Normen
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §18 Abs2;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §18 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 27. April 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der früheren Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, gemäß § 18 Abs. 1 und 2 Z. 2 sowie den §§ 19 bis 21 FrG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren erlassen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, die Strafkarte des Beschwerdeführers weise zahlreiche rechtskräftige verwaltungsbehördliche Bestrafungen auf und zwar bisher elf wegen verkehrsrechtlicher Delikte, darunter eines wegen "Fahrerflucht". Am 20. Juli 1990 sei der Beschwerdeführer von der Bundespolizeidirektion Klagenfurt wegen Übertretung des Meldegesetzes rechtskräftig bestraft worden, weil er am 5. Juli 1990 von Jugoslawien nach Österreich eingereist sei und in Klagenfurt Unterkunft bezogen habe, ohne sich innerhalb der gesetzlichen Frist polizeilich anzumelden. Die Anmeldung sei erst am 16. Juli 1990 erfolgt.
Am 2. März 1992 sei der Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes rechtskräftig bestraft worden, weil er sich nach Ablauf seines Sichtvermerkes mit 30. November 1991 bis einschließlich 15. Dezember 1991 unerlaubt im Bundesgebiet aufgehalten habe.
Vom Landesgericht Innsbruck sei der Beschwerdeführer am 17. Dezember 1993 wegen § 223 Abs. 2 StGB rechtskräftig verurteilt worden, weil er eine falsche Urkunde, nämlich einen Unterkunftsnachweis, auf dem die Unterschrift der Vermieterin nachgemacht worden sei, durch Vorlage an die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel im Rechtsverkehr zum Nachweis einer Tatsache, nämlich einer ordnungsgemäßen Unterkunft für ihn und seine Familie, gebraucht habe.
Die rechtskräftigen Bestrafungen wegen Übertretung des Meldegesetzes und des Fremdenpolizeigesetzes erfüllten den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG. Das allein schon, aber auch das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers rechtfertige die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme.
Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer sei zulässig. Sie stelle einen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers dar, diese Maßnahme sei jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele des Schutzes der öffentlichen Ordnung und der Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet dringend geboten.
Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie wögen nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes. Der Beschwerdeführer sei etwas mehr als vier Jahre im Bundesgebiet und arbeite als Hilfsarbeiter im Gastgewerbe. Familiäre Bindungen bestünden zu seiner Ehegattin und den beiden minderjährigen Kindern sowie seinen Eltern. Die Ehegattin gehe einer Beschäftigung nach. Die Kinder und Eltern des Beschwerdeführers wohnten in S, der Beschwerdeführer wohne und arbeite in einem Hotel in K. Die Beeinträchtigung des Beschwerdeführers und seiner Familie durch das Aufenthaltsverbot müsse aufgrund der schwerwiegenden öffentlichen Interessen am Nichtaufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet in Kauf genommen werden.
Die Behörde sei der Ansicht, daß bis zum Wegfall des Grundes für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot vonnöten sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Soweit der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte mit der Verhängung des Aufenthaltsverbotes bis zur rechtskräftigen Beendigung des Asylverfahrens zuwarten müssen, genügt es, auf § 9 Asylgesetz 1991 zu verweisen, wonach ein Aufenthaltsverbot auch gegen Asylwerber mit vorläufigem Aufenthaltsrecht verhängt werden kann.
Der Beschwerdeführer macht geltend, daß er nicht jugoslawischer Staatsangehöriger, sondern Bosnier sei und daher der Spruch des Bescheides unvollständig und unrichtig sei.
Damit kann der Beschwerdeführer keine zur Aufhebung des Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufzeigen. Nach der unbestrittenen Feststellung im angefochtenen Bescheid ist der Beschwerdeführer Fremder im Sinne des Fremdengesetzes. Die Bezeichnung des Beschwerdeführers als Staatsbürger der früheren Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien und nicht, wie er meint, eines der Nachfolgestaaten dieser Republik, ist rechtlich ohne Belang.
Die Beschwerde bestreitet nicht die - zutreffende - Auffassung der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt sei. Der Beschwerdeführer wendet sich allerdings gegen die Ansicht der belangten Behörde, daß die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.
Die belangte Behörde führte hiezu aus, daß allein schon aufgrund der Erfüllung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG diese Annahme gerechtfertigt sei. Diese Auffassung vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen. Die Bestrafung wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes erfolgte wegen eines unerlaubten Aufenthaltes in der Dauer von 15 Tagen im Anschluß an einen Sichtvermerk. In der Folge wurden dem Beschwerdeführer Aufenthaltsberechtigungen für einen mehr als zweijährigen Zeitraum erteilt. Diese Umstände relativieren das Gewicht dieser rechtskräftigen Bestrafung derart, daß ihr keine entscheidende Bedeutung mehr zukommt. Gleiches gilt auch für die rechtskräftige Bestrafung wegen Übertretung des Meldegesetzes. Das dieser Bestrafung zugrundeliegende verpönte Verhalten liegt fast vier Jahre zurück. Die gemäß § 18 Abs. 1 FrG zu stellende Gefährlichkeitsprognose kann daher nicht auf diese beiden rechtskräftigen Bestrafungen gestützt werden. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde stützte ihre Auffassung, daß die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, auch auf das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers im Bundesgebiet.
§ 18 Abs. 1 FrG ordnet an, daß bei Vorliegen eines der im Abs. 2 leg. cit. aufgezählten Tatbestände eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen ist, ob dieser Tatbestand in concreto die umschriebene Annahme rechtfertigt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1995, Zl. 95/21/0282). Bei dieser Prüfung sind auch Tatbestände, denen nicht das Gewicht der in Abs. 2 aufgezählten zukommt, zu berücksichtigen. Entscheidend ist aber nicht das Vorliegen einer rechtskräftigen Bestrafung oder Verurteilung, sondern das diesen zugrundeliegende strafbare Verhalten des Fremden. Es ist daher in einem solchen Fall unumgänglich, nicht nur auf die Anzahl allfälliger Bestrafungen oder Verurteilungen zu verweisen, sondern das diesen zugrundeliegende strafbare Verhalten des Fremden festzustellen. Diesen Anforderungen entspricht der angefochtene Bescheid nicht, sodaß diesbezüglich (auch) eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliegt. Das im Bescheid angeführte, der Verurteilung durch das Landesgericht Innsbruck zugrundeliegende Verhalten des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit dem den genannten Übertretungen des Melde- und Fremdenpolizeigesetzes zugrundeliegenden verpönten Verhalten, reicht nicht aus, um die im § 18 Abs. 1 FrG aufgestellte Gefährlichkeitsprognose stellen zu können. Ob das im angefochtenen Bescheid ersichtliche verpönte Verhalten des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit den "zahlreichen rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen Bestrafungen wegen verkehrsrechtlicher Delikte" die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt erscheinen läßt, kann (noch) nicht beurteilt werden.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen der oben aufgezeigten (prävalierenden) Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die zum Pauschalbetrag begehrte, in diesem jedoch bereits enthaltene Umsatzsteuer konnte mangels gesetzlicher Grundlage nicht gesondert zugesprochen werden, ebenso die über die zur notwendigen und zweckmäßigen Rechtsverfolgung hinausgehenden Stempelgebühren.
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