Normen
ABGB §140 Abs1;
ABGB §1497;
SHG NÖ 1974 §41 Abs6;
SHG NÖ 1974 §42 Abs1;
VwRallg;
ABGB §140 Abs1;
ABGB §1497;
SHG NÖ 1974 §41 Abs6;
SHG NÖ 1974 §42 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Vorgeschichte des vorliegenden Beschwerdefalles ist den Erkenntnissen vom 18. Februar 1991, Zl. 90/19/0526, und vom 12. Mai 1992, Zl. 91/08/0139, zu entnehmen. Daraus ist im Beschwerdefall noch von Bedeutung, daß die Bezirksverwaltungsbehörde mit Bescheid vom 17. November 1989 ausgesprochen hat, daß der Beschwerdeführer aufgrund seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht verpflichtet sei, "zu den Kosten der Sozialhilfe" für seinen Sohn "ab Juni 1988 einen Kostenersatz von S 1.150,-- zu leisten". Diesen Betrag müsse der Beschwerdeführer vom 5. eines jeden Monats an, an die Bezirkshauptmannschaft, Sozialkasse, zahlen. Der Kostenbeitrag für die Zeit vom 1. Juni 1988 bis 31. Oktober 1989 in der Höhe von S 18.400,-- sei umgehend zur Einzahlung zu bringen. Die Rechtsgrundlage für diese Entscheidung sei § 42 des NÖ Sozialhilfegesetzes, LGBl. 9200-6, (NÖ SHG).
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 4. September 1990 gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge. Im damaligen Berufungsverfahren war im wesentlichen die medizinische Notwendigkeit der psychiatrischen Behandlung des Sohnes des Beschwerdeführers - die ärztliche Diagnose lautet auf Schizophrenie - strittig.
Mit Erkenntnis vom 18. Februar 1991, Zl. 90/19/0526, hat der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 4. September 1990 infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben und in der Begründung dieses Erkenntnisses ausgeführt, daß sich im Beschwerdefall die Frage der Notwendigkeit der Unterbringung des Sohnes des Beschwerdeführers ausschließlich für den Zeitraum ab 1. Juli 1988 stelle. Die Behörde wäre gehalten gewesen, vor Erlassung ihrer den Beschwerdeführer zum Kostenersatz verpflichtenden Entscheidung das Gutachten eines Sachverständigen zu der in Rede stehenden Frage einzuholen und dazu Parteiengehör zu gewähren.
Nach Einholung des Gutachtens des Oberarztes des Landeskrankenhauses für Psychiatrie und Neurologie Klosterneuburg (in dieser Klinik befindet sich der Sohn des Beschwerdeführers) und Gewährung von Parteiengehör zu diesem Gutachten erließ die belangte Behörde den Bescheid vom 26. August 1991, worin sie der Berufung des Beschwerdeführers neuerlich keine Folge gab und den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG bestätigte.
Dieser Bescheid wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 12. Mai 1992, Zl. 91/08/0139, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat in der Begründung dieses Erkenntnisses die Auffassung, daß der Oberarzt des Landeskrankenhauses nicht als Amtssachverständiger im Sinne des § 52 Abs. 1 AVG der Behörde beigegeben, aus dem Bescheid jedoch auch nicht zu entnehmen sei, aus welchem Grund ihm entgegen der gesetzlichen Anordnung des § 52 Abs. 1 AVG das Gutachten eines nichtamtlichen Sachverständigen zugrunde gelegt wurde. Für den Fall des Erfordernisses der Bestellung eines nichtamtlichen Sachverständigen führte der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis vom 12. Mai 1992 weiters aus, es könne ein Arzt jenes Krankenhauses, in dem der Sohn des Beschwerdeführers untergebracht sei, in der Frage, ob diese Unterbringung erforderlich sei, im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG befangen sein.
Im fortgesetzten Verfahren holte die belangte Behörde nunmehr das Gutachten eines vom Beschwerdeführer vorgeschlagenen Sachverständigen für Neurologie und Psychiatrie ein, das zum Ergebnis gelangte, daß seit dem 1. Juli 1988 aus nervenfachärztlicher Sicht eine durchgehende stationäre Behandlung der psychischen Erkrankung des Sohnes des Beschwerdeführers notwendig gewesen sei und erst durch die jüngste Stabilisierung unter neuroleptischer Behandlung sich die Hoffnung ergebe, zukünftig mit einer "gemeindenäheren, weniger intensiven Betreuung das Auslangen zu finden". Zu diesem Gutachten vom 2. Dezember 1992 führte der Beschwerdeführer in einer Stellungnahme aus, er habe von allem Anfang an darauf hingewiesen, daß die erste Einweisung seines Sohnes nicht notwendig gewesen sei. Dies werde durch das vorliegende Gutachten bestätigt. Erst durch diese unzulässige Einweisung und die daran anschließende Medikamentierung und den "Hospitalismuseffekt" habe es kommen können, daß sein Sohn nunmehr als Dauerpatient behandelt werde. Er habe für diese Kosten daher nicht aufzukommen.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, daß der Berufung des Beschwerdeführers "nicht Folge gegeben", der angefochtene Bescheid aber mit der Maßgabe bestätigt werde, daß die Verpflichtung zur Leistung des Kostenersatzes mit 1. Jänner 1990 beginne.
