei vom Amtsleiter auf Grund einer dienstlichen Wahrnehmung festgestellt worden (die Feststellung sei im Zuge einer Verkehrsbehinderung auf der S-Landesstraße durch Baufahrzeuge bei der Zufahrt zur gegenständlichen Baustelle erfolgt). Die vorgelegte Rechnung vom November 1989 über die Durchführung von Arbeiten könne nur eine zusätzliche Baumaßnahme bzw. geringfügige Weiterführung derselben betreffen. Die Baubewilligung sei am 7. November 1993 erloschen. Da das Ansuchen um Fristverlängerung am 1. August 1994, also nach Ablauf der Bauvollendungsfrist, bei der Behörde eingelangt sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

In der dagegen erhobenen Berufung führten die Beschwerdeführer aus, es sei richtig, daß die Bauarbeiten für die Zufahrt zum Grundstück "im Jahre 1989" erfolgt seien, dies sei jedoch nicht als Baubeginn anzusehen, da damit lediglich die Zufahrt zum Baugrundstück gewährleistet werden sollte. Der eigentliche Baubeginn sei am 16. Oktober 1989 mit der Errichtung des Hausbrunnens, der im Bauplan ersichtlich sei, und der in Entsprechung des § 34 der Oberösterreichischen Bauordnung eine Trinkwasserversorgung des Neubaus sicherstellen solle, erfolgt. Die fünfjährige Fertigstellungsfrist sei daher noch nicht abgelaufen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom 31. Jänner 1995 wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer abgewiesen. Die Beschwerdeführer hätten - wird in der Begründung des Berufungsbescheides ausgeführt - am 7. November 1988 mit den "Erdarbeiten für das gegenständliche Bauvorhaben begonnen". Zu diesem Zeitpunkt sei die Zufahrt zur Bauparzelle hergestellt und ein Teil des Kelleraushubes vorgenommen worden. Die Errichtung des Hausbrunnens im Herbst 1989 könne nur eine Weiterführung der im Herbst 1988 begonnenen Arbeiten bedeuten. Im übrigen sei in der Niederschrift vom 21. März 1990 der Baubeginn für das gegenständliche Bauvorhaben ebenfalls mit 7. November 1988 protokolliert.

In der dagegen erhobenen Vorstellung führten die Beschwerdeführer u.a. aus, die Berufungsbehörde setze sich mit der Begründung des Ansuchens nicht auseinander. Es sei richtig, daß die Bauarbeiten für die Zufahrt zum Grundstück im Jahre 1988 erfolgt seien, dies sei jedoch nicht als Baubeginn anzusehen, da diese Arbeiten lediglich die Zufahrt zum Baugrundstück gewährleisten sollten. Der eigentliche Baubeginn sei am 16. Oktober 1989 mit der Errichtung des Hausbrunnens erfolgt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 7. Juni 1995 wurde der Vorstellung der Beschwerdeführer mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt werden. Nach Darstellung der maßgeblichen Gesetzeslage führt die belangte Behörde unter Zugrundelegung des vorstehenden Sachverhaltes aus, der Beschwerdeführer sei der in der Niederschrift vom 21. März 1990 enthaltenen Feststellung, daß auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück eine Bauhütte errichtet und am 7. November 1988 mit den Aushubarbeiten begonnen worden sei, nicht entgegengetreten. Im Zweifel müsse die amtswegige Baubeginnsfeststellung durch die Baubehörde als maßgeblich angesehen werden. Der Antrag auf Verlängerung der Fertigstellungsfrist sei erst mit 28. Juli 1994 bei der zuständigen Behörde eingebracht worden. Die Baubewilligung sei jedoch auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes jedenfalls mit 8. November 1993 erloschen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem "subjektiven Recht auf Verlängerung der Frist für" ihr "Bauvorhaben auf der Parzelle 1049/5, EZ. 561, KG H, verletzt". Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 60 Abs. 1 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, trat dieses Landesgesetz mit 1. Jänner 1995 in Kraft.

Gemäß § 58 Abs. 1 leg. cit. sind im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes anhängige individuelle Verwaltungsverfahren nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften weiterzuführen.

Für den von den Beschwerdeführern am 28. Juli 1994 datierten, am 1. August 1994 bei der mitbeteiligten Partei eingelangten Antrag um Verlängerung der Baubewilligung für den Neubau eines Wohnhauses auf ihrem Grundstück 1049/5, KG H, ist daher die Oberösterreichische Bauordnung LGBl. Nr. 35/1976, in der Fassung LGBl. Nr. 59/1993 (im folgenden: BO), anzuwenden.

Gemäß § 51 Abs. 1 BO erlischt die Baubewilligung für jedes Bauvorhaben mit Ablauf von drei Jahren nach dem Eintritt der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides, wenn nicht innerhalb dieser dreijährigen Frist mit der Bauausführung begonnen wurde.

Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle erlischt, sofern mit der Bauausführung innerhalb der dreijährigen Frist des Abs. 1 begonnen wird, die Baubewilligung, wenn das Bauvorhaben nicht innerhalb von fünf Jahren nach Beginn der Bauausführung fertiggestellt wurde.

Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen ist die Frist für den Beginn der Bauausführung (Abs. 1) über Antrag des Bauwerbers angemessen zu verlängern, wenn das Bauvorhaben dem zur Zeit der Verlängerung geltenden Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan entspricht und der Bauwerber überdies glaubhaft macht, daß sich der Beginn der Bauausführung ohne sein Verschulden verzögert hat.

Gemäß Abs. 4 dieser Gesetzesstelle ist die Frist für die Fertigstellung des Bauvorhabens (Abs. 2) über Antrag des Bauwerbers angemessen zu verlängern, wenn er glaubhaft macht, daß er an der rechtzeitigen Fertigstellung gehindert war und die Fertigstellung innerhalb der Nachfrist möglich ist.

Gemäß § 64 Abs. 2 2. Satz leg. cit. hemmt ein rechtzeitig bei der zuständigen Behörde eingebrachter Antrag auf Fristverlängerung den weiteren Ablauf der Frist bis zur Entscheidung über den Verlängerungsantrag.

Die Baubehörde erster Instanz hat den Antrag der Beschwerdeführer gemäß § 51 Abs. 4 BO deshalb zurückgewiesen, weil die am 31. Oktober 1986 erteilte Baubewilligung gemäß § 51 Abs. 2 leg. cit. infolge Beginnes der Bauausführung am 7. November 1988 und mangelnder Fertigstellung des Bauvorhabens innerhalb von fünf Jahren erloschen ist.

Gemäß § 53 Abs. 1 zweiter Satz BO gilt als Zeitpunkt des Beginnes der Bauausführung der Tag, an dem mit Erd- oder Bauarbeiten zur Verwirklichung des Bauvorhabens begonnen wird.

Demnach ist unter Beginn der Bauausführung jede auf die Errichtung eines bewilligten Bauvorhabens gerichtete bautechnische Maßnahme anzusehen, wobei es - insofern das Gesetz darüber keine näheren Bestimmungen trifft - unerheblich ist, in welchem Größenverhältnis die durchgeführten Arbeiten zum geplanten Bauvorhaben stehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1966, Slg. Nr. 6.893/A, und vom 28. April 1992, Zl. 88/05/0161). Bereits die Errichtung eines kleinen Teiles eines Fundamentes ist daher ebenso schon als Baubeginn anzusehen, soweit er der Herstellung des Vorhabens dient (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1979, Slg. Nr. 9.754/A), wie die Aushebung der Baugrube. Die Planierung des Bauplatzes kann jedoch nicht darunter subsumiert werden (vgl. das

hg. Erkenntnis vom 14. April 1969, Zl. 1.854/68, zur Wiener Bauordnung), insoferne diese Arbeiten nicht der Herstellung der baulichen Anlage dienen.

Sowohl die Baubehörden als auch die Vorstellungsbehörde haben die von ihnen getroffene bzw. übernommene Feststellung zur Baubeginnsfrist ausschließlich auf die Niederschrift vom 21. März 1990 gestützt, in welcher festgehalten wird, daß mit den "Aushubarbeiten am 7.11.1988 begonnen" worden ist. Daraus ergibt sich jedoch noch keineswegs, ob diese Aushubarbeiten Erdarbeiten zur Verwirklichung des Bauvorhabens im Sinne des § 53 Abs. 1 zweiter Satz BO unter Berücksichtigung der vorzitierten hg. Rechtsprechung waren. Gerade das wurde aber von den Beschwerdeführern, ausgehend von ihren Antragsbehauptungen in ihren Rechtsmitteln, ausdrücklich bestritten. Erhebungen darüber, welche Erdaushubarbeiten zu welchem Zwecke von den Beschwerdeführern bereits im November 1988 auf ihrem Grundstück durchgeführt wurden, sind dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Begründungsdarlegungen darüber, auf welche Beweisergebnisse sich die Feststellung der Baubehörden, im Jahre 1988 sei die Zufahrt zur Bauparzelle hergestellt und ein Teil des Kelleraushubes vorgenommen worden, stützt, und warum den Behauptungen der Beschwerdeführer, im Jahre 1988 sei lediglich die Zufahrt zum Baugrundstück errichtet worden, nicht gefolgt wurde, fehlen in den baubehördlichen Bescheiden.

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtslage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Fehlt in einem Berufungsbescheid die der Sachlage nach gebotene Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen mit dem Ergebnis, daß bei Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen die Erlassung eines anderslautenden Berufungsbescheides nicht ausgeschlossen werden kann, erweist sich schon deshalb der Berufungsbescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. September 1992, Slg. Nr. 13.703/A).

Die Beschwerdeführer bemängeln daher mit Recht, daß die von der Berufungsbehörde getroffene Feststellung, es seien im vorliegenden Fall Erdarbeiten im November 1988 durchgeführt worden, welche die Baubeginnsfrist im Sinne des § 53 Abs. 1 BO ausgelöst hätten, durch keine schlüssigen Beweisergebnisse gedeckt ist. Solche Feststellungen können erst nach Durchführung eines den Grundsätzen der §§ 45 ff AVG entsprechenden Ermittlungsverfahrens getroffen werden.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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