VwGH 95/07/0081

VwGH95/07/008121.9.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des G in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 21. März 1995, Zl. Wa-600122/11/Schü/Has, betreffend wasserpolizeilicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §38 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §38 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1993, Zl. 92/07/0002, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde der im Instanzenzug ergangene Bescheid der belangten Behörde vom 13. November 1991 aufgehoben, mit welchem dem Beschwerdeführer gemäß § 138 Abs. 2 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) aufgetragen worden war, bis zu einem bestimmten Termin entweder um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die am Ufer des S.-Baches auf dem Grundstück Nr. 3530, KG O. errichtete Hütte (Flugdach) anzusuchen oder das errichtete Bauwerk binnen einer bestimmten Frist zu beseitigen. Begründet wurde dieses Erkenntnis damit, es lägen keine ausreichenden Feststellungen darüber vor, ob die Anlage noch innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses liege. Es sei an Hand der Aktenlage aber auch nicht erkennbar, ob es sich bei dieser als Flugdach bezeichneten Anlage um einen "Bau" im Sinne des § 38 Abs. 1 WRG 1959 handle.

Im fortgesetzten Verfahren holte die belangte Behörde Gutachten eines Amtssachverständigen für Bautechnik und eines Amtssachverständigen der Abteilung hydrographischer Dienst des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung ein.

Mit Bescheid vom 21. März 1995 erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer neuerlich gemäß § 138 Abs. 2 WRG 1959 den Auftrag, entweder um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für das Flugdach anzusuchen oder das errichtete Bauwerk zu beseitigen.

In der Begründung heißt es u.a., der Äußerung des Amtssachverständigen für Bautechnik sei im wesentlichen zu entnehmen, daß es sich beim gegenständlichen Objekt um ein mittels zimmermannsmäßiger Konstruktion hergestelltes Nebengebäude handle, welches aus einem auf insgesamt sechs Holzsäulen aufgesetzten Pultdach mit Kunststoffwellplattendeckung besteht. Beim gegenständlichen Objekt seien zimmermannsmäßige Verbindungen (z.B. eingestemmte Kopfbänder in einfacher und doppelter Ausführung, eingezapfte Säulen usw.) zur Ausführung gelangt, welche aus statischen Gründen notwendig seien, wobei die Art und Dimensionierung standortabhängig seien. Abschließend sei festgestellt worden, daß zur Errichtung dieses Objektes ein wesentliches Maß an bautechnischen bzw. fachtechnischen Kenntnissen Voraussetzung gewesen sei. Bei Nichtvorliegen dieser Kenntnisse wäre eine Beeinträchtigung der Standsicherheit und damit verbunden eine Gefährdung Dritter gegeben.

Das Flugdach sei am Ufer des S.-Baches errichtet worden. Da vom Amtssachverständigen für Bautechnik eindeutig festgestellt worden sei, daß zur Errichtung des gegenständlichen Objektes ein wesentliches Maß an bautechnischen bzw. fachtechnischen Kenntnissen Voraussetzung gewesen sei, liege ein "Bau" im Sinne des § 38 WRG 1959 vor, welcher einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürfe. Da eine solche nicht vorliege, stelle dieser Bau eine eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 WRG 1959 dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, das Sachverständigengutachten des Amtssachverständigen des hydrographischen Dienstes ergebe, daß nicht mit ausreichender Sicherheit gesagt werden könne, ob sich die Stützen des Flugdaches im Hochwasserabflußbereich befänden. Es seien daher die Tatbestandsvoraussetzungen für den erteilten wasserpolizeilichen Auftrag nicht gegeben.

Hiezu komme, daß das Flugdach nicht vom Beschwerdeführer gebaut worden sei, sondern bereits zu einer Zeit existiert habe, als noch sein Rechtsvorgänger Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft gewesen sei. Vom Beschwerdeführer seien lediglich Sicherungsmaßnahmen an den Stützsäulen getätigt worden. Hiezu komme, daß sich die Ufermauer zwar auf Grund des Beschwerdeführers befinde, jedoch im Auftrag der Gemeinde durch die Wildbachverbauung errichtet worden sei.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 ist zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer, die nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist.

§ 38 Abs. 1 WRG 1959 macht die Bewilligungspflicht nicht für alle dort genannten Anlagen davon abhängig, daß sie innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses liegen. Die genannte Bestimmung unterscheidet zwischen Brücken, Stegen und Bauten einerseits und "anderen Anlagen" andererseits. Während für letztere eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht (nur) dann besteht, wenn sie innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses liegen, wird für erstere die Bewilligungspflicht allein dadurch ausgelöst, daß es sich um Brücken, Stege und Bauten "an Ufern" handelt, ohne daß es noch weiterer Feststellungen bedürfte, ob diese Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses gelegen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1993, Zl. 92/07/0002, und die dort angeführte Rechtsprechung).

Die Anlage des Beschwerdeführers wurde "am Ufer" des S.-Baches errichtet (siehe das vorzitierte hg. Erkenntnis).

Unter einem Bau im Sinne des § 38 Abs. 1 WRG 1959 ist eine Anlage zu verstehen, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erforderlich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1993, Zl. 92/07/0002, und die dort angeführte Rechtsprechung).

Die belangte Behörde hat, gestützt auf ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Bautechnik, schlüssig dargelegt, daß es sich bei dem Flugdach um einen Bau im Sinne des § 38 Abs. 1 WRG 1959 handelt.

Da das Flugdach ein Bau am Ufer des S.-Baches ist, bedurfte seine Errichtung einer wasserrechtlichen Bewilligung. Eine solche liegt nicht vor. Das Flugdach stellt daher eine eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 WRG 1959 dar.

Der Einwand des Beschwerdeführers, nicht er habe dieses Flugdach errichtet, vermag der Beschwerde schon deswegen nicht zum Erfolg verhelfen, weil unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer das Flugdach nützt. Adressat von Aufträgen nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 ist derjenige, der eigenmächtig eine Neuerung vorgenommen oder eine ihn treffende Leistung (Arbeit) unterlassen hat. Als Neuerung im Sinne dieser Gesetzesstelle ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht allein das bewilligungslose Setzen einer der wasserrechtlichen Bewilligung bedürftigen punktuellen Maßnahme, sondern auch das Fortdauern des durch die betreffende Maßnahme herbeigeführten Zustandes zu verstehen. Es stellt daher nicht nur die unmittelbare Herbeiführung eines einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürftigen Zustandes ohne diese Bewilligung eine eigenmächtige Neuerung dar, sondern auch die Aufrechterhaltung und Nutzung eines solcherart konsenslos geschaffenen Zustandes (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 28. Juli 1994, Zl. 92/07/0154). Außerdem stellt die Behauptung des Beschwerdeführers, nicht er habe das Flugdach errichtet, eine gemäß § 41 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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