VwGH 93/06/0255

VwGH93/06/025519.12.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde der S in G, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 4. November 1993, Zl. A 17 - K - 10.541/1993 - 1, betreffend Nachbareinwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Ärztekammer für Steiermark, Graz), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §42;
AVG §42;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.640,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 27. Oktober 1992 ersuchte die mitbeteiligte Partei um die Erteilung der Baubewilligung für den Umbau des Hauses auf dem Grundstück Nr. 68, EZ nn4, KG X, Graz, H-Gasse 1. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines Nachbargrundstückes, welches ebenfalls bebaut ist (H-Gasse 3).

In der mündlichen Verhandlung am 22. Februar 1993 brachte die Beschwerdeführerin, vertreten durch den Beschwerdevertreter, eine Reihe von Einwendungen vor, die wie folgt in die Niederschrift aufgenommen wurden:

"Aufgrund des heutigen Ortsaugenscheines erscheint die Bestätigung gegeben, daß das Haus H-Gasse 1 ohne eigene Feuermauer an das Haus H-Gasse 3 anschließt und auch im Hofbereich das Mauerwerk die Grenze zwischen den Häusern H-Gasse 3 und 1 darstellt. Es ist daher zu achten, daß die Feuermauer des Hauses H-Gasse 3 durch Maßnahmen nicht berührt wird. Dies wäre dann gesichert, wenn im Hausbereich Leitungen etc. nur in dem neu aufgeführten Mauerwerk laut Korrektur geführt werden. Zu prüfen wäre noch, wie weit Absenkungsmaßnahmen im Kellerbereich das Haus H-Gasse 3 beeinträchtigen können.

Entlüftungen sind insgesamt über Dach zu führen. Der Gaupenausbau im Dachgeschoß ist als Geschoßaufbau zu beurteilen und sind daher die notwendigen Maßnahmen vorzuschreiben."

Auf Grund dieser Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden nach der mündlichen Verhandlung die ursprünglich vorgelegten Pläne von der mitbeteiligten Partei geändert und am 18. März 1993 wieder vorgelegt. In einer zu diesen Plänen erstatteten Stellungnahme wandte sich die Beschwerdeführerin neuerlich gegen die Ausführung der Mauer, die unmittelbar an der Grundgrenze zu ihrem Gebäude errichtet werden sollte, und bestritt die Eigenschaft dieser Mauer als Feuermauer. Auch im Hinblick auf § 52a Steiermärkische Bauordnung 1968 (betreffend Erleichterungen für Baumaßnahmen an Altbauten) entspreche das Projekt nicht der Bauordnung. Es wurde auch bestritten, daß die Pläne mit den örtlichen Gegebenheiten übereinstimmten.

Dazu wurde darauf hingewiesen, "daß es Aufgabe der Behörde wäre, die Übereinstimmung der Pläne im Rahmen einer Ortsverhandlung mit den örtlichen Gegebenheiten zu prüfen".

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 9. Juni 1993 wurde die beantragte Bewilligung erteilt.

In diesem Bescheid ist zunächst unter der Überschrift "Sachverhalt" die Angabe des Bewilligungswerbers, der Anschrift des Bewilligungswerbers, des Gegenstandes ("Ansuchen um Bewilligung für einen Umbau bzw. zur Generalsanierung des bestehenden Objektes") und des Ortes der Bauführung enthalten und sodann die Stellungnahme des Beschwerdevertreters in der Verhandlung am 22. Februar 1993 wiedergegeben. Anschließend wird auf die Ergänzung der Pläne durch die mitbeteiligte Partei hingewiesen und die dazu eingegangene Stellungnahme des Beschwerdevertreters wiedergegeben.

Der Spruch des Bescheides lautet wie folgt:

"Spruch

Die Bewilligung zur Ausführung des im Sachverhalt angeführten Bauvorhabens wird auf Grund der mündlichen Verhandlung am 22.2.1993 gemäß den §§ 57 und 62 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, idF LGBl. 43/1992 und gem. den §§ 3, 6 und 7 des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes 1980, LGBl. 33/1980 erteilt.

Die Einwendungen der Nachbarin, Frau S, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. P, werden als unzulässig zurück- bzw. abgewiesen.

Die Ausführung des Bauvorhabens hat entsprechend den genehmigten Plänen, der Baubeschreibung und unter den nachangeführten Auflagen zu erfolgen:

..."

Im Verwaltungsakt erliegen sowohl die ursprünglich vorgelegten Pläne mit Datum 16. Oktober 1992, als auch die später (nach der mündlichen Verhandlung, nach einem Vermerk auf dem Umschlagbogen der Pläne offenbar am 18. März 1993) vorgelegten neuen Pläne, die mit 19. Jänner 1993 datiert sind. Diese Pläne ("Einreichplan Austauschplan-Variante") tragen den Genehmigungsvermerk als mit Bescheid vom 9.6.1993 genehmigt. In den ursprünglichen Plänen ist sowohl im Kellergeschoß als auch im Erdgeschoß lediglich in dem der H-Gasse abgewandten Teil der Grundstücksgrenze zum Grundstück der Beschwerdeführerin die Errichtung einer (neuen, rot eingezeichneten) Mauer vorgesehen. In dem mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Plan ist im Erdgeschoß auch ein Großteil der ursprünglich als Bestand ausgewiesenen Mauer als neu zu errichtend (rot) gekennzeichnet. Im Kellergeschoß ist der entsprechende (darunter liegende) Mauerteil nach wie vor als Bestand ausgewiesen. Demgegenüber wurde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von der Beschwerdeführerin die Kopie eines Einreichplanes ebenfalls mit Datum 19. Jänner 1993 vorgelegt, welche zwar eine Schwarz-weiß-Kopie ist, auf der aber ersichtlich ist, daß im Kellergeschoß und im Erdgeschoß gegenüber den Plänen vom 16. Oktober 1992 weitere Teile als neu zu errichtende Mauern eingetragen wurden (erschließbar aus der dunklen Färbung, welche die gleiche Schattierung aufweist wie die Stellen, die auf dem im Akt erliegenden Plan rot gefärbt sind, und sich solcherart auf der Kopie deutlich von den gelb gefärbten Teilen, die so gut wie gar nicht auf der Kopie erkennbar sind, und den als Bestand gekennzeichneten Teilen abheben). Auf diesem Plan sind auch im Kellergeschoß Teile der Mauern (nämlich jene, die unter jenen im Erdgeschoß liegen, die in den mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Plänen gegenüber den ursprünglichen Plänen zusätzlich als neu zu errichtend eingetragen sind) als neu zu errichtend angegeben. In der Baubeschreibung, die im Akt erliegt, sind das Kellermauerwerk als "Vollziegel, bestehend", die Außenwände mit "Vollziegel, bestehend, Ergänzungen 38 cm Ziegel" und die "Feuer- und Brandmauern" mit "Ziegel, bestehend" angegeben.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der neuerlich die Auffassung vertreten wird, daß "nunmehr eindeutig aus(ge)wiesen (sei), daß im Bereiche zum Haus H-Gasse 3 keine Feuermauern gegeben sind." Gemäß § 21 Steiermärkische Bauordnung 1968 habe jedoch jedes Gebäude eine eigene Feuermauer zu haben. Es wird sodann näher ausgeführt, wie nach Auffassung der Beschwerdeführerin eine Feuermauer beschaffen zu sein habe. Die Beschwerdeführerin wendet sich in der Berufung weiters gegen die Errichtung der Gaupe. Auf Grund der Errichtung von tragendem Mauerwerk im zweiten Obergeschoß vor der bisherigen Fassade liege "auch abstandsmäßig ein zu beachtendes Neuobjekt" vor. Es wird überdies die Auffassung vertreten, daß nicht die Linie der Dachrinne als Dachsaum gewertet werden könne, erst der Dachsaum der Gaupe bilde den "bauordnungsgemäßen oberen Abschluß des Gebäudes". Der sogenannte Gaupenausbau sei als zusätzliches Geschoß zu beurteilen und somit für die Abstandsprüfung maßgeblich.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens insbesondere aus, daß in der Berufung folgende Themenkreise angesprochen seien: Die Frage der Situierung und Ausgestaltung der bestehenden bzw. modifizierten Feuermauern, verbunden mit statischen Überlegungen, aus denen die Berufungsbehörde jedoch zu entnehmen können glaubt, daß nicht die Überbauung von Nachbargrund behauptet wird, zum zweiten die Frage des Schallschutzes, weiters neuerliche Ausführungen zur Errichtung der Feuermauern wie etwa die Führung der Feuermauern über Dach und neuerliche Ausführungen zur Standfestigkeit, das schon im unterbehördlichen Verfahren Vorgebrachte hinsichtlich der Gaupen, welches Vorbringen um einiges ergänzt werde und wobei auch Fragen der Abstandsbemessung erörtert würden, und schließlich der Schlußteil der Berufungsausführungen, der dahingehend gedeutet werden könne, daß die Widmungskonformität neu überprüft werden solle.

