VwGH 94/08/0080

VwGH94/08/00802.7.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek sowie den Senatspräsidenten Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der W-Gen m.b.H. in S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P, gegen den Bescheid des BMAS vom 18. Februar 1994, Zl. 123.809/3-7/93, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG (mP: 1. F in L, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt, 2. O, 3. PVA der Arbeiter,

4. AUVA), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1002;
ABGB §1375;
AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §4 Abs2;
ABGB §1002;
ABGB §1375;
AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Begehren auf Ersatz von Barauslagen in der Höhe von S 540,-- wird abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte F war ab 1. Dezember 1986 in der L-Filiale der Beschwerdeführerin als Raumpflegerin gegen ein die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 lit. b ASVG nicht übersteigendes Entgelt beschäftigt.

Am 20. Februar 1990 schloß sie mit der mitbeteiligten O, die sich in einem mit der Beschwerdeführerin am 22. Jänner 1987 geschlossenen "Berater-Vertrag" zu darin näher genannten Bedingungen zur "Werbung und Vermittlung von Anträgen für die von W jeweils angebotenen Produkte auf den Gebieten Sparen, Finanzieren und Vorsorgen" verpflichtet hatte, eine "Vermittler-Vereinbarung" zu folgenden (im Beschwerdefall bedeutsamen) "Vertragsbedingungen":

"§ 1 Vertragsart

1. Der Berater ist von W. mit der Werbung und Vermittlung von Anträgen für die von W. jeweils angebotenen Produkte sowie mit der Beratung und Betreuung von Kunden und Interessenten in allen das W.-Angebot betreffenden Fragen betraut.

2. Mit Zustimmung von W. ist es dem Berater gestattet, zu seiner Unterstützung Vermittler gemäß vorliegender Vereinbarung heranzuziehen. Der Berater ist W. für die von ihm herangezogenen Vermittler voll verantwortlich.

3. Die Vermittler-Vereinbarung ist ein Vertrag zwischen dem Berater und dem Vermittler über die Vermittlung von Anträgen für die von W. jeweils angebotenen Produkte an den Berater.

4. Diese Vermittler-Vereinbarung wird erst mit der von W. dem Berater erteilten Zustimmung rechtswirksam.

5. Dieser Vertrag begründet sohin kein Dienstverhältnis zwischen den Vertragspartnern im Sinne des Angestelltengesetzes und überhaupt keine Vertragsbeziehung zu W.

§§ 2 Beginn und Dauer

Das Vertragsverhältnis beginnt mit dem Datum dieses Vertrages und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

§ 3 Art und Umfang der Tätigkeit des Vermittlers

1. Werbung und Vermittlung von Anträgen für die von W. angebotenen Produkte an den Berater.

2. Der Vermittler hat seine Tätigkeit unter Wahrung der Interessen seines Beraters und damit auch von W. mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes zu erfüllen.

3. Der Vermittler ist an keine Arbeitszeit gebunden und in der Gestaltung der Tätigkeit unabhängig.

§ 4 Zusammenarbeit

1. Der Berater ist in einem oder mehreren Werbegebieten von

W. aufgrund einseitiger Festlegung durch W. eingesetzt. Der Vermittler ist dem Berater in dessen Werbegebiet zugeordnet.

2. Der Berater versorgt den Vermittler mit den erforderlichen Informationen, Werbematerialien und Antragsformularen.

§ 5 Provision

1. Der Vermittler erhält für seine Tätigkeit und zur Deckung aller seiner Spesen Werbeprämien von seinem Berater.

2. Die Werbeprämien für Vermittler sind ein Bestandteil der Abschlußprovision für den Berater und vermindern somit die Globalprovision beim Abschließenden um den weitergegebenen Betrag.

3. Für die Meldung von Interessenten und die Mitwirkung beim Vertragsabschluß kann durch den Berater ein Anteil von maximal 50 % der Abschlußprovision des Beraters an den Vermittler weitergegeben werden.

4. Für Vertragsabschlüsse, die ohne unmittelbare Mitwirkung des Vermittlers zustande kommen (direkte Geschäfte), gebührt keine Werbeprämie.

5. Im Fall eines Provisionsstornos geht dieses im Ausmaß der weitergegebenen Werbeprämien zu Lasten des Vermittler-Provisionskontos.

6. Dem Vermittler ist bekannt, daß kein Anspruch auf direkte Ausbezahlung der Werbeprämie durch W. besteht.

...

§ 7 Vertretungsmacht/Inkassoverbot

1. Der Vermittler ist nicht befugt, durch rechtsgeschäftliches Handeln W. zu verpflichten; insbesondere ist der Vermittler nicht berechtigt, mit Kunden Verträge selbst abzuschließen und im Namen und auf Rechnung von W. Geldbeträge zu kassieren. Die Hereinbringung von Anträgen für die von W. jeweils angebotenen Produkte ist eine reine Vermittlungstätigkeit.

2. Der Vermittler darf keine Zusagen für W. machen, die durch die Allgemeinen Bedingungen und bestehenden Richtlinien nicht gedeckt sind, und ist verpflichtet, im Falle der Verletzung dieses Vertragspunktes W. schad- und klaglos zu halten.

§ 8 Weisungen

Der Vermittler ist verpflichtet, den sachlichen Weisungen seines Beraters Folge zu leisten. Diese Weisungen können mündlich oder schriftlich erfolgen.

§ 9 Beendigung des Vertragsverhältnisses

1. Das Vertragsverhältnis kann von jedem Vertragsteil unter Einhaltung einer Frist von vier Wochen aufgekündigt werden.

2. Das Vertragsverhältnis kann ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von jedem Vertragsteil aus wichtigen Gründen gelöst werden, wobei insbesondere als wichtiger Grund die Beendigung des W.-Berater-Vertragsverhältnisses gilt.

§ 10 Schriftform

Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform."

Nach Abschluß dieser Vereinbarung erstattete F. bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse per 21. Februar 1990 eine Anmeldung zur Selbstversicherung bei mehrfacher Beschäftigung gemäß § 19a ASVG und gab als von ihr durchgeführte geringfügige Beschäftigungen ihre Tätigkeit als Raumpflegerin bei der Beschwerdeführerin sowie ihre Arbeit als sogenannte Werbehelferin an, wobei sie als Dienstgeberin wiederum die Beschwerdeführerin nannte. Per 21. August 1990 erstattete F. unter Hinweis auf § 3 Abs. 1 MSchG eine Versicherungsabmeldung.

Die in dem ihr von der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse übersandten Fragebogen vorgesehenen Fragen beantwortete F. in dem von ihr ausgefüllten, mit 5. September 1990 datierten und von ihr und O. unterfertigten Fragebogen wie folgt:

"1. Wann hat der Vertreter die Beschäftigung bei

Ihrer Firma tatsächlich aufgenommen? 12.02.90

2. Falls der Vertreter nicht mehr tätig sein

sollte, mit welchem Tage hat er die

Beschäftigung beendet? 20.08.90

3. Ist dem Vertreter gestattet, Geschäftsabschlüsse

für andere Firmen

a) mit gleichen

b) mit anderen Artikeln

zu tätigen? NEIN

4. Stellt der Vertreter (Reisende) eigene

Geschäftseinrichtungen oder Betriebsmittel zur

Verfügung? Wenn ja, welche? NEIN

5. Wurde dem Vertreter ein bestimmtes Arbeitsgebiet

zugewiesen oder muß ein bestimmter Reiseweg

eingehalten werden? NEIN

6. Wird ihm vorgeschrieben, welche Kunden er zu

besuchen hat, das heißt, erhält er Adressenmaterial? NEIN

7. Ist ihm die Wahl der Kunden, die er zu besuchen hat,

freigestellt? JA

8. Verrichtet er neben seiner Vertretertätigkeit

noch andere Arbeiten? Wenn ja, welche? RAUMPFLEGERIN

(z.B. Büroarbeiten, Einkauf, Inkasso), MONATL.

und wird er hiefür gesondert entlohnt? EINKOMMEN

2275,--

9. Ist der Vertreter berechtigt, Zahlungen von

Kunden entgegenzunehmen? NEIN

10. Ist der Vertreter verpflichtet, regelmäßig

über seine Tätigkeit zu berichten? Wenn ja, in

welchen Zeitabschnitten (täglich oder

wöchentlich) und in welcher Form (schriftlich

oder mündlich)? NEIN

11. Werden dem Vertreter Weisungen hinsichtlich der

Ausübung seiner Tätigkeit erteilt? JA

12. Wird seine Dienstleistung überwacht? NEIN

13. a) Art der Entlohnung (Fixum und Provision oder

nur Provision)? Falls Anspruch auf ein Fixum oder

eine bestimmte Mindestprovision besteht,

Höhe dieser Bezüge angeben. a) PROVISION

b) In welchen Zeiträumen wird die Provision

verrechnet (monatlich, viertel- oder

halbjährlich)? b) MONATLICH

14. a) Werden dem Vertreter Reisekosten oder

sonstige Spesen vergütet? Wenn ja, in welcher

Form (Spesenpauschale, Kilometergelder)? a) NEIN

b) Trägt die Firma die Spesen des Vertreters

vereinbarungsgemäß durch eine erhöhte Provision? b) NEIN

c) Werden Diäten bezahlt? c) NEIN

d) Benützt der Vertreter ein eigenes d) EIGENES

Kraftfahrzeug oder ein Kraftfahrzeug der KRAFT-

Firma? FAHRZEUG

15. Ist der Vertreter nach dem Angestelltengesetz

angestellt? NEIN

16. Wird im Erkrankungsfalle Entgelt nach den

Bestimmungen dieses Gesetzes gezahlt? Wenn nein,

welche Entgeltansprüche bestehen? NEIN

17. Besitzt der Vertreter einen Gewerbeschein als

Handelsagent? NEIN

18. Wird für den Vertreter Lohnsteuer abgeführt oder

entrichtet er Einkommenssteuer? NEIN?

19. Stellt die Vertretertätigkeit die Hauptbeschäftigung

oder die einzige Beschäftigung dar? NEBENBESCHÄFTIGUNG

20. Wenn nicht, welche sonstige (selbständige RAUMPFLEGERIN

oder unselbständige) Beschäftigung übt der FA. W.

Vertreter außerdem noch aus (Namen und KÄRNTNERSTR.

Anschriften sonstiger Dienstgeber)? 8700 LEOBEN

21. Welchen Verdienst erzielte der Vertreter

in der Zeit vom 12.02.90 bis 20.08.90? 4.156,--"

Mit Bescheid vom 12. November 1990 sprach die Steiermärkische Gebietskrankenkasse unter anderem aus, daß F. in der Zeit vom 21. Februar bis 20. August 1990 "nicht der Berechtigung auf Selbstversicherung bei mehrfacher Beschäftigung" unterlegen sei. Begründet wurde dies damit, daß F. ihre Vermittlertätigkeit nicht in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG durchgeführt habe.

