VwGH 94/12/0256

VwGH94/12/025625.1.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde der Dr. E in X, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. August 1994, Zl. 102 012/8-II/2/94, betreffend Verwendungsänderung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §39 Abs2;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
BDG 1979 §38 Abs2;
BDG 1979 §40 Abs2 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §39 Abs2;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
BDG 1979 §38 Abs2;
BDG 1979 §40 Abs2 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.880,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Oberrätin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; ihre Dienststelle ist die Bundespolizeidirektion W, bei der sie bis 1993 als Leiterin des Referates "Strafamt" eingesetzt war.

Mit Dienstanweisung des Polizeidirektors vom 14. Dezember 1992 wurde der Beschwerdeführerin zusätzlich die Leitung der Abteilung IV (Sonstige Sicherheitsverwaltung), die bis dahin vom Leiter der Abteilung III (Verwaltungspolizeiabteilung) wahrgenommen worden war und - so der Bescheid erster Instanz - "zu Ihren (- der Beschwerdeführerin -) Gunsten abgegeben wurde, vorläufig" übertragen.

Von dieser zusätzlichen Funktion wurde die Beschwerdeführerin nach dem Schreiben des Polizeidirektors vom 23. Dezember 1993 entbunden.

Die Beschwerdeführerin ersuchte daraufhin mit Schriftsatz vom 8. Jänner 1994 um Ausstellung eines Bescheides und wandte sich weiters mit folgendem Schreiben vom 9. Jänner 1994 an die Gleichbehandlungskommission:

"Ich wurde mit 1. 1. 1994 von der Position des Leiters der Abteilung IV bei der Bundespolizeidirektion enthoben. Ich hatte die Leitung erst nach mehrmaligen politischen Interventionen erhalten, wobei mir jedoch auch die Referatsleitung des Strafamtes belassen wurde. Da ich 1993 Krankenhausaufenthalte und auch Krankenstände nach den Krankenhausaufenthalten hatte, wurde mir die Leitung während meines Krankenstandes aberkannt. Es wurde darüber jedoch mit mir nicht gesprochen, sondern lediglich das Schreiben mittels RSa-Briefes zugestellt. Ich bin, da es sich bei der Leitung des Strafamtes lediglich um ein Referat handelt, wesentlich schlechter gestellt, als die beiden männlichen Kollegen. Hofrat Dr. J ist Leiter der Abteilung III, Oberrat Dr. S ist Leiter der Abteilung II und IV. Ich bin, so wie die B-Beamten lediglich Leiterin eines Referates.

Da das Schreiben der Behörde vom 23. 12. 1993 keine Begründung enthält, habe ich die Behörde zur Erlassung eines Bescheides aufgefordert.

Ich ersuche Sie um Unterstützung."

Mit Schreiben vom 12. Jänner 1994, das wegen eines Krankenhausaufenthaltes und der Verweigerung der Annahme durch die Beschwerdeführerin nach Absprache mit dem sie behandelnden Arzt erst am 24. Februar 1994 zugestellt werden konnte, teilte der Polizeidirektor der Beschwerdeführerin nunmehr unter Hinweis auf die Möglichkeit, Einwendungen im Sinne des BDG 1979 vorzubringen, folgendes mit:

"Ich habe die Absicht, die mit ho. Dienstanweisung vom 14. 12. 1992, Zahl: P - 1111 -, verfügte und mit Wirksamkeit vom 01. 01. 1993 unter Bedachtnahme auf § 5 Absatz 1 der Geschäftsordnung der Bundespolizeibehörden (außer Wien) in Kraft getretene vorläufige Betrauung mit der Leitung der Abteilung IV (Abteilung Sonstige Sicherheitsverwaltung) zurückzunehmen und Sie von dieser Funktion abzuberufen (Verwendungsänderung). Ihre Aufgabenstellung als Leiterin des ho. Strafamtes soll durch diese Maßnahme nicht berührt werden."

