Normen
AVG §10 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §61;
ZustG §9 Abs1;
AVG §10 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §61;
ZustG §9 Abs1;
Spruch:
1.) Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattgegeben.
2.) Die Beschwerde wird gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.) Der angefochtene Bescheid wurde dem Antragsteller am 16. Dezember 1994 zugestellt.
Mit dem vorliegenden, am 31. Mai 1995 zur Post gegebenen Antrag begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der genannten Frist im wesentlichen mit folgender Begründung:
Dem Beschwerdeführer sei zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Juni 1993, Zl. 4.325.644/3-III/13/92, aufgrund seines Antrages Verfahrenshilfe bewilligt und als Rechtsanwalt zur Verfahrenshilfe Dr. H bestellt worden. Aufgrund der daraufhin erhobenen Beschwerde habe der Verwaltungsgerichtshof zur Zl. 94/19/0509 den genannten Bescheid aufgehoben. Seit 15. November 1994 sei daher das Asylverfahren wieder in zweiter Instanz anhängig.
Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes sei dem Verfahrenshelfer zugestellt worden. Der Beschwerdeführer sei der Überzeugung gewesen, daß die rechtsfreundliche Vertretung weiter bestehe. Seine Gattin S sei bei identer Sachlage vom Bundesminister für Inneres als durch Dr. H vertreten angesehen worden. Zudem sei Übung, daß in einem "Verfahrenshilfeasylverfahren" nach entsprechender Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof von der Behörde nachgefragt werde, ob das Vollmachtsverhältnis weiterhin bestehe oder nicht; die belangte Behörde gehe "also jedesmal" davon aus, daß das Vollmachtsverhältnis weiter bestehe. Dem Beschwerdeführer seien entsprechende Fälle bekannt. Er habe deshalb auf die bisherige Übung des Bundesministers für Inneres vertraut. Daß die belangte Behörde nunmehr von dieser Übung abgegangen sei, stelle ein unvorhergesehenes Ereignis dar, mit dem der Beschwerdeführer nicht habe rechnen können. Er habe erst durch ein Schreiben an seinen rechtsfreundlichen Vertreter, zugestellt am 17. Mai 1995, von der mittlerweiligen Erlassung des neuen Berufungsbescheides erfahren.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, worin sie angab, daß Dr. H aufgrund seiner Bestellung zum Verfahrenshelfer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von der Behörde im fortgesetzten Berufungsverfahren nicht als Vertreter angesehen werden könne. Eine im Asylverfahren gewillkürte Vertretung durch Dr. H sei mit Schriftsatz vom 13. Februar 1995 erstmals bekanntgegeben worden. Hierauf sei der Einschreiter mit Telefax vom 2. März 1995 in Kenntnis gesetzt worden, daß das Asylverfahren bereits mit dem Bescheid vom 14. Dezember 1994, rechtswirksam zugestellt gemäß § 19 Abs. 3 Asylgesetz 1991 am 16. Dezember 1994, abweislich beschieden worden sei. In der Folge sei mit Schriftsatz des Rechtsanwaltes Dr. H vom 9. März 1995 neuerlich das zwischen ihm und dem Beschwerdeführer bestehende Vertretungsverhältnis mitgeteilt worden. Sodann seien Ergänzungen zum Administrativverfahren eingebracht worden, worauf Dr. H mit Schreiben vom 15. Mai 1995 abermals von der Verfahrensbeendigung in Kenntnis gesetzt worden sei. Aufgrund des Umstandes, daß Dr. H im vorhergegangenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren als Verfahrenshelfer eingeschritten sei, und keinerlei Hinweis dafür bestanden, daß allenfalls ein Vollmachtsverhältnis für das Administrativverfahren nach dem Asylgesetz gegeben sei, habe die Behörde die Zustellung des Ersatzbescheides an den Beschwerdeführer selbst vorgenommen. Der nunmehrige Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei aufgrund der am 2. März 1995 erfolgten Verständigung verspätet.
Der Antragsteller teilte mit Schriftsatz vom 8. November 1995 dem Verwaltungsgerichtshof mit, daß das Telefax vom 2. März 1995 in der Kanzlei des Rechtsvertreters nicht aufliege, und sich weder Dr. H noch seine Mitarbeiter an den Eingang eines derartigen Telefax erinnern können.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das genannte Telefax vom 2. März 1995 wurde zwar laut Sendebestätigung dem Empfänger übermittelt, kann aber aufgrund des § 18 Abs. 3 AVG in der Fassung VOR der Novelle BGBl. Nr. 471/1995 (ausgegeben am 21. Juli 1995) deshalb die von der belangten Behörde angenommene Rechtswirkung nicht entfalten, weil die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen mittels Telefax damals nur zulässig war, wenn ihr der Empfänger für das Verfahren, in dem die Erledigung ergeht, ausdrücklich und schriftlich zugestimmt hat. Die Änderung der Rechtslage betreffend Übermittlungen an berufsmäßige Parteienvertreter war am 2. März 1995 noch nicht in Kraft. Damit ist im Zweifel zugunsten des Antragstellers davon auszugehen, daß er erstmals durch Zustellung der schriftlichen Verständigung vom 15. Mai 1995 (zugestellt am 17. Mai 1995) von der Zustellung des Bescheides der belangten Behörde vom 14. Dezember 1994 Kenntnis erlangt hat.
Dennoch muß dem Antrag der Erfolg versagt bleiben.
Der nunmehrige gewillkürte Rechtsvertreter Dr. H hat die Beschwerde vom 30. August 1993 als Verfahrenshelfer für den Antragsteller beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. § 84 ZPO sieht vor, daß die Verfahrenshilfe für einen BESTIMMTEN Rechtsstreit bewilligt wird, welcher im konkreten Fall das verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffend den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Juni 1993 war. Der Rechtsanwalt hat iSd § 9 RAO nach Beendigung des Mandats noch solche Maßnahmen zu treffen, die zur Abwehr von Rechtsnachteilen von seinem Mandanten erforderlich sind. Im vorliegenden Fall war - wie der Antrag ausführt - die Intention des Antragstellers auf eine weitergehende Vertretung durch den Anwalt zur Verfahrenshilfe auch im fortgesetzten Asylverfahren gerichtet. Sollte der Verfahrenshelfer Dr. H seiner Aufklärungspflicht nachgekommen sein und im Sinne des Antragsvorbringens die nunmehrige gewillkürte Vertretung auch für das fortgesetzte Verfahren vor der belangten Behörde bestanden haben, so ist es das den minderen Grad des Versehens übersteigende Verschulden des gewillkürten Vertreters, die Behörde nicht von der nunmehrigen gewillkürten Vertretung sofort nach Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes informiert zu haben, wodurch es zur Zustellung des das fortgesetzte Verfahren vor der belangten Behörde abschließenden Bescheides an den Beschwerdeführer persönlich gekommen ist. Aufgrund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung im Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 656 f, zitierte Rechtsprechung).
Nach der ständigen Rechtsprechung sind mangelnde Rechtskenntnis oder Rechtsirrtum grundsätzlich nicht als ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu werten, das die Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bilden könnte. Das ergibt schon die einfache Überlegung, daß die rein subjektive Beurteilung einer bestimmten Rechtslage den Beschwerdeführer niemals hindern kann, sich über die Wirkung eines rechtlichen Vorganges vorsorglich bei Rechtskundigen zu informieren (vgl. aus der diesbezüglich reichhaltigen Rechtsprechung Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 633).
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist war daher nicht stattzugeben.
2.) Bei diesem Ergebnis war die am 31. Mai 1995 zur Post gegebene Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG durch Beschluß in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, wodurch sich auch eine Entscheidung des Berichters, über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde erübrigt.
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