Dem von F. dagegen erhobenen Einspruch gab der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 8. Juli 1991, im wesentlichen aus den Gründen des bekämpften Bescheides, keine Folge.

Mit Bescheid vom 24. April 1992 gab der Bundesminister für Arbeit und Soziales der von F. gegen den Einspruchsbescheid erhobenen Berufung mit der Begründung keine Folge, daß (aus näher angeführten Überlegungen) F. auch ihre Vermittlertätigkeit in einem Beschäftigungsverhältnis mit der Beschwerdeführerin durchgeführt habe, beim Vorliegen von zwei Beschäftigungsverhältnissen zum selben Dienstgeber aber § 19a ASVG nicht zur Anwendung komme.

"Im Hinblick" auf diesen Bescheid beantragte F. (nunmehr vertreten durch die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark) am 18. Mai 1992 bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse die Feststellung, daß ihre Tätigkeiten bei der Beschwerdeführerin in der Zeit vom 21. Februar 1990 bis 20. August 1990 der Vollversicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG unterlegen seien.

Zu diesem Antrag nahm die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. Juli 1992 ausführlich Stellung. Darin brachte sie zunächst vor, daß O. vom 11. Oktober 1978 bis 30. April 1983 für sie als freiberufliche Mitarbeiterin als W.-Beraterin auf Basis eines Werkvertrages tätig gewesen sei. Am 2. Mai 1983 sei sie in das Angestelltenverhältnis gewechselt und danach bis 31. Dezember 1983 als Aquisiteurin im Außendienst tätig gewesen. Ab 1. Jänner 1984 sei O. vom Außen- in den Innendienst gewechselt und bis 31. Jänner 1992 als Sachbearbeiterin in der Beratungsstelle Leoben angestellt gewesen. Während dieser Zeit habe sie zusätzlich ab 1. Februar 1987 wiederum die nebenberuflich ausgeübte Tätigkeit einer W.-Beraterin als freiberufliche Mitarbeiterin im Außendienst auf Basis eines Werkvertrages angenommen, die sie - entsprechend der Vereinbarung - in persönlicher Selbständigkeit und Unabhängigkeit in ihrer Freizeit und außerhalb der Geschäftsräumlichkeiten ausgeübt habe. Im Rahmen dieser nebenberuflichen Tätigkeit habe O. die Vermittler-Vereinbarung mit F. abgeschlossen und dies der Beschwerdeführerin gemeldet. Nach den ihr vorliegenden Unterlagen sei F., die seit 1. Dezember 1986 als Raumpflegerin in der Beratungsstelle Leoben mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 7,5 Stunden (1,5 Stunden täglich) gegen ein die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigendes Entgelt tätig sei, für O. vom 26. Februar 1990 bis 15. Juli 1991 als Vermittlerin tätig gewesen. Entsprechend den Vertragsbedingungen der Vermittler-Vereinbarung werde durch sie nicht ein Mitarbeiterverhältnis zur Beschwerdeführerin, sondern lediglich ein Untervertreterverhältnis zur Beraterin, im gegenständlichen Fall zu O., begründet. Aber auch dieses Untervertreterverhältnis sei - nach den ausführlichen Darlegungen in der Stellungnahme der Beschwerdeführerin - entsprechend den genannten Vertragsbedingungen, nach denen die Tätigkeit der F. erfolgt sei, nicht als Beschäftigungsverhältnis mit O. im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG zu werten: So sei F. im Rahmen ihres Vertragsverhältnisses mit O. zu keiner Tätigkeit verpflichtet gewesen; sie habe keinerlei Berichtspflicht gegenüber der Beschwerdeführerin gehabt; sie sei an keinerlei Weisungen, weder gegenüber O. noch gegenüber der Beschwerdeführerin, bezüglich des Arbeitsortes, der Arbeitszeit und des Arbeitseinsatzes, also hinsichtlich der für die persönliche Abhängigkeit wesentlichen Umstände, gebunden gewesen; sie sei keinem Konkurrenzverbot unterlegen; die Beschwerdeführerin habe insbesondere ihre Vertragspartnerin, nämlich O., nie angewiesen, ihrer Vermittlerin F. eine Weisung zu erteilen; F. habe weder von O. noch von der Beschwerdeführerin ein Fixum und/oder einen Spesenersatz erhalten; im genannten Zeitraum seien der Beschwerdeführerin lediglich drei Vermittlungen der F. gemeldet worden und habe die Beschwerdeführerin demgemäß im Auftrag der O. Provisionen von insgesamt S 4.396,-- an F. ausbezahlt. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales gehe demgemäß in seinem Bescheid vom 24. April 1992 in wesentlichen Punkten nicht vom tatsächlichen Sachverhalt aus.

Mit Bescheid vom 9. September 1992 stellte die Steiermärkische Gebietskrankenkasse fest, daß F. aufgrund ihrer Tätigkeiten als Raumpflegerin und Vermittlerin der von der Beschwerdeführerin angebotenen Produkte in der Zeit vom 21. Februar 1990 bis 20. August 1990 nicht in einem einheitlichen Dienstverhältnis zur Beschwerdeführerin gestanden und daher im genannten Zeitraum nicht der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG unterlegen sei. In der ausführlichen Bescheidbegründung legte die Gebietskrankenkasse, gestützt auf die mehrfach genannten Vertragsbedingungen der "Vermittler-Vereinbarung" vom 20. Februar 1990, die Beantwortung des Fragebogens durch F. sowie die Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 16. Juli 1992, die Erwägungen dar, aufgrund derer ihrer Auffassung nach F. im relevanten Zeitraum keine Dienstnehmereigenschaft aufgrund ihrer Vermittlertätigkeit zur Beschwerdeführerin zugekommen und daher auch kein einheitliches Beschäftigungsverhältnis im Rahmen der beiden Tätigkeiten als Raumpflegerin und Vermittlerin zur Beschwerdeführerin vorgelegen sei.

Dem von F. dagegen erhobenen Einspruch gab der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 14. Juni 1993 keine Folge.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der F. gegen den Einspruchsbescheid Folge und stellte in Abänderung dieses Bescheides fest, daß F. aufgrund ihrer Tätigkeit als Raumpflegerin und Vermittlerin der von der Beschwerdeführerin angebotenen Produkte in der Zeit vom 21. Februar 1990 bis 20. August 1990 in einem einheitlichen Dienstverhältnis zur Beschwerdeführerin gestanden und daher in diesem Zeitraum der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG unterlegen sei. In der Bescheidbegründung wird nach zusammenfassender Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens und nach Anführung verschiedener Rechtssätze zu den maßgebenden Kriterien für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG im allgemeinen und die Wertung eines Vertreterverhältnisses als Beschäftigungsverhältnis im besonderen sowie der Kriterien für ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis ausgeführt:

"Inhalt der strittigen Tätigkeit war die Werbung und die Vermittlung von sogenannten 'Anträgen' für die von W. angebotenen Produkte an die Beraterin, Frau (O.) (§ 3 Z. 1 der Vermittlungsvereinbarung).

Frau (F.) hatte laut den Vertragsbedingungen (§ 8) den 'sachlichen Weisungen' ihrer Beraterin Folge zu leisten. Laut dem Fragebogen der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 5.9.1990 (Punkt 11) wurden ihr tatsächlich Weisungen hinsichtlich der Ausübung ihrer Tätigkeit erteilt. Weiters war es Frau (F.) laut Punkt 3 des erwähnten Fragebogens nicht gestattet, Geschäftsabschlüsse für andere Firmen mit gleichen oder anderen Artikeln zu tätigen. Somit war ein Konkurrenzverbot vereinbart.

Daß Frau (F.) laut Punkt 10 des Fragebogens nicht regelmäßig über ihre Tätigkeit zu berichten hatte, muß angesichts der erwiesenen Weisungsgebundenheit sowie der folgenden Wahrnehmungen in den Hintergrund treten: In ihren schriftlichen Eingaben im gegenständlichen Verfahren bringt Frau (F.) vor, daß sie im Zusammenhang mit der Befolgung ihrer Weisungen sehr wohl zu berichten hatte. Dies erscheint dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales nachvollziehbar. Auch ergibt sich daraus kein notwendiger Widerspruch zu den Angaben von Frau (F.) laut Fragebogen, wo sie lediglich die regelmäßige Berichtspflicht verneint. Diese Wahrnehmungen ergeben nach ho. Ansicht, daß Frau (F.) im Rahmen ihrer Vermittlertätigkeit in eine von (W.) beherrschte Weisungsstruktur eingebunden war.

Da Frau (O.) der Firma (W.) dieser für die Handlungen von Frau (F.) disziplinär verantwortlich war (§ 1 Z. 2 der Vermittlungsvereinbarung), ergibt sich im Zusammenhalt mit dieser Weisungsstruktur eine ebenfalls von (W.) beherrschte Struktur der Kontrolle und der disziplinären Verantwortung:

Gemäß § 9 Z. 2 der Vertragsbedingungen kann die Firma (W.) durch Beendigung des Dienstverhältnisses zur (W.)beraterin ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist auch das Vertragsverhältnis zur Vermittlerin beenden. ('Das Vertragsverhältnis kann ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von jedem Vertragsteil aus wichtigen Gründen gelöst werden, wobei insbesondere als wichtiger Grund die Beendigung des (W.)-Berater-Vertragsverhältnisses gilt'). Daß Frau (F.) die Frage Nr. 12 des Fragebogens, ob die Dienstleistung überwacht worden sei, mit 'nein' beantwortet hat, steht dieser Feststellung nach ho. Ansicht nicht notwendig entgegen, da die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch den Begriff der 'stillen Autorität' kennt, der jederzeitigen Macht, einen Dienstnehmer kontrollieren zu lassen und entsprechende disziplinäre Maßnahmen einzuleiten. Dies muß insbesondere bei solchen Tätigkeiten gelten, wo der Dienstnehmer aufgrund seiner Qualifikation, aber auch aufgrund seiner aus der Art der Tätigkeit resultierenden zeitlichen und örtlichen Dispositionsmöglichkeiten, eine gewisse Freizügigkeit genießt.

Mit den oa. Feststellungen in Einklang steht § 1 Z. 4 der Vertragsbedingungen, wonach die zwischen Frau (F.) und Frau (O.) geschlossene Vermittlungsvereinbarung erst mit Zustimmung der Firma (W.) rechtswirksam wird. Somit ist dem Vorbringen von Frau (F.) in ihrem Einspruch zu folgen, wonach sie sich durch Abschluß dieses Vertrages seinem wahren rechtlichen Gehalt nach der Firma (W.) gegenüber zur Unterstützung von Frau (O.) bei deren Beratertätigkeit verpflichtete.

Frau (F.) hat laut Punkt 5-7 des Fragebogens zwar angegeben, ihr sei kein bestimmtes Arbeitsgebiet, kein Reiseweg und kein Kundenkreis vorgeschrieben worden, sie habe kein Adressenmaterial erhalten; jedoch ist den Vertragsbedingungen (§ 4 Z. 1) der Vermittlungsvereinbarung unzweideutig zu entnehmen, daß Frau (F.) als Vermittlerin ihrer Beraterin in deren Werbegebiet zugeordnet war.

Frau (F.) hat die gegenständliche Arbeit laut Punkt 14 des Fragebogens mit dem eigenen Kfz verrichtet. Laut § 4 Z. 2 der Vermittlungsvereinbarung wurde sie jedoch mit weiteren wesentlichen Betriebsmitteln, Informationsmaterial, Werbematerial und Antragsformularen von ihrer Beraterin versorgt. Dieses von der Beraterin überreichte Arbeitsmaterial bezog Frau (O.) unzweifelhaft von der Firma (W.). Frau (F.) hatte laut § 2 Z. 3 der Vermittlungsvereinbarung im Rahmen ihrer Tätigkeit die Interessen ihrer Beraterin 'und damit auch der Firma (W.)' zu wahren. Ihre Tätigkeit hatte sich am wirtschaftlichen Nutzen der Firma (W.) (und deren Dienstnehmerin) auszurichten. Ebenso ist in diesem Zusammenhang das oben dargelegte Konkurrenzverbot zu erwähnen. Weiters ist zu berücksichtigen, daß Frau (F.) laut Fragebogen und laut Vertragsbedingungen nicht berechtigt war, selbst Zahlungen von Kunden entgegenzunehmen bzw. selbst mit Kunden Verträge zu schließen.

Frau (F.) erhielt für ihre Vermittlertätigkeit lediglich bei durch ihre unmittelbare Mitwirkung zustande gekommenen Vertragsabschlüssen (§ 5 Z. 4 der Vertragsbedingungen) eine Werbeprämie. Sie erhielt diese nicht direkt von (W.), sondern von der Beraterin ausbezahlt (§ 5 Z. 8 der Vertragsbedingungen). Dieser war es laut § 5 Z. 3 der Vertragsbedingungen durch (W.) lediglich erlaubt, einen Anteil von maximal 50 % ihrer Abschlußprovision an die Vermittlerin weiterzugeben. Laut § 5 Z. 6 der Vertragsbedingungen hatte Frau (F.) keinen Anspruch auf direkte Ausbezahlung der Werbeprämie durch (W.). Auf den im Akt enthaltenen Abrechnungen scheint jedoch als anweisende Stelle stets die Firma (W.) auf.

Ebenso ist den Vertragsbedingungen zu entnehmen (§ 5 Z. 5), daß ein Provisionsstorno im Ausmaß der weitergegebenen Werbeprämie zu Lasten des Vermittlerprovisionskontos verrechnet werde.

Somit muß davon ausgegangen werden, daß (W.) für Frau (F.) ein 'Vermittlerprovisionskonto' führte, und über die Höhe der weitergegebenen Werbeprämie jeweils Bescheid wußte.

Da nach herrschender Lehre und Judikatur die äußere Form der Bezahlung für sich nicht als Kriterium der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit oder Selbständigkeit herangezogen werden kann, muß nach ho. Ansicht davon ausgegangen werden, daß Frau (F.) die gegenständliche Werbe- und Vermittlertätigkeit als eine der (W.)beraterin, Frau (O.) zur Seite gestellte Hilfskraft, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit zum Dienstgeber (W.) gegen Entgelt erbracht hat. Hinsichtlich der Höhe des Entgeltes ist nach ho. Ansicht gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf den Anspruchslohn abzustellen (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom 16.4.1985, 84/08/0073).

§ 1 Z. 5 der Vertragsbedingungen, wonach der Vertrag keine Vertragsbeziehung zu (W.) begründe, kann angesichts dieser Wahrnehmungen keinerlei Beachtung geschenkt werden. Vielmehr hat sich die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit allein auf das nach der Beweiswürdigung tatsächlich vereinbarte zu stützen. Eine Vertragsbestimmung, die die sozialversicherungsrechtlichen Folgen der mittels der übrigen Vertragsbestimmungen aufgebürdeten Pflichten einer Dienstnehmerin ausschließen will, ist als Umgehungsversuch zu werten.

