VwGH 95/05/0044

VwGH95/05/004429.3.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde

1. der A, und 2. der H, beide in W, beide vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 16. Dezember 1994, Zl. MD-VfR - B XVIII - 44/94, betreffend Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: HP und JP, C-Gasse 9, 1180 Wien) zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1992/034;
BauO Wr §134a lita idF 1992/034;
BauO Wr §82 Abs3 idF 1992/034;
BauO Wr §82 Abs4 idF 1992/034;
BauRallg;
GaragenG Wr 1957 §4 Abs4 idF 1992/034;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1992/034;
BauO Wr §134a lita idF 1992/034;
BauO Wr §82 Abs3 idF 1992/034;
BauO Wr §82 Abs4 idF 1992/034;
BauRallg;
GaragenG Wr 1957 §4 Abs4 idF 1992/034;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 23. August 1994 wurde den Mitbeteiligten gemäß § 70 Bauordnung für Wien und dem Wiener Garagengesetz die Baubewilligung für die Errichtung einer nicht unterkellerten ebenerdigen Kleingarage (für zwei Stellplätze) in Massivbauweise in der linken Abstandsfläche und eines 2,8 m breiten Tores in der Einfriedung erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführerinnen wurden, soweit sie die Nichtübereinstimmung mit dem künftigen Bebauungsplan betrafen, als unbegründet abgewiesen, soweit sie sich auf den Flächenwidmungsplan bezogen, als unzulässig zurückgewiesen.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerinnen wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1991 als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Das Bauansuchen sei am 17. Februar 1994 eingebracht worden. Für die Beurteilung des Bauvorhabens sei daher die Bauordnung für Wien in der Fassung der Bauordnungs-Novelle 1992, LGBl. Nr. 34, maßgeblich. Die von den Beschwerdeführerinnen zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 82 Bauordnung für Wien beziehe sich auf die Rechtslage vor dieser Novelle 1992. Es sei daher lediglich zu prüfen, ob die Nachbarn von der Ausnahmegenehmigung gemäß § 8 Abs. 2 Bauordnung für Wien betroffen seien. Gemäß dieser Bestimmung könne der Gemeinderat über Stadtgebiete, für die der Bebauungsplan abgeändert werden soll, eine zeitlich beschränkte Bausperre mit der Wirkung verhängen, daß keine Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen stattfindet und Neu-, Zu-, Umbauten oder Grundabteilung nicht oder nur insoweit bewilligt werden, als sie nicht die Durchführung der beabsichtigten Änderungen erschweren oder verhindern. Aufgrund des Verfahrens ergebe sich, daß durch die Bewilligung des Zubaues die Durchführung der beabsichtigten Änderungen nicht erschwert oder verhindert werde. Der vorliegende Zubau sei daher zulässig.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides und seine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerinnen erachten sich darin beschwert, daß den mitbeteiligten Bauwerbern die Errichtung der Garage in der seitlichen Abstandsfläche zu ihrem Grundstück genehmigt wurde. Die Beschwerdeführerinnen seien gemäß § 134a lit. a i.V.m.

§ 134 Abs. 3 Bauordnung für Wien legitimiert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 134 Abs. 3 zweiter Satz Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 34/1992, sind die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften im Baubewilligungsverfahren dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a leg. cit. erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs. 4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134a leg. cit. gegen die geplante Bauführung erheben. Gemäß § 134a Bauordnung für Wien in der Fassung der Novelle LBGl. Nr. 34/1992 werden subjektiv-öffentliche Nachbarrechte im Sinne des § 134 Abs. 3 leg. cit. u.a. durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

"a) Bestimmungen über den Abstand eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage zu den Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der Erdoberfläche; ..."

§ 82 Abs. 3 und 4 Bauordnung für Wien in der Fassung des Landesgesetzes, LGBl. Nr. 34/1992, lauten:

"(3) Nebengebäude dürfen auf allen kraft des Bebauungsplanes unbebaut zu belassenden Flächen des Bauplatzes errichtet werden, wenn für diese Flächen nicht die gärtnerische Ausgestaltung gemäß § 5 Abs. 4 lit. p angeordnet ist. In Vorgärten und auf Abstandsflächen sind Nebengebäude unbeschadet des Abs. 4 und der Bestimmungen über die Errichtung von Garagen unzulässig.

(4) Beträgt die Gebäudehöhe von Nebengebäuden nicht mehr als 2,50 m und die Firsthöhe nicht mehr als 3,50 m und werden sie in einer Tiefe von mindestens 10 m ab der Vorgartentiefe errichtet, dürfen sie auch auf den kraft Gesetzes oder des Bebauungsplanes ansonsten unbebaut zu belassenden Flächen des Bauplatzes errichtet werden; die Anordnung der gärtnerischen Ausgestaltung von Grundflächen nach § 5 Abs. 4 lit. p steht dem nicht entgegen."

§ 4 Abs. 4 Wiener Garagengesetz, LGBl. Nr. 22/1957 in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 34/1992, lautet:

"(4) Wenn das Einstellen im Hausinneren oder auf anderen der Bebauung offenstehenden Teilen der Liegenschaft im Hinblick auf die Gestalt oder Größe des Bauplatzes, die Geländeverhältnisse oder andere, die zweckmäßige Nutzung der Liegenschaft beeinträchtigende Umstände nicht zumutbar ist und keine Beeinträchtigung des örtlichen Stadtbildes eintritt, sind darüber hinaus, soweit der Bebauungsplan nichts anderes bestimmt, Kleinanlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen mit einer Bodenfläche bis zu 50 m2 auch auf den seitlichen Abstandsflächen oder auf anderen Teilen der Liegenschaft zulässig; im Vorgarten sind solche Anlagen jedoch nur dann zulässig, wenn ihre Errichtung auch auf den seitlichen Abstandsflächen oder auf anderen Teilen der Liegenschaft im Hinblick auf die Geländeverhältnisse oder wegen des vorhandenen Baubestandes nicht zumutbar ist. Wird bei Zutreffen der oben genannten Voraussetzungen eine solche Anlage an einer seitlichen Liegenschaftsgrenze errichtet und besteht an dieser Grenze bereits eine solche Anlage auf der Nachbarliegenschaft, so ist die neu zu schaffende Anlage nur in gekuppelter Bauweise zulässig."

Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, daß die Behörden (einschließlich der belangten Behörde) die Erfordernisse des § 4 Abs. 4 Wiener Garagengesetz völlig übergangen hätten. Danach sei eine Errichtung eines Nebengebäudes im seitlichen Abstand u.a. nur zulässig, wenn keine Beeinträchtigung des örtlichen Stadtbildes einträte. In gleicher Weise werde im Lichte des § 4 Abs. 4 Wiener Garagengesetz geltend gemacht, daß keine Begründung dafür vorliege, warum die Bedingungen des § 4 Abs. 4 leg. cit. erfüllt seien. Die Beschwerdeführerinnen seien dadurch in ihrer Möglichkeit der Überprüfung des angefochtenen Bescheides gehindert. Beide Rügen seien relevant, weil die Bauführung tatsächlich das örtliche Stadtbild beeinträchtige. Die Grundstücke würden im sogenannten Cottage-Viertel liegen. Diesem entspreche eine villenartige Bebauung mit gartenartiger Gestaltung der unbebauten Grundflächen, wobei der freie Durchblick nicht behindert werden solle. Das Gebäude auf C-Gasse 9 sei keineswegs villenartig, daher werde umso mehr das örtliche Stadtbild durch den Anbau einer Garage in die Abstandsfläche beeinträchtigt.

Dem Beschwerdevorbringen ist zunächst entgegenzuhalten, daß ein Nachbarrecht nur aus jenen Bestimmungen der Bauordnung für Wien abgeleitet werden kann, die nicht nur im öffentlichen Interesse liegen, sondern dem Schutze der Nachbarn im Sinne des § 134a Bauordnung für Wien dienen. § 4 Abs. 4 Wiener Garagengesetz stellt jedenfalls, soweit er auf das örtliche Stadtbild abstellt - und nur darauf berufen sich die Beschwerdeführerinnen konkret -, eine Bestimmung dar, die allein im öffentlichen Interesse gelegen ist. Nachbarrechte im Sinne des § 134a Bauordnung für Wien können aus dieser Bestimmung nicht abgeleitet werden.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführerinnen behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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