VwGH 94/07/0002

VwGH94/07/000227.6.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des J in F, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 18. Oktober 1993, Zl. Agrar 11-937/4/93, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde (mitbeteiligte Partei: Bringungsgemeinschaft T.S.G., vertreten durch Ing. W.D.), zu Recht erkannt:

Normen

GSGG §11 Abs1;
GSGG §12;
GSGG §13 Z3;
GSGG §2 Abs1;
GSLG Krnt 1969 §14 Abs1;
GSLG Krnt 1969 §14 Abs3;
GSLG Krnt 1969 §15 Abs1 Z2;
GSLG Krnt 1969 §15 Abs1 Z4;
GSLG Krnt 1969 §19 Abs1 Z3;
GSLG Krnt 1969 §2 Abs1;
GSLG Krnt 1969 §2 Abs5;
GSGG §11 Abs1;
GSGG §12;
GSGG §13 Z3;
GSGG §2 Abs1;
GSLG Krnt 1969 §14 Abs1;
GSLG Krnt 1969 §14 Abs3;
GSLG Krnt 1969 §15 Abs1 Z2;
GSLG Krnt 1969 §15 Abs1 Z4;
GSLG Krnt 1969 §19 Abs1 Z3;
GSLG Krnt 1969 §2 Abs1;
GSLG Krnt 1969 §2 Abs5;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Interessenten für den Bau einer Bringungsanlage beantragten mit Eingabe vom 29. November 1990 bei der Agrarbezirksbehörde Klagenfurt (ABB) die Gründung einer Bringungsgemeinschaft.

Die ABB beraumte für 12. Dezember 1990 eine mündliche Verhandlung betreffend die Bildung der Bringungsgemeinschaft "T.-S.-G." zum Zweck des Ausbaues und der Asphaltierung einer Bringungsanlage an.

Laut der über diese Verhandlung aufgenommenen Niederschrift wurden die Verhandlungsteilnehmer zunächst vom Vertreter der ABB darüber belehrt, daß eine Bringungsgemeinschaft nur auf freiwilliger Basis gebildet werden könne. Hierauf wurde ein Übereinkommen abgeschlossen, welches in den im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Teilen folgenden Wortlaut hat:

"1. Die nachstehend angeführten Grundeigentümer bilden auf Grund freier Übereinkunft die BG "T.-S.-G." mit dem Sitz in T. Zweck dieser BG ist der Ausbau, Ausgestaltung, Asphaltierung und Verwaltung einer bestehenden BA, deren Trasse in T. beim Anwesen S. beginnt und durch die Ortschaft T. über die Ortschaft S. und zurück bis zum Anwesen S. führt (Haupttrasse).

....

2. Die nachstehend angeführten Grundeigentümer räumen sich gegenseitig sowie zugunsten der jeweiligen Mitglieder dieser BG ein unentgeltliches land- und forstwirtschaftliches BR ein, welches in dem Rechte besteht, die für den Ausbau, Ausgestaltung und Asphaltierung erforderlichen Grundflächen aus den nachstehend angeführten Parzellen in einer Asphaltfahrbahnregelbreite von 3,5 m (Kronenbreite: 4,5 m) in Anspruch zu nehmen sowie mit allen landesüblichen Fahrzeugen, Maschinen, Geräten und für den Viehtrieb zu benützen.

....

5. Als Organe werden gewählt und nahmen dieselben die Wahl an:

Obmann: Ing. W. D.

Obmann-Stellvertreter: W. T.

  1. 1. Vorstandsmitglied: G. S.

2. " : R. K.

3. " : D. J.

  1. 6. Die Mitglieder dieser BG beschließen, die von Agrarbezirksbehörde Klagenfurt erstellten Satzungen als Grundlage für die Einrichtung und Tätigkeit dieser BG."

Dieses Übereinkommen wurde u.a. von der Mutter des Beschwerdeführers unterfertigt, die diesen bei der Verhandlung vertrat.

Mit "Urkunde" vom 10. Oktober 1991 genehmigte die ABB gemäß § 2 Abs. 5 und § 15 des Kärntner Güter- und Seilwege-Landesgesetzes 1969, LGBl. Nr. 46 (GSLG. 1969) dieses Übereinkommen und die bei der Verhandlung am 12. Dezember 1990 beschlossene Satzung.

Mit Eingabe vom 20. Juni 1992 beantragte der Beschwerdeführer bei der ABB die sofortige Enthebung von Ing. D. W. als Obmann der Bringungsgemeinschaft und die ehestmögliche Einberufung einer außerordentlichen Vollversammlung zwecks Wahl eines neuen Obmannes. Begründet wurde dieser Antrag damit, Ing. D. W. erfülle nicht die satzungsmäßigen Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft in der Bringungsgemeinschaft und könne daher auch nicht deren Obmann sein.

In der Folge wandte sich der Beschwerdeführer an die belangte Behörde.

Diese beauftragte die ABB, ein Ermittlungsverfahren durchzuführen und, soweit die Anträge des Beschwerdeführers geeignet seien, einer bescheidmäßigen Erledigung zugeführt zu werden, über diese in Bescheidform abzusprechen.

Mit Bescheid vom 16. November 1992 wies die ABB die Beschwerde des Beschwerdeführers als unbegründet ab. In der Begründung wird ausgeführt, im Zuge der Bildung der Bringungsgemeinschaft am 12. Dezember 1990 sei von den anwesenden Mitgliedern einstimmig beschlossen worden, Ing. W. D. als Mitglied in diese Bringungsgemeinschaft aufzunehmen und er sei im Zuge der durchgeführten Wahl mit großer Mehrheit zum Obmann gewählt worden. Die Mutter des Beschwerdeführers, die bei dieser Verhandlung den Beschwerdeführer vertreten habe, sei diesem Parteienübereinkommen ebenfalls beigetreten bzw. habe das diesbezügliche Protokoll unterfertigt. Da ein Übereinkommen im Sinne der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des GSLG. 1969 zustandegekommen sei, könne von einer gesetzwidrigen Vorgangsweise nicht die Rede sein. Ing. W. D. sei deshalb als Mitglied aufgenommen bzw. zum Obmann gewählt worden, weil er von Anfang an Initiator bzw. Betreiber dieser Wegbauangelegenheit gewesen sei. Mit der Sachlage bestens vertraut, habe Ing. W. D. auch den Antrag auf Bildung der Bringungsgemeinschaft gestellt. Eine amtswegige Enthebung bzw. Absetzung eines gewählten Obmannes sei im GSLG. 1969 nicht vorgesehen.

Der Beschwerdeführer berief.

Mit Bescheid vom 18. Oktober 1993 änderte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid insoweit ab, als die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 20. Juni 1992 als unzulässig zurückgewiesen wurde.

Begründet wurde diese Entscheidung damit, die Wahl von Ing. D. W. zum Obmann der Bringungsgemeinschaft sei im Einvernehmen aller Beteiligten - darunter in Vertretung des Beschwerdeführers auch dessen Mutter - erfolgt. Weiters sei das am 12. Dezember 1990 abgeschlossene Übereinkommen von der ABB am 10. Oktober 1991 genehmigt worden. Laut Zustellverfügung sowie Abfertigungsvermerk sei diese Urkunde allen darin angeführten Interessenten und Grundabtretern, darunter auch dem Beschwerdeführer, nachweilich zugestellt worden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer klar und deutlich erkennen müssen, daß Ing. D. W. einerseits als Mitglied der Bringungsgemeinschaft anzusehen sei und außerdem als deren Obmann fungiere. Bei mangelndem Einverständnis hätte der Beschwerdeführer bereits zu diesem Zeitpunkt Beschwerde vor der ABB führen können. Der Agrarbehörde komme keine Kompetenz zur Abberufung eines gewählten Obmannes zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 19 Abs. 1 GSLG. 1969 entscheidet die Agrarbehörde auf Antrag mit Ausschluß des Rechtsweges über Streitigkeiten, die

1. Bestand, Inhalt, Umfang und Ausübung eines Bringungsrechtes betreffen;

2. Entschädigungs- oder Beitragsleistungen nach diesem Gesetz betreffen;

3. zwischen einer Bringungsgemeinschaft und ihren Mitgliedern oder den Mitgliedern untereinander aus dem Gemeinschaftsverhältnis entstehen und nicht bereits nach § 15 Abs. 1 Z. 4 beigelegt werden konnten.

Der in § 19 Abs. 1 Z. 3 GSLG. 1969 angeführte § 15 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. ordnet an, daß die Satzung der Bringungsgemeinschaft Bestimmungen über die Pflicht des Vorstandes zu enthalten hat, die Schlichtung von Streitigkeiten im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 3 zu versuchen.

Der Beschwerdeführer bestreitet die Gültigkeit der Wahl von Ing. D. W. zum Obmann der Bringungsgemeinschaft und verlangt die Einberufung einer Vollversammlung zur Neuwahl eines Obmannes. Streitigkeiten dieser Art gehören zu den Streitigkeiten zwischen einer Bringungsgemeinschaft und ihren Mitgliedern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1994, Zl. 92/07/0084 und die dort angeführte Vorjudikatur).

Nach § 14 Abs. 1 GSLG. 1969 bilden, wenn ein Bringungsrecht, das die Berechtigung zur Errichtung einer Bringungsanlage (§ 1 Abs. 2 Z. 1) oder Benützung einer fremden Bringungsanlage (§ 1 Abs. 2 Z. 2) umfaßt, zugunsten mehrerer Grundstücke von mindestens drei verschiedenen Eigentümern gemeinsam eingeräumt wird, die Eigentümer dieser Grundstücke eine Bringungsgemeinschaft. Im Bescheid der Agrarbehörde ist der Name, der Sitz und der Zweck der Bringungsgemeinschaft festzulegen.

Nach § 14 Abs. 3 erster Satz GSLG. 1969 ist die Bringungsgemeinschaft eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Nach § 15 Abs. 1 leg. cit. hat die Bringungsgemeinschaft ihre Einrichtung und Tätigkeit durch eine Satzung zu regeln. Diese hat insbesondere Bestimmungen zu enthalten über

1. die sich aus diesem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten der Mitglieder;

  1. 2. die Organe, deren Bestellung und Aufgabenbereich;
  2. 3. das Abstimmungsverhältnis bei der Beschlußfassung;
  3. 4. die Pflicht des Vorstandes, die Schlichtung von Streitigkeiten im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 3 zu versuchen;

    5. die Pflicht der Vollversammlung, im Falle der Auflösung der Bringungsgemeinschaft Vereinbarungen ihrer Mitglieder über die Aufteilung der Verbindlichkeiten und die Liquidierung des Vermögens zu versuchen.

    Das GSLG. 1969 enthält keine ausdrückliche Bestimmung darüber, mit welchem Zeitpunkt die Bringungsgemeinschaft entsteht (Rechtspersönlichkeit erlangt) und damit handlungsfähig wird. Aus § 14 Abs. 1 GSLG. 1969 ist aber abzuleiten, daß die Entstehung der Bringungsgemeinschaft die Folge der Einräumung eines Bringungsrechtes ist. Die Einräumung solcher Bringungsrechte erfolgt entweder (allein) durch Bescheid der Agrarbehörde oder durch Parteienübereinkommen, welche nach § 2 Abs. 5 GSLG. 1969 zu ihrer Rechtswirksamkeit der Genehmigung der Agrarbehörde bedürfen. Da Parteienübereinkommen über die Einräumung eines Bringungsrechtes erst auf Grund der Genehmigung durch die Agrarbehörde wirksam werden, entsteht auch in diesem Fall die Bringungsgemeinschaft erst mit dem Genehmigungsbescheid. Für dieses Ergebnis spricht auch § 14 Abs. 1 letzter Satz GSLG. 1969, wonach im Bescheid der Agrarbehörde der Name, der Sitz und der Zweck der Bringungsgemeinschaft, also wesentliche Elemente der Bringungsgemeinschaft, festzulegen sind.

    Im vorliegenden Fall wurden der Obmann und die übrigen Organe der Bringungsgemeinschaft bei der Versammlung der Interessenten am 12. Dezember 1990, bei der das Übereinkommen über die Einräumung von Bringungsrechten abgeschlossen wurde, gewählt. Die Genehmigung dieses Übereinkommens erfolgte gemäß § 2 Abs. 5 GSLG. 1969 mit "Urkunde" der ABB vom 10. Oktober 1991. Zum Zeitpunkt der Wahl der Organe war daher die Bringungsgemeinschaft rechtlich noch nicht existent und konnte daher auch keine rechtsgültigen Wahlen durchführen.

    Die Wahl der Organe der Bringungsgemeinschaft bei der Interessentenversammlung am 12. Dezember 1990 war ungültig.

    Der Beschwerdeführer war berechtigt, die Abberufung des "Obmanns" und die Initiierung von Neuwahlen zu begehren. Die Zuständigkeit der Agrarbehörde war auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil ihrer Anrufung kein Schlichtungsversuch durch den Vorstand im Sinne des § 15 Abs. 1 Z. 4 GSLG. 1969 vorangegangen war. Ein solcher Schlichtungsversuch konnte gar nicht stattfinden, da die Bringungsgemeinschaft auf Grund der ungültigen Wahlen über keine Organe und damit auch über keinen Vorstand verfügte.

    Die Ungültigkeit der Wahl der Organe der Bringungsgemeinschaft wurde auch nicht durch die Urkunde der ABB vom 10. Oktober 1991, mit der das Übereinkommen vom 12. Dezember 1990 genehmigt wurde - wobei von der Genehmigung die Organe gar nicht erfaßt sind - nachträglich geheilt.

    Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

    Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

    BGBl. Nr.416/1994. Stempelgebühren konnten nur für

    drei Ausfertigungen der Beschwerde und für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides zuerkannt werden.

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