VwGH 95/12/0115

VwGH95/12/011514.6.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des A in V, vertreten durch Dr. F in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 31. März 1995, Zl. 134.857/7-III/16/95, betreffend Neubemessung einer pauschalierten Überstundenvergütung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
BDG 1979 §49 Abs1;
GehG 1956 §15 Abs2;
GehG 1956 §15 Abs3;
GehG 1956 §15 Abs6;
GehG 1956 §16 Abs1;
GehG 1956 §16;
GehG 1956 §30a;
VwGG §34 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
BDG 1979 §49 Abs1;
GehG 1956 §15 Abs2;
GehG 1956 §15 Abs3;
GehG 1956 §15 Abs6;
GehG 1956 §16 Abs1;
GehG 1956 §16;
GehG 1956 §30a;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des vom Beschwerdeführer vorgelegten angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer steht als Bezirksschulinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; er ist im Bereich des Landesschulrates für Kärnten (LSR) tätig.

Wegen der von ihm regelmäßig zu erbringenden zeitlichen Mehrdienstleistungen hatte ihm der Landesschulrat zuletzt mit rechtskräftigem Bescheid vom 15. Mai 1990 ein Überstundenpauschale zuerkannt. Dieser Pauschalierung lag eine angeordnete monatliche Überstundenleistung von durchschnittlich 30 Stunden zugrunde.

Mit Bescheid des LSR vom 19. Jänner 1995 wurde die Pauschalierung der Überstunden mit Wirksamkeit vom 1. Februar 1995 mit 23,4 v.H. seines Gehaltes zuzüglich allfälliger in § 15 Abs. 3 Z. 1 GG genannter Zulagen neu festgesetzt. Gleichzeitig wurde angeordnet, der Beschwerdeführer habe durchschnittlich 27 (Über)Stunden pro Monat zu leisten.

Seine dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 31. März 1995 "gemäß § 15 Abs. 2 und 6 des Gehaltsgesetzes 1956" ab. Sie begründete ihre Entscheidung nach Wiedergabe des § 15 Abs. 6 leg. cit. damit, mit Ministerratsbeschluß vom 20. Dezember 1994 sei verfügt worden, daß die Aufwendungen für Mehrdienstleistungen im Kalenderjahr 1995 durch Verminderung der Überstundenanordnungen um 10 % zu reduzieren seien. Da dieser Beschluß eine wesentliche Änderung der zur Bemessung seines Überstundenpauschales zugrundeliegenden Sachverhaltes darstelle, sei die diesbezügliche Änderung der pauschalierten Nebengebühr vorzunehmen. Wesentlich sei eine Änderung des Sachverhaltes dann, wenn das unter Zugrundelegung eines bestimmten Sachverhaltes festgestellte Pauschale auf Grund der eingetretenen Änderung des Sachverhaltes nicht mehr als eine dem Gesetz entsprechende Abgeltung der Leistung angesehen werden könne. Diese Regelung gelte auch für die pauschalierten Überstundenvergütungen. Die pauschalierte Überstundenvergütung des Beschwerdeführers sei daher mit Wirksamkeit vom 1. Februar 1995 herabgesetzt. Ab diesem Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer monatlich 90 % der bisher erbrachten Überstunden zu leisten. Dies ergebe sich im übrigen auch aus § 49 BDG 1979, wonach der Beamte auf Anordnung über die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden hinaus Dienst zu versehen habe. Die Weisung der Dienstbehörde erster Instanz vom 19. Jänner 1995 sei daher zu Recht erfolgt; es sei somit die spruchgemäße Entscheidung zu treffen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bemängelt zunächst, die belangte Behörde habe die Berufung gemäß "§ 15 Abs. 2 und 6 des Gehaltsgesetzes 1956" abgewiesen; die zitierten Gesetzesstellen normierten jedoch lediglich die Vorausstzungen für die Pauschalierung und die Neubemessung, seien aber nicht die Rechtsnormen für die Abweisung der Berufung. Darin liege ein Verstoß gegen § 67 AVG in Verbindung mit dem III. Abschnitt des AVG, wonach u.a. im Spruch die angewendeten Gesetzesbestimmungen (§ 59 Abs. 1 AVG) anzuführen seien.

Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, daß der angefochtene Bescheid insofern nicht dem § 59 Abs. 1 AVG entspricht, als er die Anführung des § 66 Abs. 4 AVG als verfahrensrechtliche Grundlage (für die Abweisung der Berufung) in seinem Spruch unterlassen hat; hingegen hat die Behörde die materiell-rechtliche Grundlage für ihre Entscheidung genannt. Da aber der Bescheid unmißverständlich erkennen läßt, daß die belangte Behörde damit in ihrer Eigenschaft als Berufungsbehörde eine negative Sachentscheidung getroffen hat, kommt der Unterlassung der Zitierung des § 66 Abs. 4 AVG keine rechtserhebliche Bedeutung zu, durch die der Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt werden könnte.

Nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, in der Fassung der 24. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 214/1972, handelt es sich bei der Überstundenvergütung um eine Nebengebühr, die, wenn die anspruchsbegründenden Dienstleistungen dauernd oder so regelmäßig erbracht werden, daß die Ermittlung monatlicher Durchschnittswerte möglich ist, pauschaliert werden kann. Das Pauschale hat nach Abs. 3 der genannten Bestimmung den ermittelten Durchschnittswerten unter Bedachtnahme auf Abs. 5 angemessen zu sein. Der Anspruch auf pauschalierte Nebengebühren wird gemäß Abs. 5 der genannten Bestimmung durch einen Urlaub, während dessen der Beamte den Anspruch auf Monatsbezüge behält, oder eine Dienstverhinderung auf Grund eines Dienstunfalles nicht berührt. Ist der Beamte aus einem anderen Grund länger als einen Monat vom Dienst abwesend, so ruht die pauschalierte Nebengebühr von dem auf den Ablauf dieser Frist folgenden Monatsersten bis zum Letzten des Monates, in dem der Beamte den Dienst wieder antritt. Nach Abs. 6 ist die pauschalierte Nebengebühr neu zu bemessen, wenn sich der ihrer Bemessung zugrunde liegende Sachverhalt wesentlich geändert hat.

Nach § 49 Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, hat der Beamte auf Anordnung über die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden hinaus Dienst zu versehen (Überstunden). Den auf Anordnung geleisteten Überstunden sind - ausgenommen bei gleitender Dienstzeit - Überstunden gleichzuhalten, wenn

  1. 1) der Beamte einen zur Anordnung der Überstunde Befugten nicht erreichen konnte,
  2. 2) die Leistung der Überstunde zur Abwehr eines Schadens unverzüglich notwendig war,
  3. 3) die Notwendigkeit der Leistung der Überstunde nicht auf Umstände zurückgeht, die von dem Beamten, der die Überstunde geleistet hat, hätte vermieden werden können, und
  4. 4) der Beamte diese Überstunde spätestens innerhalb einer Woche nach der Leistung schriftlich meldet; ist der Beamte durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne sein Verschulden verhindert, diese Frist einzuhalten, so verlängert sie sich um die Dauer der Verhinderung.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, räumt das Gesetz dem Beamten kein subjektives Recht auf die Pauschalverrechnung von Nebengebühren ein. Die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit der Pauschalvergütung von Überstunden stellt vielmehr eine Berechnungsart dar, die der Verwaltungsvereinfachung dient. Der Beamte hat in diesem Zusammenhang aber keinen Anspruch darauf, daß eine einmal vorgenommene Pauschalierung beibehalten wird. Vielmehr bleibt es der Dienstbehörde unbenommen, von der Pauschalvergütung der Überstunden auf deren Einzelverrechnung überzugehen. Demgegenüber steht es dem Beamten stets frei, sein Begehren auf Nebengebühren im Wege der Einzelverrechnung zu stellen (vgl. beispielsweise Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 1977, Slg. N. F. Nr. 9296/A, vom 7. Oktober 1985, Slg. N. F. Nr. 11.896/A).

Es bleibt der Dienstbehörde also unbenommen, von der Pauschalvergütung der Überstunden auf deren Einzelverrechnung überzugehen, und sie ist, wenn dadurch insgesamt eine Ersparnis erzielbar ist, im Hinblick auf die in den jeweiligen Bundesfinanzgesetzen verankerte Pflicht zur Wahrung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung auch dazu verpflichtet. Vollends gilt dies dann, wenn die Anspruchsvoraussetzungen für die pauschalierte Überstundenvergütung nicht mehr vorliegen. Andererseits steht es dem Beamten aber immer frei, seinen Anspruch auf Überstundenvergütung im Wege der Einzelverrechnung geltend zu machen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Mai 1987, Zl. 87/12/0063).

Wie der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls in ständiger Rechtsprechung erkennt, muß die Anordnung von Überstunden das Wort "Überstunde" nicht ausdrücklich enthalten; eine derartige Anordnung liegt vielmehr auch dann in einer einen Anspruch auf Überstundenvergütung rechtfertigenden Weise vor, wenn sie auf die Ausführung von Arbeiten bestimmten Ausmaßes innerhalb eines bestimmten Zeitraumes gerichtet war und im Zeitpunkt ihrer Erteilung (und nicht infolge von Umständen, die erst nachträglich eingetreten sind und daher bei der Erteilung des Auftrages nicht vorhersehbar waren) von vornherein feststand, daß die Erfüllung des Auftrages die Leistung von Überstunden unumgänglich notwendig macht. Es muß dem Beamten auch dann, wenn er im Bezug einer pauschalierten Überstundenvergütung steht, unbenommen bleiben, im Falle der Anordnung der Leistung zusätzlicher, bei dieser Pauschalierung noch nicht berücksichtigter Überstunden einen Antrag auf Überstundenvergütung zu stellen. Die Entscheidung darüber, in welcher Form die Abgeltung dieser Überstunden zu erfolgen hat, ist aber der Dienstbehörde vorbehalten (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1977, Zl. 289/77).

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt der Beschwerdeführer weiters vor, eine Neubemessung der Pauschalierung sei nur dann vorzunehmen, wenn sich der ihrer Bemessung zugrundeliegende Sachverhalt wesentlich geändert habe. Eine Herabsetzung der angeordneten Überstundendauer durch den Dienstgeber rechtfertige jedoch keinesfalls eine gleichzeitig reduzierte Neubemessung der pauschalierten Nebengebühr, sofern der tatsächlich geleistete Umfang der Mehrdienstleistungen nicht nur seit 1990 gleichgeblieben, sondern nach Art, Umfang, Qualität und Intensität sogar gestiegen sei. § 49 Abs. 1 BDG 1979 gebe keinen Aufschluß darüber, ob die Mindestüberstundendauer auch tatsächlich eingehalten oder wie im Beschwerdefall überschritten werde. Die Auffassung der belangten Behörde hätte zur Folge, daß durch die einseitige Anordnung einer Mindestüberstundendauer unabhängig von der tatsächlich erbrachten Mehrdienstleistung § 15 Abs. 3 GG (Angemessenheit des Pauschales) jederzeit umgangen werden könne. Die belangte Behörde habe es verabsäumt, dazu entsprechende Ermittlungen anzustellen. Außerdem habe sich selbst dann, wenn man der unzutreffenden Argumentation der belangten Behörde folge, durch die Anordnung der Mindestüberstundendauer von 27 anstelle von 30 Stunden keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes ergeben. Eine solche liege - in bezug auf den Beschwerdefall - wohl nur dann vor, wenn die bisherige Überstundendauer (30 Stunden) zumindest um 10 Überstunden unterschritten werde.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Wie der Beschwerdeführer selbst zutreffend ausführt, wird die Rechtskraft eines Bescheides durch eine Änderung des maßgebenden Sachverhaltes durchbrochen. Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die Dienstbehörde erster Instanz gleichzeitig mit der Erlassung ihres Bescheides betreffend die Neubemessung der pauschalierten Überstundenvergütung die Überstundenanordnung für den Beschwerdeführer von 30 auf 27 Überstunden pro Monat verringert hat. Darin liegt aber - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - die Änderung des maßgebenden Sachverhaltes, hängt doch die Höhe des Pauschales von der Anzahl der zugrundeliegenden regelmäßig zu erbringenden angeordneten Überstunden ab. Jede Änderung der angeordneten Überstunden führt daher zur Änderung des Entgelts und ist daher wesentlich (auch wenn sich der Dienstgeber zur Beibehaltung der Pauschalierung entschließt, worauf der Beamte aber keinen Rechtsanspruch hat). Dem Dienstgeber steht die Befugnis zu, jederzeit eine in Weisungsform ergangene Anordnung von Überstunden abzuändern. Der Beamte hat kein Recht auf Beibehaltung der Überstundenanordnung eines bestimmten Ausmaßes und der darauf aufbauenden Pauschalierung.

Dementsprechend hat der Beschwerdeführer im Beschwerdefall künftig auch nur zeitliche Mehrdienstleistungen im Ausmaß von 27 Überstunden pro Monat zu erbringen, für die ihm nach dem angefochtenen Bescheid eine pauschalierte Abgeltung zuerkannt wird. Darüber hinausgehende Mehrdienstleistungen hat der Beschwerdeführer nur bei individueller konkreter oder konkludenter Anordnung bzw. bei Vorliegen der Tatbestandserfordernisse nach § 49 Abs. 1 zweiter Satz BDG 1979 zu erbringen.

Es bleibt dem Beschwerdeführer aber unbenommen - sofern die vorher skizzierten sonstigen Voraussetzungen für die Wertung als Überstunde vorliegen - einen Antrag auf Individualabgeltung der bei der Neubemessung der Pauschalierung noch nicht berücksichtigten Überstunden zu stellen; denn § 15 Abs. 2 GG enthält - entgegen der Regelung bei der Leiterzulage (vgl. § 30a Abs. 3 GG) - keine Anordnung, daß mit der dort vorgesehenen Art der Pauschalierung alle Leistungen der vom Pauschale jeweils erfaßten anspruchsbegründenden zeitlichen Mehrdienstleistungen als abgegolten anzusehen sind. Dies würde auch der der 24. GG-Novelle (- mit der die in Frage stehenden Regelungen getroffen worden sind -) zugrunde liegenden Absicht einer stärkeren Betonung des Leistungsprinzipes in der Beamtenbesoldung widersprechen, nach dem ein Zusammenhang zwischen dienstlichen Mehrdienstleistungen und dem Anspruch auf Nebengebühren besteht, der bei der Pauschalierung etwas gelockert ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. April 1995, 95/12/0077).

Soweit der Beschwerdeführer rügt, die Herabsetzung des Überstundenpauschales hätte wegen der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides am 24. Jänner 1995 nicht rückwirkend mit 1. Jänner 1995, sondern mit 1. Februar 1995 verfügt werden müssen, ist er darauf hinzuweisen, daß die Neubemessung mit 1. Februar 1995 vorgenommen wurde.

Da die Beschwerde bereits ihrem Inhalt nach erkennen läßt, daß die von ihr behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 in Verbindung mit § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

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