In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer gegenüber seinem Sohn aufgrund des Verlustes von dessen Selbsterhaltungsfähigkeit unterhaltspflichtig und damit ersatzpflichtig im Sinne des § 42 Abs. 1 NÖ SHG sei. Bei der Frage der Rechtmäßigkeit der Kostenersatzpflicht komme es allein auf die schuldlose mangelnde Selbsterhaltungsfähigkeit des Sohnes an, nicht aber auf deren Ursachen. Da gemäß § 41 Abs. 6 des NÖ Sozialhilfegesetzes, der gemäß § 42 Abs. 5 leg. cit. auch auf den Ersatz durch Dritte anzuwenden sei, der Anspruch auf Kostenersatz in drei Jahren nach Ablauf des Jahres, für den Sozialhilfe gewährt worden sei, verjähre, sei der Anspruch auf Kostenersatz für die Zeit vom 1. Juli 1988 bis 1. Jänner 1990 (im Hinblick auf den mit 1. Jänner 1990 beginnenden Spruchzeitraum gemeint offenbar: bis 31. Dezember 1989) bereits verjährt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 42 Abs. 1 des Niederösterreichischen Sozialhilfegesetzes (NÖ SHG) in der Fassung der Novelle NÖ LGBl. 9200-1, haben Personen, die gesetzlich oder vertraglich zum Unterhalt des Empfängers der Sozialhilfe verpflichtet sind, im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht Kostenersatz zu leisten.
Gemäß § 42 Abs. 2 leg. cit. besteht eine Verpflichtung zum Kostenersatz nicht, wenn dieser wegen des Verhaltens des Hilfeempfängers gegenüber dem Ersatzpflichtigen sittlich nicht gerechtfertigt wäre.
Gemäß § 42 Abs. 5 leg. cit. findet § 41 Abs. 6 auf die
genannte Ersatzpflicht sinngemäß Anwendung.
§ 41 Abs. 6 NÖ SHG lautet:
"Der Anspruch auf Kostenersatz verjährt nach drei Jahren vom Ablauf des Jahres, in dem die Sozialhilfe gewährt worden ist. Für die Wahrung der Frist gelten sinngemäß die Regeln über die Unterbrechung der Verjährung (§ 1497 ABGB). Ausgenommen hievon sind Ersatzansprüche für Sozialhilfen, die grundbücherlich sichergestellt sind."
Der Beschwerdeführer bestreitet im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht mehr die Notwendigkeit der Einweisung seines Sohnes in stationäre Pflege, behauptet allerdings in diesem Zusammenhang sinngemäß, daß der Zustand seines Sohnes auf ein Fehlverhalten der behandelnden Ärzte des Landeskrankenhauses zurückzuführen sei.
Damit übersieht der Beschwerdeführer, daß es für seine Unterhalts-(und damit Ersatz-)Pflicht auf die Ursachen der fehlenden (unverschuldeten) Selbsterhaltungsfähigkeit seines Sohnes bzw. auf die Frage, ob an dieser fehlenden Selbsterhaltungsfähigkeit Dritte ein Verschulden trifft, nicht ankommt. Es kann daher auf sich beruhen, ob die Behauptung des Beschwerdeführers überhaupt zutrifft, daß in dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten u.a. auch ein Fehlverhalten von Ärzten des Landeskrankenhauses dargestellt wird. Soweit der Beschwerdeführer der Auffassung ist, daß ihm durch Dritte, und zwar durch deren Fehlverhalten seinem Sohn gegenüber, Schaden zugefügt wurde, hätte er dies bei den ordentlichen Gerichten geltend zu machen.
Der Beschwerdeführer wendet sich ferner gegen den zeitlich offenen Abspruch im Bescheid der belangten Behörde mit der Begründung, nach dem eingeholten Sachverständigengutachten solle es in "jüngster Zeit (Februar 1993)" zu einer Stabilisierung des Gesundheitszustandes des Sohnes des Beschwerdeführers mit der Hoffnung gekommen sein, zukünftig mit einer gemeindenäheren, weniger intensiven Betreuung das Auslangen zu finden. Diese absehbare Besserung hätte die belangte Behörde mit einer Festlegung des vorläufigen Endes der Rückersatzpflicht mit Februar 1993 berücksichtigen müssen.