Die Beschwerdeführerin erhob mit Schreiben vom 8. März 1994 folgende Einwendungen:

"Bei der von Ihnen beabsichtigten Abberufung handelt es sich nicht nur um eine Verwendungsänderung, sondern gemäß § 40 Abs. 3 BDG um eine Versetzung. Meine somit von Ihnen beabsichtigte Versetzung würde im konkreten Fall sowohl gegen den Gleichheitsgrundsatz als auch gegen die Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes verstoßen. Einen derartigen Verstoß sehe ich dadurch gegeben, daß sowohl Dr. J (Abt. III) als auch Dr. S (Abt. II) mit der Leitung einer Abteilung betraut sind und falls ich von der Leitung der Abteilung IV abberufen würde, einer der oben genannten Juristen mit der Leitung einer

2. Abteilung betraut werden müßte und ich somit als Juristen ohne Betrauung mit einer Abteilung schlechter gestellt wäre."

Diese Stellungnahme wurde mit Schreiben der Beschwerdeführerin vom 22. April 1994 wie folgt ergänzt:

"Richtig ist, daß ich mich um die Leitung der Abteilung IV bemüht habe, um endlich nach jahrelangen Benachteiligungen den anderen Juristen aufgrund meines Dienstalters gleichgestellt zu sein. Während jedoch sowohl Dr. J als auch Dr. S bei seiner Bestellung als Abteilungsleiter jeweils von der Leitung des Strafamtes entbunden wurde, wurde bei meiner Bestellung zur Abteilungsleiterin ausdrücklich darauf hingewiesen, daß durch diese Bestellung die Funktion als Leiterin des Strafamtes nicht berührt wird. Siehe Schreiben vom 14. 12. 1992.

Richtig ist, daß beide Funktionen zusammen die Leistungsfähigkeit einer Person übersteigen. In diesem Zusammenhang muß auch auf die räumliche Trennung und darauf hingewiesen werden, daß sich mein Dienstzimmer im Bereich des Strafamtes befindet.

Das von der BPD W verwendete Formular für die Erlassung von Aufenthaltsverboten wurde in dem geforderten Punkt geändert. Richtig ist, daß es mir an persönlicher Erfahrung gefehlt hatte, um einen sogenannten "sinnvollen Erfahrungsbericht" über das 90 Paragraphe umfassende Fremdengesetz machen zu können. Es muß jedoch auch darauf hingewiesen werden, daß die Planstelle des Referenten des Fremdenpolizeilichen Referates im vergangenen Jahr mit der Begründung aufgewertet wurde, daß es sich dabei um einen äußerst sensiblen Bereich handelt und überwiegend selbständig gearbeitet werden muß.

Daß es sich bei der getroffenen Maßnahme sehr wohl um eine geschlechtsspezifische Maßnahme handelt, begründet sich darin, daß ich von der Leitung einer Abteilung abberufen wurde, was einer Versetzung gleichkommt, während meine Leitung des Strafamtes (dabei handelt es sich lediglich um ein Referat, an deren Leitung von anderer Seite kein Interesse besteht) unberührt bleibt."

Mit Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz wurde daraufhin die Beschwerdeführerin unter Bedachtnahme auf § 1 Abs. 1 Z. 8 DVV 1981 mit sofortiger Wirksamkeit gemäß § 40 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 38 Abs. 2 BDG 1979 von der ab 1. Jänner 1993 vorläufig verfügten Verwendung als Leiterin der Abteilung IV (Sonstige Sicherheitsverwaltung) abberufen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß die von der Beschwerdeführerin ausgeübte Funktion als Leiterin des Strafamtes durch diese Verwendungsänderung nicht berührt wird.

