Normen
BauRallg;
ROG Stmk 1974 §23 Abs5 litb;
BauRallg;
ROG Stmk 1974 §23 Abs5 litb;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und den mitbeteiligten Parteien zusammen Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Hinsichtlich der eingehenden örtlichen Beschreibung und der Einwendungen im Widmungsbewilligungsverfahren wird auf das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 1995, Zl. 94/06/0187, verwiesen. Aus diesem Erkenntnis ist für den Beschwerdefall noch bedeutsam, daß die Beschwerde der nunmehrigen Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 7. Juli 1994, mit dem für das Grundstück der mitbeteiligten Partei die Widmungsbewilligung erteilt wurde, als unbegründet abgewiesen wurde.
Mit Ansuchen vom 11. September 1992 beantragten die Mitbeteiligten als Bauwerber die Erteilung der Baubewilligung für die Adaptierung und den Zu- und Umbau eines Werkstättengebäudes zu 3 Wohneinheiten, den Neubau einer Doppelgarage sowie den Abbruch eines hölzernen Werkstättengebäudes. In der über dieses Ansuchen eingebrachten Verhandlung brachte die Beschwerdeführerin - bezogen auf die Baubewilligung - zusammengefaßt vor, das nordseitig gelegene Werkstättengebäude verfüge über keine Widmungs- oder Baubewilligung, es sei mit einem auf die konsenslose und konsenswidrige Errichtung abgestellten Abbruchauftrag der Baubehörde bedroht. Eine Änderung des Verwendungszweckes sowie insbesondere der Zu- und Umbau eines Dachgeschoßes zu Wohnzwecken laufe dem Recht der Anrainerin auf bauordnungsgemäße Mindestabstände zuwider. Der Dachaufbau des (konsenswidrig errichteten) Hofgebäudes sei in weiten Teilen eingestürzt, es wäre in diesem Bereich im Hinblick auf die fehlende Genehmigung nicht einmal mehr von einem "Bestand auszugehen". Es würde auch zu unzumutbaren Lärm-, Geruchs- und Luftschadstoffemissionen kommen, die sich aus der konkreten Lage und Gestaltung der geplanten Wohneinheiten und Abstellplätze ergeben würden.
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 11. März 1994 wurde den Mitbeteiligten die beantragte Abbruchbewilligung erteilt, mit einem weiteren Bescheid des Stadtsenates vom 19. August 1994 wurde die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden als unbegründet abgewiesen.
Der gegen den Bescheid vom 19. August 1994 eingebrachten Berufung der Beschwerdeführerin gab der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 17. November 1994 keine Folge.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligten Parteien, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 61 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 (BO), LGBl. Nr. 149, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 54/1992, kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen; diese sind in dieser Bestimmung taxativ aufgezählt. Dazu zählen unter anderem das Verbot der Erteilung einer Baubewilligung vor Rechtskraft der Widmungsbewilligung, die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, und den Bebauungsrichtlinien, sofern damit ein Immissionsschutz verbunden ist, die Abstände und die Gebäudehöhe.
Soweit die Beschwerdeführerin auf die vermeintlich fehlende rechtskräftige fehlende Widmungsbewilligung und die ihrer Ansicht nach zu Unrecht vorgenommenen Festlegungen in diesem Verfahren verweist, wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die diesbezügliche Begründung des bereits zitierten Erkenntnisses vom 18. Mai 1995 verwiesen.
Die Beschwerdeführerin geht davon aus, daß für das Hofgebäude an ihrer Grundgrenze, das entsprechend der Widmungsbewilligung direkt an der Grundgrenze zur Beschwerdeführerin liegt, keine Baubewilligung vorliege, sodaß ein Um- und Zubau in diesem Bereich unzulässig sei.
Ein Einblick in den Archivakt ergibt, daß aus einem mit Bescheid vom 19. Mai 1908 genehmigten Bauplan ersichtlich ist, daß an der nördlichen Grundgrenze (zur Beschwerdeführerin) ein Werkstättengebäude als Bestand eingetragen ist, zu dem mit dem Bescheid vom 19. Mai 1908 ein Zubau bewilligt wurde. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes scheint die Annahme der belangten Behörde, wonach aufgrund der Archivunterlagen davon auszugehen sei, daß für das nordseitig gelegene Hofgebäude ein Konsens bestehe, zutreffend.
Mit Eingabe vom 8. Juni 1943 wurde um nachträgliche Baubewilligung für den Ausbau des Dachgeschoßes angesucht, Gegenstand dieses Ansuchens war eine Anhebung des Pultdaches um 80 cm zwecks eines Dachausbaues für Büro- und Magazinzwecke. Laut Bescheid vom 30. Mai 1944 könne dieses Ansuchen um nachträgliche Erteilung der Baubewilligung für den ohne Ausnahmegenehmigung vom Bauverbot und ohne baubehördliche Genehmigung ausgeführten Dachausbau nicht genehmigt werden.
Wörtlich wurde sodann folgendes ausgeführt: "Das Bauwerk wird mit Rücksicht darauf, daß der Tischlereibetrieb des Gesuchsstellers kriegswirtschaftliche Arbeiten auszuführen hat, bis auf Weiteres geduldet, ist aber zu dem von der Baubehörde zu bestimmenden Zeitpunkt wieder abzutragen."
Auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser Bescheid so auszulegen, daß unter "Bauwerk" ausschließlich der ohne baubehördliche Genehmigung ausgeführte Dachausbau zu verstehen war, da sich nur auf dieses Projekt das Bauverfahren bezog. Ein baupolizeilicher Beseitigungsauftrag, mit dem ein Zeitpunkt der Beseitigung bestimmt worden wäre, ist im Archivakt nicht enthalten, vielmehr geht aus einem Bescheid vom 24. April 1958 hervor, daß dieser Dachausbau weiterhin - bis zu einer von der Baubehörde zu bestimmenden Abtragung - geduldet werde.
Aufgrund der Archivunterlagen konnte daher die belangte Behörde davon ausgehen, daß für das Hofgebäude auch kein rechtskräftiger Abtragungsauftrag vorlag; aus diesem Grunde war auch grundsätzlich eine Adaptierung sowie ein Zu- und Umbau zulässig.
Die Liegenschaft, auf die sich die Baubewilligung bezieht, liegt nach 2.0 Flächenwidmungsplan 1992 der Landeshauptstadt Graz im "Allgemeinen Wohngebiet". Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch die Errichtung von 3 Wohneinheiten und einer Garage mit 2 Pkw-Abstellplätzen unzumutbaren Immissionen ausgesetzt und rügt, daß die belangte Behörde kein Gutachten hinsichtlich der zu erwartenden Immissionen eingeholt habe.
"Allgemeines Wohngebiet" gemäß § 23 Abs. 5 lit. b ROG 1974, in der Fassung LGBl. Nr. 41/1991, sind Flächen, die vornehmlich für Wohnbauten bestimmt sind, wobei auch Gebäude, die den wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und kulturellen Bedürfnissen der Bewohner von Wohngebieten dienen, soweit sie keine dem Wohncharakter des Gebietes widersprechenden Belästigungen der Bewohnerschaft verursachen, errichtet werden können. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, daß die Nachbarn die Immissionen hinzunehmen haben, die sich aus der konsensgemäßen Verwendung einer Wohnanlage im Wohngebiet ergeben. Immissionen, die sich im Rahmen des in der betreffenden Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halten, müssen ebenso von den Nachbarn hingenommen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. November 1989, Zl. 89/06/0109). Die Errichtung von 3 Wohneinheiten und einer Garage mit 2 Pkw-Abstellplätzen (Pflichtstellplätze) stellt auch in ihrer Größenordnung kein Bauvorhaben dar, bei dem Grund zur Annahme bestünde, daß sich die Immissionen nicht im Rahmen des in der Widmungskategorie "Allgemeines Wohngebiet" üblichen Ausmaßes hielten. Daß hinsichtlich der Pflichtstellplätze etwa aufgrund außergewöhnlicher Umstände ein besonderes Ausmaß an Immissionen zu erwarten sei, hat die Beschwerdeführerin nicht einmal behauptet. Im übrigen sollen die Garagen nicht an der Grundgrenze zur Beschwerdeführerin errichtet werden, sondern an der gegenüberliegenden (südlichen) Grundgrenze, sie sind von der Liegenschaft der Beschwerdeführerin durch das umzugestaltende Werkstättengebäude abgeschirmt; auch die Zufahrt zu den Garagen ist an der südlichen Grundstücksgrenze geplant. Die belangte Behörde war daher nicht gehalten, hinsichtlich der zu erwartenden Immissionen Gutachten einzuholen.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)