VwGH 95/02/0136

VwGH95/02/01368.9.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des K in Z, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 1. Februar 1995, Zl. VwSen-102413/11/Sch/Rd, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2a litb;
StVO 1960 §5 Abs4 lita;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
VStG §19 Abs1;
VStG §19;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2a litb;
StVO 1960 §5 Abs4 lita;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
VStG §19 Abs1;
VStG §19;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 24. Oktober 1994 wurde der Beschwerdeführer unter Spruchpunkt 1 schuldig erkannt, am 28. September 1994 gegen 01.30 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW an einem näher beschriebenen Ort in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen zu haben. Es wurde eine Geldstrafe von S 12.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 288 Stunden) verhängt sowie die Kosten des Verfahrens und der Ersatz von Barauslagen vorgeschrieben.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 1. Februar 1995 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte das Straferkenntnis. In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß es dem Beschwerdeführer im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung nicht gelungen sei, glaubwürdig darzulegen, daß er sich zum Lenkzeitpunkt noch in der "Anflutungsphase" befunden habe und eine Alkoholbeeinträchtigung noch nicht vorgelegen sei. Insbesondere verwies die belangte Behörde auf das Meßergebnis des Alkomaten (0,45 mg Alkohol/l Atemluft am 28. September 1994 um 01.43 Uhr) und die durchgeführte Blutalkoholuntersuchung (1,21 Promille rückgerechnet auf die Tatzeit) sowie die dazu in Widerspruch stehende Trinkverantwortung des Beschwerdeführers in den verschiedenen Phasen des Verwaltungsverfahrens. Sie sprach dieser Verantwortung des Beschwerdeführers daher die Glaubwürdigkeit ab. Auch hinsichtlich des insbesondere vor der belangten Behörde behaupteten Sturztrunkes von ca. einem Liter kurz vor Fahrtantritt würden sich die vorliegenden Untersuchungsergebnisse nicht in Einklang bringen lassen. Der vom Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde namhaft gemachte Zeuge H. habe bezüglich des angeblichen Alkoholkonsums des Beschwerdeführers, ausgenommen jenem vor Fahrtantritt, keine Angaben machen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, den Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Trinkverantwortung wendet der Beschwerdeführer ein, die belangte Behörde gehe zunächst nicht nachvollziehbar von seiner ursprünglichen Verantwortung aus, die der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde mehrfach als unrichtig "korrigiert" habe. Selbst bei deren Berücksichtigung erscheine die Trinkverantwortung glaubwürdig, wenn man davon ausgehe, daß ein bis zwei Halbe Bier ab 21.00 Uhr und der halbe Doppelliter erst kurz vor der Fahrt konsumiert worden seien. Gerade dies habe der Zeuge H. bestätigen können. Wie die belangte Behörde - noch dazu ohne Sachverständigengutachten - zu dem Ergebnis gelangt sei, daß ein derartiger Alkoholkonsum keinen Wert von 0,45 mg/l habe ergeben können, sei schlicht unverständlich. Hinsichtlich der zweiten (laut Angaben des Beschwerdeführers zutreffenden) "Trinkverantwortungsvariante" scheine die belangte Behörde zu übersehen, daß nicht nur ein vom Zeugen bestätigter Sturztrunk, sondern auch ein vom Beschwerdeführer in der Verhandlung eingestandener Alkoholkonsum von einer Halben und einem Seidel Bier vorgelegen sei. Daraus erkläre sich "zwanglos" der (gemessene) Blutalkoholwert von 1,11 Promille am 28. September 1994 um 02.30 Uhr. Es werde ihm daher in Verkehrung der Unschuldsvermutung und ohne auch nur ansatzweisen Nachweis der Schuld eine Tat angelastet, die er nicht begangen habe.

Dem ist grundsätzlich entgegenzuhalten, daß die vom Beschwerdeführer erstmals im Zuge seiner Rechtfertigung vom 11. Oktober 1994 sowie vor der belangten Behörde vorgebrachten Variante betreffend den "Sturztrunk" von ca. einem halben Doppelliter Bier kurz vor Fahrtantritt nicht hinreichend durch die Aussage des Zeugen H. vor der belangten Behörde belegt werden konnte. Der Zeuge sagte nämlich aus, daß er nicht mehr wisse, "wann genau dieses Bier" vom Beschwerdeführer getrunken worden sei. Auch ist es nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde die ursprüngliche Trinkverantwortung des Beschwerdeführers vom 28. September 1994 (angeblich zwei Halbe Bier am 27. September 1994 in der Zeit von 21.00 Uhr bis

23.30 Uhr) im Hinblick auf den am 28. September 1994 um 01.43 Uhr gemessenen Atemluftalkoholgehalt von 0,45 mg/l als unglaubwürdig qualifiziert, würde die getrunkene Menge insgesamt unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen Verbrennungswertes von ca. 0,1 Promille pro Stunde jedenfalls einen deutlich unter 0,4 mg/l liegenden Atemluftalkoholgehalt ergeben (vgl. u.a. die bei Messiner, Straßenverkehrsordnung,

9. Auflage, unter E 75, 76 und 87 zu § 5 StVO wiedergegebene hg. Judikatur). Da bereits der kurz nach erfolgter Anhaltung und Fahrzeugkontrolle am 28. September 1994 durchgeführte Test einen deutlich über 0,4 mg/l liegenden Alkoholgehalt der Atemluft des Beschwerdeführers ergeben hat, kann die Bewertung der Schlüssigkeit der Begründung der belangten Behörde hinsichtlich des ca. eine Stunde nach dem Tatzeitpunkt gemessenen Blutalkoholgehaltes von 1,11 Promille dahingestellt bleiben. Angesichts der in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Anhaltung des Beschwerdeführers von Straßenaufsichtsorganen mit Hilfe des Alkomats eindeutig nachgewiesenen Alkoholbeeinträchtigung des Beschwerdeführers im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO bedurfte es - auch im Hinblick auf die Ergebnisse der gemessenen Blutalkoholwerte - keiner weiteren Beiziehung eines Amtssachverständigen für die Feststellung der exakten Höhe der Alkoholisierung des Beschwerdeführers für den Tatzeitpunkt. Außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1994, Zl. 93/03/0120, mit weiteren Nachweisen), es stehe mit dem Stand der medizinischen Wissenschaft im Einklang, daß Alkohol in der Anflutungsphase besonders nachteilige Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit zeitige. Ein Sturztrunk kurz vor Fahrtantritt wirke sich auf den Alkoholgehalt des Blutes und der Atemluft erst nach einer gewissen Zeit aus, die Beeinträchtigung der Fahruntüchtigkeit trete aber sofort ein. Überdies stellte die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren neuerlich geänderte Trinkverantwortung (eine Halbe und ein Seidel Bier im Laufe des Abends des 27. September 1994) eine gemäß § 41 Abs. 1 VwGG nicht zu berücksichtigende Neuerung dar.

Die belangte Behörde hat daher, ohne daß ein wesentlicher Verfahrensfehler hervorgekommen wäre, im Beschwerdefall zutreffend das Vorliegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 als erwiesen angenommen.

Es ist im Zusammenhang mit dem durch die Berufungsbehörde bestätigten erstinstanzlichen Straferkenntnis davon auszugehen, daß sich der Beschwerdeführer im Bewußtsein seiner Alkoholisierung vorsätzlich an das Steuer seines Fahrzeuges gesetzt hat, sodaß sein Verschulden im Sinne der Ausführungen der belangten Behörde als schwerwiegend zu betrachten ist. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid gerade noch ausreichend erkennbar den Grad des Verschuldens im angefochtenen Bescheid umschrieben, sodaß die Rüge fehlender diesbezüglicher Feststellungen vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt wird.

Der Beschwerdeführer rügt ferner, daß die Begründung der Strafbemessung sehr dürftig sei. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, weshalb bei Nichtvorliegen von Erschwerungs- und Milderungsgründen bei gleichzeitiger Anerkennung der Vermögenslosigkeit des Beschwerdeführers eine Geldstrafe von S 12.000,-- als angemessen erachtet werde, wo doch die Strafuntergrenze bei S 8.000,--, also um ein Drittel niedriger, liege.

Dem ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde auf die Schwere des Verstoßes infolge Alkoholisierung, insbesondere auf die damit verbundene Gefahr der Verursachung schwerer Verkehrsunfälle - sohin auf das Erfordernis der Spezial- und Generalprävention - hingewiesen und somit im Beschwerdefall die festgesetzte Höhe der verhängten Geldstrafe gerade noch ausreichend - auch unter Berücksichtigung der gegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse - begründet hat. Angesichts des festgestellten, 0,4 mg/l deutlich übersteigenden Alkoholgehalts der Atemluft des Beschwerdeführers wäre die Verhängung einer Geldstrafe lediglich im Ausmaß der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe sachlich nicht gerechtfertigt gewesen.

Aus den dargelegten Gründen war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte