VwGH 94/07/0091

VwGH94/07/009123.5.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des F in H, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 26. April 1994, Zl. 1-0200/94/E6, betreffend Übertretung des Wasserrechtsgesetzes 1959, zu Recht erkannt:

Normen

VStG §5 Abs1;
VStG §6;
WRG 1959 §137 Abs3 litg;
WRG 1959 §32 Abs1;
WRG 1959 §32 Abs2 lita;
WRG 1959 §32;
VStG §5 Abs1;
VStG §6;
WRG 1959 §137 Abs3 litg;
WRG 1959 §32 Abs1;
WRG 1959 §32 Abs2 lita;
WRG 1959 §32;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. April 1994 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, am 21. September 1993 unzureichend vorgeklärte Abwässer aus dem Wohnaus auf der Parzelle Nr. 1930, KG. M., über den T.-Bach in die B. abgeleitet und dadurch eine die Beschaffenheit von Gewässern beeinträchtigende Einwirkung entgegen der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 24. November 1972 erteilten wasserrechtlichen Bewilligung vorgenommen zu haben, "indem er die Ableitung vornahm, obwohl die Belüftung für die biologische Kläranlage (Anlage Type MWB) außer Betrieb war". Der Beschwerdeführer habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 137 Abs. 3 lit. g in Verbindung mit § 32 Abs. 1 WRG 1959 verletzt. Über ihn wurde gemäß § 137 Abs. 3 WRG 1959 eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zehn Tage) verhängt. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, vom Beschwerdeführer sei nicht in Abrede gestellt worden, die Abwässer seines Wohnhauses im Tatzeitpunkt in der im Spruch geschilderten Weise beseitigt zu haben. Demnach stehe fest, daß der Beschwerdeführer eine Einwirkung auf Gewässer vorgenommen habe, da die seinerzeit unter zahlreichen Auflagen erteilte wasserrechtliche Bewilligung vom 24. November 1972 zum Betrieb der biologischen Kläranlage gerade dazu diene, die pönalisierte Einwirkung auf Gewässer möglichst geringfügig zu halten. Dem Beschwerdeführer sei nämlich u.a. die Auflage erteilt worden, die Kläranlage fachgerecht zu versetzen und in Betrieb zu nehmen. Ebenso sei ein von der Abwasseranlage zu erbringender Kläreffekt in den Auflagepunkten 1 und 3 des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides vorgeschrieben worden. Durch die Abschaltung der Belüftung sei die Kläranlage in ihrer Funktionsweise erheblich beeinträchtigt worden. Der Beschwerdeführer habe gegen die erwähnten Auflagepunkte verstoßen. Das auf eine Entlastung des Beschwerdeführers hinzielende Vorbringen, die Abwasserreinigungsanlage sei von einem fachkundigen Unternehmen gewartet und in seinem Auftrag auf deren Funktion hin überprüft worden (der Auftrag zum Austausch eines Filtersackes sei im Dezember 1993 erteilt worden), vermöge ihn jedoch nicht zu entschuldigen. Der einige Monate nach der festgestellten Übertretung ergangene Auftrag zur Wartung und Überprüfung der Anlage ändere nämlich nichts daran, daß der Beschwerdeführer durch die Einleitung der Abwässer von seinem Haus eine Einwirkung auf die Beschaffenheit eines Gewässers entgegen einer erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligung vorgenommen habe. Der Beschwerdeführer habe nach der Sachverhaltslage Kenntnis von der äußerst mangelhaften Funktionsweise der Kläranlage gehabt und hätte dementsprechend alles daran setzen müssen, für einen fachgerechten Betrieb zu sorgen. Bei einer am 18. November 1992 an Ort und Stelle durchgeführten wasserrechtlichen Verhandlung sei der anwesende Beschwerdeführer bereits auf die mangelhafte Funktionsweise der Kläranlage hingewiesen worden; vom gewässerschutztechnischen Amtssachverständigen des Landeswasserbauamtes B. sei eine Sanierung der Anlage vorgeschlagen worden. Auch die von der Gemeinde M. in Aussicht gestellte Errichtung einer Kanalisation voraussichtlich im Frühjahr 1996 könne an der den Beschwerdeführer treffenden Verpflichtung, die wasserrechtlichen Bestimmungen - auch unter Bedachtnahme auf die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Sanierungskosten in der Höhe von ca. S 30.000,-- - einzuhalten, nichts ändern. Bei der Ermittlung der Strafhöhe ging die belangte Behörde davon aus, daß die vom Beschwerdeführer übertretene Norm dem Interesse der Gewässerreinhaltung diene, welches durch die "Außerbetriebnahme der Kläranlage" erheblich verletzt worden sei. In Kenntnis der mangelhaften Funktionsweise der biologischen Abwasserreinigungsanlage habe der Beschwerdeführer die Belüftung abgeschaltet und somit einen fach- und sachgerechten Betrieb der Kläranlage verhindert. Als Verschuldensform sei daher vorsätzliches Handeln anzunehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid seinem gesamten Vorbringen zufolge in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung bestraft zu werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer trägt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes vor, er habe bereits anläßlich der Bauverhandlung im Jahre 1972 - als Laie - seine Bedenken vorgebracht, die von der Behörde bewilligte biologische Kläranlage werde die erforderlichen Klärwerte nicht erbringen können. Fünf von sechs Funktionsprüfungen der Vorarlberger Umweltschutzanstalt hätten ergeben, daß die gegenständliche Kläranlage nicht funktionstüchtig sei; dies sei auch der Behörde bekannt. Diese negativen Überprüfungsergebnisse seien nicht etwa durch das Abschalten der Belüftung zustandegekommen, sondern vielmehr dadurch, daß die Anlage in Anbetracht der geringen Haushaltsgröße nicht geeignet und in der Lage sei, die erforderlichen Klärwerte zu erbringen. Trotz ihrer Kenntnis habe die Behörde in den Jahren 1974 bis 1987 keinerlei Schritte unternommen. Erst im Jahre 1993, als während einer durch mehrere Tage währenden Abwesenheit des Beschwerdeführers eine Überprüfung stattgefunden habe, sei festgestellt worden, daß die Belüftung der Anlage nicht eingeschaltet gewesen sei. Dies habe sodann die Wasserrechtsbehörde zum Anlaß genommen, das gegenständliche Strafverfahren durchzuführen, obwohl das Wohnhaus des Beschwerdeführers in ein oder zwei Jahren ohnehin an die Ortskanalisation der Gemeinde M. angeschlossen werde.

Gemäß § 137 Abs. 3 lit. g WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern die Tat nicht nach Abs. 4 oder 5 dieser Gesetzesstelle einer strengeren Strafe unterliegt, mit Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer ohne die gemäß § 32 Abs. 1 und 2 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen eine Einwirkung auf Gewässer vornimmt.

Gemäß § 32 Abs. 1 leg. cit. sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Gemäß Abs. 2 lit. a dieses Paragraphen bedürfen die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen jedenfalls der Bewilligung.

Zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs. 3 lit. g WRG 1959 gehört weder der Eintritt des Schadens noch der Eintritt einer Gefahr. Es handelt sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt, bei welchem zufolge des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG das Verschulden des Täters vermutet wird, sofern er nicht beweist, daß ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist (vgl. hiezu zur diesbezüglich verleichbaren Rechtslage vor der Wasserrechtsnovelle 1990 das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1994, Zl. 90/07/0065). Strafbar ist auch ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Bewilligungsbescheides

- insbesondere hinsichtlich "Art und Maß" der Wasserbenutzung - sowie hinsichtlich der vorgeschriebenen Auflagen (vgl. Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, Rz. 8 zu § 137 WRG 1959, S. 565 sowie das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1994, Zl. 92/07/0150). Als Täter im Sinne des § 137 Abs. 3 lit. g WRG 1959 kommt jede Person in Betracht, welche eine Einwirkung auf ein Gewässer ohne die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen vornimmt oder durch andere Personen vornehmen läßt (vgl. das oben zitierte Erkenntnis vom 18. Jänner 1994).

