VwGH 94/05/0368

VwGH94/05/036828.3.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der M in O, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 25. Oktober 1994, Zl. BauR - 010889/5 - 1994 Stö/Lan, betreffend einen baupolizeilichen Abbruchauftrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde B, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO OÖ 1976 §32 Abs2;
BauRallg;
BauO OÖ 1976 §32 Abs2;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegündet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 28. Juli 1983 wurde der Beschwerdeführerin die Baubewilligung für den Neubau eines Wohnhauses mit angebauter Kleingarage erteilt. Diesem Bescheid liegt der Einreichplan vom 29. April 1983 zugrunde, wonach der Mindestabstand von der nordöstlichen Wohnhausecke senkrecht zur nordöstlichen Grundgrenze gemessen mit 3 m eingetragen ist. Nach Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen, in welchen der Abstand bis zur nordöstlichen Grundgrenze mit 1,53 m und 1,60 m festgestellt wurde, erließ der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Bescheid vom 14. November 1991, mit dem der Beschwerdeführerin gemäß § 61 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung der Auftrag erteilt wurde, den im Verbotsbereich nach § 32 Abs. 2 lit. b O.ö. Bauordnung befindlichen, im nordöstlichen Bauwich gelegenen Gebäudeteil mit einer dreiecksförmigen Grundrißfläche und einer Dreieckshöhe von 1,47 m unter der Bedingung zu entfernen, daß die Beschwerdeführerin um die erforderliche Baubewilligung für eine neue (zurückversetzte) Außenmauer, die den statischen Erfordernissen zu entsprechen habe, ansuche. Weiters wurde eingehend beschrieben, welcher nordöstliche Gebäudeteil zu entfernen sei. Im zweiten Absatz des Spruches wurde für den Fall, daß die Beschwerdeführerin nicht innerhalb der eingeräumten Frist um Baubewilligung für die neue Außenmauer ansuche, der Auftrag erteilt, das gesamte Wohnhaus abzutragen.

Aufgrund der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung der Beschwerdeführerin wurde am 25. Februar 1992 eine mündliche Verhandlung mit der Beschwerdeführerin und ihrem Rechtsvertreter durchgeführt, in der der Bausachverständige nach Vornahme eines Lokalaugenscheines auch auf den umliegenden Parzellen sowie auf der Grundlage eines Lageplanes des Zivilingenieurs R. und der letztgültigen Katastralmappe des Vermessungsamtes Wels festgestellt hat, daß sämtliche Objekte westlich der B-Bezirksstraße mit Ausnahme des verfahrensgegenständlichen Wohnhauses einen größeren Abstand als 3 m zu den jeweiligen Nachbargrundgrenzen aufweisen. Es handle sich dabei um die rein landwirschaftlichen Objekte Baufläche .1, Baufläche .4 sowie Baufläche .6. Überdies wurde auch das Objekt Baufläche .17 östlich der B-Bezirksstraße besichtigt, wobei auch hier festgestellt wurde, daß der erforderliche Mindestabstand zu den Nachbargrundgrenzen eingehalten wird. Es könne daher der Sachverständige einvernehmlich mit dem Bürgermeister feststellen, daß es sich bei dem begutachteten Gebiet keineswegs um ein "geschlossen bebautes Gebiet" im Sinne der O.ö. Bauordnung handle. Nach Meinung des Amtssachverständigen genüge alleine schon die Betrachtung der westlich der B-Bezirksstraße befindlichen Liegenschaften als Beurteilungsgebiet, da die Ortschaft durch diese Straße getrennt sei und der Charakter an der westlichen Seite ein anderer sei als der an der östlichen Seite. Anhand des Katasterplanes wurden überdies noch die übrigen Gebäude der Ortschaft O hinsichtlich ihrer Abstände begutachtet, wobei bei keinem der Gebäude mit Ausnahme eines Nebengebäudes auf der Baufläche .13/1 ein näherer Abstand als 3 m festgestellt wurde. Die Beschwerdeführerin führte dazu im wesentlichen aus, daß die genannte Straße nicht in der Art zutage trete, daß durch sie das Ortsbild der Ortschaft wirklich getrennt würde. Auch östlich der B-Straße gelegene Objekte und die südöstliche gelegenen Objekte mit der Anschrift M 73 - 75 seien in die Beurteilung, ob die verfahrensgegenständliche Liegenschaft in einem geschlossen bebauten Gebiet liege, miteinzubeziehen.

Am 9. Juli 1992 wurde eine neuerliche Verhandlung mit der Beschwerdeführerin und ihrem Rechtsvertreter durchgeführt, in der der Bausachverständige nach Vornahme eines Lokalaugenscheines auf den umliegenden Parzellen seine Feststellungen wiederholte.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. Jänner 1993 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 14. November 1991 keine Folge gegeben.

Aufgrund der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerin behob die belangte Behörde mit Bescheid vom 29. April 1993 den Bescheid des Gemeinderates und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurück. Begründet wurde die Aufhebung damit, daß bei einem einheitlichen Bauwerk grundsätzlich der gesamte Bau Gegenstand eines baupolizeilichen Auftrages sei, möge auch ein Teil davon bei einer anderen Projektgestaltung einer nachträglichen Baubewilligung zugänglich sein. Es werde der Beschwerdeführerin eine im Spruch genau festgelegte Sanierung in Form einer neuen Außenmauer vorgeschrieben. Im Gegensatz zu den Bestimmungen des § 60 der O.ö. Bauordnung ermächtige aber § 61 dieses Gesetzes die Baubehörde nicht, konkrete Maßnahmen, die über die Beseitigung konsensloser baulicher Anlagen hinausgingen, aufzutragen. Insoferne treffe der Einwand der Beschwerdeführerin zu, daß der Spruch des Abbruchauftrages nicht den Anforderungen des § 61 der O.ö. Bauordnung entspeche. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

In der Folge erließ der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde den Bescheid vom 29. April 1994, in dem die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 14. November 1991 abgewiesen und der im bekämpften Bescheid ausgesprochene Beseitigungsauftrag bestätigt wurde. In der Begründung wurde unter Hinweis auf den aufhebenden Bescheid der Gemeindeaufsichtsbehörde ausgeführt, die Baubehörde sei nicht berechtigt, konkrete Maßnahmen, die über die Beseitigung konsensloser baulicher Anlagen hinausgingen, aufzutragen. Es müsse daher das gesamte Objekt abgetragen werden, da es nach den Ausführungen der Aufsichtsbehörde nicht möglich sei, nur jenen Teil des Wohnhauses abzutragen, der den im § 32 Abs. 2 der O.ö. Bauordnung geforderten Mindestabstand von 3 m unterschreite.

Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 25. Oktober 1994 keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligte Gemeinde hat die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, daß der Gemeinderat bei der neuerlichen Berufungsentscheidung die Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde nicht befolgt habe, ist zu entgegnen, daß nur die die Aufhebung tragenden Gründe eines Vorstellungsbescheides Bindungswirkung entfalten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. April 1992, Zl. 91/05/0241, sowie vom 7. September 1993, Zl. 93/05/0074, u. v.a.). Der die Aufhebung tragende Grund des aufsichtsbehördlichen Bescheides vom 29. April 1993 war der, daß für ein Gebäude, das eine bauliche Einheit darstellt, kein Beseitigungsauftrag erlassen werden kann, der nur einen Teil des Gebäudes erfaßt und gleichzeitig die Errichtung einer neuen, zurückversetzten Außenwand bedingt. Dieser Rechtsansicht hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde entsprochen, indem er nur den im Bescheid des Bürgermeisters vom 14. November 1991 ausgesprochenen Beseitigungsauftrag (zweiter Absatz des Spruches) bestätigte (und nicht etwa den Bescheid "vollinhaltlich bestätigte").

Eine weitere Rechtswidrigkeit erblickt die Beschwerdeführerin in dem Umstand, daß nicht ausreichend erhoben worden sei, ob ein geschlossen bebautes Gebiet im Sinne des § 32 Abs. 2 der O.ö. Bauordnung vorliege; es sei kein ausreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt worden, allein der Einblick in die Katastralmappe sei nicht ausreichend.

Das Vorbringen hinsichtlich des unzureichenden Ermittlungsverfahrens steht im Widerspruch zur Aktenlage, der zu entnehmen ist, daß nicht nur Einblick in die Katastralmappe genommen wurde, sondern in Anwesenheit der Beschwerdeführerin und ihres Rechtsvertreters zwei mündliche Verhandlungen durchgeführt wurden, in denen die örtlichen Gegebenheiten auch der umliegenden Parzellen besichtigt und beschrieben wurden. Den Feststellungen des Amtssachverständigen, wonach die Gebäude westlich der B-Bezirksstraße Abstände von mindestens 3 m (an beiden Seiten) zu den Grundstücksgrenzen einhalten, ist die Beschwerdeführerin nur mit der Bemerkung entgegengetreten, daß auch südöstlich gelegene Objekte mit der Anschrift M 73-75 in die Beurteilung miteinzubeziehen seien. Damit konnte die Beschwerdeführerin aber weder die Unvollständigkeit noch die Unrichtigkeit des Gutachtens des Sachverständigen dartun, hat sie es doch unterlassen, auszuführen, weshalb in das Beurteilungsgebiet weiter entfernt liegende Liegenschaften miteinbezogen werden müßten. Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag aufgrund der im Akt einliegenden Auszüge aus der Katastralmappe und Photographien nicht zu erkennen, daß der Sachverständige die Größe des Beurteilungsgebietes aus unsachlichen Gründen gewählt hätte, indem er jene Liegenschaften beurteilte, die in einem gewissen Naheverhältnis zur verfahrensgegenständlichen Liegenschaft stehen. Mit Recht konnten somit schon die Gemeindebehörden davon ausgehen, daß kein geschlossen bebautes Gebiet im Sinne des § 32 Abs. 2 der O.ö. Bauordnung vorliegt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1994, Zl. 93/05/0158), sodaß mit Recht der Beschwerdeführerin kein Alternativauftrag erteilt wurde. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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