Hinsichtlich der Fragen der Statik stellte die belangte Behörde fest, daß diesbezüglich dem Nachbarn nach der Steiermärkischen Bauordnung kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht zukomme. Auch hinsichtlich der unter dem Gesichtspunkt der "Überbauung vom Nachbargrund" behandelten Einwendungen im Zusammenhang mit Fragen der Lastübertragung wurde die Auffassung vertreten, daß diesbezüglich kein subjektives Recht des Nachbarn bestehe.

Hinsichtlich der Frage des Schallschutzes sei die Beschwerdeführerin präkludiert. Die Berufungsbehörde setzte sich daher mit dieser Frage nicht neuerlich auseinander.

Soweit sich das Vorbringen der Beschwerdeführerin auf das aus § 61 Abs. 2 lit. g Steiermärkische Bauordnung 1968 ableitbare subjektive Recht betreffend Feuer- und Brandmauern bezieht, wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, daß die den Gegenstand der vorgenommenen Modifikation bildenden Feuermauern gegenüber dem Gebäude der Beschwerdeführerin offenkundig den Anforderungen an eine Feuermauer entsprächen. Insbesondere entspreche die teilweise vorgesehene Stärke von 25 cm im Hinblick auf die genehmigte Baubeschreibung, die als Baustoff für die Feuermauern Ziegelmauerwerk aufweise, den gesetzlichen Anforderungen, zumal die Ö-Norm B 3800 eine Bandbreite an Möglichkeiten offenlasse (und offenbar nach Auffassung der belangten Behörde die genehmigte Ausführung der Ö-Norm B 3800 entspricht).

Auch hinsichtlich der Einwendungen betreffend die Höhe und des Seitenabstandes trat die belangte Behörde der Beurteilung der Behörde erster Instanz bei. Es liege nicht die Errichtung eines Geschoßes vor, weil sich "das Ausmaß der Gaupenausbildung durch das Projekt gegenüber dem Altbestand nicht" verändere. Mit dem Vorbringen hinsichtlich des "Vorsetzens" von tragendem Mauerwerk im zweiten Obergeschoß müsse sich die belangte Behörde im Hinblick auf die eingetretene Präklusion nicht auseinandersetzen. Dieses Vorbringen sei nach der Projektsänderung erstmals vorgetragen worden; da eine Projektsänderung nur insofern eine Durchbrechung der Präklusion bewirke, als sich die vorgenommene Modifikation auf den Antrags- und damit Verhandlungsgegenstand auswirke, sei das diesbezügliche Vorbringen präkludiert, da insofern die Pläne nicht geändert worden seien. Auch hinsichtlich der Frage der "Widmungskonformität" sei die Beschwerdeführerin präkludiert.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht und im wesentlichen das oben zusammengefaßt dargestellte Vorbringen der Berufung wiederholt wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich somit im wesentlichen in den subjektiven Rechten gemäß § 21 in Verbindung mit § 61 Abs. 2 lit. g der Steiermärkischen Bauordnung 1968, aber auch hinsichtlich der Berücksichtigung der statischen Auswirkungen auf ihr Grundstück, im Recht auf Seitenabstand und im Recht auf Einhaltung der Gebäudehöhe verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Die Beschwerdeführerin erstattete eine Replik auf die Gegenschriften, mit welcher sie auch Unterlagen vorlegte, die zum Teil im Verwaltungsakt enthalten sind, deren Beilage ./1 aber die oben bereits genannte Kopie eines Einreichplanes, der ebenfalls mit 19. Jänner 1993 datiert ist und die gleiche Bezeichnung wie der im Akt erliegende Plan trägt, aber in signifikanter Weise von diesem abweicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Verwaltungsbehörden sind zutreffend davon ausgegangen, daß das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insoferne beschränkt ist, als sich das Mitspracherecht nur auf jene Fragen erstreckt, in denen dem Nachbarn durch die Bauordnung subjektive Rechte eingeräumt sind, und hinsichtlich derer der Nachbar überdies rechtzeitig Einwendungen erhoben hat (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A).

2. Die belangte Behörde ist weiters zutreffend davon ausgegangen, daß im Falle der Änderung eines Bauvorhabens nach Durchführung der mündlichen Verhandlung nur insoweit von den Nachbarn neue Einwendungen erhoben werden können, als sich durch die Änderung des Antrages Auswirkungen auf die subjektiven Rechte der Nachbarn ergeben können (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. September 1992, Zl. 92/05/0020, und vom 14. September 1995, Zl. 95/06/0105).

3. Im Hinblick auf die oben wiedergegebene Stellungnahme des Beschwerdevertreters in der mündlichen Verhandlung am 22. Februar 1993 kann daher der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Einwendungen hinsichtlich des Schallschutzes und der Widmungskonformität als präkludiert erachtet hat.

4. Hinsichtlich der Frage des sogenannten Gaupenausbaues im Dachgeschoß enthält zwar die Erklärung des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 22. Februar 1993 einen Hinweis, der jedoch in seiner Allgemeinheit ("sind daher die notwendigen Maßnahmen vorzuschreiben") nicht erkennen läßt, in welchem Recht sich die Beschwerdeführerin durch den Ausbau verletzt erachtet.

Einwendungen im Sinne des § 42 AVG sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Einwände gegen das beantragte Projekt, wenn die Partei die Verletzung subjektiver Rechte geltend macht. Dem Begriff der Einwendung ist die Behauptung einer Rechtsverletzung mit Bezug auf ein bestimmtes Recht, das heißt die Geltendmachung der Verletzung eines konkreten subjektiven Rechtes immanent (vgl. die

hg. Erkenntnisse vom 12. Mai 1959, Slg. Nr. 4966/A, vom 14. Mai 1985, Zl. 82/05/0185, vom 24. April 1990,

Zlen. 89/04/0178 und 89/04/0193). Wenngleich nach der hg. Judikatur lediglich erkennbar sein muß, auf welches Recht sich die Partei stützen möchte, reicht der unbestimmte Hinweis, gegen eine bestimmte Bauführung zu sein, nicht für das Vorliegen einer Einwendung aus (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 16. April 1985, Slg. Nr. 11.745/A, vom 15. September 1987, Zl. 87/04/0020, sowie vom 2. Oktober 1989, Zl. 87/04/0071, vom 7. November 1995, Zl. 94/05/0173, betreffend ein allgemeines Vorbringen, daß mit der Errichtung der beantragten Garagen das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigungen verbunden seien, und zuletzt zu einer Erklärung, "gegen eine Erhöhung" zu sein, das hg. Erkenntnis vom 7. November 1996, Zl. 95/06/0244).

Es war daher zutreffend, wenn die belangte Behörde hinsichtlich des nunmehrigen Vorbringens, es werde eine Mauer "vorgesetzt", Präklusion annahm. Daran ändert auch nichts, daß die Pläne im Beschwerdefall nach der mündlichen Verhandlung ausgetauscht wurden, insofern also eine Antragsänderung vorliegt, da diese Änderung den Bereich der Gaupenkonstruktion nicht betrifft (vgl. die oben unter 2. wiedergegebenen Erkenntnisse zur Frage der Auswirkung einer Antragsänderung auf die Präklusion).

5. Aus dem Vorgesagten folgt auch, daß auch das Vorbringen hinsichtlich der Gaupenkonstruktion selbst keine Einwendung im Rechtssinn darstellt und die belangte Behörde daher berechtigt gewesen wäre, auch dieses Vorbringen nicht zu berücksichtigen. Die Erklärung des Beschwerdevertreters ist wie ein Hinweis auf die Einhaltung der (objektiven) Rechtsvorschriften zu verstehen; sie läßt weder eindeutig erkennen, daß die Beschwerdeführerin sich durch den Ausbau in subjektiven Rechten verletzt erachtet, noch gar, welches subjektive Recht dies sein könnte. Folgerichtig geht auch weder aus der Begründung des Bescheides der Behörde erster Instanz, noch aus dem angefochtenen Bescheid hervor, mit Bezug auf welches subjektive Recht der Beschwerdeführerin die Behörden diese Einwendung geprüft haben. Selbst unter Zugrundelegung der Auffassung der belangten Behörde, daß hinsichtlich dieser Frage keine Präklusion eingetreten ist, erweist sich der Bescheid insofern aber nicht als rechtswidrig. Der Begründung der belangten Behörde liegt zugrunde, daß auch der Altbestand im Hinblick auf die bestehenden Gaupen ein Geschoß darstellt. Zwar könnte man dieser Annahme entgegenhalten, daß diesbezüglich keine konkreten Feststellungen getroffen wurden und somit die nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes an das Vorliegen eines Geschoßes gestellten Anforderungen nicht in einem mängelfreien Verfahren festgestellt worden seien, doch könnte dieser Verfahrensmangel nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn die Beschwerdeführerin aufgezeigt hätte, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde hätte kommen können. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde betreffen jedoch nur den Umstand, daß das Mauerwerk in diesem Bereich neu errichtet werde, nicht aber die Frage, inwiefern der Altbestand kein Geschoß im Sinne der baurechtlichen Vorschriften, insbesondere im Sinne der Bebauungsdichteverordnung, LGBl. Nr. 60/1987, die im Beschwerdefall maßgeblich gewesen wäre, oder des § 4 Steiermärkische Bauordnung 1968 aufweise (vgl. zum Geschoßbegriff die hg. Erkenntnisse vom 26. Mai 1988, Zl. 86/06/0258, und vom 15. September 1994, Zl. 94/06/0074).

