VwGH 95/19/1272

VwGH95/19/127214.12.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der LV in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. September 1995, Zl. 108.709/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992 §6 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) wurde der bei der österreichischen Botschaft in Preßburg eingebrachte Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe nach der auf ihren eigenen Angaben beruhenden Aktenlage den Antrag nicht vor der Einreise, mit der ihr derzeitiger Aufenthalt begonnen habe, vom Ausland aus gestellt, sondern habe sich zum Zeitpunkt der Antragstellung im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten. Damit sei die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach § 6 Abs. 2 AufG ausgeschlossen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin tritt der maßgeblichen Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, wonach sie den Antrag auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung nicht vor ihrer Einreise nach Österreich gestellt habe, zwar mit dem Satz "Die Sachverhaltsfeststellung ist nicht zutreffend" entgegen, bestätigt diesen Sachverhalt aber andererseits selbst schlüssig durch ihre Beschwerdeangaben. Denn der angefochtene Bescheid wurde an die Adresse W, L-Straße 48/2/11, zugestellt, die Beschwerdeführerin bestätigt die Zustellung am 11. September 1995. Zudem sei sie mit dem "in Österreich integrierten jugoslawischen Staatsbürger" NV verheiratet. Weiters tritt die Beschwerdeführerin der Ausführung der belangten Behörde, sie habe den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom 13. Mai 1994 in Wien unterfertigt, in keiner Weise entgegen. Eine Ausreise nach dieser Unterfertigung behauptet sie nicht. Damit sind die bereits in der Berufung gemachten Angaben, daß die Beschwerdeführerin wegen einer Risikoschwangerschaft im Spital aufhältig und nicht reisefähig sei, schlüssig nur dahingehend zu verstehen, daß sie in Österreich im Spital war und zur Antragstellung (bzw. bis zur Entscheidung über den Antrag) nicht in der Lage war, auszureisen und deshalb ihren Antrag durch einen Vertreter (Gatten) bei der österreichischen Botschaft in Preßburg einreichen ließ. Auch die Ausführung der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde hätte sich allenfalls auf § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 6 Fremdengesetz stützen können, untermauert den Schluß, die Beschwerdeführerin sei sowohl zum Zeitpunkt der Antragstellung als auch in der Folge im österreichischen Bundesgebiet aufhältig gewesen. Damit ermangelt aber dem von der Beschwerdeführerin gerügten eventuell unterlaufenen Verfahrensmangel gemäß § 45 Abs. 3 AVG jedenfalls die Relevanz, da die Behörde aufgrund der Angaben der Beschwerdeführerin zu keinem anderen Ergebnis hätte kommen können.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, daß angesichts ihres AM 24. DEZEMBER 1994 erfolgten Eheschlusses § 3 AufG anzuwenden sei. § 6 Abs. 2 AufG sei nicht geeignet, einen Rechtsanspruch im Sinne des § 3 AufG zu durchbrechen. Außerdem hätte die Behörde richtigerweise nicht mit Abweisung, sondern mit Zurückweisung des Antrages vorgehen müssen.

Die Anwendung des § 3 AufG scheitert bereits am Umstand, daß die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Antragstellung (13. Mai 1994) nach ihren Beschwerdeausführungen noch gar nicht verheiratet war (Heirat 24. Dezember 1994).

Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (25. August 1995) hatte die belangte Behörde § 6 Abs. 2 AufG in der Fassung der AufG-Novelle 1995, BGBl. Nr. 351/1995, anzuwenden. Da die Beschwerdeführerin die Ausnahmebestimmungen des dritten Satzes des § 6 Abs. 2 leg. cit. für sich nicht in Anspruch nehmen kann, hatte sie ihren Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen (§ 6 Abs. 2, erster Satz leg. cit.). Bei dem dort normierten Erfordernis handelt es sich um eine Voraussetzung, deren Nichterfüllung zwingend die Abweisung des Antrages nach sich zieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. März 1994, Zl. 94/18/0064, u.a.). Die Annahme der Beschwerdeführerin, wonach es sich bei der Bestimmung um eine bloße Formvorschrift handle, widerspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und dem u.a. aus den Gesetzesmaterialien erschließbaren Normzweck. Wenn diesen auch keine selbständige normative Kraft zukommt, so sind sie doch für die Ermittlung der Absicht des Gesetzgebers bedeutsam. Sie sind dann zur Auslegung eines Gesetzes heranzuziehen, wenn sein Wortlaut selbst zu Zweifeln über seinen Inhalt Anlaß gibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1994, Zl. 93/12/0204). Da sich aus dem Gesetzeswortlaut jedenfalls nicht ergibt, daß es sich bei § 6 Abs. 2 AufG um eine bloße Formvorschrift handeln sollte, ist diese Bestimmung im Einklang mit dem aus den Gesetzesmaterialien hervorgehenden Willen des Gesetzgebers auszulegen, wonach der Fremde die Entscheidung über seinen Antrag vom Ausland aus abzuwarten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1995, Zl. 95/19/0986).

Durch die Antragstellung nach Einreise in das Inland hat die Beschwerdeführerin bereits die Vorschrift des § 6 Abs. 2 AufG verletzt, weshalb die Abweisung ihres Antrages mit der Rechtslage im Einklang steht.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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