Zur Begründung wurde nach Hinweis auf die "vorläufig" zu sehende zusätzliche Betrauung der Beschwerdeführerin mit der Leitung der Abteilung IV weiter ausgeführt, leider hätte schon nach wenigen Monaten festgestellt werden müssen, daß die Beschwerdeführerin sich nicht mit der erforderlichen Intensität um die ihr übertragenen Leitungsaufgaben in der Abteilung IV gekümmert habe und sie der zusätzlichen Belastung in ihrem neuen Verantwortungsbereich trotz einer Entlastung in ihrer Tätigkeit im Strafamt nicht gewachsen gewesen sei. Auch entsprechende mündliche Aufforderungen des Polizeidirektors, sich mehr um die Belange der Abteilung IV zu kümmern, seien erfolglos geblieben bzw. mit dem Hinweis auf die Arbeit im Strafamt zurückgewiesen worden. Es sei zu befürchten gewesen, daß gerade im sensiblen und komplexen Bereich der Fremdenpolizei sowie des Vereins- und Versammlungswesens durch fehlende Dienstaufsicht und mangelndes Engagement Fehler in der Administration dieser Referate passieren könnten, was dann auch tatsächlich eingetreten sei. Aus diesem Grunde sei der Polizeidirektor im Sinne einer notwendigen Schadensbegrenzung und zur Sicherstellung eines geordneten Dienstbetriebes in dieser außerordentlich sensiblen Organisationseinheit der Behörde gezwungen gewesen, die Abberufung der Beschwerdeführerin von ihrer Verwendung als Leiterin der Abteilung IV in die Wege zu leiten, wobei jedoch ihre Funktion als Leiterin des Strafamtes unberührt geblieben sei. Aus begründeten und wichtigen Dienstinteressen hätte diese Verwendungsänderung noch vor rechtskräftigem Abschluß des gegenständlichen Dienstrechtsverfahrens de facto umgesetzt und der Leiter der Kriminalpolizeilichen Abteilung mit Dienstanweisung des Polizeidirektors vom 23. Dezember 1993 ab 1. Jänner 1994 auch mit der vorläufigen Leitung der Abteilung IV betraut werden müssen.

Nach der Feststellung, daß eine qualifizierte Verwendungsänderung nach § 40 Abs. 2 Z. 2 BDG 1979 vorliegt und dem Hinweis auf die Einwendungen der Beschwerdeführerin führt die Behörde im wesentlichen weiter aus, dem Argument der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes könne nicht gefolgt werden, weil die Abberufung der Beschwerdeführerin von ihrer Verwendung als Leiterin der Abteilung IV ausschließlich deshalb vorgenommen werden mußte, weil die Beschwerdeführerin ihre Aufgaben in diesem Bereich nicht wahrgenommen habe. Eine auf geschlechtsspezifische Aspekte gestützte Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes liege nicht vor. Die Dienstbehörde habe der Beschwerdeführerin vielmehr während eines rund einjährigen Zeitraumes die Möglichkeit geboten, ihre persönlichen Fähigkeiten und Qualifikationen bei der Ausübung einer entsprechend bewerteten und ihren männlichen Kollegen gleichgestellten Funktion als Abteilungsleiterin unter Beweis zu stellen. Die Beschwerdeführerin sei allerdings den Anforderungen nicht gerecht geworden. Ihre Verwendungsänderung (Abberufung) sei somit aus wichtigen dienstlichen Interessen notwendig geworden, durch den vorliegenden Sachverhalt hinreichend begründet und im Gesetz gedeckt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin wie folgt Berufung:

"Wie aus dem Aktenvorgang hervorgeht, wurden seitens der Dienstbehörde sämtliche Aktenvermerke während meines Krankenstandes verfaßt und wurde auch meine Abberufung von der Leiterfunktion ursprünglich am 23. 12. 1993 ohne mit mir darüber ein Gespräch geführt zu haben, mittels Dienstanweisung verfügt. Ich befand mich zu diesem Zeitpunkt (vom 24. 11. bis einschließlich 27. 12. 1993) im Krankenstand. Erst auf mein Ersuchen vom 8. 1. 1994 wurde ein Dienstrechtsverfahren eingeleitet.

Richtig ist, daß beide Funktionen (Leitung der Abteilung IV und Leitung des Strafamtes) zusammen die Leistungsfähigkeit einer Person übersteigt. In diesem Zusammenhang muß auch darauf hingewiesen werden, daß der 2. B-Referent im Strafamt erst mit 2. 5. 1993 eingesetzt wurde und erst eingeschult werden mußte. Da ich mich im März 1993 im Krankenhaus befand, war außerdem bei den zu erlassenden Bescheiden und den zu ladenden Personen ein Rückstand eingetreten. In den Monaten Juli und August mußte von mir zusätzlich der Leiter II und III vertreten werden. Vom 23. August bis 12. September 1993 befand ich mich auf Urlaub. Vom 11. bis 25. Oktober 1993 befand ich mich im Krankenhaus. Vom 8. November bis 23. November 1993 auf Urlaub, vom 24. November bis 27. Dezember 1993 wiederum im Krankenhaus und Krankenstand.

