Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Gegenstand der vorliegenden Säumnisbeschwerde ist die Geltendmachung der Verletzung der Entscheidungspflicht des Arbeitsmarktservice Niederösterreich (Landesgeschäftsstelle) in Ansehung einer Sachentscheidung über die von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice St. Pölten (regionale Geschäftsstelle) am 28. Oktober 1994 erhobenen Berufung.
Gemäß § 27 VwGG (idF. BGBl. Nr. 470/1995) kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat.
Nach § 73 Abs. 1 AVG 1991 (in der Fassung BGBl. Nr. 471/1995) sind die Behörde oder der unabhängige Verwaltungssenat verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Wird der Partei innerhalb dieser Frist der Bescheid nicht zugestellt, so geht nach Anordnung des Abs. 2 dieses Paragraphen auf ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen die ausständige Entscheidung die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, auf diesen über.
Eine Säumnisbeschwerde kann daher im Anwendungsbereich des AVG zulässig erst dann erhoben werden, wenn auch die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, an die im Wege der Devolution die Zuständigkeit zur Entscheidung übergeht, ihre Entscheidungspflicht verletzt hat.
Gemäß Art. II Abs. 2 D Z. 41 EGVG (in der Fassung gemäß Art. 17 Z. 1 des Arbeitsmarktservice-Begleitgesetzes, BGBl. Nr. 314/1994) findet das AVG auf das behördliche Verfahren der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice und der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice Anwendung.
Soweit das Arbeitsmarktservice behördliche Aufgaben zu erfüllen hat, unterliegt es gemäß § 58 Abs. 1 Arbeitsmarktservicegesetz (BGBl. Nr. 313/1994) dem Weisungsrecht des Bundesministers für Arbeit und Soziales.
Die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice entscheidet gemäß § 20 Abs. 3 AuslBG über Berufungen der Bescheide der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice in zweiter und letzter Instanz.
Eine Beschränkung des Instanzenzuges hindert indes nicht den Übergang der Zuständigkeit im Devolutionsweg gemäß § 73 AVG. Als oberste Instanz ist im Anwendungsbereich des AVG nicht nur die Berufungsbehörde, sondern auch die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde anzusehen, an die im Wege der Devolution die Zuständigkeit zur Entscheidung übergeht oder die durch Ausübung des Weisungs- bzw. Aufsichtsrechtes den Inhalt der unterbliebenen Entscheidung hätte bestimmen können. Die Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof setzt mithin voraus, daß der Beschwerdeführer von der bestehenden Möglichkeit eines Antrages nach § 73 AVG (Devolutionsantrag) ohne Erfolg Gebrauch gemacht hat (vgl. dazu die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1993, Zl. 93/09/0460, und vom 19. Oktober 1995, Zl. 95/09/0029; sowie die bei Dolp,
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 211 wiedergegebene hg. Judikatur und Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 652, E 2). Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG ist daher in den behördlichen Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes der Bundesminister für Arbeit und Soziales. Daß die Beschwerdeführerin (überhaupt) einen - nach der dargelegten Rechtslage somit möglichen - Devolutionsantrag an den genannten Bundesminister gestellt hat, wird in der Säumnisbeschwerde nicht behauptet.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich daher, daß die - ohne den zuständigen Bundesminister für Arbeit und Soziales im Wege eines Devolutionsantrages anzurufen - gegen eine Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gerichtete Säumnisbeschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen ist (vgl. beispielsweise die hg. Beschlüsse vom 25. Februar 1993, Zl. 93/04/0023, und vom 24. Februar 1995, Zl. 95/09/0041).
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