Dieser Argumentation vermag der Verwaltungsgerichtshof schon deshalb nicht zu folgen, weil dieses aus der Sicht des 2. Dezember 1992 erstattete, und daher insoweit ein prognostisches Element beinhaltende Gutachten nicht (auch zumindest) zu der Schlußfolgerung gelangt, daß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Entlassung des Sohnes aus Spitalspflege mit Februar 1993 medizinisch geboten sei. Auch hat der Beschwerdeführer - trotz gegebener Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Gutachten - eine derartige Behauptung im Verwaltungsverfahren nicht erhoben. Da der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer am 1. März 1993 zugestellt und damit erlassen wurde, wurde über den Zeitraum vom 1. Jänner 1990 bis 28. Februar 1993 hinaus nur insoweit bindend abgesprochen, als eine Sachverhaltsänderung nicht eintritt (zur Bindungswirkung eines offenen Abspruches für die Zukunft vgl. u.a. das Erkenntnis vom 22. Jänner 1991, 90/08/0053). Soweit daher der Sohn des Beschwerdeführers nach dem 28. Februar 1993 gesundheitlich soweit gebessert gewesen sein sollte, daß er aus der Anstaltspflege hätte entlassen werden können, steht es dem Beschwerdeführer frei, einen solchen geänderten Sachverhalt geltend zu machen und die Erlassung eines neuen Bescheides im Sinne des § 42 Abs. 1 NÖ SHG zu verlangen.
Auch die weiteren Beschwerdeausführungen, mit welchen der Beschwerdeführer das Fehlen seiner Unterhaltspflicht darzulegen sucht, können der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen: Der Beschwerdeführer bringt vor, im Verfahren I. Instanz geltend gemacht zu haben, daß "die Ersatzpflicht wegen des Verhaltens des Hilfeempfängers gegenüber dem Ersatzpflichtigen sichtlich (gemeint offenbar: sittlich) nicht gerechtfertigt ist": Weder der Berufung des Beschwerdeführers vom 18. November 1989, noch den Beschwerdeausführungen sind konkrete Hinweise auf einen derartigen Sachverhalt zu entnehmen. Ein solches Vorbringen findet sich zwar in einer Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 22. Februar 1987 an die Bezirkshauptmannschaft, die jedoch in einem anderen Verfahren (betreffend den Zeitraum ab 1. September 1986) erstattet wurde und worauf der Beschwerdeführer in diesem Verfahren nicht mehr zurückgekommen ist.
Der Beschwerdeführer vermag sich auch nicht mit Erfolg auf die Unterhaltsverpflichtung der Kindesmutter zu berufen, da seine gemäß § 140 Abs. 1 ABGB gegebene (wiederaufgelebte) Unterhaltspflicht dadurch nicht beeinträchtigt wird.
Schließlich rügt der Beschwerdeführer noch, daß der Beginn der Rückersatzpflicht mit 11. Februar 1993 festzulegen gewesen wäre, da der erstinstanzliche Bescheid am 11. Februar 1993 ausgefertigt und am 1. März 1993 zugestellt worden sei. Länger zurückliegende Rückersatzansprüche seien gemäß § 41 Abs. 6 NÖ SHG verjährt.
Damit übersieht der Beschwerdeführer, daß gemäß § 41 Abs. 6 zweiter Satz NÖ SHG für die Wahrung der Frist sinngemäß die Regeln über die Unterbrechung der Verjährung im Sinne des § 1497 ABGB gelten. Nach der zuletzt genannten Bestimmung wird die Verjährung unter anderem dann unterbrochen, wenn der Verpflichtete von dem Berechtigten "belangt und die Klage gehörig fortgesetzt wird". Die sinngemäße Anwendung dieser Bestimmung auf den vorliegenden Sachverhalt bedeutet, daß (ungeachtet des früheren Zeitpunktes des Einlangens des Antrages auf Rückersatz bei der Behörde; vgl. zur Unterbrechungswirkung eines solchen Antrages das hg. Erkenntnis vom 19. September 1984, Slg. 11526/A) jedenfalls die Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom 17. November 1989, aber auch der weiteren Bescheide vom 26. August 1991 und vom 11. Februar 1993 solche Unterbrechungshandlungen als "Belangung" des Beschwerdeführers im Sinne von § 1497 ABGB sind. Da im Zeitraum vom 1. Jänner 1990 bis zur Zustellung des angefochtenen Bescheides am 1. März 1993 kein Zeitraum von drei Jahren liegt, in welchem die belangte Behörde nicht zumindest auf solche Weise geeignete Verfahrensschritte zur Unterbrechung der Verjährung gegen den Beschwerdeführer gesetzt hätte, konnte insoweit eine Verjährung des Kostenersatzes für diesen Zeitraum schon deshalb nicht eintreten. Ob die belangte Behörde im Hinblick auf § 41 Abs. 6 zweiter Satz NÖ SHG den Zeitraum der Verpflichtung zur Leistung des Kostenersatzes zu Recht auf einen Zeitraum ab 1. Jänner 1990 (zugunsten des Beschwerdeführers) eingeschränkt hat, ist im Beschwerdeverfahren nicht zu prüfen, weil insoweit - ungeachtet der mißglückten Formulierung im Spruch des angefochtenen Bescheides - der Berufung des Beschwerdeführers rechtskräftig Folge gegeben wurde.
Da der Beschwerdeführer somit durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte in seinen Rechten nicht verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)