VwGH 95/06/0062

VwGH95/06/006220.4.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der K in D, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 23. Jänner 1995, Zl. 7/03-402135/22-1995, betreffend eine Ausnahmebewilligung nach § 24 Abs. 3 ROG 1992 (bzw. § 19 Abs. 3 ROG 1977) (mitbeteiligte Partei:

Marktgemeinde Bad Hofgastein, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

ROG Slbg 1992 §24 Abs3;
ROG Slbg 1992 §24 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen in der Beschwerde und aus dem vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Am 27. Jänner 1992 suchte die Beschwerdeführerin bei der mitbeteiligten Gemeinde um die Erteilung einer Einzelgenehmigung gemäß § 19 Abs. 3 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977 zur Errichtung eines Einfamilienhauses auf einem Grundstück, welches im Eigentum der Beschwerdeführerin steht, an. Das Ansuchen der Beschwerdeführerin wurde im innergemeindlichen Instanzenzug abgewiesen, aufgrund einer Vorstellung gegen den letztinstanzlichen Gemeindebescheid wurde der angefochtene Bescheid von der belangten Behörde mit Bescheid vom 15. Februar 1993 aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen. Begründend führte die belangte Behörde in dieser Entscheidung aus, daß dem Antrag im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Jänner 1991, Zl. 89/06/0013, stattzugeben sei. Mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 25. März 1993 wurde die beantragte Bewilligung sodann erteilt. Die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau verweigerte jedoch die aufsichtsbehördliche Bewilligung dieses Bescheides unter Hinweis auf das mittlerweile in Kraft getretene Salzburger Raumordnungsgesetz 1992, LGBl. Nr. 98. Gegen diesen abweisenden Bescheid erhob die mitbeteiligte Gemeinde Berufung; diese Berufung wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 26. Juni 1994 abgewiesen. Daraufhin wurde der Antrag der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 3. November 1994 von der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde abgewiesen. Gegen diese Abweisung erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde keinen Beschluß über den an die Beschwerdeführerin ausgefertigten Bescheid gefaßt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf ordnungsgemäße Feststellung des für die Erledigung maßgeblichen Sachverhaltes gemäß den §§ 37 und 39 Abs. 2 AVG und in dem Recht auf richtige Auslegung des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977, LGBl. Nr. 26, insbesondere dessen § 19 Abs. 3, sowie des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1992, LGBl. Nr. 98/1992, verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bekämpft den angefochtenen Bescheid, obwohl dieser in Entsprechung ihres Antrages den mit Vorstellung angefochtenen Gemeindebescheid aufgehoben hat, da ihrer Meinung nach die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Gemeindebehörden auch die bindende Rechtsansicht überbürdet habe, daß die Gemeindevertretung bei der neuerlichen Entscheidung die zur Versagung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung führenden Gründe zu übernehmen habe.

Dazu ist darauf hinzuweisen, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur den tragenden Aufhebungsgründen eines aufsichtsbehördlichen Bescheides für das fortgesetzte Verfahren bindende Wirkung zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. Oktober 1971, Slg. Nr. 8091 A, das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1984, Zl. 84/05/0133, das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1985, Zl. 85/05/0098, oder das hg. Erkenntnis vom 30. August 1994, Zl. 94/05/0116 u.a.) Wenn die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den bei ihr bekämpften Gemeindebescheid deshalb aufgehoben hat, weil die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde keinen Beschluß über den Bescheid gefaßt hatte, so bildet diese Begründung den tragenden Aufhebungsgrund. Ob darüber hinaus der angefochtene Bescheid eine für die Gemeindebehörden bindende Rechtsansicht enthält, hängt davon ab, ob im Rahmen der Begründung dieser Aufhebung andere Rechtsfragen von der belangten Behörde zu klären waren, sodaß diese im Rahmen der Begründung zum Ausdruck gebrachten Rechtsanschauungen als "tragende Gründe" für die Aufhebung ebenfalls Bindungswirkung für die Gemeindebehörden erzeugen könnten. Für die Beurteilung der Frage, ob der Bescheid der Gemeindevertretung rechtswidrig ist, da ihm kein Beschluß der Gemeindevertretung zugrunde liegt, ist jedoch eine Beantwortung inhaltlicher Rechtsfragen nicht erforderlich. Für die Feststellung dieser von der belangten Behörde zum Anlaß für die Aufhebung genommenen Rechtswidrigkeit ist die Beantwortung anderer Rechtsfragen, insbesondere auch die Beurteilung der Frage, welche Rechtslage die Gemeindebehörden ihrer Entscheidung zugrunde zu legen haben werden, nicht erforderlich. Die (tatsächlich im Bescheid enthaltenen) Ausführungen, daß die Gemeindevertretung bei der Erlassung des Ersatzbescheides die Gründe der Aufsichtsbehörde, welche zur Versagung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung geführt haben, zu übernehmen haben werde, stellen sich somit als ein im Zusammenhang der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht erforderlicher Hinweis dar (im übrigen wiederholt dieser Hinweis nur die geltende Rechtslage). Eine bindende Wirkung kommt einem derartigen Hinweis nicht zu, da er nicht als tragender Aufhebungsgrund anzusehen ist.

Die die Aufhebung des Gemeindebescheides allein tragende Begründung des angefochtenen Bescheid bekämpft die Beschwerdeführerin in der vorliegenden Beschwerde nicht. Die Beschwerdeführerin ist daher durch den angefochtenen Bescheid mangels Bindungswirkung der von ihr bekämpften Ausführungen für das weitere Verfahren in keinem Recht verletzt worden.

Aus verfahrensökonomischen Gründen wird jedoch für das fortgesetzte Verfahren auf folgendes hingewiesen:

Die Argumentation in der Beschwerde, daß im Beschwerdefall insofern ein Sonderfall gegeben sei, als eine rechtskräftige Vorstellungsentscheidung über das Ansuchen der Beschwerdeführerin gemäß § 19 Abs. 3 Salzburger Raumordnungsgesetz 1977 vorliege, übersieht, daß die Rechtskraftwirkung jeglichen Bescheides, somit auch eines Vorstellungsbescheides, sogenannte "objektive Grenzen" hat. Im Falle einer ÄNDERUNG DER RECHTSLAGE ist auch die Gemeindebehörde - selbst angesichts des Vorliegens eines rechtskräftigen Vorstellungsbescheides - gehalten, die neue Rechtslage ZU BERÜCKSICHTIGEN (vgl. z.B. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., 489 unter Z 9 und 10 zitierten hg. Erkenntnisse). Die Bindungswirkung einer Vorstellungsentscheidung bezieht sich somit stets nur auf die gleiche Sach- und Rechtslage.

Da § 45 Abs. 10 Salzburger Raumordnungsgesetz 1992 die Anwendung des neuen Raumordnungsgesetzes auf anhängige Verfahren gemäß § 19 Abs. 3 ROG 1977 vorsieht, ist auch eine Anwendung in Fällen wie dem vorliegenden, in denen vor dem 1. März 1993 eine Vorstellungsentscheidung (auf der Basis der alten Rechtslage zugunsten des Antragstellers) ergangen ist, vorzunehmen.

Des weiteren wird darauf hingewiesen, daß gemäß § 24 Abs. 3 zweiter Satz ROG 1992 nunmehr ABSOLUTE VERBOTE für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 24 Abs. 3 ROG 1992 statuiert sind. Eine Prüfung des beantragten Vorhabens im Hinblick auf einen Widerspruch zu Raumordnungszielen - wie dies in der Beschwerde vertreten wird - ist bei Vorliegen eines der in § 24 Abs. 3 zweiter Satz genannten Tatbestände nicht erforderlich.

Da aus den oben angeführten Gründen schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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