VwGH 94/05/0226

VwGH94/05/022631.1.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Michael und der Maria H in B, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 11. Februar 1994, Zl. R/1-V-93218/00, betreffend eine Angelegenheit nach dem NÖ Landesstraßengesetz (mitbeteiligte Partei: Gemeinde B, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §7 Abs1;
GdO NÖ 1973 §51 Abs1;
LStG NÖ 1979 §18;
LStG NÖ 1979 §22;
LStG NÖ 1979 §23 Abs2;
LStG NÖ 1979 §23;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §7 Abs1;
GdO NÖ 1973 §51 Abs1;
LStG NÖ 1979 §18;
LStG NÖ 1979 §22;
LStG NÖ 1979 §23 Abs2;
LStG NÖ 1979 §23;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer gemeinsam haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. Oktober 1993 wurde den Beschwerdeführern in ihrer Eigenschaft als Beteiligte an der Beitragsgemeinschaft im Sinne des § 23 des NÖ Landesstraßengesetzes für die Gemeindestraße "Schützenkasten" für die "Baujahre 1990, 1991 u. 1992" ein "Interessentenbeitrag" in der Höhe von S 18.555,-- zur Zahlung innerhalb eines Monates ab Zustellung des Bescheides an die Gemeinde vorgeschrieben.

Mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 11. Februar 1994 wurde die dagegen eingebrachte Vorstellung der Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ Gemeindeordnung 1973 als unbegründet abgewiesen.

Unter Bezugnahme auf die Behauptung der Beschwerdeführer, aus der Beitragsgemeinschaft ausgetreten zu sein, bemerkte die Aufsichtsbehörde in der Begründung ihres Bescheides, im Straßenakt finde sich kein Hinweis darauf, daß die Beschwerdeführer aus der Beitragsgemeinschaft ausgeschieden seien. Ein solches Ausscheiden aus der Beitragsgemeinschaft auf Grund einer diesbezüglichen Erklärung eines Mitgliedes finde im NÖ Landesstraßengesetz keine Deckung; dies könne nur durch Bescheid erfolgen. Die Neuregelung einer Beitragsgemeinschaft habe auf Grund eines auf § 22 leg. cit. gestützten Bescheides zu erfolgen. Ein derartiger Bescheid sei aber nicht erlassen worden und er entfalte seine Rechtswirkungen erst ab seiner Rechtskraft, weshalb er nicht mit der Wirkung erlassen werden könne, daß ein Mitglied einer Beitragsgemeinschaft bereits vor Erlassung eines derartigen Bescheides ausgeschieden sei. Ein solcher Bescheid könne daher nur für die Zukunft eine Neufestlegung der Beitragsanteile aussprechen. Die Beschwerdeführer seien daher verpflichtet, bis zu einer eventuellen Neuregelung der Beitragsanteile ihren aus der Bildung der Beitragsgemeinschaft resultierenden Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Es bleibe ihnen aber unbenommen, beim Bürgermeister einen diesbezüglichen Antrag gemäß § 22 leg. cit. einzubringen.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Gemeinde erwogen:

In Erwiderung auf die eingangs aufgeworfene Frage der Befangenheit des Bürgermeisters ist darauf hinzuweisen, daß die Mitwirkung eines befangenen Gemeindeorganes dann einen wesentlichen Verfahrensmangel bildet, wenn der Gemeinderat bei Abwesenheit des befangenen Organs nicht beschlußfähig wäre und wenn ohne dessen Stimme die für die Beschlußfassung nach der Gemeindeordnung erforderliche Stimmenmehrheit nicht zustandegekommen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1972, Zl. 256/71, Slg. Nr. 8171/A - nur Rechtssatz). Angesichts des Umstandes, daß der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Berufungsbescheid auf einem einstimmigen Beschluß des Gemeinderates beruht und auch ohne die Stimme des Bürgermeisters ein den Abstimmungserfordernissen des § 51 Abs. 1 der NÖ Gemeindeordnung 1973 entsprechender und damit gültiger Beschluß zustandegekommen wäre, bedeutet die Mitwirkung des Bürgermeisters an der Abstimmung über den Berufungsbescheid im Beschwerdefall keinen wesentlichen Verfahrensmangel, den die belangte Behörde zum Anlaß für eine Aufhebung desselben zu nehmen gehabt hätte. Im übrigen ist in Erwiderung auf ein diesbezügliches Beschwerdevorbringen zum Berufungsbescheid festzuhalten, daß Intimierungsbescheide zulässig sind (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., auf S. 399 unter Z. 58 zitierte Judikatur).

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des NÖ Landesstraßengesetzes, LGBl. 8500, haben nachstehenden Wortlaut:

"§ 18

Beiträge von Straßenbenützern

Wird eine öffentliche Straße wegen der besonderen Art ihrer Benützung durch bestimmte Unternehmen in einer kostspieligeren Weise hergestellt und erhalten, als dies in Rücksicht auf den allgemeinen Verkehr erforderlich wäre, so haben die Unternehmen der Straßenverwaltung die nachgewiesenen Mehrkosten der Herstellung und Erhaltung spätestens vom Beginn der Benützung angefangen zu vergüten. Über die Verpflichtung zur Beitragsleistung sowie über die Höhe des Beitrages entscheidet die Behörde.

...

II. Beitragsgemeinschaften

(Konkurrenzen)

§ 22

Bestehen für die Herstellung und Erhaltung von öffentlichen Straßen sowie von Privatstraßen, die gemäß § 1 Abs. 2 als öffentliche Straßen gelten oder für einzelne dazu gehörige bauliche Anlagen zeitlich beschränkte oder dauernde Beitragsgemeinschaften, so sind diese für die Kostenaufteilung maßgebend. Diese Beitragsgemeinschaften sind bei wesentlicher Änderung der Verkehrsverhältnisse auf Antrag der Straßenverwaltung oder eines oder mehrerer Beteiligter neu zu regeln. Über einen solchen Antrag entscheidet auf Grund einer örtlichen Verhandlung die Behörde.

§ 23

Für die Herstellung und Erhaltung von öffentlichen Straßen und Privatstraßen, die gemäß § 1 Abs. 2 als öffentliche Straßen gelten, können von der Behörde von Amts wegen oder auf Antrag eines oder mehrerer Beteiligter Beitragsgemeinschaften festgesetzt werden, wenn diese Straßen vorwiegend einem bestimmbaren mit der Gesamtheit der Gemeindebewohner nicht zusammenfallenden Kreis von Benützern dienen. Zunächst ist in solchen Fällen ein gütliches Übereinkommen über den auf die einzelnen Beteiligten entfallenden Herstellungs- oder Erhaltungsbeitrag anzustreben. Kommt ein solches Übereinkommen nicht zustande, so setzt die Behörde auf Grund einer örtlichen Verhandlung den Aufteilungsschlüssel nach Maßgabe der Benützung fest. Die Bestimmungen der §§ 18 und 19 werden hiedurch nicht berührt."

Aus diesen Bestimmungen läßt sich nicht ableiten, daß ein Beteiligter einer derartigen Beitragsgemeinschaft durch bloße Erklärung aus dieser mit der Wirkung austreten kann, daß er ab dem Zeitpunkt der Abgabe einer derartigen Austrittserklärung insbesondere von seinen finanziellen Verpflichtungen aus der Beitragsgemeinschaft entbunden wäre. Nach Auffassung des Gerichtshofes sind die wiedergegebenen straßenrechtlichen Vorschriften vielmehr so auszulegen, daß die bescheidmäßig festgesetzte Beitragsgemeinschaft "bei wesentlicher Änderung der Verkehrsverhältnisse" - ebenfalls bescheidmäßig - "neu zu regeln" ist, womit allenfalls die Möglichkeit des Ausscheidens eines Beteiligten unter der Voraussetzung eröffnet wird, daß der auf ihn bisher entfallene Herstellungs- oder Erhaltungsbeitrag auf die verbleibenden Beteiligten aufgeteilt wird, also eine Neufestsetzung des Beitragsschlüssels erfolgt. Eine derartige Neufestsetzung erfolgt aber nicht auf Grund einer "Ausstrittserklärung" eines Beteiligten, sondern gemäß § 22 leg. cit. "auf Antrag der Straßenverwaltung oder eines oder mehrerer Beteiligter". Einen solchen Antrag haben die Beschwerdeführer nicht gestellt, weshalb ihnen die Gemeindebehörden auf der Grundlage des rechtskräftigen Bescheides über die Bildung der Beitragsgemeinschaft vom 5. März 1984 zu Recht einen "Abgabenbetrag" vorgeschrieben haben, den die Beschwerdeführer ausschließlich mit der Begründung bekämpft haben, daß sie "schon 1988 aus der Weggemeinschaft ausgetreten" seien. Gegen die ziffernmäßige Richtigkeit des vorgeschriebenen Betrages haben sich die Beschwerdeführer während des Verwaltungsverfahrens nicht gewandt, weshalb auf ihr Beschwerdevorbringen, es sei im vorliegenden Fall "zu einer erheblichen Überschreitung der ursprünglich fixierten Gesamtkosten des Bauprojektes gekommen", wegen des sich aus § 41 Abs. 1 VwGG ergebenden Neuerungsverbotes nicht einzugehen ist. Da also der - im übrigen nicht aktenkundigen - Austrittserklärung der Beschwerdeführer im gegebenen Zusammenhang, wie auch die belangte Behörde richtig erkannt hat, keine rechtliche Bedeutung zukommt, erfolgte die in Rede stehende Vorschreibung zu Recht, wobei auch keine Bedenken dagegen bestehen, daß dies durch Bescheid der Straßenbehörde erfolgt ist, da im § 23 Abs. 2 des NÖ Landesstraßengesetzes davon die Rede ist, daß die Behörde im Falle des Nichtzustandekommens eines Übereinkommens den Aufteilungsschlüssel FESTSETZT.

Aus dem Gesagten folgt, daß die Vorstellung der Beschwerdeführer zu Recht abgewiesen worden ist, weshalb die sohin unbegründete Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz (hinsichtlich der mitbeteiligten Partei im Rahmen des gestellten Antrages) gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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