Wie der Herr Polizeidirektor im Bescheid selbst erwähnt, handelt es sich bei den Agenden der Abteilung IV um einen sensiblen und komplexen Bereich, gab mir jedoch einerseits nicht die nötige Zeit um mich darin auch einzuarbeiten sondern verlangte zusätzlich von mir die Leitung des Strafamtes. Sowohl Dr. J, als auch Dr. S wurde mit der Bestellung zum Abteilungsleiter von der Leitung des Strafamtes entbunden.

Es muß auch darauf hingewiesen werden, daß Dr. S zwar sofort mit der Leitung der Abteilung IV betraut wurde, jedoch nie eine Vertretung wahrnehmen mußte.

Mit der durch den Bescheid vom 27. 4. 1994 verfügten Abberufung von der Leitungsfunktion (Versetzung) wurden die Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes sowie der Gleichheitsgrundsatz verletzt."

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung ohne weiteres Ermittlungsverfahren nicht statt.

Nach Wiedergabe des bereits dargestellten Verfahrensablaufes und der Rechtslage sowie der einschlägigen Rechtsprechung führt die belangte Behörde im wesentlichen weiter aus, die Behörde erster Instanz habe das wichtige dienstliche Interesse an der Abberufung der Beschwerdeführerin als Leiterin der Abteilung IV im wesentlichen darin erblickt, daß die Beschwerdeführerin die ihr als Inhaberin dieser Funktion übertragenen Aufgaben nur unzulänglich erfüllt habe und dadurch ein ordnungsgemäßer Dienstbetrieb nicht gewährleistet gewesen sei. Die belangte Behörde schließe sich dieser Ansicht vollinhaltlich an, weil im erstinstanzlichen Verfahren die notwendigen Sachverhaltsfeststellungen getroffen worden seien, die den Vertrauensentzug des Dienststellenleiters, der sich letztlich in der Abberufung der Beschwerdeführerin von der ihr übertragenen Funktion gezeigt habe, rechtfertigten. Aus dem Akteninhalt ergebe sich, daß die Beschwerdeführerin - ausgelöst durch Beschwerden des Leiters des Fremdenpolizeilichen Referates der Abteilung IV - seitens des Behördenleiters im Laufe des Jahres 1993 mehrmals mündlich ermahnt worden sei, sich eingehender um die Agenden der ihr übertragenen Abteilung zu kümmern. Diese Ermahnungen seien jedoch im wesentlichen erfolglos geblieben und hätten zu keiner Veränderung ihrer Verhaltensweise geführt, zumal die Beschwerdeführerin die gegen sie erhobenen Vorwürfe nicht absolut in Abrede gestellt habe, sondern lediglich auf ihre Arbeitsüberlastung im Strafamt hingewiesen habe. Im Mai 1993 sei die Beschwerdeführerin weiters in ihrer Eigenschaft als Leiterin der Abteilung IV um die Abgabe eines Erfahrungsberichtes ersucht worden. Hierauf habe sie ihrer Dienstbehörde mit Schreiben vom 10. Mai 1993 lediglich mitgeteilt, daß "mangels Erfahrung ha. eine Leermeldung" ergehe. Schließlich habe die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Schreiben vom 3. Jänner 1994 auf Vollzugsdefizite im Bereich der Abteilung der Beschwerdeführerin hingewiesen, die bereits seit Mitte 1993 - trotz entsprechender schriftlicher Empfehlung - nicht behoben worden seien.

