Normen
BauO Stmk 1968 §26;
BauRallg;
KanalabgabenG Stmk 1955 §4 Abs1;
VwRallg;
BauO Stmk 1968 §26;
BauRallg;
KanalabgabenG Stmk 1955 §4 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 7. Mai 1991 wurde den Beschwerdeführern ein Kanalisationsbeitrag für den Anschluß der Liegenschaft Graz, X-Straße 21, an den öffentlichen Straßenkanal in Höhe von S 1,197.238,90 vorgeschrieben. Auf Grund der Berufung der Beschwerdeführer erging zunächst eine Berufungsvorentscheidung, mit welcher der Berufung teilweise stattgegeben wurde, über fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit welchem der Kanalisationsbeitrag in der Höhe von S 1,154.380,70 festgesetzt wurde. Nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides wurde diesem Kanalisationsbeitrag eine verbaute Grundfläche von 944,66 m2 und eine Geschoßzahl von 6,5 sowie der Einheitssatz von S 170,91 zugrundegelegt. Begründend führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, daß auf Grund einer vorgenommenen örtlichen Überprüfung bestätigt worden sei, daß das ganze Objekt einen Baukörper und damit eine bauliche Einheit darstelle. Demnach betrage die nach § 4 Abs. 1 des Kanalabgabengesetzes verrechenbare Grundfläche 944,65 m2 bei einem anrechenbaren Geschoßfaktor von 6,5 (Kellergeschoß 0,5, Erdgeschoß Faktor 1, 5 Obergeschosse = Faktor 5). Gegenüber der Berechnung der Behörde erster Instanz nahm die belangte Behörde einen Bauteil im Ausmaß von 35,075 m2 - "Altbauteil Süd" von der Berechnung des Kanalisationsbeitrages aus. Hinsichtlich der Anrechnung des 5. Obergeschosses wird unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1987, Zl. 87/17/0261, ausgeführt, daß es bei der Vervielfachung des Einheitssatzes lediglich auf die verbaute Grundfläche einerseits und die Geschoßanzahl andererseits, mit der das Ausmaß der Grundfläche zu multiplizieren sei, ankomme. Die Fläche der Geschosse spiele keine Rolle. Für alle Geschosse, außer für Dach- und Kellergeschosse, gelte der Multiplikator 1, Dach- und Kellergeschoß seien nicht mit der Geschoßanzahl 1, sondern je mit einer halben Geschoßanzahl zu berücksichtigen.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und machten darin unter ausdrücklichem Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu § 4 Steiermärkisches Kanalabgabengesetz 1955, LGBl. Nr. 71/1955, (in der von der Verfassungsmäßigkeit der Regelung ausgegangen wurde) unter anderem verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 4 Abs. 1 Kanalabgabegesetz 1955 geltend.
Mit Beschluß vom 26. September 1994, B 993/94, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde unter Hinweis auf seine Judikatur zu § 4 Kanalabgabengesetz 1955 ab und trat die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber ab, ob die Beschwerdeführer in anderen als verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt seien.
Über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes erstatteten die Beschwerdeführer eine Beschwerdeergänzung.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Anrechnung des 5. Obergeschosses bzw. Dachgeschosses:
Die belangte Behörde ist offensichtlich davon ausgegangen, daß das nach den Einreichplänen als 5. Obergeschoß bezeichnete Geschoß im sogenannten Südtrakt kein Dachgeschoß darstelle. Eine nähere Begründung enthält der angefochtene Bescheid in diesem Zusammenhang nicht. Die belangte Behörde verweist in der Gegenschrift diesbezüglich auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung vom 4. Mai 1993, in der es heißt:
"Des weiteren darf festgehalten werden, daß im angefochtenen Bescheid für zwei ausgebaute Dachgeschoße der Vervielfacher von 1,0 angenommen wurde, da die Abgabenbehörde die Rechtsansicht vertritt, daß Dach- und Kellergeschoße dann mit dem Anrechnungsfaktor 1 in Ansatz zu bringen sind, wenn diese für Wohn- und Geschäftszwecke ausgebaut werden."
Auch die Beschwerdeführer sprächen jeweils von
"5 Obergeschossen" im Südtrakt. Dies entspreche auch dem Inhalt der Baubewilligungsbescheide. Das in Rede stehende Geschoß des Südtraktes sei daher ein Obergeschoß und kein Dachgeschoß.
2. § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Erhebung der Kanalabgaben durch die Gemeinden des Landes Steiermark, LGBl. Nr. 71/1955 (Kanalabgabengesetz 1955), zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 80/1988, lautet:
"Ausmaß
§ 4.
(1) Die Höhe des Kanalisationsbeitrages bestimmt sich aus dem mit der verbauten Grundfläche (in Quadratmetern) mal Geschoßanzahl vervielfachten Einheitssatz (Abs. 2), wobei Dachgeschosse und Kellergeschosse je zur Hälfte eingerechnet werden; Wirtschaftsgebäude, die keine Wohnung oder Betriebsstätte enthalten, werden nach der verbauten Fläche ohne Rücksicht auf die Geschoßzahl, Hofflächen, das sind ganz oder teilweise von Baulichkeiten umschlossene Grundflächen, deren Entwässerung durch die Kanalanlage erfolgt, nach dem Flächenausmaß eingerechnet."
3. Es kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob die Begründung des angefochtenen Bescheides (etwa gegebenenfalls auch im Zusammenhalt mit den vorliegenden Verwaltungsakten und der Berufungsvorentscheidung) für die Annahme, das letzte Geschoß des Südtraktes sei mit dem Faktor 1 einzurechnen, den Anforderungen, die nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch an die Begründung von Abgabenbescheiden (im Beschwerdefall nach der Steiermärkischen Landesabgabenordnung; vgl. § 70 Abs. 3 lit. a LAO) zu stellen sind, entspricht (vgl. zu den Anforderungen an die Begründung allgemein z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1969, Zl. 62/68, zu den Voraussetzungen der Zulässigkeit eines Verweises auf die Gründe der Berufungsvorentscheidung das hg. Erkenntnis vom 16. Mai 1966, Zl. 1540/65). Die Auffassung der belangten Behörde erweist sich nämlich aus den folgenden Gründen als inhaltlich rechtswidrig:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 11. Dezember 1992, Zl. 91/17/0018, zu § 4 Abs. 1 Kanalabgabengesetz 1955 mit näherer Begründung ausgesprochen hat, ist es für das Vorliegen eines Dachgeschosses im Sinn des § 4 Abs. 1 Kanalabgabengesetz 1955 nicht maßgeblich, ob in dem betreffenden Geschoß bewohnbare Räumlichkeiten oder nicht bewohnbare Räumlichkeiten untergebracht sind. Das Gesetz stelle nicht auf die individuelle Nutzung von Räumlichkeiten, sondern auf die objektiven baulichen Gegebenheiten ab. Für die Auslegung des Begriffes Dachgeschoß legte der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis das Begriffsverständnis zugrunde, daß unter einem Dachgeschoß ein (oberstes) Geschoß innerhalb eines Daches zu verstehen sei (Hinweis auf Köpf, Bildwörterbuch der Architektur, 2. Auflage, 104).
4. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung ergibt sich im Beschwerdefall, daß das in den Plänen als 5. Obergeschoß bezeichnete Geschoß im Südtrakt ein derartiges Geschoß innerhalb eines Daches darstellt (in dem von der belangten Behörde zitierten hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1987, Zl 87/17/0261, ging es nicht um die Auslegung des Begriffes "Dachgeschoß", sondern um die Frage, welche Fläche der Multiplikation zugrunde zu legen ist). Wenn die belangte Behörde demgegenüber die auch in dem dem oben genannten Erkenntnis zugrundeliegenden Beschwerdefall von ihr vertretene Auffassung zugrunde gelegt hat, hat sie die Rechtslage verkannt. Der angefochtene Bescheid ist daher schon aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
5. Was die in der Beschwerde angesprochene fehlerhafte Berechnung des Kanalisationsbeitrages im Hinblick auf das Ergebnis der Multiplikation der Faktoren 944,65, 6,5 und 170,91 anlangt, ist für das fortgesetzte Verfahren darauf hinzuweisen, daß diesbezüglich zwischen Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides insoweit ein Widerspruch besteht, als dem Spruch zufolge die verbaute Grundfläche 944,66 m2 beträgt, während in der Begründung von 944,65 m2 die Rede ist.
6. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
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