VwGH 95/11/0103

VwGH95/11/010327.4.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über den Antrag des Dr. G in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Wiederaufnahme des Verfahrens zwecks Erstattung einer "Beschwerdeergänzung bzw. Äußerung" den Beschluß gefaßt:

Normen

B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §24 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §41 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §24 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Dem Antrag wird nicht stattgegeben.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 8. Juli 1994 wurde 1) die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Militärkommandos Wien vom 22. Februar 1994 betreffend neuerliche Stellung abgewiesen; 2) (soweit noch gegenständlich) ein Devolutionsantrag des Beschwerdeführers zurückgewiesen und 3) seine Anträge auf Erlassung eines Feststellungsbescheides sowie auf Befreiung von der Wehrpflicht abgewiesen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof - diesbezüglich ist zur hg. Zl. 94/11/0378 ein verwaltungsgerichtliches Verfahren anhängig - in dem der Beschwerdeführer den Beschwerdegegenstand und Beschwerdeantrag wie folgt formuliert hat:

"Gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Landesverteidigung vom 8.7.1994, Zl. 404.234/4-2.6/94, mit dem meine Berufung gegen einen Bescheid der Ergänzungsabteilung des Militärkommandos Wien wegen rechtsgrundloser Verfügung einer neuerlichen Stellung abgewiesen wird, mein Devolutionsantrag vom 7.3.1994 bezüglich der am 16.7.1993 mit einem am 14.7.1993 datierten Schreiben beim Militärkommando Wien eingebrachten Anträge auf Feststellung von Rechten und Pflichten nach dem Wehrgesetz zurückgewiesen wird, sowie mein Antrag gleichfalls vom 14.7.1993 datiert, auf bescheidmäßige Befreiung von der Wehrpflicht abgewiesen wird, erhebe ich Beschwerde gem. Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid seinem gesamten Umfange nach wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben."

Mit dem am 31. März 1995 beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Schreiben beantragt der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem Zweck, zur genannten Beschwerde eine Beschwerdeergänzung bzw. Äußerung zu erstatten und begründet diesen wie folgt:

"Am 20.3.1995 wurde mir Erk. d. Verwaltungsgerichtshof Zl. 92/12/0286 zugestellt, dessen nachfolgende teilweise wiedergegebene Aussagen für das gegenständl.

Beschwerdeverfahren notwendig sind, sodaß ich innerhalb offener Frist beantrage, mir hinsichtlich des Folgenden Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Wiederaufnahme des Verfahrens zu gewähren, weil mir dies erst nach Einbringung der Beschwerdeschrift zur Kenntnis gelangte.

Auf Seiten 30, 31 des zit. Erkenntnisses begründet der Verwaltungsgerichtshof, daß unter der bleibenden Unfähigkeit eines Beamten, seine dienstlichen Aufgaben zu versehen alles zu verstehen ist, was die Eignung, diese Aufgabe zu versehen, dauernd aufhebt. Dazu können nicht nur Gesundheitsstörungen, sondern auch habituelle Charaktereigenschaften und leichtere geistige Störungen gehören, welche eine ordnungsgemäße Führung der ihm übertragenen Geschäfte ausschließen. Dabei ist nicht allein auf die Person des Beamten abzustellen, sondern es sind vielmehr auch die Auswirkungen solcher Störungen oder Eigenschaften auf seine Fähigkeit, die ihm gesetzlich obliegenden Pflichten zu erfüllen, und damit auch die Auswirkungen dieser Störungen und Eigenschaften auf den Amtsbetrieb entscheidend. Der Schluß der Dienstunfähigkeit ist nicht nur auf Grund ärztlicher Feststellungen, sondern auch aus der Art der Dienstleistung zulässig; die Einholung derartiger medizinischer Gutachten ist daher nicht jedenfalls (zwingend) erforderlich. Eine zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung bestehende Dienstunfähigkeit ist dann als dauernd zu werten, wenn nach den Beurteilungsgrundlagen im maßgeblichen Zeitpunkt die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit zumindest unwahrscheinlich ist; die bloße Wiedererlangung der Dienstfähigkeit genügt nicht.

Außerdem wird im zit. Erk. ein ärztliches Gutachten zitiert, das stets zur Beischaffung von der Behörde verlangt wurde, jedoch nicht beigeschafft wurde, woraus der Schluß gezogen werden darf, daß dieses Gutachten besteht.

Für das gegenständliche Verfahren ergibt sich damit erneut eine Ungleichbehandlung von beamteten Militärpersonen und gewöhnlichen Wehrpflichtigen. Eine beamtete Militärperson darf demnach ohne vorangehende neuerliche Stellung aus dem Militärdienst dispensiert werden, eine neuerliche Stellung würde wegen des Gebotes der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung keinen Sinn ergeben, der Widerspruch zwischen verpflichtender neuerlicher Stellung und Pensionierung ohne ärztliches Gutachten ist insofern evident, als auch der Dienstbetrieb des Militärs durch Wehrpflichtige beeinflußt werden kann, sodaß sich erneut die Frage nach der aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden sachlichen Rechtfertigung einer unterschiedlichen, sogar begünstigenden Behandlung von beamteten Militärpersonen unter der auf sie anwendbaren Gesetzeslage aufdrängt, welche nicht gegeben ist, sodaß eine neuerliche Stellung nicht verfügt werden darf; vielmehr wäre das Bundesministerium für Landesverteidigung an den nunmehr rechtskräftigen Ruhestandsversetzungsbescheid des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten gebunden. Aus der rechtlichen Relevanz habitueller Eigenschaften werden des weiteren auch Schlußfolgerungen auf den Bescheid betr. Feststellung von Pflichten nach dem WehrG gezogen werden dürfen, nämlich dahingehend, daß einer habituell ungeeigneten Person keine Weisungen durch die Stellungskommission erteilt werden dürfen, um keine negativen Auswirkungen auf den Amtsbetrieb der Stellungskommissionen herbeizuführen. Ich darf daher bitten, dieses Vorbringen zumindest als Äußerung der belangten Behörde zu einer allfälligen weiteren Rückäußerung zuleiten zu wollen."

Gemäß § 45 Abs. 1 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei unter den in Z. 1 bis 5 genannten Voraussetzungen zu bewilligen. Somit kommt die Wiederaufnahme eines Verfahrens nur dann in Betracht, wenn es durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossen ist. Das hg. Verfahren zur Zl. 94/11/0378, zu dem der Antragsteller den Wiederaufnahmeantrag gestellt hat, ist nicht abgeschlossen, weshalb eine Grundlage für die Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne des § 45 Abs. 1 VwGG nicht gegeben ist.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, die durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag wurde vom Antragsteller zu dem Zweck gestellt, um im hg. Verfahren zur Zl. 94/11/0378 ergänzendes Beschwerdevorbringen "bzw. Äußerung" erstatten zu können. Nach dem Inhalt der vom Beschwerdeführer zur Zl. 94/11/0378 eingereichten Beschwerde ist insgesamt (einschließlich der Sachverhaltsdarstellung) erkennbar (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 243, und die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes), daß der Beschwerdeführer behauptet, in seinem Recht, nicht einer neuerlichen Stellung unterzogen zu werden, und hinsichtlich der Feststellung von Rechten und Pflichten nach dem Wehrgesetz verletzt zu sein. Im Rahmen dieser Beschwerdepunkte hält sich erkennbar auch das nunmehrige ergänzende Vorbringen. Dem Beschwerdeführer ist es zwar verwehrt, in einem anhängigen Beschwerdeverfahren in Schriftsätzen weitere Beschwerdepunkte geltend zu machen oder den Beschwerdegegenstand zu erweitern. Nachträgliches Vorbringen im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunktes ist jedoch nicht unzulässig, und ist diesbezüglich dem Verwaltungsgerichtshof eine Auseinandersetzung mit nachgetragenen Beschwerdegründen nicht verwehrt (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 25. Februar 1975, Zl. 959/1993/73, und vom 27. Februar 1980, Zl. 1498/79). Damit stand dem Beschwerdeführer zur Erstattung neuen Vorbringens im Rahmen der zu Zl. 94/11/0378 geltend gemachten Beschwerdepunkte die Frist offen. Da eine Fristversäumnis nicht gegeben war, liegen auch die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 Abs. 1 VwGG nicht vor. Eine Kopie des Antrages wird im hg. Verfahren, 94/11/0378, der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht werden.

Dem Antrag konnte daher nicht stattgegeben werden.

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