VwGH 95/03/0130

VwGH95/03/013029.11.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des G jun. in Innsbruck, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 18. November 1994, Zl. MD/Präs.Abt. II-7865/1994, betreffend Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 4 StVO 1960, zu Recht erkannt:

Normen

JN §66 Abs1;
StVO 1960 §45 Abs4 idF 1994/518;
StVO 1960 §45 Abs4;
StVONov 19te;
VwRallg;
JN §66 Abs1;
StVO 1960 §45 Abs4 idF 1994/518;
StVO 1960 §45 Abs4;
StVONov 19te;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 18. November 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung von einer Kurzparkzone im Gebiet der Landeshauptstadt Innsbruck gemäß § 45 Abs. 4 StVO 1960 abgewiesen. In der Begründung führt die belangte Behörde unter anderem aus, der Beschwerdeführer habe in der Berufung vorgebracht, er habe zwei Wohnsitze begründet: Einen in dem seinen Eltern je zur Hälfte gehörenden Haus in W, wo er auch in die Wählerliste eingetragen sei, und einen unter der Adresse Innsbruck. Jede Person könne mehrere Wohnsitze haben, dies treffe auch auf den Beschwerdeführer zu. In Rücksicht auf die Zwecke des Aufenthaltes in Innsbruck (neben der Absolvierung seines Jusstudiums erbringe er auch für seine Eltern, insbesondere für die Kanzlei seines Vaters, verschiedene Leistungen) sei - so das weitere Berufungsvorbringen - die Adresse Innsbruck, nicht nur Aufenthalt, sondern jedenfalls Wohnsitz des Beschwerdeführers. Nach den Feststellungen der belangten Behörde sei der Beschwerdeführer nicht in der Wählerevidenz der Stadt Innsbruck eingetragen, die Zulassungsadresse seines Kraftfahrzeuges stimme nicht mit der Wohnanschrift in Innsbruck überein. § 45 Abs. 4 StVO 1960 habe durch die 19. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 518/1994 (in Kraft getreten am 1. Oktober 1994), eine "Verschärfung" erfahren: Eine Bewilligung dürfe nunmehr nur dann erteilt werden, wenn der Antragsteller in dem betroffenen Gebiet den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen - darunter sei der Hauptwohnsitz zu verstehen - habe. Hinsichtlich der Wohnung in Innsbruck fehle dem Beschwerdeführer die Absicht, den bleibenden Aufenthalt dort zu nehmen. Zu dieser Feststellung der fehlenden Absicht gelange die Behörde deshalb, weil der Beschwerdeführer es ablehne, die Zulassungsadresse seines Kraftfahrzeuges (derzeit W) auf seine Innsbrucker Anschrift zu ändern und in die Wählerevidenz der Stadtgemeinde Innsbruck aufgenommen zu werden. Diese Umstände seien als Indiz für das Fehlen der erforderlichen Absicht, den bleibenden Aufenthalt zu nehmen, zu werten. Da der Beschwerdeführer somit nicht sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Abs. 4 StVO 1960 erfülle, habe die Bewilligung nicht erteilt werden können.

Mit Beschluß vom 27. Februar 1995, B 107/95, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs. 4 StVO 1960 in der im Beschwerdefall bereits anzuwendenden Fassung der 19. StVO-Novelle kann eine Bewilligung für die in der Verordnung gemäß § 43 Abs. 2a Z. 1 StVO 1960 angegebenen Kurzparkzonen auf die Dauer von höchstens zwei Jahren erteilt werden, wenn der Antragsteller in dem gemäß dieser Verordnung umschriebenen Gebiet wohnt und dort auch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat und ein persönliches Interesse nachweist, in der Nähe dieses Wohnsitzes zu parken und

1. Zulassungsbesitzer oder Leasingnehmer eines Kraftwagens ist, oder

2. nachweist, daß ihm ein arbeitgebereigener Kraftwagen auch zur Privatnutzung überlassen wird.

Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid ausgeführt, es mangle ihm im Hinblick auf die Wohnung in Innsbruck, am "animus domiciliandi" als einer der Voraussetzungen für den (Haupt)Wohnsitz. Nach Ansicht des Beschwerdeführers stelle § 45 Abs. 4 StVO 1960 i.d.F. der 19. StVO-Novelle auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen ab und habe damit keine "Verschärfung" des § 45 Abs. 4 leg. cit. bewirkt, sondern eine Ausdehnung und Flexibilisierung im Interesse der Rechtsunterworfenen; gegenüber der früheren starren Anknüpfung an das Wohnhaftsein und damit an den Begriff des Wohnsitzes ermögliche die Bezugnahme auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen nämlich eine flexiblere und differenziertere Betrachtungsweise. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers befinde sich in Innsbruck. Entgegen der unrichtigen Rechtsansicht der belangten Behörde stelle dieses Tatbestandsmerkmal nicht auf den "animus domiciliandi" ab, es müsse nur im Zeitpunkt der Antragstellung oder allenfalls im Zeitpunkt der Bewilligungserteilung der Mittelpunkt der Lebensinteressen auf eine Wohnadresse im betreffenden Gebiet bezogen sein.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag der Ansicht des Beschwerdeführers, § 45 Abs. 4 StVO 1960 i.d.F. der 19. StVO-Novelle würde - entgegen der Vorgängerbestimmung - nicht an den Wohnsitz anknüpfen, nicht zu folgen. Das Tatbestandsmerkmal "in dem ... Gebiet wohnt" entspricht

inhaltlich dem "in dem ... Gebiet wohnhaft ... sein" i.S.d.

§ 45 Abs. 4 StVO 1960 vor der StVO-Novelle, welches dahingehend zu verstehen ist, daß der Antragsteller im betreffenden Gebiet einen Wohnsitz haben muß (vgl. hg. Erkenntnis vom 8. November 1995, Zl. 94/03/0245). Hinsichtlich der örtlichen Anknüpfung eines Antragstellers ist durch die 19. StVO-Novelle als zusätzliches und einschränkendes Kriterium normiert worden, daß der Antragsteller in dem betreffenden Gebiet auch den Mittelpunkt der Lebensinteressen haben muß.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hg. Erkenntnisse vom 30. November 1994, Zl. 94/03/0261, und vom 2. Dezember 1987, Zl. 87/03/1089) wird der Ausdruck Wohnsitz, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, stets in dem Sinne verstanden, den § 66 Abs. 1 JN hiefür gesetzt hat. Gemäß § 66 Abs. 1 JN ist der Wohnsitz einer Person an dem Ort begründet, an welchem sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, daselbst ihren bleibenden Aufenthalt zu nehmen. Der Begriff des Wohnsitzes schließt demnach ein Zweifaches in sich, nämlich ein tatsächliches Moment - die Niederlassung in einem Ort - und ein psychisches, und zwar die Absicht, in dem Ort der Niederlassung bleibenden Aufenthalt zu nehmen.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers unterlag die belangte Behörde somit keinem Rechtsirrtum, wenn sie davon ausging, daß § 45 Abs. 4 StVO 1960 (auch) i.d.F. der 19. StVO-Novelle u.a. auf das Vorliegen eines "animus domiciliandi" abstellt.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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