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B. vom 24. November 1972 wurde dem Beschwerdeführer und dessen Gattin als Miteingentümer des Grundstückes 1930, KG. M. die wasserrechtliche Bewilligung "zur Ableitung biologisch geklärter Abwässer" von dem auf diesem Grundstück geplanten Wohnhaus über den T.-Bach in die B. durch Errichtung einer im Bescheid näher umschriebenen Kläranlage mit Auflagen gemäß § 32 WRG 1959 erteilt. Gemäß Punkt 1 des Spruches dieses Bescheides ist die Kläranlage fachgerecht zu versetzen und in Betrieb zu nehmen und hat die Kläranlage gemäß Punkt 3 dieses Spruches dort näher festgesetzte Kläreffekte zu erbringen. Nach den - vom Beschwerdeführer nicht bekämpften - Ergebnissen des Strafverfahrens wurden am 21. September 1993 die auf Grundstück Nr. 1930, KG. M. angefallenen Abwässer über die praktisch funktionslose Kläranlage in den Vorfluter abgeleitet. Der Beschwerdeführer hatte die Belüftung der biologischen Kläranlage abgeschaltet. Eine biologische Kläranlage ohne entsprechende Belüftung kann die geforderten Reinigungseffekte offensichtlich nicht erbringen. Davon geht auch der Beschwerdeführer in seinen Beschwerdeausführungen aus. Der Beschwerdeführer vermag daher eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht deshalb aufzuzeigen, wenn die belangte Behörde davon ausging, daß der Beschwerdeführer entgegen dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 24. November 1972 die gegenständliche Kläranlage betrieben und dadurch gegen § 137 Abs. 3 lit. g WRG 1959 verstoßen hat.

Mit seinen Ausführungen, er habe bereits im Jahre 1972 Bedenken vorgebracht, daß die biologische Kläranlage die erforderlichen Klärwerte nicht erbringen werde können, vermag der Beschwerdeführer auch keinen Schuldausschließungsgrund aufzuzeigen. Zum einen handelt es sich bei diesem Vorbringen um eine unzulässige Neuerung im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG, andererseits hat der Beschwerdeführer selbst um die wasserrechtliche Bewilligung seiner Kläranlage angesucht und gegen die von der Behörde vorgeschriebenen Reinigungswerte keine rechtlichen Schritte unternommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1994, Zl. 92/07/0150). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer die mangelnde Funktionstüchtigkeit seiner Kläranlage selbst u.a. deshalb herbeigeführt hat, weil er durch Kündigung des bestehenden Wartungsvertrages im Jahre 1978 eine fachkundige Überprüfung der Anlage verhinderte (Schreiben der Wasserrechtsbehörde an den Beschwerdeführer vom 19. Juli 1978).

Die Funktionstüchtigkeit der Anlage wurde - entgegen den Beschwerdeausführungen - von der chemischen Versuchsanstalt des Landes Vorarlberg in Bregenz nie in Frage gestellt. Mangelnde behördliche Erhebungen in früheren Jahren vermögen an der Strafbarkeit des festgestellten Verhaltens des Beschwerdeführers nichts zu ändern. Eine Anschlußmöglichkeit an den Ortskanal in absehbarer Zeit macht eine entgegen einer wasserrechtlichen Bewilligung vorgenommene Einwirkung auf Gewässer nicht zulässig und straflos. Auch mit dem Hinweis auf die Höhe der Sanierungskosten der Kläranlage vermag der Beschwerdeführer einen Notstand im Sinne des § 6 VStG nicht auzuzeigen, weil wirtschaftliche Nachteile nur dann als relevant angesehen werden können, wenn sie die Lebensmöglichkeit des Beschuldigten selbst unmittelbar bedrohen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1989, Zl. 87/17/0153). Solches wurde jedoch vom Beschwerdeführer weder behauptet noch ist dies den Verwaltungsakten zu entnehmen.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte