VwGH 95/03/0163

VwGH95/03/016311.10.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des G in V, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 28. April 1995, Zl. KUVS-356/4/95, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §20 Abs2;
AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §20 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 mit einer Geldstrafe von S 8.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Tage) bestraft, weil er als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten PKWs am 7. Februar 1994 gegen 14.05 Uhr auf einem näher bezeichneten Teil der Südautobahn A 2 die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen um 78 km/h überschritten habe. Die belangte Behörde stellte in der Begründung ihres Bescheides im wesentlichen fest, daß zur Tatzeit zwei Beamte des Landesgendarmeriekommandos für Kärnten ihren Dienstkraftwagen auf der Südautobahn A 2 von der Grenze Thörl-Maglern kommend in Fahrtrichtung Klagenfurt gelenkt hätten. Als sie sich auf der Höhe der Autobahnauffahrt Wernberg befunden hätten, seien sie vom Beschwerdeführer, der seinen PKW von der Autobahnauffahrt kommend am Beschleunigungsstreifen gelenkt habe, rechts überholt worden. Da der Beschwerdeführer mit stark überhöhter Geschwindigkeit gefahren sei, hätten die Meldungsleger unverzüglich die Nachfahrt aufgenommen. Es sei ihnen jedoch nicht sofort gelungen, auf das Fahrzeug des Beschwerdeführers aufzuschließen; erst auf der Höhe des Parkplatzes Sternberg hätten sie auf diesen PKW aufgeschlossen. Zwischen Baukilometer 348,0 und 347,0 seien die Meldungsleger in einem gleichbleibenden Abstand von ca. 50 bis 80 m hinter dem PKW des Beschwerdeführers nachgefahren und hätten das Geschwindigkeitsmeßgerät "Police-Pilot" eingeschaltet gehabt. Bei diesem Gerät handle es sich um eine Videokamera, die mit einem Rechner gekoppelt sei. Der Beifahrer im Dienstkraftwagen habe die Möglichkeit, die Filmaufnahme über einen Monitor zu beobachten. Am Videofilm schienen das Datum, die Uhrzeit, die Durchschnittsgeschwindigkeit des Dienstkraftwagens, die momentane Geschwindigkeit des Dienstkraftwagens sowie der PKW, dem man nachfahre, auf. Das Gerät "PROVIDA" weise neben einem Monitor noch einen Geräteteil mit vier Displays, einem geeichten Geschwindigkeitsmeßgerät sowie einer Kamera auf. Während der Nachfahrt im "Ein-Sekunden-Abstand" ab dem Autobahnparkplatz Sternberg, das sei ca. bei

Baukilometer 348,0, sei das Gerät "PROVIDA" eingeschaltet gewesen und sei auf eine Fahrtstrecke von exakt 300 m "aufgezeichnet" worden. Die Durchschnittsgeschwindigkeit während dieser Nachfahrt habe 208 km/h betragen. Auf der Höhe der Autobahnabfahrt Velden-West sei der Beschwerdeführer angehalten worden. Ihm sei der Videofilm vorgespielt worden. Er habe die Einhaltung einer Fahrgeschwindigkeit von 208 km/h bestritten, jedoch nicht in Abrede gestellt, wohl ca. 160 bis 170 km/h gefahren zu sein. Bei diesen Feststellungen stützte sich die belangte Behörde auf die Aussagen der als Zeugen vernommenen Meldungsleger, deren Schlüssigkeit durch das Gutachten eines kraftfahrtechnischen Sachverständigen bestätigt wurde. Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde von einem hohen Unrechtsgehalt der Tat, einem bewußt fahrlässigen Verhalten des Beschwerdeführers, dem Vorliegen einer einschlägigen Verwaltungsvormerkung aus dem Jahr 1993 und einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. S 12.000,-- des für niemanden sorgepflichtigen Beschwerdeführers aus.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer räumt ein, "eine Geschwindigkeitsüberschreitung im Rahmen von 30 bis 40 km/h" begangen zu haben, bestreitet jedoch, eine Geschwindigkeit von 208 km/h eingehalten zu haben.

Dem ist zunächst zu entgegnen, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 24. Mai 1989, Zl. 89/02/0009) jede Überschreiung der gemäß § 20 Abs. 2 StVO 1960 zulässigen Höchstgeschwindigkeit einen Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt. Das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung hat keinen Einfluß auf die Rechtmäßigkeit des Schuldspruches, sondern könnte nur im Zusammenhang mit der Strafbemessung von Bedeutung sein.

Von da her bestehen gegen die umstrittene Feststellung - und die darauf basierende, in der Beschwerde nicht ausdrücklich bekämpfte Strafbemessung - keine Bedenken:

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß seinem Antrag vom 23. August 1994 auf Vorführung des Videofilms nicht entsprochen worden sei. Dadurch sei er, da die Videoaufnahme als Teil des Aktes zu sehen sei, in seinem Recht gemäß § 17 AVG verkürzt worden, auch sei das Parteiengehör verletzt worden. Dieses Vorbringen geht schon deshalb ins Leere, weil der Videofilm nie Bestandteil des Verwaltungsstrafaktes geworden ist. Aus dem Amtsvermerk vom 10. Oktober 1994 geht vielmehr hervor, daß der Film laut Mitteilung des Landesgendarmeriekommandos für Kärnten "bereits überspielt" wurde. Davon wurde der Beschwerdevertreter am 28. Oktober 1994 verständigt. Bei dieser Sachlage kann entgegen den Behauptungen in der Beschwerde auch keine Rede davon sein, daß der Film "von der Behörde" gelöscht worden sei.

Ferner bringt der Beschwerdeführer vor, daß die belangte Behörde im Rahmen der Verwertung der Beweisergebnisse zu werten gehabt hätte, wieso gerade dieses Beweismittel (der Videofilm) nicht mehr vorhanden sei. "Dies hätte einen Wertungswiderspruch der Angaben des Beschwerdeführers sowie der Angaben der Behörde aufheben können." Die Behörde hätte im Zweifel jedenfalls zugunsten des Beschwerdeführers davon auszugehen gehabt, daß seine Geschwindigkeitsüberschreitung nicht mit 208 km/h, sondern höchstens mit 160 bis 170 km/h erfolgt sei. Auch damit vermag der Beschwerdeführer keinen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen. Der Umstand, daß der Videofilm im Verwaltungsstrafverfahren nicht mehr als Beweismittel zur Verfügung stand, ist nicht geeignet, die Beweiskraft der schlüssigen und widerspruchsfreien Zeugenaussagen der Meldungsleger zu beeinträchtigen. Wenn die belangte Behörde diesen Aussagen folgte, so begegnet dies im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof obliegenden Prüfung der Beweiswürdigung (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinem Einwand. Auch gegen die Tauglichkeit der von den Meldungslegern eingehaltenen Vorgangsweise und des von ihnen verwendeten Gerätes zur Geschwindigkeitsermittlung bestehen keine Bedenken. Da nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme und deren Würdigung keine Zweifel an der Richtigkeit des Tatvorwurfes verblieben, hatte der Grundsatz "in dubio pro reo" nicht zur Anwendung zu kommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 1989, Zlen. 88/03/0116, 0117).

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als

unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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