VwGH 95/18/0761

VwGH95/18/076114.12.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des V S in Wien, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 24. Februar 1995, Zl. SD 1417/94, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 1991;
AufG 1992 §6 Abs2;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §22;
EMRK Art8 Abs2;
AsylG 1997 1991;
AufG 1992 §6 Abs2;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §22;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 24. Februar 1995 wurde der Beschwerdeführer, ein rumänischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei am 25. September 1989 in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, welcher mit am 23. November 1993 rechtswirksam erlassenen Bescheid des Bundesministers für Inneres rechtskräftig abgewiesen worden sei. Seit diesem Zeitpunkt verfüge der Beschwerdeführer über keine Aufenthaltsberechtigung, zumal auch sein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz rechtskräftig abgewiesen worden sei. Somit lägen die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 FrG vor, wobei es unerheblich sei, aus welchem Grund der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abgewiesen worden sei. Bei der Frage der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG sei zu berücksichtigen, daß auch die Gattin des Beschwerdeführers ausgewiesen worden sei. Da sich aber auch der Sohn im Bundesgebiet aufhalte, sei von einem mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben auszugehen. Der seit über einem Jahr unrechtmäßige Aufenthalt und der weitere Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach und trotz Abweisung des Antrages nach dem Aufenthaltsgesetz gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße. Hiezu komme, daß dem Beschwerdeführer mangels Erfüllung der im § 6 Abs. 2 erster Satz des Aufenthaltsgesetzes normierten Voraussetzung nicht die erforderliche Bewilligung nach diesem Gesetz erteilt werden dürfe. Eine Abstandnahme von der Ausweisung würde dem Beschwerdeführer den tatsächlichen, jedoch nicht rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens zuwiderlaufen würde. Die Ausweisung sei aus diesen Gründen zum Schutz der öffentlichen Ordnung dringend geboten und daher im Grunde des § 19 FrG zulässig.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer tritt der - unbedenklichen - Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß er sich seit rechtskräftiger Abweisung seines Asylantrages nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und daher - vorbehaltlich der Zulässigkeit nach § 19 FrG - die im § 17 Abs. 1 FrG normierten Voraussetzungen für die Erlassung der Ausweisung gegeben seien, nicht entgegen.

2. Der Beschwerdeführer hält die Ausweisung jedoch im Grunde des § 19 FrG nicht für zulässig. Bei der nach dieser Gesetzesbestimmung vorzunehmenden Interessenabwägung seien auch die Gründe zu berücksichtigen, die zur Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes geführt hätten. Es sei nicht das Verschulden des Beschwerdeführers, daß über seinen Asylantrag erst nach vier Jahren entschieden worden sei. Er habe daher nur aufgrund der verspäteten Entscheidung der Asylbehörden erst im Dezember 1993 "um eine Aufenthaltsberechtigung" ansuchen können. Nach einem Erlaß des Bundesministers für Inneres sei in derartigen Fällen ein unverzüglich nach Abschluß des Asylverfahrens gestellter Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht als "Erstantrag", sondern als "Verlängerungsantrag" zu qualifizieren. Die Ablehnung des Antrages, weil er nicht vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus gestellt worden sei, sei daher rechtswidrig.

Durch dieses Vorbringen ist für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen, weil der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung - was der Beschwerdeführer nicht bestreitet - jedenfalls rechtskräftig abgewiesen worden ist und daher derzeit keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht.

Bei der Prüfung der Frage der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG sei zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer, der in Österreich eine Wohnung habe, in Niederösterreich ein Haus baue, ununterbrochen in einem geordneten Beschäftigungsverhältnis stehe, sein Sohn in Österreich Medizin studiere und er und seine Familie "alle Brücken" zum Heimatstaat abgebrochen hätten.

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde aufgrund des Aufenthaltes des Sohnes des Beschwerdeführers im Inland ohnehin einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers angenommen hat. Auf die Frage, welche (privaten oder familiären) Beziehungen der Beschwerdeführer zu seinem Heimatland hat, kommt es nicht an, weil einerseits im Grunde des § 19 FrG nur das im Bundesgebiet (vor Verlassen desselben) geführte Privat- und Familienleben zu berücksichtigen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. April 1995, Zl. 94/18/0890) und andererseits mit der Erlassung der Ausweisung nicht darüber abgesprochen wird, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. April 1995, Zl. 95/18/0531).

Der belangten Behörde ist zuzustimmen, daß dem Beschwerdeführer - schon mangels Erfüllung der im § 6 Abs. 2 erster Satz Aufenthaltsgesetz normierten Voraussetzung, daß ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Ausland aus zu stellen ist - nicht die erforderliche Bewilligung nach diesem Gesetz erteilt werden darf. Bei Abstandnahme von der Ausweisung könnte sich der Beschwerdeführer unter Umgehung der genannten, ein wesentliches Element der mit dem Aufenthaltsgesetz getroffenen Regelung darstellenden Bestimmung den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens zuwiderlaufen würde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/18/1027, mwN). In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, daß im vorliegenden Fall auch die mit Erkenntnis vom 16. Juni 1995, B 1611-1614/94, ausgedrückten Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes nicht zum Tragen kommen, wonach im Falle eines "jahre- bzw. jahrzehntelangen" rechtmäßigen Aufenthaltes von Fremden, die - aus welchem Grund immer - über keine aufrechte Aufenthaltsbewilligung (mehr) verfügen, eine mit Art. 8 MRK in Einklang befindliche Auslegung des § 6 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz die Ermöglichung der Stellung eines Antrages auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Inland aus verlange. Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich zum Ausdruck gebracht, daß diese Überlegungen in Mißbrauchsfällen, wozu auch die beabsichtigte Umgehung der Einwanderungsvorschriften durch Stellung eines Asylantrages gehört, diese Überlegungen nicht zum Tragen kommen. Das Verhalten des Beschwerdeführers, der nur aufgrund eines unberechtigten Asylantrages zum Aufenthalt berechtigt war und sich zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits fünfzehn Monate illegal im Bundesgebiet aufhielt, stellt in Verbindung mit der Unzulässigkeit der Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz eine derart gravierende Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dar, daß die Ausweisung - auch bei Berücksichtigung des weiteren Vorbringens des Beschwerdeführers, daß sich auch seine Gattin im Inland aufhalte, er einer Beschäftigung nachgehe und den Bau eines Hauses beabsichtige, zu seinen Gunsten - jedenfalls zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier: zum Schutz der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten und daher gemäß § 19 FrG zulässig ist.

3. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als zur Gänze unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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