Vor dem Hintergrund dieser Sachverhaltsfeststellungen, die auf glaubwürdige Ausführungen des Behördenleiters beruhten bzw. durch Unterlagen belegt seien, habe sich die von der Beschwerdeführerin in der Berufung und in den Stellungnahmen enthaltenen, inhaltlich auf die Bestreitung des Vorliegens der für die Durchführung der in Rede stehenden qualifizierten Verwendungsänderung erforderlichen Voraussetzungen abzielenden Ausführungen als nicht stichhältig erwiesen. Es liege auf der Hand, daß die Verwendung in einer Leitungsfunktion große Anforderungen in fachlicher und persönlicher Hinsicht an den Beamten stelle. Im gegenständlichen Fall komme dazu, daß gerade die Vollziehung des Fremdenrechtes - bedingt durch die Sensibilität der Materie und nicht zuletzt durch die Quantität der zu erledigenden Akten - überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft erfordere. Wie aus den Sachverhaltsfeststellungen hervorgehe, könne von einer ordnungsgemäßen Erfüllung der der Beschwerdeführerin übertragenen Leitungsfunktion nicht gesprochen werden, zumal es ihr sowohl am persönlichen Engagement als auch an der Bereitschaft, eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen, mangle. Wenngleich der Beschwerdeführerin - abgesehen von der seitens der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich erhobenen Rüge - auch keine konkreten Verfehlungen bei bestimmten Amtshandlungen zum Vorwurf gemacht worden seien, so ändere dies nichts an der Schlußfassung der Behörde erster Instanz, weil die Beschwerdeführerin - wie aus dem Inhalt ihrer Stellungnahmen entnommen werden könne - gar nicht bestritten habe, daß sie sich nicht ausreichend um die Belange der Abteilung IV gekümmert habe. Zudem stelle die von der Beschwerdeführerin gewählte Form der Erledigung der Erstellung eines Erfahrungsberichtes ein weiteres Indiz dafür dar, daß sie die gestellten Aufgaben gar nicht erfüllen habe wollen oder können. Das Argument der Beschwerdeführerin, daß sie nicht genug Zeit zur Einarbeitung in die Materie gehabt habe, könne nicht überzeugen, weil sie zum Zeitpunkt der Erstellung des in Rede stehenden Berichtes bereits fünf Monate die Funktion der Abteilungsleiterin bekleidet hätte. Darüberhinaus könne nach Sicht der belangten Behörde von einer rechtskundigen Beamtin, die auf Grund ihrer Ausbildung über rechtliches Grundwissen verfüge, jedenfalls eine schnellere Einarbeitungszeit erwartet werden. Unabhängig davon, ob die Beschwerdeführerin sich bereits ausreichend mit der Materie vertraut gemacht hätte, wäre es aber zumindest ihre Pflicht gewesen, die seitens der Sicherheitsdirektion Oberösterreich aufgezeigten Mängel unverzüglich zu beseitigen. Bei Anwendung der nötigen Sorgfalt hätte ihr bewußt sein müssen, daß die Nichtbeachtung der Empfehlungen der genannten Behörde, die im übrigen als Berufungsinstanz für die der Abteilung IV zuzuordnenden Angelegenheiten fungiert habe, unweigerlich zu Vollzugsfehlern in einem äußerst sensiblen Bereich führen würde.

Im Lichte dieser Ausführungen sei nach Auffassung der belangten Behörde die Schlußfolgerung, daß die Beschwerdeführerin die ihr gestellten Aufgaben nicht habe erfüllen können, gerechtfertigt gewesen und sohin ein wichtiges dienstliches Interesse an der Abberufung der Beschwerdeführerin von ihrer Funktion als Leiterin der Abteilung IV gegeben gewesen. Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Verletzung des Gleichbehandlungsgesetzes könne daran nichts ändern, weil sich die in Rede stehende und von ihr angefochtene Personalmaßnahme aus den dargestellten Überlegungen jedenfalls als sachlich gerechtfertigt erweise. Die Ausführungen, wonach die Beschwerdeführerin im Vergleich zu anderen rechtskundigen Beamten dadurch benachteiligt worden sei, daß ihr zusätzlich zum Strafamt eine Abteilung übertragen worden sei, könne ebenfalls nicht überzeugen, weil sich der Sachverhalt mittlerweile dahin geändert habe, daß im Strafamt ein weiterer B-Beamter eingesetzt worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 40 Abs. 2 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, ist die Abberufung des Beamten von seiner bisherigen Verwendung unter Zuweisung einer neuen Verwendung einer Versetzung gleichzuhalten, wenn

  1. 1. durch die neue Verwendung in der Laufbahn des Beamten eine Verschlechterung zu erwarten ist,
  2. 2. die neue Verwendung der bisherigen Verwendung des Beamten nicht mindestens gleichwertig ist oder
  3. 3. die neue Verwendung des Beamten einer langdauernden und umfangreichen Einarbeitung bedarf.

    § 38 Abs. 2 BDG 1979 ordnet an, daß eine Versetzung von Amts wegen zulässig ist, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Im Abs. 4 der genannten Bestimmung ist festgelegt, daß, wenn die Versetzung eines Beamten von Amts wegen in Aussicht genommen ist, er hievon schriftlich unter Bekanntgabe seiner neuen Dienststelle und Verwendung mit dem Beifügen zu verständigen ist, daß es ihm freisteht, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen vorzubringen.

In Übereinstimmung mit den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geht der Verwaltungsgerichtshof - entgegen einer diesbezüglichen Angabe der Behörde erster Instanz - davon aus, daß im Beschwerdefall keine bloß vorübergehende Betrauung der Beschwerdeführerin mit der genannten Leiterfunktion vorlag, weil hiefür weder im Rechtlichen noch im Tatsächlichen ein hinreichender Ansatz zu finden ist. Die Abberufung der Beschwerdeführerin von der Verwendung als Leiterin der Abteilung IV bei Beibehaltung der schon bisher von ihr ausgeübten Tätigkeit als Leiterin des Strafamtes ist daher gemäß § 40 Abs. 2 Z. 2 BDG 1979 einer Versetzung gleichzuhalten. Das bedeutet, daß eine derartige Verwendungsänderung ein wichtiges dienstliches Interesse im Sinne des § 38 Abs. 2 BDG 1979 voraussetzt und eine solche Personalmaßnahme mit Bescheid zu verfügen ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird ein "wichtiges dienstliches Interesse" berührt, wenn ordnungsgemäß festgestellte Tatsachen den Schluß rechtfertigen, daß ein Beamter die ihm in seiner Verwendung übertragenen Aufgaben nicht erfüllen will oder aus inneren oder äußeren Gründen nicht oder nicht mehr erfüllen kann. Ein solcher Schluß kann aber aus der Feststellung, daß der Beamte "mit der Art der Führung des Ressorts offensichtlich nicht einverstanden ist", nicht gezogen werden. Der Versetzungsschutz (Schutz vor qualifizierten Verwendungsänderungen) bezweckt, den Beamten vor solchen sachlich nicht gerechtfertigten Personalmaßnahmen zu sichern. Vertrauensentzug kann ein wichtiges dienstliches Interesse an der Versetzung nicht begründen, wenn es an Feststellungen im vorher dargestellten Sinne fehlt. Andernfalls wäre nämlich der Beamte Entschlüssen, Gesinnungen oder Gesinnungsänderungen seines Vorgesetzten in der Frage seiner Versetzung (Verwendungsänderung) ausgeliefert, selbst wenn diese Entschlüsse, Gesinnungen oder Gesinnungsänderungen durch nur in der subjektiven Sphäre des Vorgesetzten eingetretene und daher der Rechtskontrolle unzugängliche Momente bewirkt wären (siehe insbesondere das zur vergleichbaren Rechtslage nach der Dienstpragmatik ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Mai 1972, Slg. N. F. Nr. 8230/A, und die von der belangten Behörde selbst zitierten Erkenntnisse zum BDG 1979 vom 27. Februar 1989, Zl. 88/12/0204, sowie vom 6. Februar 1989, Zl. 88/12/0164).

Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Unterbleiben einer im Sinne des § 40 Abs. 2 BDG 1979 einer Versetzung gleichzuhaltenden Verwendungsänderung, für welche die Voraussetzungen nach § 38 Abs. 2 BDG 1979 nicht erfüllt seien, durch unrichtige Anwendung der letztgenannten Norm sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Sie bringt in Ausführung dessen im wesentlichen vor, der erstinstanzliche und auch der angefochtene Bescheid enthielten zur Frage des wichtigen dienstlichen Interesses lediglich folgende Angaben:

  1. "1. Ich hätte mich "nicht mit der erforderlichen Intensität" um die Leitungsaufgaben gekümmert (erstinstanzlicher Bescheid Seite 2, zweiter Absatz, erster Satz).
  2. 2. Ich sei "der zusätzlichen Belastung im neuen

    Verantwortungsbereich ..... nicht gewachsen" gewesen,

    obwohl eine Entlastung in meiner Tätigkeit im Strafamt vorgenommen worden sei (ebendort), welche in der Zuteilung eines weiteren B-Beamten bestanden habe (beschwerdegegenständlicher Bescheid Seite 9 oben).