Daß Frau (F.), wie erwähnt, im oa. Fragebogen - anders als aus den Vertragsbedingungen ersichtlich - angab, ihr sei kein bestimmtes Arbeitsgebiet zugewiesen worden, vermag die ho. Beurteilung nicht zu erschüttern. Vielmehr erscheint es dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales angesichts der Vertragsbedingungen, deren wahrer rechtlicher Gehalt für den Leser zunächst kaum erkennbar ist, durchaus denkbar, daß Frau (F.), sofern sie mit den von ihr erfolgreich aquirierten Vermittlungsanträgen mit der genannten Vertragsbedingung nicht in Konflikt geraten ist, von dieser Einschränkung gar nichts wußte.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat diese Rechtsansicht im wesentlichen bereits im Rahmen des oben erwähnten vorangegangenen Verwaltungsverfahrens dargelegt. Die in der Folge dieses Bescheides eingeholten Parteienvorbringen sind nicht geeignet, diese Rechtsansicht zu widerlegen. Auch das Vorbringen von (W.), Frau (O.) sei im streitgegenständlichen Zeitraum - anders als vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales angenommen - nicht Dienstnehmerin, sondern freie Mitarbeiterin gewesen (Stellungnahme an die Steiermärkische Gebietskrankenkasse vom 16.7.1992), erscheint dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales nicht bedeutsam: Bezüglich Frau (F.)s Tätigkeit ergab sich im gegenständlichen Verfahren insgesamt ein Überwiegen der Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 ASVG. Soweit (W.) in der selben Stellungnahme an die Steiermärkische Gebietskrankenkasse weiters vorbringt, Frau (F.) habe das unternehmerische Risiko für Vermittlerinnentätigkeit getragen, ist dem entgegenzuhalten, daß dieses Kriterium nur dann für Frau (F.)s Selbständigkeit sprechen könnte, wenn dem Risiko entsprechende unternehmerische Dispositionsmöglichkeiten gegenüber stehen. Letztere waren im Rahmen der gegenständlichen Tätigkeit nicht gegeben. Es war somit an der oben dargelegten Rechtsansicht festzuhalten.

Den oben ausgeführten Argumenten des Landeshauptmannes zur Frage des Konkurrenzverbotes ist nicht zu folgen, da die Angaben Frau (F.)s im erwähnten Fragebogen die tatsächlichen Verhältnisse zuverlässiger wiedergeben, als die vertraglichen Vereinbarungen.

Den tatsächlichen Verhältnissen ist zufolge der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das primäre Gewicht beizumessen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat den durchwegs glaubwürdigen Angaben Frau (F.)s lediglich in jenen Punkten des Fragebogens keine Bedeutung zukommen lassen, in denen in Zusammenhalt mit den übrigen Sachverhaltsfeststellungen klar hervorging, daß Frau (F.) über das Ausmaß ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit im Rahmen ihrer Vermittlerinnentätigkeit mangels eines Konfliktfalles offenbar nicht informiert war, während sich der Dienstgeber, wie oben ausgeführt, sehr wohl umfassende Weisungs- und Kontrollbefugnisse sowie die Macht zur Ergreifung disziplinärer Maßnahmen zu sichern mußte.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß Frau (F.) im Rahmen ihrer Vermittlerinnentätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG beim Dienstgeber (W.) tätig war. Zufolge des oben erwähnten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.4.1988, Zl. 87/08/0032, war somit festzustellen, daß diese Tätigkeit und die unbestrittene Dienstnehmerinnentätigkeit als Raumpflegerin durch Frau (F.) beim Dienstgeber (W.) im streitgegenständlichen Zeitraum ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis bilden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm aber, ebenso wie die mitbeteiligten Parteien (mit Ausnahme der F.), von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand. F. beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet. Nach § 4 Abs. 2 leg. cit. ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Gemäß § 35 Abs. 1 erster Satz leg. cit. gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelpersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.

Nach § 1 Abs. 1 lit. a AlVG sind für den Fall der Arbeitslosigkeit Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, versichert (arbeitslosenversichert), soweit sie in der Krankenversicherung aufgrund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert oder selbstversichert (§ 19 a ASVG) und nicht nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen versicherungsfrei sind. Die Arbeitslosenversicherungspflicht nach dieser Bestimmung knüpft an ein "Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt" im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG an und endet mit ihm (vgl. Erkenntnis vom 29. November 1984, VwSlg. Nr. 11600/A).

Unter einem "Beschäftigungsverhältnis" im Sinne des § 35 Abs. 1 erster Satz ASVG ist, wie sich aus § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit § 35 Abs. 1 erster Satz ASVG ergibt - sieht man zunächst von den Fällen der Indienstnahme durch eine Mittelsperson ab -, das dienstliche "Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit" des "Dienstnehmers" im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG zu dem "Dienstgeber" im Sinne des § 35 Abs. 1 erster Satz ASVG zu verstehen. Der Dienstgeber ist die "andere Seite" des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, ohne das die Pflichtversicherung nicht ausgelöst wird. Ob jemand in einem "Beschäftigungsverhältnis" im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG steht, ist daher immer in bezug auf eine bestimmte andere Person (bestimmte andere Personen), nämlich - wiederum zunächst vom Fall der Indienstnahme durch Mittelspersonen abgesehen - den Dienstgeber (die Dienstgeber), zu prüfen (vgl. u.a. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, VwSlg. Nr. 12325/A), und zwar hinsichtlich der Sach- und Rechtslage zeitraumbezogen (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 25. September 1990, Zl. 89/08/0334, und vom 30. April 1991, Zl. 90/08/0134).

Die belangte Behörde hatte daher in ihrer Funktion als Berufungsbehörde im Rahmen der "Sache" des § 66 Abs. 4 AVG lediglich zu klären, ob F. in der Zeit vom 21. Februar bis 20. August 1990 oder zumindest in Teilen dieses Zeitraumes auch ihre Vermittlertätigkeit in einem "Beschäftigungsverhältnis" zur Beschwerdeführerin ausübte und deshalb - entsprechend den Darlegungen im Erkenntnis vom 28. April 1988, Zl. 87/08/0032, Slg. Nr. 12.722/A - der Vollversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG und der Versicherungspflicht nach § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlag; sie hatte jedoch nicht die davon zu unterscheidende Frage zu untersuchen, ob F. im gesamten Zeitraum oder in einem Teilzeitraum (auch) in einem die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis zu O. stand.

Die belangte Behörde kam aufgrund der oben wiedergegebenen Erwägungen zur Auffassung, daß F. "die gegenständliche Werbe- und Vermittlertätigkeit als eine der W.-Beraterin, Frau (O.) zur Seite gestellte Hilfskraft in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit zum Dienstgeber W. gegen Entgelt erbracht hat". Zu diesem Ergebnis gelangte die belangte Behörde nicht etwa deshalb, weil O. die Vermittler-Vereinbarung zwar im eigenen Namen, aber als bloße "Mittelsperson" im Sinne des § 35 Abs. 1 erster Satz ASVG (vgl. dazu ausführlich das Erkenntnis vom 17. Dezember 1991, Zl. 90/08/0222), Slg. Nr. 13.551/A, abgeschlossen habe; vielmehr sei dem Vorbringen der F. in ihrem Einspruch zu folgen, wonach "sie sich durch Abschluß dieses Vertrages seinem wahren rechtlichen Gehalt nach der Firma (W.) gegenüber zur Unterstützung von Frau (O.) bei deren Beratertätigkeit verpflichtete". § 1 Z. 5 der Vertragsbedingungen, wonach der Vertrag keine Vertragsbeziehung zur Beschwerdeführerin begründe, sei demgemäß "als Umgehungsversuch zu werten".

Aus der Einleitung des Satzes, in dem die belangte Behörde die Vermittler-Vereinbarung ihrem "wahren rechtlichen Gehalt nach" in der angeführten Weise deutet, mit dem Wort "somit" müßte - rein formal - gefolgert werden, daß sie dies nur auf § 1 Z. 4 der Vertragsbedingungen stütze, wonach die zwischen F. und O. geschlossene Vereinbarung erst mit Zustimmung der Beschwerdeführerin rechtswirksam werde. Eine solche Folgerung wäre abzulehnen, weil die bloße Zustimmungsbedürftigkeit eines nach den genannten Vertragsbedingungen als (echter) Untervertretervertrag zu wertenden Vertrages (vgl. dazu Jabornegg, Handelsvertreterrecht und Maklerrecht, Manz 1537, S. 38 ff) nicht gleichzusetzen ist mit dem Eintritt des Zustimmungsberechtigten in dieses Vertragsverhältnis. Die belangte Behörde hat diesen Schluß aber - ungeachtet der Verwendung des Wortes "somit" - nicht nur aus der genannten Vertragsbedingung gezogen, sondern ihn, wie die Einleitung des entsprechenden Absatzes mit "mit den o.a. Feststellungen in Einklang steht" klar erweist, auch auf die angenommene Einbindung der F. "in eine von W. beherrschte Weisungsstruktur" sowie auf "eine ebenfalls von W. beherrschte Struktur der Kontrolle und der disziplinären Verantwortung" gestützt. Wären diese Annahmen (im Sinne einer Einbindung in solche das arbeitsbezogene Verhalten der F. betreffende "Strukturen") berechtigt, so wäre - vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den maßgeblichen Kriterien für die Wertung eines Vertreterverhältnisses als Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG (vgl. die Erkenntnisse vom 9. September 1976, Zl. 959/75, vom 27. Jänner 1983, Zl. 81/08/0032, vom 20. Oktober 1988, Zl. 85/08/0062, und vom 25. September 1990, Zlen. 89/08/0270 bis 0274) - auch die daraus gezogene Schlußfolgerung des Bestehens eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen F. und der Beschwerdeführerin im maßgeblichen Zeitraum nicht rechtswidrig; dies unabhängig davon, ob diesfalls O. nur als "Mittelsperson" im Sinne des § 35 Abs. 1 erster Satz ASVG die Vermittler-Vereinbarung abgeschlossen hätte, weil auch in diesem Fall eine unmittelbare rechtliche Beeinflußbarkeit des Rechtsverhältnisses zwischen O. und F. in der im schon genannten Erkenntnis vom 17. Dezember 1991, Slg. Nr. 13.551/A, näher angeführten Art bestanden hätte. Dann wäre es auch in der Tat "nicht bedeutsam" ob O. im relevanten Zeitraum in ihrer Tätigkeit als Beraterin Dienstnehmerin im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG oder bloß "freie Mitarbeiterin" der Beschwerdeführerin war.

Die genannten Annahmen über die Einbindung der F. in die "von W. beherrschte Weisungsstruktur ... sowie Struktur der Kontrolle und der disziplinären Verantwortung" beruhen aber auf einem Gemenge von Deutungen einzelner Vertragsbedingungen der Vermittlungs-Vereinbarung, welche so nicht aus dem Text der Vertragsbedingungen ableitbar sind, von "nachvollziehbaren" Behauptungen der F. in ihren schriftlichen Eingaben im Verwaltungsverfahren und von (schon im Lichte dieser Deutungen und Behauptungen vorgenommenen) Unterscheidungen zwischen "bedeutsamen" und "unbedeutenden" (im Sinne glaubwürdiger und unglaubwürdiger) Antworten der F. im mehrfach genannten Fragebogen:

Die belangte Behörde beginnt ihre Erwägungen mit der zutreffenden Wiedergabe des § 8 der Vertragsbedingungen, wonach der Vermittler verpflichtet ist, den "sachlichen Weisungen seines Beraters Folge zu leisten". Daran schließt die Feststellung, daß der F. nach Punkt 11 des Fragebogens "tatsächlich Weisungen hinsichtlich der Ausübung ihrer Tätigkeit erteilt" worden seien. Ohne sich mit den sowohl durch die Kennzeichnung der Weisungen mit "sachlichen" als auch durch das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Stellungnahme vom 16. Juli 1992, aber auch durch § 3 Z. 3 der Vertragsbedingungen naheliegenden Fragen zu befassen, ob einerseits auch diese "tatsächlichen Weisungen" nur "sachliche Weisungen" (im Sinne von: auf das Arbeitsverfahren und nicht auf das arbeitsbezogene Verhalten bezogene Weisungen) waren und ob sie andererseits - der Vermittler-Vereinbarung entsprechend - nur von O. oder auch von der Beschwerdeführerin erteilt wurden, spricht die belangte Behörde in der Folge von einer "erwiesenen Weisungsgebundenheit", meint damit, wie die darauf gestützte Argumentation klar erweist, eine solche in bezug auf das arbeitsbezogene Verhalten und leitet daraus ungeachtet der Beantwortung des Punktes 10 des Fragebogens durch F., die Nachvollziehbarkeit ihres Vorbringens in den schriftlichen Eingaben im Verwaltungsverfahren zur Berichtspflicht und aus diesen "Wahrnehmungen" schließlich ihre Einbindung "in eine von W. beherrschte Weisungsstruktur" (wiederum im Sinne einer Struktur bezogen auf das arbeitsbezogene Verhalten der F.) ab.

Aus der (begründungsbedürftigen) Deutung des zweiten Satzes des § 1 Z. 2 der Vertragsbedingungen als Festlegung einer disziplinären Verantwortlichkeit der O. für die Handlungen der F. gegenüber der Beschwerdeführerin leitet die belangte Behörde dann im Zusammenhalt mit der (in der genannten Weise mangelhaft begründeten) Weisungsstruktur in bezug auf das Vertragsverhältnis der F. "eine ebenfalls von W. beherrschte Struktur der Kontrolle und der disziplinären Verantwortung" ab, wobei sie - offensichtlich zur Begründung letzterer - überdies § 9 Z. 2 der Vertragsbedingungen bemüht. Letzteres ist schon deshalb unverständlich, weil einerseits die "Beendigung des W.-Berater-Vertragsverhältnisses" lediglich als wichtiger Grund für O., das Vermittler-Verhältnis aufzulösen, festgelegt ist und andererseits diese Festlegung nicht unbesehen als Ausfluß einer "disziplinären Verantwortung" der F. gegenüber O. (oder gar gegenüber der Beschwerdeführerin) gedeutet werden kann, sondern das Bestehen eines (echten) Subvertreterverhältnisses nur unterstreicht.

Die Relevanz der übrigen Begründungsteile für das angenommene Beschäftigungsverhältnis der F. als Vermittlerin mit der Beschwerdeführerin hängt von der Mängelfreiheit der genannten Annahme ihrer Einbindung in die angeführten Strukturen ab: Die Zulässigkeit der Verwendung der Rechtsfigur der "stillen Autorität" zur Begründung der Irrelevanz der Beantwortung der Frage 12 des Fragebogens ist direkt vom Bestehen der genannten Strukturen abhängig. Zur Einschränkung des Arbeitsgebietes der F. ist zu bemerken, daß dem angesichts des Umstandes, daß der O. nur ein bestimmtes Arbeitsgebiet zugewiesen wurde, und F. als Subvertreterin von vornherein nur in diesem Gebiet tätig werden konnte, schon an sich für die Beurteilung ihres Rechtsverhältnisses zu O. (und erst recht zur Beschwerdeführerin) keine entscheidende Bedeutung zukommt; dies umsomehr, wenn die genannten "Strukturen" nicht bestanden haben sollten. Ohne solche "Strukturen" ist aber auch das von der belangten Behörde (entsprechend der Beantwortung der Frage 3 des Fragebogens durch F.,) angenommene Konkurrenzverbot nicht aussagekräftig (vgl. dazu Jabornegg, Handelsvertreterrecht, S. 45, 86; Krejci, Grundriß des Handelsrechts, Manz 1995, S. 356).

Da somit die belangte Behörde zu den entscheidungswesentlichen Annahmen nur aufgrund der angeführten mangelhaften Deutung der Vertragsbedingungen der Vermittler-Vereinbarung und der davon und der bloßen "Nachvollziehbarkeit" der Behauptungen der F. in ihren schriftlichen Eingaben im Verwaltungsverfahren abgeleiteten Wertung ihrer Antworten im Fragebogen ohne Auseinandersetzung mit dem umfangreichen Vorbringen der Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 16. Juli 1992 (aber auch ihren späteren, sich darauf beziehenden Eingaben) und ohne danach wohl notwendige Vernehmungen zumindest der F. und der O. gelangte, war der angefochtene Bescheid schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994. Das Begehren auf Ersatz der "Barauslagen" war abzuweisen, weil "Barauslagen des Verwaltungsgerichtshofes, für die er aufzukommen hat" (§ 48 Abs. 1 Z. 1 zweiter Halbsatz VwGG), d.h. Auslagen, für die zunächst der Verwaltungsgerichtshof aufzukommen hat, nicht angefallen sind. Sollte die Beschwerdeführerin darunter aber Stempelgebühren meinen, die sie im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu entrichten hat (§ 48 Abs. 1 Z. 1 erster Halbsatz VwGG), so ist sie auf die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehende sachliche Abgabenfreiheit (§ 110 Abs. 1 Z. 2 ASVG) zu verweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte