Normen
AVG §13a;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG;
DVG 1984 §1 Abs1;
EGVG 2008 Art2 Abs3;
UFG Wr 1967;
AVG §13a;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG;
DVG 1984 §1 Abs1;
EGVG 2008 Art2 Abs3;
UFG Wr 1967;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und des vorgelegten angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:
Die Beschwerdeführerin steht nunmehr in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zur Gemeinde Wien. Sie war als Krankenschwester tätig.
Am 31. Mai 1989 erlitt sie auf dem Heimweg einen Dienstunfall (Sturz mit Bruch des linken Außenknöchels). Mit rechtskräftigem Bescheid vom 7. September 1990 erkannte ihr deshalb der Magistrat der Stadt Wien gemäß § 6 des Unfallfürsorgegesetzes 1967, LGBl. für Wien Nr. 8/1969 (im folgenden UFG 1967) ab 1. August 1989 eine Versehrtenrente in bestimmter Höhe zu. Die Bemessung der Rente beruhte auf einer wegen ausgeprägter Bewegungseinschränkung und Schwellneigung des Sprunggelenkes, Muskelverschmächtigung des linken Beines und Gangbehinderung auf Grund eines unfallchirurgischen Gutachtens angenommenen Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v.H. Dieser Bescheid enthielt u.a. den Hinweis, über den weiteren Verlauf der Zuerkennung der Versehrtenrente könne erst nach einer zukünftigen Kontrolluntersuchung entschieden werden.
Am 17. Juni 1992 wurde neuerlich ein amtsärztliches Gutachten eingeholt, in dem eine bleibende MdE von 20 v.H. angenommen wurde, da zwar noch eine Bewegungseinschränkung beträchtlichen Ausmaßes, jedoch insgesamt gegenüber der letzten Begutachtung eine wesentliche Besserung festzustellen sei: Der Gang habe sich nämlich weitgehend konsolidiert, die Schwellung abgenommen und die Beweglichkeit des unteren Sprunggelenks sich verbessert. Dieses Gutachten wurde der Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt. Sie erhob dagegen keine Einwendungen.
Mit Bescheid vom 27. Juli 1992 setzte hierauf der Magistrat der Stadt Wien die der Beschwerdeführerin gebührende Versehrtenrente gemäß § 9 Abs. 1 UFG 1967 (unter Zugrundelegung einer MdE von 20 v.H.) herab.
In ihrem als Berufung gewerteten Rechtsmittel brachte die Beschwerdeführerin vor, ihrer persönlichen Meinung nach sei keine Besserung ihres Leidens eingetreten. Es sei im Gegenteil eine wesentliche Verschlechterung ihrer Lebensqualität vorhanden. Sie könne weder längere Spaziergänge machen noch Radfahren, selbst beim Schwimmen sei sie nicht schmerzfrei. Auch beim Schlafen werde sie nachts wegen der Schmerzen wach. Es sei ihr nur mit größter Anstrengung möglich, ihren Haushalt in Ordnung zu halten, da ihr Fuß schon nach kurzer Zeit sehr schmerze.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. August 1995 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab. Sie führte dazu in der Begründung im wesentlichen aus, bei der vom Sachverständigen Dr. S aus Anlaß der Erstellung des ersten unfallchirurgischen Gutachtens vom Mai 1990 vorgenommenen Untersuchung habe die Beschwerdeführerin angegeben, sie habe auch zeitweise in Ruhe, bei schlechten und unachtsamen Bewegungen Schmerzen, vor allem bei zunehmender Belastung, verbunden mit einer Schwellung. Der Sachverständige habe zum damaligen Zeitpunkt festgestellt, alle drei Gangarten barfuß auf ebenem Boden erfolgten nur deutlich linkshinkend, wobei das obere Sprunggelenk praktisch nicht abgerollt werde. Bei der Untersuchung im Liegen habe sich eine ausgeprägte Schwellung des oberen Sprunggelenks links gefunden, obwohl die Untersuchung morgens stattgefunden habe. Der Bandapparat sei klinisch fest, die Fußsohlenbeschwielung links ebenso wie die Oberschenkelmuskulatur vermindert, Sensibilität und Durchblutung seien in Ordnung gewesen. Die Zehen links hätten nur Wackelbewegungen gezeigt, die Zehen rechts seien hingegen frei beweglich gewesen. Zur Beweglichkeit sei festgestellt worden, daß das linke untere Sprunggelenk zu einem Drittel eingeschränkt, das rechte frei gewesen sei; das Sprunggelenk links S 5-0-15, rechts S 20-0-40, Knie und Hüfte seien frei gewesen. Der Sachverständige sei zum abschließenden Ergebnis gekommen, daß damals noch eine ausgeprägte Bewegungseinschränkung der peripheren Beingelenke mit Schwellneigung des Sprunggelenks, ausgeprägter Muskelverschmächtigung des linken Beines und deutlicher Gangbehinderung vorgelegen und somit eine MdE von 30 v.H. gegeben gewesen sei.
Der jetzige erstinstanzliche Bescheid beruhe auf einem weiteren amtsärztlichen Gutachten vom 17. Juni 1992, dem das unfallchirurgische Gutachten des Sachverständigen Dr. S vom 3. Juni 1992 zugrunde liege. Dieses Gutachten stütze sich auf die vorhandenen medizinischen Unterlagen, auf die mündlichen Angaben der Beschwerdeführerin und eine am 3. Juni durchgeführte klinische Untersuchung. Bei dieser klinischen Untersuchung habe die Beschwerdeführerin nach ihrem subjektiven Befinden befragt angegeben, sie klage noch immer über Schmerzen im Bereich des linken Sprunggelenkes bei Belastung, auf unebenem Gelände, beim Bergabgehen, Stiegenabwärtssteigen, verbunden mit einer Schwellneigung. In objektiver Hinsicht sei bei der Untersuchung der linken unteren Extremität festgestellt worden, daß der Barfußgang auf ebenem Boden normal und ohne Hinken durchgeführt werde und es lediglich bei rascherem Gehen zu einem Linkshinken komme. Der Zehenballengang habe aktiv nicht durchgeführt werden können, der Fersengang jedoch ausreichend. Bei der Untersuchung im Liegen habe sich ein mäßig angeschwollenes oberes Sprunggelenk gefunden, der Bandapparat sei jedoch fest und die Sensibilität und Durchblutung seien in Ordnung gewesen. Zur Beweglichkeit sei festgestellt worden, daß die Zehen seitengleich frei gewesen seien, das untere Sprunggelenk sei endlagig eingeschränkt, das obere Sprunggelenk links 10-0-20, gegenüber rechts 15-0-40, die Knie und die Hüfte seien seitengleich frei gewesen. Der Sachverständige sei in seinem Gutachten zum abschließenden Ergebnis gekommen, es sei noch eine Bewegungseinschränkung beträchtlichen Ausmaßes des oberen Sprunggelenkes gegeben, jedoch insgesamt gegenüber der letzten Begutachtung eine wesentliche Besserung eingetreten:
der Gang habe sich nämlich weitgehend konsolidiert und sich die Beweglichkeit des unteren Sprunggelenkes verbessert. Die MdE sei mit 20 v.H. bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt festgestellt worden.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin (in ihrer Berufung), es sei ihrer persönlichen Meinung nach keine Besserung ihres Leidens eingetreten, sei als laienhaftes Vorbringen nicht geeignet, das ausführliche, schlüssige und widerspruchsfreie unfallchirurgische Gutachten Dris. S vom 3. Juni 1992 zu entkräften. Durch eine bloß gegenteilige Behauptung der Beschwerdeführerin (in ihrer Berufung) allein könne das Gutachten eines Sachverständigen nicht widerlegt werden. Wolle die Beschwerdeführerin ein schlüssiges und widerspruchsfreies Sachverständigengutachten in Zweifel ziehen, müsse sie von sich aus im Verwaltungsverfahren initiativ werden und durch ein fachlich fundiertes Gutachten allenfalls den Gegenbeweis erbringen bzw. ihre Behauptung unter präziser Darstellung der gegen das Gutachten gerichteten sachlichen Einwände durch das Gutachten eines anderen Sachverständigen unter Beweis stellen (Hinweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Der Behauptung der Beschwerdeführerin, es sei eine wesentliche Verschlechterung ihrer Lebensqualität eingetreten, sei entgegenzuhalten, daß zum einen ihre subjektiven Beschwerden bei Erstellung des Gutachtens vom 3. Juni 1992 berücksichtigt worden seien, zum anderen aber als Entscheidungsgrundlage für die Zuerkennung der Versehrtenrente neben der Anerkennung des Unfalles als Dienstunfall lediglich eine bestehende MdE maßgebend sei, nicht aber die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte, wenn auch ohne Zweifel bestehende Verschlechterung ihrer Lebensqualität. Unter dem Begriff der Erwerbsfähigkeit werde die Fähigkeit verstanden, sich im Wirtschaftsleben einen regelmäßigen Erwerb durch selbständige oder unselbständige Arbeit zu verschaffen. Der Grad der MdE bestimme sich somit in abstrakter Betrachtungsweise danach, inwieweit die Beschwerdeführerin auf Grund der durch ihre Verletzung bedingten Behinderung in ihrer Erwerbsmöglichkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingeschränkt wäre. Dabei habe die in der Zwischenzeit erfolgte Pensionierung der Beschwerdeführerin außer Betracht zu bleiben. Die von ihr vorgebrachten psychischen Beschwerden seien daher in ihrer Auswirkung auf den privaten und persönlichen Empfindungsbereich der Beschwerdeführerin bei Beurteilung des Grades der MdE nicht zu berücksichtigen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich ausschließlich in ihrem subjektiven Recht auf Manuduktion im Rahmen des Verwaltungsverfahrens verletzt. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt sie vor, es treffe zwar zu, daß ihr das Gutachten (vom Juni 1992) im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht worden sei und sie dagegen keine Einwendungen erhoben habe. Die Behörde habe sie aber auch nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Möglichkeit bestehe, gegen Gutachten Einwendungen zu erheben. Die Behörde habe sie auch nicht darüber belehrt, welche Rechtsfolgen an die Unterlassung von Einwendungen gegen ein Gutachten eines Sachverständigen geknüpft seien. Sie wäre aber verhalten gewesen, die unvertretene Beschwerdeführerin ausführlich anzuleiten. Es könne nicht erwartet werden, daß die Beschwerdeführerin in so komplexen Materien, die noch dazu weit in den medizinischen Bereich eingreifen, Rechtshandlungen von sich aus im notwendigen Rahmen setze. Bei einer dem Gesetz entsprechenden Manuduktion hätte die Beschwerdeführerin Einwendungen gegen das Sachverständigen-Gutachten erhoben und ihre Bedenken mit fachlicher Hilfe vorbringen können. Die Behörde hätte die Beschwerdeführerin anleiten müssen, allfällige Einwendungen unter Beiziehung eines Privatsachverständigen zu erheben.
Dem ist folgendes entgegenzuhalten:
Der Beschwerdeführerin ist einzuräumen, daß auch in Verfahren nach dem UFG 1967 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 DVG, BGBl. Nr. 29/1984, das AVG Anwendung findet (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1993, 89/12/0242).
Nach § 13a AVG hat die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen und Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren.
Die Behörde hat (nach § 39 AVG) die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Der Verfahrensgrundsatz, daß die Verwaltungsbehörde von Amts wegen vorzugehen hat, befreit die Partei aber nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen und Verzögerungen des Verfahrens hintanzuhalten (vgl. dazu die bei Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, I. Band, unter E 41 zu § 39 AVG abgedruckten Erkenntnisse). Allerdings bedeutet die Mitwirkungsverpflichtung der Partei keine Verschiebung der Beweislast zu ihren Ungunsten. Inwieweit die Partei ihrer Mitwirkungsverpflichtung nachgekommen ist, kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Dies gilt dann aber auch für die Folgen der Unterlassung.
Zutreffend ist die belangte Behörde im Beschwerdefall davon ausgegangen, daß die ausführliche und schlüssige Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. S wiederum nur durch ein Gutachten eines anderen Sachverständigen in tauglicher Weise in Diskussion gezogen und allenfalls hätte erschüttert werden können. Der Beschwerdeführerin mußte es auch, ohne daß es dazu einer besonderen Belehrung bedurfte, klar sein, daß sie dem ihr im Verfahren vor der Behörde erster Instanz in Wahrung des Parteiengehörs übermittelten Gutachten des Sachverständigen überhaupt Einwendungen hätte entgegensetzen müssen, um weitere Schritte der Behörde (z.B. Ergänzung des Sachverständigengutachtens, allenfalls Heranziehung eines weiteren Sachverständigen) herbeizuführen. Es mußte ihr aber auch einleuchtend erscheinen, daß sie den Ausführungen des Amtssachverständigen grundsätzlich nicht allein mit ihrer laienhaften Auffassung in wirksamer Weise zu begegnen vermochte, wie sie dies in ihrer Berufung erstmals getan hat. Die Behörden des Verwaltungsverfahrens waren daher entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht verpflichtet, sie darüber zu belehren, daß sie ihre Einwendungen auf ein Gegengutachten stützen müsse (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1993, 93/10/0195, sowie vom 26. September 1994, 92/10/0080). Daran ändert auch § 8 DVG nichts. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß sich auch die Verpflichtung der Rechtsmittelbelehrung - ein Fall einer ausdrücklich geregelten Manuduktionsverpflichtung - damit begnügt, den Berufungswerber auf das (ausdrücklich geregelte) Erfordernis eines begründeten Rechtsmittelantrages hinzuweisen.
Da bereits die Beschwerde ihrem Inhalt nach erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 in Verbindung mit § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
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