Normen
ROG OÖ 1972 §16 Abs13 idF 1989/091;
ROG OÖ 1972 §16a Abs1 idF 1989/091;
ROG OÖ 1972 §16 Abs13 idF 1989/091;
ROG OÖ 1972 §16a Abs1 idF 1989/091;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Landeshauptstadt Linz Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Ansuchen vom 1. Dezember 1992 beantragte der Beschwerdeführer die Baubewilligung für bauliche Änderungen der bestehenden Objekte auf den Grundstücken Nr. n/3 und n/8, EZ nn, Grundbuch Linz. Den Bauplänen ist zu entnehmen, daß im Erdgeschoß des Objektes A-Straße 45 ein Vereinslokal und ein Lebensmittelmarkt sowie Sanitär- und Waschräume vorgesehen sind; im Objekt A-Straße 47 sind im zweiten Obergeschoß 15 Schlafräume sowie eine Sanitär- und eine Waschgruppe und im dritten Obergeschoß ein Gebetsraum und ein Aufenthaltsraum geplant. Im Keller des Objektes B-Straße 40 sollen Küchen- und Lagerräume sowie Sanitär- und Waschräume, im ersten Obergeschoß dieses Objektes ein Büroraum und Sanitäranlagen ausgeführt werden.
Gemäß dem Flächenwidmungsplan Linz, Teil Mitte und Süd Nr. 1 (Gemeinderatsbeschluß vom 24. September 1987, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz vom 25. April 1988) in der Fassung der Änderung Nr. 49 (Gemeinderatsbeschluß vom 24. September 1992, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz am 30. November 1992) sind die gegenständlichen Grundstücke als "Gebiet für Geschäftsbauten" gewidmet.
Mit Schreiben vom 25. Jänner 1993 teilte der Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Baurechtsamt, dem Beschwerdeführer mit, daß beabsichtigt sei, das Bauansuchen wegen Widerspruches zum Flächenwidmungsplan gemäß § 45 Abs. 6 lit. a der OÖ. Bauordnung 1976 ohne Durchführung einer Bauverhandlung bescheidmäßig abzuweisen. Hiezu wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt. Der Beschwerdeführer führte dazu aus, daß sich sein Bauansuchen auf die Widmung "Kerngebiet" beziehe; daß nunmehr die Widmung "Gebiet für Geschäftsbauten" rechtswirksam sei, sei erst während des Bauverfahrens bekannt geworden. Inzwischen habe die Grundeigentümerin beantragt, daß die Fläche auf den ursprünglichen Stand "Kerngebiet" rückgewidmet werde. Der Beschwerdeführer beantragte, das Bauverfahren bis zur Rechtswirksamkeit der Rückwidmung auszusetzen.
Mit Bescheid vom 30. März 1993 wies der Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Baurechtsamt, das Bauansuchen gemäß § 45 Abs. 6 lit. a der OÖ. Bauordnung 1976 ab. Die geplante Bauführung widerspreche der Widmung "Gebiet für Geschäftsbauten". Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Die Behörde erster Instanz hätte jedenfalls eine Bauverhandlung durchführen müssen und erst auf Grund des Ergebnisses der Verhandlung und der übrigen Verfahrensergebnisse in der gegenständlichen Verwaltungssache entscheiden dürfen. Es fehle im Bescheid eine nähere Begründung, warum die Bauführung unzulässig sei. Der angewendete Flächenwidmungsplan sei gesetzwidrig.
Mit Bescheid vom 3. Mai 1993 gab der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz der Berufung keine Folge. Keines der Bauvorhaben betreffe einen Geschäftsbau für den überörtlichen Bedarf im Sinne des § 16 Abs. 12 bzw. des § 16a des Oö. Raumordnungsgesetzes 1972. Das geplante Bauvorhaben diene nach der Art der geplanten Baumaßnahmen (Gebetsraum, Vereinslokal, Schlafstellen) sowie des Beschwerdeführers (Kulturverein) zumindest überwiegend kirchlichen, kulturellen und sozialen Zwecken. Im maßgeblichen Widmungsgebiet bestehe noch kein Geschäftsbau für den überörtlichen Bedarf und sei somit kein Bau errichtet, welcher gemäß § 16 Abs. 13 des OÖ. ROG 1972 einen Bedarf für sozialen, kirchlichen oder kulturellen Zwecken dienende Anlagen auslösen könnte. Die Baubehörden hätten den ordnungsgemäß kundgemachten Flächenwidmungsplan zu beachten. Die Änderung Nr. 49 habe keine für die Abweisung des Bauansuchens präjudizielle Änderung der Flächenwidmung herbeigeführt, weil die gegenständliche Widmung "Gebiet für Geschäftsbauten" bereits vorher bestanden habe.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung. In der Umgebung der gegenständlichen Gebäude wohne eine große Zahl türkischstämmiger Personen, für welche der überörtliche Bedarf gegeben sei. Ein von den Liegenschaftseigentümern am 8. April 1980 gestellter Antrag auf "Umwidmung" der gegenständlichen Grundstücke von "Kerngebiet" auf "Gebiet für Geschäftsbauten" habe offensichtlich nur der Verfolgung von Einzelinteressen der Grundeigentümer und der rechtlichen Sanierung bereits vorgenommener konsensloser baulicher Maßnahmen gedient.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. Da das Vorhaben ausschließlich einem kirchlichen, kulturellen und sozialen Bedarf einer großen Anzahl türkischstämmiger Personen aus der Umgebung dienen soll, könne keine Rede davon sein, daß dieser Bedarf in besonderer Weise mit Geschäftsbauten gemäß § 16 Abs. 13 des Oö. ROG 1972 zusammenhänge. Darüberhinaus sei bei der Beurteilung der Frage nach diesem Zusammenhang auch nicht auf das angrenzende Gebiet, welches von der Widmung der gegenständlichen Grundstücke nicht erfaßt sei, abzustellen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer regt weiters an, der Verwaltungsgerichtshof möge beim Verfassungsgerichtshof die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des angewendeten Flächenwidmungsplanes beantragen.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die Mitbeteiligte, eine Gegenschrift. Ihrer Gegenschrift schloß die Mitbeteiligte Auszüge aus dem Verordnungsakt betreffend die gegenständliche Widmung an. Danach beantragte am 8. April 1980 die Firma "F-Handelsgesellschaft mbH & Co" in Linz, A-Straße 47 die Erlassung einer Verordnung, worin ihre Liegenschaft zum Gebiet für Geschäftsbauten erklärt werde. Im Amtsbericht vom 2. Juni 1980 wurde ausgeführt, daß für die gegenständliche Fläche kein Flächenwidmungsplan wirksam sei, weshalb nur durch die Erlassung der begehrten Verordnung ein für solche Geschäftsbauten geeigneter Standort geschaffen werden könne. Der Gemeinderatsbeschluß vom 3. Juli 1980 enthält gemäß § 26 Abs. 4 OÖ. ROG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 15/1977 die Erklärung des Gebietes als Gebiet für Geschäftsbauten. Die Verordnung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. September 1980 aufsichtsbehördlich genehmigt und im Amtsblatt vom 13. Oktober 1980 kundgemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 45 Abs. 6 lit. a der Oö. Bauordnung 1976, LGBl. Nr. 35 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 82/1983 (im folgenden: BO) ist das Baubewilligungsansuchen von der Baubehörde ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich schon aus dem Ansuchen oder dem Bauplan ergibt, daß das Bauvorhaben zwingenden Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes, des Bebauungsplanes, einer Bausperre oder der rechtswirksamen Bauplatzbewilligung widerspricht. Die Behörden nahmen einen Widerspruch zum geltenden Flächenwidmungsplan an, weil kein Geschäftsbau errichtet werden soll.