Damit ergibt sich, daß der angefochtene Bescheid auch insoweit subjektive Rechte der Beschwerdeführerin nicht verletzt.

6. Im Ergebnis berechtigt ist die Beschwerde jedoch hinsichtlich der behaupteten Verletzung des der Beschwerdeführerin aus § 21 iVm § 61 Abs. 2 lit. g Steiermärkische Bauordnung 1968 zukommenden subjektiven Rechtes.

Wenngleich auch in diesem Zusammenhang der belangten Behörde zuzustimmen ist, daß das Baubewilligungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren und daher nicht maßgeblich ist, wie - allenfalls abweichend von den bewilligten Plänen - das Bauvorhaben ausgeführt wird, leidet der angefochtene Bescheid in diesem Zusammenhang aus folgenden Gründen an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften:

Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es zwar durchaus zulässig, im Spruch eines Bewilligungsbescheides auf die einen Bestandteil der Bewilligung bildenden und mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Pläne oder auch auf andere, einen Bestandteil des Bescheides bildende Unterlagen zu verweisen. Ein derartiger Verweis hat jedoch eindeutig zu sein. Im Beschwerdefall erfolgte die Genehmigung mit dem Bescheid vom 9. Juni 1993 derart, daß die Bewilligung "entsprechend den genehmigten Plänen, der Baubeschreibung und unter den nachangeführten Auflagen" erteilt wurde. Im Hinblick darauf, daß aufgrund der Einwendungen der Beschwerdeführerin zwar die Pläne hinsichtlich der Mauer zur Grundgrenze der Beschwerdeführerin (teilweise) geändert wurden, die Baubeschreibung aber unverändert blieb, besteht nunmehr ein Widerspruch zwischen der Baubeschreibung, derzufolge die Feuermauern als Bestand anzunehmen sind, und den genehmigten Plänen, denen zufolge diese Mauern zumindest teilweise erst zu errichten sind. Der Bescheidspruch ist insoweit nicht eindeutig. Selbst wenn man in einer derartigen Situation davon ausgehen wollte, daß dem mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Plan der Vorrang einzuräumen wäre (und die Baubeschreibung nur hinsichtlich des zu VERWENDENDEN Materials als normativ ansehen wollte), bestehen im Beschwerdefall angesichts dieser Ungereimtheit und des Verfahrensablaufes (nachträgliche teilweise Änderung von ursprünglich offenbar unrichtigen Plänen, nunmehr auch Existenz von voneinander abweichenden Plänen, Bestreiten der Richtigkeit der Pläne im Verwaltungsverfahren durch die Beschwerdeführerin) Bedenken gegen die Sachverhaltsfeststellung und Begründung der belangten Behörde.

Auch wenn das Bauverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren darstellt, ist die Behörde nicht der Aufgabe enthoben, den maßgebenden Sachverhalt zu erheben, wobei im Fall des Umbaues eines Gebäudes insbesondere auch der konsensgemäße Bestand maßgeblich ist, soweit dieser - wie im Beschwerdefall - für das umgebaute Bauwerk verwendet werden soll bzw. dieser für die rechtliche Beurteilung ausschlaggebend sein kann. Die Bewilligung eines Umbaues kann nur derart erfolgen, daß der aufgrund der Umbaubewilligung insgesamt sich ergebende Konsens dem Gesetz entspricht. Im vorliegenden Fall ist nicht festgestellt, ob für das bestehende Gebäude eine Baubewilligung aktenkundig ist. Möglicherweise ist vielmehr davon auszugehen, daß der Bestand die Vermutung des Konsenses für sich hat. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, wäre es im Beschwerdefall von ausschlaggebender Bedeutung, an welchen Stellen durch die Änderungsbewilligung die Errichtung von Feuermauern vorgesehen ist, sofern der Bestand tatsächlich teilweise keine Feuermauern aufweist.

Die belangte Behörde hätte angesichts der im Verfahren erhobenen Einwendungen gegen die Richtigkeit der vorgelegten Pläne nicht ohne weiteres die (am 18. März 1996 vorgelegten) Pläne der Entscheidung zugrundelegen dürfen, ohne unter Hinweis auf die von ihr getroffenen Sachverhaltsfeststellungen zu begründen, wieso sie nunmehr von dem in diesen Plänen ausgewiesenen Sachverhalt ausgeht. Ob dieser Sachverhalt zutrifft, ist konkret auch insofern zweifelhaft, als die oben erwähnte Plankopie, die von der Beschwerdeführerin vorgelegt wurde, offenbar einen anderen Sachverhalt zugrundelegt und dieser Ausfertigung zufolge die Errichtung eines weiteren Teiles der Feuermauer erforderlich wäre (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom 19. September 1995, Zl. 93/05/0162, hinsichtlich der Übernahme von Maßen aus nicht ganz klaren Plänen ohne Einräumung des Parteiengehörs zu dem solcherart angenommenen Sachverhalt).

Wenngleich sich die Baubehörden in diesem Zusammenhang in der Regel auf die vorgelegten Pläne stützen können, und diesbezügliche weitere Feststellungen und Begründungen entbehrlich sein werden, ist es in Fällen wie dem vorliegenden nicht ausreichend, wenn die Baubehörde implizit vom Zutreffen der Angaben in den vorgelegten Plänen ausgeht. Die belangte Behörde verkennt mit ihren Ausführungen zu den Eigenschaften einer Feuermauer, daß es nicht nur darum geht, wie die Feuermauer beschaffen sein muß, sondern auch darum, an welchen Stellen bereits von einem Bestand einer Feuermauer ausgegangen werden kann und an welchen Stellen nicht. Zu dem Hinweis auf die Baubeschreibung in der Begründung des angefochtenen Bescheides ist zu bemerken, daß angesichts der von der mitbeteiligten Partei mittlerweile durchgeführten Planänderung jedenfalls klargestellt ist, daß diese Baubeschreibung falsch ist, da dort als Bestand ausgewiesene Teile offensichtlich in der Natur nicht vorhanden sind. Die belangte Behörde wäre bei dieser Sachlage verpflichtet gewesen, den Sachverhalt durch weitere Ermittlungen klarzustellen oder aber - so sie über ein über den Akteninhalt hinausgehendes Wissen verfügen sollte - in der Bescheidbegründung darzulegen, woraus sie die Gewißheit bezieht, daß die geänderten Pläne den Tatsachen entsprechen und daher etwa eine Neuerrichtung einer Mauer im Kellergeschoß an der Grundgrenze zur Beschwerdeführerin nicht erforderlich ist. Jedenfalls war es bei der dargestellten Sachlage nicht zulässig, die als verfehlt erkannte Baubeschreibung zum Bestandteil des Bescheides zu erklären. Die belangte Behörde läßt damit offen, von welchem Sachverhalt sie ausgeht und belastet nicht nur den Spruch des Bescheides mit Unklarheit, sondern bewirkt damit auch eine Unschlüssigkeit der Begründung des angefochtenen Bescheides.

Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtsverletzungen vorliegen, ist daher derzeit auf der Grundlage des mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten Bescheidspruches der Behörde erster Instanz in Verbindung mit den Sachverhaltsfeststellungen und der Begründung der belangten Behörde nicht möglich.

Dieser Verfahrensmangel ist auch wesentlich, da die belangte Behörde bei seiner Vermeidung in der Frage der Feuermauern zu einem anderen Bescheid hätte kommen können und die Beschwerdeführerin ein subjektives Recht auf Einhaltung des § 21 Stmk BauO 1968 hat.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben.

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den angesprochenen Schriftsatzaufwand für die Replik zu den Gegenschriften, da nach der genannten Verordnung der Schriftsatzaufwand nur einmal gebührt, sowie die geltend gemachten Stempelgebühren für die Beilagen 3 bis 6 zu dieser Replik, da diese Unterlagen darstellen, die auch in dem von der Verwaltungsbehörde vorgelegten Verwaltungsakt enthalten sind, und ihre Vorlage daher zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich war.

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