  1. 3. Es sei zu befürchten gewesen, daß durch fehlende Dienstaufsicht und mangelndes Engagement Fehler in der Administration passieren könnten, was dann auch tatsächlich eingetreten sei (erstinstanzlicher Bescheid Seite 2. Ende des 2. Abs.).
  2. 4. Es habe mir an persönlichem Engagement wie auch an der Bereitschaft eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen, gemangelt (beschwerdegegenständlicher Bescheid Seite 7 vorletzter Abs.).
  3. 5. Obwohl es meine Pflicht gewesen wäre, die seitens der Sicherheitsdirektion OÖ aufgezeigten Mängel unverzüglich zu beseitigen (beschwerdegegenständlicher Bescheid Seite 8 Mitte) und obwohl ich seitens des Behördenleiters im Laufe des Jahres 1993 mehrmals mündlich ermahnt worden sei (aao. Seite 6 vorletzter Abs.) bzw. trotz der mündlichen Aufforderung des Polizeidirektors, daß ich mich mehr um die Belange der Abteilung kümmern sollte (erstinstanzlicher Bescheid Seite 2 Mitte), hätte ich (sinngemäß) keine entsprechenden (besseren) Leistungen erbracht.
  4. 6. Im Mai 1993 hätte ich auf die Aufforderung, einen Erfahrungsbericht abzugeben, mit einer "Leermeldung mangels Erfahrung" reagiert."

Bereits daraus sei unmittelbar ersichtlich, daß die Behörde die sie treffende Begründungspflicht nicht erfüllt habe, weil es sich lediglich um allgemeine Behauptungen ohne jede Konkretisierung handle. Es sei nicht ersichtlich, worin es sich ausgedrückt habe, daß sich die Beschwerdeführerin nicht ausreichend um die Abteilungsleitung gekümmert habe bzw. dieser nicht gewachsen gewesen wäre; ebenfalls sei unklar, inwieweit sie die Dienstaufsicht vernachlässigt habe, wie der Mangel des erforderlichen Engagements zum Ausdruck gekommen sei oder welche der ihr oblegenen eigenverantwortlichen Entscheidungen sie nicht getroffen hätte. Bezüglich Punkt 5. liege offensichtlich sogar ein Widerspruch vor, weil die erstinstanzliche Behörde nur von mündlichen Aufforderungen zur Leistungsverbesserung gesprochen habe, während die belangte Behörde "Ermahnungen" behauptet habe. Unabhängig davon gelte diesbezüglich ebenfalls, daß in beiden Fällen jede Konkretisierung unterblieben sei, welche bestimmten Mängel der Beschwerdeführerin zum Vorwurf gemacht worden seien und was von ihr im einzelnen an Leistungsverbesserung verlangt worden sei. Die einzige konkrete Angabe sei jene nach Punkt 6; aber auch diese lasse entscheidende Fragen offen. Da die Beschwerdeführerin am 10. Mai 1993 nur etwas über vier Monate Abteilungsleiterin gewesen sei, hätte darauf eingegangen werden müssen, ob oder welche Möglichkeiten sie überhaupt für einen substantiellen Erfahrungsbericht gehabt hätte. Völlig tatsachenwidrig sei die Behauptung, die Beschwerdeführerin hätte nicht bestritten, sich nicht ausreichend um die Belange der Abteilung IV gekümmert zu haben. Sie habe vielmehr ganz unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß sie objektiv nicht die Möglichkeit gehabt hätte, mehr Zeit für die Abteilungsleitung aufzuwenden. Das von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen werde in der Bescheidbegründung zwar wiedergegeben, eine Auseinandersetzung damit hätte jedoch fast überhaupt nicht oder jedenfalls nicht in sachkonformer Weise stattgefunden. Insbesondere sei auf die Ausführungen dahingehend, daß sie im Juli und August 1993 die Leiter der Abteilung II und III zu vertreten gehabt hätte und daß sie - anders als früher bestellte Abteilungsleiter - nicht von der Leitung des Strafamtes entbunden worden sei, obwohl diese und die zusätzliche Abteilungsleitung die Leistungsmöglichkeit einer Person übersteige, von der belangten Behörde nicht eingegangen worden. Der Hinweis der belangten Behörde darauf, daß dem Strafamt ein weiterer B-Beamter zugeteilt worden sei, sei einerseits unvollständig (keine Zeitangabe) und andererseits an sich untauglich, weil der damit erzielte Entlastungseffekt in bezug auf die A-Leitungstätigkeit der Beschwerdeführerin bezüglich des Strafamtes in keiner Weise faßbar werde. Zusammenfassend ergebe sich somit, daß die Bescheidbegründung weitgehend nur Scheincharakter habe; sie bestehe im wesentlichen aus apodiktischen allgemeinen Behauptungen, die aus keinem konkreten Tatsachensubstrat nachvollzogen werden könnten. Es sei zu den angeblichen Leistungsmängeln auch kein ausreichendes Ermittlungsverfahren unter Gewährung des Parteiengehörs durchgeführt worden.

