VwGH 94/09/0339

VwGH94/09/033921.3.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des R in H, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 18. Juli 1994, Zl. Senat-LF-94-022, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1;
AVG §1;
VStG §51c;
VwRallg;
AuslBG §28 Abs1;
AVG §1;
VStG §51c;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde, so weit dies für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevant ist, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld (BH) vom 2. März 1994 schuldig erkannt, er sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit nach außen berufenes Organ der Firma I-Gesellschaft m. b.H. dafür verantwortlich, daß diese während des Monats August 1991 vier namentlich genannte ungarische Staatsbürger beschäftigt habe, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden war. Er habe hiedurch gegen § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a (§ 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 lit. e) Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) verstoßen. Über den Beschwerdeführer wurde "folgende Geldstrafe verhängt:

S 40.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage".

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde erhoben.

Diese Berufung, soweit sie gegen die Verurteilung nach dem AuslBG erhoben worden war, hat die belangte Behörde durch ihre Zweite Kammer (Dreiersenat) gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. Gleichzeitig wurde der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides insoweit abgeändert,

" ... als a) nach dem Wort "somit" die Worte "als zur Vertretung" eingefügt und b) anstelle der als Gesamtstrafe verhängten Geldstrafe von S 40.000,-- 4 Geldstrafen in der Höhe von je S 10.000,-- und anstelle der Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen 4 Ersatzfreiheitsstrafen von je einem Tag verhängt werden."

Zu diesem abgeänderten Strafausspruch führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, das AuslBG in der im gegenständlichen Fall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990 stelle für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer eine eigene Strafdrohung auf. Die BH habe hingegen für die Beschäftigung der vier Ausländer eine Gesamtstrafe in der Höhe von S 40.000,-- verhängt, weshalb von der belangten Behörde vier Geldstrafen in der Höhe von je S 10.000,-- auszusprechen gewesen seien. Diese Geldstrafen stellten die nach dem Gesetz vorgesehenen Mindeststrafen dar.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und machte sein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend, weil die belangte Behörde als Kammer und nicht durch ihr zuständiges Einzelmitglied entschieden habe. In Wahrheit habe nämlich bereits die BH vier Geldstrafen a S 10.000,-- verhängt; die Formulierung im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides stelle einen "Schreib- oder Rechenfehler bzw. diesen gleichzuhaltende offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit des Bescheides dar, die jederzeit von Amts wegen ... zu berichtigen ist".

Mit Beschluß vom 26. September 1994, B 1848/94-3, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Die gerügte Rechtsverletzung wäre im vorliegenden Fall nur die Folge einer unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen verlange die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht.

In seiner im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer als Beschwerdepunkt sein gesetzliches Recht auf Entscheidung über seine Berufung durch ein Einzelmitglied der belangten Behörde gemäß § 51c VStG im Zusammenhang mit § 28 AuslBG geltend. Der angefochtene Bescheid sei unzuständigerweise von einer Kammer der belangten Behörde erlassen worden, es liege daher Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, in eventu Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 51c VStG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Berufungen in Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder.

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob im erstinstanzlichen Bescheid vom 2. März 1994 eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist. Nach dem Spruch dieses Bescheides, welcher in der Folge nicht berichtigt worden ist, war dies eindeutig der Fall. Der Beschwerdeführer beruft sich aber auf eine Stelle in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides, wo es zur verhängten Strafe heißt:

"Die Strafe wurde innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens festgesetzt, wobei die Vorschrift des § 28 Abs. 1 Ziff. 1 des AuslBG 1975 bestimmt, daß bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer eine Mindestgeldstrafe von S 10.000,-- zu verhängen ist. Weiters wurden Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse berücksichtigt (§ 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991). Bei der Strafbemessung waren mildernd Ihre Unbescholtenheit und das lange Zurückliegen der Tat; straferschwerend war kein Umstand. Da die so festgesetzte Strafhöhe auch Ihrem Verschulden angemessen ist, war spruchgemäß zu entscheiden."

Aus diesen Ausführungen der BH zur Strafbemessung ist jedoch nur zu entnehmen, daß sich die Behörde erster Instanz des Wortlautes der Bestimmung des § 28 Abs. 1 AuslBG bewußt war, als sie ihre Strafe bemessen hat. Dies vermag indes nichts daran zu ändern, daß die BH im maßgebenden Spruch ihres Bescheides entgegen der gesetzlichen Forderung, für die unberechtigte Beschäftigung eines jeden Ausländers eine gesonderte Strafe festzusetzen (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1994, Zl. 94/09/0139, und die dort angeführte Vorjudikatur), unter Berücksichtigung der vier unberechtigt beschäftigten Ausländer eine einzige, aus dem Vierfachen der gesetzlichen Mindeststrafe gebildete Geldstrafe verhängt hat. Der Verwaltungsgerichtshof folgt der Rechtsauffassung der belangten Behörde, wonach diese erstinstanzliche Strafbemessung auf eine (allerdings offenkundig unrichtige) Rechtsanschauung der BH zurückgeht, die auch durch die oben wiedergegebene Passage aus der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides nicht korrigiert wurde.

War aber davon auszugehen, daß die BH, wenn auch rechtswidrigerweise, nur EINE Geldstrafe a S 40.000,-- verhängt hat, dann hatte die belangte Behörde bei ihrer Prüfung, ob die Kammer oder das Einzelmitglied zur Erledigung der Berufung zuständig war, von diesem Umstand auszugehen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1994, Zl. 94/09/0114, in welchem - wenn auch mit gegenteiligem Ergebnis - ebenfalls vom Inhalt des erstinstanzlichen Bescheidspruches ausgegangen wurde).

Die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt daher nicht vor. Der Beschwerdeführer hat zwar darüber hinaus auch "in eventu" Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht, dazu aber kein Beschwerdevorbringen erstattet. Dazu ist ergänzend festzuhalten, daß in der von der belangten Behörde gemäß der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides vorgenommenen Spruchkorrektur - anders als in dem mit hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zl. 94/09/0049, entschiedenen Fall - auch kein Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius erkannt werden kann.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

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