Der Beschwerdeführer macht die Gesetzwidrigkeit der im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmung "Gebiet für Geschäftsbauten" geltend. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich aber aus nachstehenden Erwägungen nicht zu einer Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG veranlaßt:
Im Gegensatz zu den Beschwerdeausführungen bestand anläßlich der Erlassung der auf § 26 Abs. 4 ROG 1972 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 15/1977 gestützten Verordnung vom 3. Juli 1980 KEIN Flächenwidmungsplan für das gegenständliche Gebiet. Der erstmalig erlassene Flächenwidmungsplan Linz-Teil Mitte und Süd Nr. 1 vom 24. September 1987 legte für die gegenständlichen Grundstücke die Widmung "Gebiet für Geschäftsbauten" fest. Eine Änderung von "Kerngebiet" auf "Gebiet für Geschäftsbauten" erfolgte hingegen nicht. Damit versagt der Hinweis des Beschwerdeführers auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. September 1989, VfSlg. 12171, weil im Zeitpunkt der Neuerlassung des Flächenwidmungsplanes keine andere Widmung vorlag. Es kann keine Rede davon sein, daß eine ÄNDERUNG der Flächenwidmung nur deshalb vorgenommen worden wäre, um ein dem geltenden Flächenwidmungsplan widersprechendes und somit rechtswidriges Bauvorhaben rechtlich zu ermöglichen.
Durch die verbindliche Festlegung der Widmung durch den Verordnungsgeber trat jenes Maß an Rechtssicherheit ein, welches dem Rechtsunterworfenen ermöglichte, im Vertrauen auf die Rechtslage seine individuellen Planungsabsichten zu gestalten und mit der Rechtslage zu koordinieren (siehe das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. März 1995, V 144, 145/94). Wann der Beschwerdeführer von der Widmung erfahren hat, spielt hingegen keine Rolle.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt aber auch die Auffassung der belangten Behörde, daß die beabsichtigte Bauführung mit der für diese Flächen geltenden Widmung nicht in Einklang zu bringen ist.
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des OÖ. Raumordnungsgesetzes 1972 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 91/1989 (im folgenden: ROG) lauten:
"§ 16
...
(12) Als Gebiete für Geschäftsbauten sind - in Durchführung des § 2 Abs. 6 erster Satz zweiter Halbsatz - solche Flächen vorzusehen, die für Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf (§ 16a) bestimmt sind.
(13) Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke dürfen in Wohngebieten, Dorfgebieten, Kur- und Fremdenverkehrsgebieten, Kerngebieten, gemischten Baugebieten sowie in Gebieten, die nur für Bauten bestimmt sind, die einem zeitweiligen Wohnbedarf dienen, errichtet werden, soweit diese Anlagen mit der Widmung des betreffenden Gebiets in Einklang gebracht werden können. In Betriebsbaugebieten, in Industriegebieten, auf Ländeflächen und in Gebieten für Geschäftsbauten dürfen solche Anlagen nur dann errichtet werden, wenn für sie ein Bedarf besteht, der in besonderer Weise mit den in diesen Gebieten errichteten Bauten zusammenhängt. Durch den Flächenwidmungsplan kann die Errichtung von Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf außer in Gebieten nach Abs. 12 auch in Kerngebieten (Abs. 6) für zulässig erklärt werden, wenn dem keine Zielsetzungen nach § 2 entgegenstehen. Betriebe, die der bodenunabhängigen (nicht mit einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb anderer Art verbundenen) Massenhaltung landwirtschaftlicher Nutztiere, wie Schweine oder Geflügel, dienen, dürfen im Bauland nicht errichtet werden.
§ 16a
...
(1) Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf gemäß § 2 Abs. 6 sind Großgeschäfte, Warenhäuser und Einkaufszentren, deren Gesamtverkaufsfläche mehr als 600 m2 oder deren Gesamtbetriebsfläche mehr als 1.000 m2 beträgt.
(2) Im Sinne des Abs. 1 gilt: ...
- 4. als Gesamtverkaufsfläche: die Flächen aller Räume, die für die Kunden bestimmt und zugänglich sind, ausgenommen Stiegenhäuser, Gänge, Hausflure und Räume für sanitäre Anlagen;
- 5. als Gesamtbetriebsfläche: die Flächen aller Verkaufs-Betriebs- und Lagerräume, ausgenommen Stellplätze für Kraftfahrzeuge."
Unstrittig steht fest, daß das Vorhaben AUCH den im § 16 Abs. 13 Satz 1 ROG genannten Zwecken dienen soll. Der Beschwerdeführer meint zunächst, daß schon durch die Errichtung eines Lebensmittelgeschäftes und des Vereinslokales der Bestimmung des § 16 Abs. 12 i.V.m. § 16a ROG Genüge getan werde, da die "Gesamtbetriebsfläche" mehr als 1000 m2 betrage. Damit wird aber der Wortlaut des Gesetzes verkannt, demzufolge ein den Anforderungen des § 16a entsprechender Geschäftsbau in einem solchen Gebiet angesiedelt werden soll. Daß das gegenständliche Vorhaben diesem Erfordernis entspricht (das Lebensmittelgeschäft weist laut Plan eine Fläche von 97,94 m2 auf), behauptet auch der Beschwerdeführer nicht. Damit steht schon fest, daß der eigentliche Widmungszweck durch die geplante Bauführung nicht erreicht wird.
§ 16 Abs. 13 zweiter Satz ROG setzt voraus, daß die im § 16 Abs. 13 erster Satz ROG genannten Anlagen nur dann errichtet werden dürfen, wenn für sie ein Bedarf besteht, der in besonderer Weise mit dem in diesen Gebieten (also in einem Gebiet für Geschäftsbauten) errichteten Bauten zusammenhängt. Soll die Einrichtung im Gebiet für Geschäftsbauten zulässig sein, so muß im Zusammenhang mit der Größe der vorgesehenen Einrichtung sichergestellt sein, daß die Einrichtung der Deckung des Bedarfes dient, der in besonderer Weise mit den in dem betreffenden Gebiet errichteten Bauten in Konnex steht (denkbar wäre etwa eine Gaststätte in einem Einkaufszentrum oder ein Sportplatz in einem Industriegebiet). Nur wenn eine den Widmungszweck erfüllende (§ 16a ROG) Anlage schon errichtet ist, stellt sich die Frage nach der zusätzlichen Möglichkeit, Anlagen nach § 16 Abs. 13 erster Satz ROG zu schaffen. Unzulässig hingegen ist die alleinige Schaffung solcher Anlagen im Gebiet für Geschäftsbauten, wie sich aus dem Vergleich des ersten Satzes mit dem zweiten Satz des § 16 Abs. 13 ROG eindeutig ergibt: Solche Anlagen dürfen unter anderem in Kerngebieten errichtet werden, soweit sie mit der Widmung des betreffenden Gebietes in Einklang gebracht werden können; unter anderem in Gebieten für Geschäftsbauten wird hingegen gefordert, daß für solche Anlagen ein Bedarf besteht, der in besonderer Weise mit den in diesen Gebieten ERRICHTETEN Bauten zusammenhängt. Der Gesetzeswortlaut macht somit deutlich, daß der Gesetzgeber in Gebieten für Geschäftsbauten (und Betiebsbaugebieten, Industriegebieten sowie Ländeflächen) andere - schärfere - Voraussetzungen für die Zulässigkeit derartiger Anlagen schaffen wollte, als etwa im Wohngebiet oder Kerngebiet.
Da somit der Beschwerdeführer kein im § 16 Abs. 12 beschriebenes Vorhaben verwirklichen will und sein dem § 16 Abs. 13 erster Satz entsprechendes Vorhaben mit der gegebenen Flächenwidmung unvereinbar ist, sind die Baubehörden zu Recht mit einer Abweisung des Bauansuchens vorgegangen. Gemäß § 45 Abs. 6 lit. a BO bedurfte es diesbezüglich keiner Bauverhandlung.
Auch die behaupteten Verfahrensmängel liegen nicht vor: Dem Beschwerdeführer wurden mit Schreiben vom 25. Jänner 1993 die Gründe vorgehalten, die zu einer Abweisung seines Ansuchens führen würden; seine Stellungnahme enthielt nichts, was geeignet war, ein anderes Verfahrensergebnis herbeizuführen.
Damit erwies sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
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