Es sei zutreffend, daß die maßgebliche Frage gelautet habe, ob der Beamte seine Aufgaben auf seinem bisherigen Arbeitsplatz nicht habe erfüllen wollen oder aus inneren oder äußeren Gründen nicht mehr habe erfüllen können. Das bedeute, daß das entscheidende Kriterium die Leistungswilligkeit und Leistungsfähigkeit des Beamten sei, sodaß es keinen Versetzungsgrund darstelle, wenn objektive, von der Person des Beamten unabhängige Umstände eine qualitativ bessere oder quantitativ umfangreichere Leistung verhindert hätten. Durch das Vorbringen der Beschwerdeführerin über die für sie unverkraftbare Doppelbelastung durch die zusätzliche Strafamtsleitung habe sie genau das geltend gemacht, ohne daß es von der belangten Behörde beachtet worden wäre.

Diesem Vorbringen kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Vorliegendenfalls ist das wichtige dienstliche Interesse an der verfügten Personalmaßnahme sowohl in der angeblich mangelhaften Wahrnehmung der Leitungsgeschäfte durch die Beschwerdeführerin als auch in dem dadurch bedingten Vertrauensentzug durch den Vorgesetzten zu sehen. Diese Wertung ist aber sowohl sachverhaltsmäßig als auch nach der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht hinreichend.

Auch wenn der belangten Behörde einzuräumen ist, daß die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren einige der gegen sie sprechenden Sachverhalte unwidersprochen gelassen hat und auch kein Ansatz für die von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren geltend gemachte Ungleichbehandlung aus geschlechtsspezifischen Gründen gesehen wird, hätte sich die belangte Behörde mit dem nicht von vornherein als unbeachtlich zu wertenden Einwand der Beschwerdeführerin hinsichtlich der für sie bestandenen Mehrfachbelastung durch die Leitung des Strafamtes während der gesamten Zeit ihrer Abteilungsleitung und die Vertretungen während der Sommermonate näher auseinandersetzen müssen. Der Hinweis auf die Zuteilung eines weiteren B-Beamten zum Strafamt allein genügt diesbezüglich nicht. Ebenfalls wäre die Behörde verpflichtet gewesen, konkret darzustellen, worin die Mängel in der Amtsführung der Beschwerdeführerin gelegen waren. Wertende Feststellungen für sich allein genügen der die Behörde treffenden Begründungspflicht nicht. Auch der Vorwurf der Abgabe einer Leermeldung anstelle eines Erfahrungsberichtes ist dann unzutreffend, wenn keine hinreichende Erfahrung auf seiten der Beschwerdeführerin bei objektiver Betrachtung, insbesondere unter Berücksichtigung der jedem Beamten zuzugestehenden Einarbeitungszeit einerseits und der behaupteten Mehrbelastung andererseits, zu diesem Zeitpunkt bestehen konnte. Im übrigen würde dieses Faktum für sich allein nicht für die von der Behörde verfügte Personalmaßnahme ausreichen.

Da ein für die Beschwerdeführerin günstigeres Ergebnis bei Vermeidung der aufgezeigten Verfahrensmängel nicht von vornherein auszuschließen ist, liegt ein Verfahrensmangel vor, der zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG führen mußte.

Aufgabe der belangten Behörde im fortgesetzten Verfahren wird insbesondere sein, zu klären, auf Grund welcher konkreter Umstände der Vertrauensverlust in die Leitertätigkeit der Beschwerdeführerin eingetreten ist bzw. ob tatsächlich die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte angeblich unübliche und unzumutbare Doppel- bzw. Mehrfachbelastung die Ursache ihrer angeblichen konkreten Minderleistungen als Abteilungsleiterin gewesen ist.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte