VwGH 94/15/0023

VwGH94/15/002325.1.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des A in R, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark, Berufungssenat, vom 10. Dezember 1993, B 62-3/93, betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1990, zu Recht erkannt:

Normen

UStG 1972 §1 Abs1 Z2 lita;
UStG 1972 §2 Abs1;
UStG 1972 §1 Abs1 Z2 lita;
UStG 1972 §2 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der in dem ihm zu 44 % und seiner Ehegattin zu 56 % gehörenden Einfamilienhaus einen Handel mit Waren aller Art betrieben hat, stellte im Juli 1990 seine gewerbliche Tätigkeit ein, wobei er - seiner Einkommensteuererklärung und deren Beilagen entsprechend - Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (Büroausbau, Büroeinrichtung und Ausstellungsstücke) mit dem von ihm erklärten Teilwert von insgesamt 737.338 S in das Privatvermögen übernahm. Unmittelbar nach der Betriebsaufgabe wanderte der Beschwerdeführer nach Zypern aus.

Die vom Beschwerdeführer allein ausgebauten und zur Gänze als zum Betriebsvermögen gehörig erklärten Räume wurden im Zeitraum August 1990 bis Dezember 1991 nicht benutzt. Ab Jänner 1992 vermietet die Ehegattin des Beschwerdeführers das (gesamte) Einfamilienhaus. Eine Nutzungsvereinbarung hinsichtlich des nicht der Ehegattin des Beschwerdeführers gehörenden Teiles des Einfamilienhauses wurde nicht getroffen.

Strittig ist, ob anläßlich der Betriebsaufgabe ein Eigenverbrauch nach § 1 Abs 1 Z 2 lit a UStG verwirklicht worden ist.

Die belangte Behörde vertritt unter Hinweis auf Kranich/Siegl/Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Anm 192 zu § 1, zunächst die Ansicht, ein Eigenverbrauch sei verwirklicht, wenn ein Unternehmer anläßlich der Aufgabe (Einstellung) seines Betriebes einzelne oder auch alle Gegenstände, die dem Unternehmen gedient hätten, in seine private Sphäre überführe. Sie vertritt weiters unter Hinweis auf Scheiner, Beginn und Ende der Unternehmertätigkeit, ÖStZ 1991, 134 f, die Meinung, die Eigenverbrauchsbesteuerung sei im Streitjahr und nicht in einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen. Der Beschwerdeführer habe nämlich weder erklärt, mit der vorhandenen Betriebseinrichtung anderweitig unternehmerisch tätig zu werden, noch Einrichtungsgegenstände verkauft. Der Zeitpunkt der Einstellung der betrieblichen Tätigkeit sei daher rückwirkend als Ende der Unternehmereigenschaft anzusehen.

Demgegenüber meint der Beschwerdeführer, er habe keineswegs einzelne Gegenstände, die seinem Unternehmen gedient hätten, für Zwecke verwendet oder verwenden lassen, die außerhalb des Unternehmens lägen. Es sei überdies nach der sogenannten Schüsseltheorie begrifflich nicht möglich, die Aufgabe eines Betriebes als Eigenverbrauch anzusehen. Die Unternehmereigenschaft iSd UStG wirke über die Betriebsaufgabe iSd EStG hinaus fort. Steuerpflicht trete nur dann ein, wenn Wirtschaftsgüter später verkauft oder der privaten Nutzung zugeführt würden. Dies sei aber im Streitjahr keineswegs der Fall gewesen. Ein auf den Zeitpunkt der Einstellung der betrieblichen Tätigkeit rückwirkendes Ende der Unternehmereigenschaft sei im UStG nicht vorgesehen. Er könne überdies den Büroausbau als fest mit dem Einfamilienhaus verbunden begrifflich "nicht entnehmen". Eine Verwendung des Wirtschaftsgutes Büroausbau sei nur wieder im Rahmen eines Unternehmens (Vermietung) möglich; er sei jedoch zur Vermietung der Büroräume nicht berechtigt, weswegen ihm allenfalls Investitionsersatzansprüche zustünden.

Gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses genannten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die sogenannte Schüsseltheorie geht im Beschwerdefall insofern ins Leere, als diese Theorie nur im Zusammenhang mit der Schenkung eines Unternehmens im ganzen vertreten wird.

Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, daß auch bei Aufgabe eines Betriebes ein Eigenverbrauch verwirklicht wird. Er vertritt hiezu die Meinung, daß die Unternehmereigenschaft iSd UStG über die Betriebsaufgabe iSd EStG hinaus fortwirkt. Dieser Ansicht stimmt der Verwaltungsgerichtshof zu, weil die Unternehmereigenschaft iSd UStG nicht bereits mit der formalen Betriebseinstellung oder mit der Aufgabe der gewerblichen oder beruflichen Haupttätigkeit endet, sondern auch noch alle Vorgänge und Handlungen umfaßt, die der Liquidierung der ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit dienen. Erfolgt die Liquidierung der ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit durch Übernahme der betrieblich genutzten Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen, ist dies als letzter Akt des Unternehmers und somit als Eigenverbrauch nach § 1 Abs 1 Z 2 lit a UStG anzusehen. Der Zeitpunkt des so verwirklichten Eigenverbrauches fällt idR mit der Betriebsaufgabe iSd EStG zusammen. Erklärt hingegen der Unternehmer, er werde nach der formalen Betriebseinstellung oder nach der Aufgabe der bisher ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Haupttätigkeit mit der vorhandenen Betriebseinrichtung anderweitig unternehmerisch tätig werden, kann zunächst vom Fortbestand der Unternehmereigenschaft iSd UStG ausgegangen werden. Gleiches gilt, wenn dies aus dem Gesamtbild der Verhältnisse geschlossen werden kann.

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer nicht behauptet, er werde nach der bisher ausgeübten gewerblichen Tätigkeit mit der vorhandenen Betriebseinrichtung anderweitig unternehmerisch tätig werden. Vielmehr hat er spätestens mit seiner Auswanderung nach Zypern den von ihm bislang geführten Betrieb aufgegeben und idF hat seine Ehegattin das (gesamte) Einfamilienhaus vermietet, es somit für ihre unternehmerischen Zwecke genutzt. Da der Beschwerdeführer weder erklärt hat, er werde weiterhin unternehmerisch tätig werden, noch dies aus dem Gesamtbild der Verhältnisse geschlossen werden kann, ist die belangte Behörde nicht rechtswidrig vorgegangen, wenn sie mit der im Streitjahr erfolgten Aufgabe der gewerblichen Tätigkeit auch die Unternehmereigenschaft iSd UStG unter dem Gesichtspunkt der Übernahme der Gegenstände in das Privatvermögen als beendet und damit einen Eigenverbrauch als verwirklicht angesehen hat.

Daran vermögen die Ausführungen des Beschwerdeführer, eine Verwendung des Wirtschaftsgutes Büroausbau sei nur wieder im Rahmen eines Unternehmens (Vermietung) möglich, nichts zu ändern. Denn eben diese Verwendung ist idF zu Zwecken des Unternehmens der Ehegattin erfolgt. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er sei zur Vermietung der Büroräume nicht berechtigt gewesen, mag dahingestellt bleiben. Wie sich allerdings aus den in den Akten des Verwaltungsverfahrens befindlichen Bilanzen ergibt, war der Beschwerdeführer im Sinn der Ausführungen im hg Erkenntnis vom 27. April 1971, 1554/69, Slg Nr 4224/F, wirtschaftlicher Eigentümer des ganzen betrieblich genutzten Teiles des Einfamilienhauses. Zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin besteht Miteigentum hinsichtlich des Einfamilienhauses. Es wäre daher Sache der Miteigentümer gewesen, die Vermietung der Büroräume bzw des gesamten Einfamilienhauses zu regeln. Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, daß ihm gegenüber seiner - das Einfamilienhaus nunmehr allein nützenden - Ehegattin Investitionsersatzansprüche zustünden.

Was die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften betrifft, genügt es darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde ausschließlich von den - unbestrittenen - Ausführungen des Beschwerdeführers ausgegangen ist. Der Beschwerdeführer zeigt auch nicht auf, in welchem Punkt der Sachverhalt von der belangten Behörde aktenwidrig angenommen worden sein soll.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

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