VwGH 95/11/0185

VwGH95/11/018527.6.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des A in T, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 31. März 1995, Zl. I/7-St-Sch-953, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §73 Abs2;
KFG 1967 §74 Abs1;
KFG 1967 §73 Abs2;
KFG 1967 §74 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B, C, E, F und G entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. ausgesprochen, daß ihm vor Ablauf von zwanzig Monaten (gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides vom 30. November 1994) keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die Vorfälle, die bisher schon zu Entziehungen der Lenkerberechtigung geführt hätten, nicht bestritten. Er sei wegen einer am 14. September 1990 begangenen Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 5 Abs. 2 StVO 1960 rechtskräftig bestraft worden. Deshalb sei ihm die Lenkerberechtigung für die Gruppen A, B, C, E und G bis einschließlich 14. Jänner 1991 entzogen worden.

Im Februar 1992 sei er wieder im Straßenverkehr auffällig geworden. Es sei eine "Alkoholisierung von 1,00 mg/l" festgestellt worden. Der Beschwerdeführer habe damals gegenüber Gendarmeriebeamten angegeben, nur vier Seidel Bier getrunken zu haben. Es sei verwerflich und sorglos, nach dem Genuß von vier Seidel Bier seinen PKW in Betrieb zu nehmen. Wegen dieses Vorfalles sei dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung bis einschließlich 14. November 1992 entzogen worden.

Am 16. November 1992 sei ihm der Führerschein ausgefolgt worden. Schon zwei Monate später, nämlich am 16. Jänner 1993, sei der Beschwerdeführer wieder auffällig geworden, als er bei der Zufahrt zu einem Lokal mit seinem PKW gegen einen neben der Einfahrt abgestellten PKW gestoßen sei. Nach einem weiteren Versuch, in die Einfahrt zu gelangen, sei er abermals gegen den dort abgestellten PKW gestoßen, wobei erheblicher Sachschaden entstanden sei. Der Beschwerdeführer habe es unterlassen anzuhalten, um dem Geschädigten seine Identität nachzuweisen oder die nächste Sicherheitsdienststelle vom Verkehrsunfall zu verständigen. Er habe seine Fahrt in Richtung seines Wohnortes fortgesetzt. Als kurz darauf Gendarmeriebeamte an seiner Wohnadresse erschienen seien, habe er sich in seinem Zimmer eingeschlossen gehabt. Am folgenden Tag sei er am Gendarmerieposten erschienen und habe angegeben, zum Unfallszeitpunkt nicht alkoholisiert gewesen zu sein. Der Beschwerdeführer habe damit gezeigt, daß sein Verhalten eine Gefahr für die Sicherheit im Straßenverkehr darstelle.

Am 26. November 1994 habe der Beschwerdeführer wieder einen PKW in alkoholisiertem Zustand gelenkt und dabei einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht.

Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung sei er als verkehrsunzuverlässig anzusehen. Wegen der Zahl der Übertretungen und ihrer raschen Aufeinanderfolge müsse davon ausgegangen werden, daß die erwünschte Charakteränderung bei ihm erst nach einem Zeitraum von zwanzig Monaten eintreten werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe ihm entgegen § 40 Abs. 3 AVG (gemeint offenbar: § 45 Abs. 3 leg. cit.) keine Gelegenheit gegeben, zum Ergebnis der Beweisaufnahme betreffend die Vorfälle vom 14. September 1990, Februar 1992 und 16. Jänner 1993 Stellung zu nehmen. Sein Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, die Relevanz eines allfälligen diesbezüglichen Verfahrensmangels aufzuzeigen. Soweit er ausführt, er habe nicht vorbringen können, daß bei der ersten Entziehung die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe F nicht entzogen worden sei, ist er darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde ohnedies festgestellt hat, daß ihm damals die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B, C, E und G (und nicht auch F) entzogen wurde. Im übrigen ist nicht erkennbar, warum dieser Umstand für die mit dem vorliegenden Bescheid ausgesprochene Entziehungsmaßnahme von Bedeutung sein soll. Dasselbe gilt für den Hinweis des Beschwerdeführers, im angefochtenen Bescheid sei nicht festgestellt worden, für welche Gruppen von Kraftfahrzeugen ihm die Lenkerberechtigung im Februar 1992 entzogen worden sei.

Das festgestellte Ausmaß des Alkoholgehaltes der Atemluft bei dem Vorfall vom Februar 1992 wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Auf die von ihm vor dem Vorfall angestellten Berechnungen über das voraussichtliche Ausmaß seiner Alkoholbeeinträchtigung kommt es nicht an, weil der Beschwerdeführer auch unter Zugrundelegung der von ihm angegebenen Trinkmengen mit einer Alkoholbeeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO 1960 rechnen mußte.

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, ihm sei durch die Vorgangsweise der belangten Behörde die Möglichkeit genommen worden, darauf hinzuweisen, daß er bei den Vorfällen vom 14. September 1990 und vom 16. Jänner 1993 nicht alkoholisiert gewesen sei, ist ihm zu erwidern, daß die belangte Behörde ohnedies nicht von einer Alkoholbeeinträchtigung bei diesen Vorfällen ausgegangen ist.

Die am 14. September 1990 begangene Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 5 Abs. 2 StVO 1960 ist allerdings nicht weniger verwerflich als andere Alkoholdelikte.

Der Beschwerdeführer meint, die Entziehung hätte nur vorübergehend für die Dauer von 14 Monaten, höchstens aber für 18 Monate ausgesprochen werden dürfen. Dem ist zu erwidern, daß die der Festsetzung der Zeit im Sinne des § 73 Abs. 2 KFG 1967 zugrunde liegende Prognose der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer nicht vor Ablauf der von ihr festgesetzten Zeit die Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangen werde, angesichts der Häufung der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Alkoholdelikte und der Tatsache, daß auch zwei in den Jahren 1990 und 1992 verfügte vorübergehende Entziehungen der Lenkerberechtigung die Neigung des Beschwerdeführers zur Begehung derartiger Delikte nicht nachhaltig positiv beeinflussen konnten, nicht als unrichtig erkannt werden kann.

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten beruflichen Interessen am Besitz einer Lenkerberechtigung haben im Hinblick auf den dem Schutz der übrigen Verkehrsteilnehmer dienenden Sicherungszweck der Entziehung zurückzutreten (siehe die hg. Erkenntnisse vom 24. September 1991, Zl. 91/11/0027, und vom 19. Mai 1992, Zl. 91/11/0135).

Die - vom Beschwerdeführer vermißte - Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens darüber, wann er seine Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangen werde, war entbehrlich, weil es sich bei der Verkehrszuverlässigkeit um eine Charaktereigenschaft der betreffenden Person handelt, die - zum Unterschied von der geistigen und körperlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen - keiner ärztlichen Beurteilung zugänglich ist (siehe dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1991, Zl. 91/11/0092).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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