VwGH 95/07/0040

VwGH95/07/004014.12.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der Gemeinde Attersee, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 13. Jänner 1995, Zl. 411.280/01-I4/94, betreffend wasserpolizeilicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §50;
AVG §66 Abs4;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §50;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. April 1993 wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß §§ 38 und 50 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) der Auftrag erteilt, die schadhafte und zum Teil bereits eingestürzte Ufermauer auf dem öffentlichen Wassergut des Attersees (Grundstück Nr. 807/1, KG A., vor dem Grundstück Nr. 807/7 derselben KG) wieder instandzusetzen.

Die beschwerdeführende Partei berief.

Mit Bescheid vom 20. Juli 1993 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1993, Zl. 93/07/0118, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil für die von der beschwerdeführenden Partei errichtete Ufermauer keine wasserrechtliche Bewilligung vorliegt, die beschwerdeführende Partei daher nicht Wasserberechtigte ist und ihr unter diesem Titel auch nicht die Instandhaltung oder Instandsetzung der Mauer aufgetragen werden kann. Wie der Verwaltungsgerichtshof weiter ausführte, stellt die von der beschwerdeführenden Partei errichtete Mauer vielmehr eine eigenmächtige Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 dar, was die Wasserrechtsbehörde zwar zur Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages berechtigt, der aber nur in der Beseitigung der vorgenommenen Neuerungen, nicht aber im Auftrag zur Instandsetzung bestehen kann.

Im fortgesetzten Verfahren änderte die belangte Behörde mit Bescheid vom 13. Jänner 1995 aus Anlaß der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. April 1993 den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend, daß er wie folgt zu lauten habe:

"Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959, BGBl. Nr. 215, i. d.g.F. der Novelle 1990 wird der Gemeinde Attersee aufgetragen, die schadhafte und zum Teil bereits eingestürzte Ufermauer auf dem öffentlichen Wassergut des Attersees (Gst. Nr. 807/1, KG A., vor dem Gst. Nr. 807/7, KG A) bis längstens 30. Juni 1995 zu entfernen."

In der Begründung berief sich die belangte Behörde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1993, Zl. 93/07/0118.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde wurde als Berufungsbehörde tätig.

Nach § 66 AVG hat - außer dem im Abs. 2 erwähnten Fall - die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

"Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG ist die Angelegenheit, die den Gegenstand des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, S. 541 f angeführte Rechtsprechung).

Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides war ein Instandhaltungsauftrag. Ein wasserpolizeilicher Beseitigungsauftrag ist etwas völlig anderes als ein Instandhaltungsauftrag, nämlich das Gegenteil von einem Instandhaltungsauftrag. Die als Berufungsinstanz einschreitende belangte Behörde hat durch die Umwandlung des Instandhaltungsauftrages in einen Beseitigungsauftrag die Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG überschritten. Sie kann sich zur Begründung ihrer Zuständigkeit auch nicht auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1993, Zl. 93/07/0118 berufen, da darin nur abstrakt von der Befugnis der Wasserrechtsbehörde zur Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages die Rede ist, nicht aber von einer Zuständigkeit der belangten Behörde.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Um für das fortgesetzte Verfahren Mißverständnisse zu vermeiden, wird darauf hingewiesen, daß die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1993, Zl. 93/07/0118, betreffend die Zulässigkeit der Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages auf der Voraussetzung basieren, daß die von den Wasserrechtsbehörden im damaligen Verfahren getroffenen Annahmen über eine von der Ufermauer ausgehende Gefährdung zutrafen und daß auch alle sonstigen - im Verfahren nicht erörterten - Voraussetzungen für einen wasserpolizeilichen Auftrag gegeben waren.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die beschwerdeführende Partei ist von der Entrichtung von Stempelmarken befreit; der diesbezügliche Kostenersatz konnte ihr daher nicht zuerkannt werden.

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