VwGH 95/19/0584

VwGH95/19/05849.11.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Juni 1995, Zl. 105.790/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §66 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 28. Juni 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung "gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes abgewiesen".

Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Bescheid erkennbar wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufG) darf eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 Fremdengesetz (FrG)) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

Die belangte Behörde ging in diesem Zusammenhang davon aus, daß die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Angaben im Antragsformular keiner Erwerbstätigkeit nachgehe; ihr Unterhalt solle allein aufgrund der Verpflichtungserklärung ihrer Tante gedeckt werden. Eine solche Finanzierung des Aufenthaltes durch Dritte sei jedoch nicht geeignet, die dauernde Sicherung des Lebensunterhaltes der Beschwerdeführerin im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten.

Soweit die belangte Behörde über diese allein den Spruch tragende Begründung hinaus noch Ausführungen dahin macht, wonach der Beschwerdeführerin aus der Tatsache ihrer Verehelichung am 16. September 1994 kein Rechtsanspruch im Sinne des § 3 AufG erwachsen und die Ermessensübung der Erstbehörde nicht gesetzwidrig gewesen wäre, können diese Ausführungen im Hinblick auf den eindeutigen Spruch nur im Zusammenhang mit dem gebrauchten Abweisungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG gesehen werden.

Die belangte Behörde hat jedoch - worauf die Beschwerdeführerin zutreffend verweist - nicht berücksichtigt, daß seit der Antragstellung durch die Beschwerdeführerin und Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom 20. Juli 1994 insofern eine Sachverhaltsänderung eingetreten ist, als die Beschwerdeführerin - wie erwähnt - am 16. September 1994 die Ehe geschlossen hat. Dies hat die Beschwerdeführerin der belangten Behörde mit Schreiben vom 11. Oktober 1994 (eingelangt am 12. Oktober 1994) auch mitgeteilt. Die Beschwerdeführerin hat somit - im Fall der Anwendbarkeit österreichischen Rechts (vgl. § 18 IPRG) - bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Unterhaltsanspruch gemäß § 94 Abs. 2 ABGB erworben, weshalb die belangte Behörde nicht von der Bestreitung des Lebensunterhaltes der Beschwerdeführerin durch dritte Personen, denen gegenüber kein (gesetzlicher) Anspruch besteht, hätte ausgehen dürfen. Die belangte Behörde hätte vielmehr - nach Klärung der Frage des anwendbaren Rechts - hinsichtlich des Unterhaltsanspruches gemäß § 94 Abs. 2 ABGB zu ermitteln gehabt, ob die Beschwerdeführerin den ehelichen Haushalt führt, ob ihr Ehegatte über ein Einkommen verfügt und in welcher Höhe sich dieses bewegt. (Dies gilt sinngemäß auch im Fall, daß ausländisches Recht zur Anwendung gelangt.)

Da die belangte Behörde dies verabsäumt hat und nicht auszuschließen ist, daß sie bei einem Unterbleiben dieses Versäumnisses zu einem anderen (für die Beschwerdeführerin günstigeren) Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben, ohne daß beim derzeitigen Stand des Verfahrens auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994; das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer bereits im Pauschalbetrag enthalten ist.

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