VwGH 92/12/0267

VwGH92/12/026728.2.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, in der Beschwerdesache des K in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen die als Bescheid bezeichnete Erledigung des Parlamentsdirektors vom 20. Februar 1992, Zl. 4233/7-Pers/91, betreffend Flüssigmachung von Ruhebezügen nach § 24 Abs. 1 des Bezügegesetzes, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §1;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
BezügeG 1972 §24 Abs1;
BezügeG 1972 §50;
B-VG Art30 Abs3;
B-VG Art30 Abs6;
VwGG §34 Abs1;
AVG §1;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
BezügeG 1972 §24 Abs1;
BezügeG 1972 §50;
B-VG Art30 Abs3;
B-VG Art30 Abs6;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der in Beschwerde gezogenen als Bescheid bezeichneten Erledigung vom 20. Februar 1992 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers, eines ehemaligen Mitgliedes des Nationalrates, vom 12. Dezember 1990 auf Flüssigmachung monatlicher Ruhebezüge gemäß § 24 Abs. 1 des Bezügegesetzes, BGBl. Nr. 273/1972 in der Fassung BGBl. Nr. 731/1990, keine Folge gegeben. Diese Erledigung trägt im Kopf die Bezeichnung "Republik Österreich, Parlamentsdirektion". Sie enthält eine negative Rechtsmittelbelehrung und ist vom Parlamentsdirektor persönlich unterschrieben. Jeder Hinweis darauf, daß diese Erledigung im Namen des Präsidenten des Nationalrates erlassen wurde, fehlt.

Mit Beschluß vom 7. Oktober 1992, B 420/92, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der zunächst bei ihm erhobenen Beschwerde ab, trat sie jedoch antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschwerdeführer seine Beschwerde fristgerecht ergänzt. Er erachtet sich "durch den Bescheid der Parlamentsdirektion, gezeichnet vom Parlamentsdirektor vom 20.02.1992 ..., in dem mir einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf Flüssigmachung monatlicher Ruhebezüge gemäß § 24 Abs. 1 des Bezügegesetzes" verletzt. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Als belangte Behörde bezeichnete der Beschwerdeführer die "Parlamentsdirektion (laut Bescheid) (richtig:) Präsident des Nationalrates".

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit bringt der Beschwerdeführer vor, die Ausfertigung des bekämpften Bescheides enthalte weder im Briefkopf ("Republik Österreich - Parlamentsdirektion") noch in der Fertigungsklausel ("Dr. R., Parlamentsdirektor") einen Hinweis darauf, daß der Bescheid vom Präsidenten des Nationalrates erlassen worden sei oder diesem die Erlassung des Bescheides zuzurechnen sei. Aus Art. 30 Abs. 3 B-VG ergebe sich, daß die Parlamentsdirektion bei der Besorgung der "Verwaltungsangelegenheiten" verfassungsrechtlich offenkundig nicht als bloßes "Hilfsorgan" konzipiert sei; ihr komme zumindest abstrakte Behördenqualität zu. Die Einrichtung eines Instanzenzuges vom Parlamentsdirektor zum Präsidenten des Nationalrates wäre sohin verfassungsrechtlich zulässig; dies ergebe sich auch aus Art. 30 Abs. 6 B-VG, wonach der Präsident des Nationalrates "oberstes Verwaltungsorgan" sei, wodurch die (potentielle) Existenz von im Instanzenzug untergeordneten Organen zwangsläufig gegeben sein müsse. Nach der Verfassungsbestimmung des § 50 des Bezügegesetzes sei zur Erledigung des Antrages des Beschwerdeführers (Flüssigmachen monatlicher Ruhebezüge) der Präsident des Nationalrates zuständig. Entgegen der in der Gegenschrift (im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof) geäußerten Auffassung der belangten Behörde handle es sich nicht bloß um eine Frage der Genehmigungsbefugnis innerhalb einer Behörde, sondern vielmehr bereits um die Frage der Zuständigkeit, da der Parlamentsdirektion zumindest abstrakte Behördenkompetenz zukomme. Daß die Parlamentsdirektion als Behörde unzuständig sei, bedürfe im Hinblick auf § 50 des Bezügegesetzes keiner näheren Begründung. Qualifizierte man die Entscheidung der Parlamentsdirektion als für den Präsidenten des Nationalrates ergangen, sei nicht erkennbar, daß der Bescheid dem Präsidenten des Nationalrates zurechenbar gewesen sein solle: Die bescheiderlassende Behörde habe sich "entweder aus der Überschrift, dem Spruch, der Beglaubigung oder dem Briefumschlag" zu ergeben. Da der Bescheidausfertigung nicht entnommen werden könne, wer bescheiderlassende Behörde sei, sei der Bescheid rechtswidrig.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung in ihrer Gegenschrift beantragt.

Gemäß Art. 30 Abs. 3 B-VG (in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl. Nr. 391/1973) ist zur Besorgung der parlamentarischen Hilfsdienste und der Verwaltungsangelegenheiten im Bereich der Organe der Gesetzgebung des Bundes die Parlamentsdirektion berufen, die dem Präsidenten des Nationalrates untersteht. Für den Bereich des Bundesrates ist die innere Organisation der Parlamentsdirektion im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden des Bundesrates zu regeln, dem bei Besorgung der auf Grund dieses Gesetzes dem Bundesrat übertragenen Aufgaben auch das Weisungsrecht zukommt.

Nach Abs. 4 leg. cit. (in der Fassung BGBl. Nr. 323/1977) stehen dem Präsidenten des Nationalrates insbesondere auch die Ernennung der Bediensteten der Parlamentsdirektion und alle übrigen Befugnisse und Personalangelegenheiten zu.

Gemäß Art. 30 Abs. 6 B-VG (in der Fassung BGBl. Nr. 323/1977) ist der Präsident des Nationalrates bei der Vollziehung der ihm nach diesem Artikel zustehenden Verwaltungsangelegenheiten oberstes Verwaltungsorgan und übt diese Befugnisse allein aus. Die Erlassung von Verordnungen steht dem Präsidenten des Nationalrates insoweit zu, als diese ausschließlich in diesem Artikel geregelte Verwaltungsangelegenheiten betreffen.

Die Verfassungsbestimmung des § 50 des Bezügegesetzes (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 351/1981) lautet:

"(Verfassungsbestimmung)

Soweit sich die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf Mitglieder des Nationalrates, des Bundesrates und der Volksanwaltschaft sowie auf den Präsidenten und den Vizepräsidenten des Rechnungshofes beziehen, obliegen die zu treffenden Maßnahmen dem Präsidenten des Nationalrates. Auf das Verfahren ist das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1950, BGBl. Nr. 172, anzuwenden."

Nach § 18 Abs. 4 AVG müssen alle schriftlichen Ausfertigungen u.a. die Bezeichnung der Behörde enthalten.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß Gegenstand der angefochtenen Erledigung eine Angelegenheit nach dem Bezügegesetz ist und eine bescheidförmige Absprache über den Antrag des Beschwerdeführers als (ehemaligem) Mitglied des Nationalrates nach § 50 des Bezügegesetzes in die Zuständigkeit des Präsidenten des Nationalrates fällt.

Die Frage, welcher Stelle ein behördlicher Abspruch zuzurechnen ist, kann nur auf der Grundlage des äußeren Tatbestandes beantwortet werden (vgl. dazu z.B. den hg. Beschluß vom 14. Juni 1995, Zl. 95/12/0142 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Auf dem Boden dieser Rechtslage kann es aber nach der maßgebenden äußeren Erscheinungsform der angefochtenen Erledigung keinem Zweifel unterliegen, daß diese - wie der Beschwerdeführer zutreffend betont hat - ausschließlich dem Parlamentsdirektor (Parlamentsdirektion) zuzurechnen ist. Es fehlt in der angefochtenen Erledigung jeder Hinweis darauf, daß der Parlamentsdirektor für den Präsidenten des Nationalrates tätig geworden ist, wie dies üblicherweise in der Fertigungsklausel zum Ausdruck gebracht wird. Interne Vorgänge wie z.B. die Zuleitung des Erledigungsentwurfes durch den Referenten zur Genehmigung an den Behördenleiter und die Genehmigung im Einsichtsverkehr oder auch das Vorliegen einer innerbehördlichen Ermächtigung des tatsächlich eingeschrittenen Organwalters, für den Behördenleiter handeln zu dürfen, sind rechtlich unerheblich, solange sie nicht nach außen in Erscheinung treten.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kommt aber der Parlamentsdirektion bzw. dem Parlamentsdirektor keine selbständige Behördenfunktion zu: Denn nach der historischen Entwicklung ist die Parlamentsdirektion jene Dienststelle, die ausschließlich als Hilfsapparat des Präsidenten des Nationalrates (auf die Befugnisse des Vorsitzenden des Bundesrates ist in diesem Zusammenhang nicht näher einzugehen) zur Erfüllung der Aufgaben der Parlamentsadministration fungiert (vgl. auch die bis zur B-VG Novelle, BGBl. Nr. 391/1973, bestehende Bezeichnung "Kanzlei des Präsidenten des Nationalrates" und die Motive für die Umbenennung dieser Dienststelle in Parlamentsdirektion im Ausschußbericht zu dieser Novelle, 843 Blg. Sten. Prot. NR 13. GP). Daran hat auch die Novelle BGBl. Nr. 391/1973 (Neutextierung des Art. 30 Abs. 3 B-VG) nichts geändert. Die Anordnung in Art. 30 Abs. 3 Satz 1 B-VG (in der Fassung dieser Novelle), wonach die zur Besorgung bestimmter Aufgaben berufene Parlamentsdirektion dem Präsidenten des Nationalrates untersteht, bedeutet daher nichts anderes, als daß der Präsident des Nationalrates (wie z.B. der Bundesminister in bezug auf das Bundesministerium) Leiter des (damit monokratisch organisierten) Geschäftsapparates "Parlamentsdirektion" ist.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, daß dem Parlamentsdirektor als oberstem Beamten der Dienststelle "Parlamentsdirektion" (vgl. die Amtstitelbezeichnungsvorschrift des § 136 Abs. 3 BDG 1979 idF vor dem Besoldungsreform-Gesetz 1994, BGBl. Nr. 550; nunmehr § 140 Abs. 3 leg. cit.) eine eigenständige Bescheidkompetenz zusteht.

Kommt aber dem (für die Parlamentsdirektion handelnden) Parlamentsdirektor nicht die Eigenschaft als Behörde zu, so mangelt es von vornherein an der (selbständigen) Bescheidfähigkeit; die ihm zuzurechnende angefochtene Erledigung vom 20. Februar 1992 ist daher ungeachtet ihrer Bezeichnung kein Bescheid.

Da das Vorliegen eines Bescheides aber Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist, ein solcher jedoch im Beschwerdefall nicht vorliegt, war die Beschwerde gegen die angefochtene Erledigung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat als unzulässig zurückzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung.

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