VwGH 94/04/0200

VwGH94/04/020025.4.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde der Gemeinde St. Anton am Arlberg, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 8. Februar 1994, Zl. IIa-65.007/1-93, betreffend Vorverlegung der Sperrstunde (mitbeteiligte Partei: S in St. Anton am Arlberg, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in I), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
GewO 1973 §157 Abs5 idF 1993/029;
GewO 1973 §198 Abs5 idF 1988/399;
GewO 1973 §77 Abs1 idF 1993/029;
GewO 1973 §84 idF 1993/029;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
GewO 1973 §157 Abs5 idF 1993/029;
GewO 1973 §198 Abs5 idF 1988/399;
GewO 1973 §77 Abs1 idF 1993/029;
GewO 1973 §84 idF 1993/029;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde St. Anton am Arlberg vom 23. August 1993 wurde die Berufung der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid des Bürgermeisters der genannten Gemeinde vom 16. Jänner 1992, betreffend Vorverlegung der Sperrstunde abgewiesen. Dieser Bescheid wurde aufgrund der von der mitbeteiligten Partei erhobenen Vorstellung mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 8. Februar 1994 gemäß § 7 des Bundesgemeindeaufsichtsgesetzes behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Gemeinde St. Anton am Arlberg verwiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, Bewohner des Ortskernes der Gemeinde St. Anton am Arlberg, insbesondere Bewohner der Fußgängerzone würden sich seit Jahren über nächtliche Ruhestörungen beschweren, die von Gästen der in der Fußgängerzone angesiedelten Nachtlokale ausgingen. Das Nachtleben (8 Nachtlokale auf engstem Raum) habe sich insbesondere in den 80er Jahren in einer Weise entwickelt, die viele Anrainer und auch Gäste als unzumutbar empfunden hätten. Durch das Verhalten der zum Teil alkoholisierten Teilnehmer des Nachtlebens sei die Nachtruhe während der Saison empfindlich gestört worden. Zuerst habe die Gemeindevertretung versucht, die Lokalbesitzer zu einer freiwilligen Vorverlegung der Sperrstunde zu bringen. Da dies nicht gelungen sei, habe die Gemeinde im Februar 1991 Lärmmessungen durch das Zivilingenieurbüro Dipl. Ing. Peter F. durchführen und ein lärmtechnisches Gutachten erstellen lassen. Zur Feststellung der Lärmimmission während der Abend- und Nachtstunden seien an drei Tagen an 4 Meßpunkten zur selben Zeit Lärmmessungen durchgeführt worden. Im Gutachten des lärmtechnischen Sachverständigen seien nach ausführlicher Darstellung der Meßpunkte und der durchgeführten Messungen folgende lärmtechnische Überlegungen angestellt worden:

"Zwischen den einzelnen Lokalen besteht ein reger Passantpendelverkehr. Es sammeln sich Gruppen von Gästen in der Fußgängerzone an. Es ist keine Regelmäßigkeit der Ansammlungen mit den örtlichen herrschenden Sperrstunden erkennbar. Die Gäste selbst wohnen im allgemeinen in St. Anton am Arlberg. Am Wochenende zum Zeitpunkt des Gästewechsels sind keine Regelmäßigkeiten im Lärmpegelverlauf erkennbar. Die Lärmbelästigung wird primär durch das wartende Publikum vor den Gastlokalen verursacht. Es herrscht aber ein im allgemeinen kontinuierlicher Gästestrom zwischen den Lokalen. Die eigentlichen Lärmspitzen können nicht eindeutig den einzelnen Sperrstunden der Lokale zugeschrieben werden. Es kann festgestellt werden, daß an gewissen Tagen in manchen Lokalen ein guter oder geringer Besuch herrscht, je nach Veranstaltungsangebot. Die Verlegung der Sperrstunde einzelner Lokale wird im vorliegenden Fall in der Fußgängerzone lärmtechnisch keine wesentlichen Veränderungen verursachen, da das Gästepotential in die noch offenen Lokale abwandert und dort vermutlich aufgrund der Platzprobleme im Freien warten muß. In den frühen Morgenstunden wird die Hauptlärmbelästigung durch einzelne Betrunkene, die aus den Gastlokalen bzw. Hotelprivatbars nach Hause wandern verursacht."

Der lärmtechnische Sachverständige habe sein Gutachten wie folgt zusammengefaßt:

"Eine Absenkung der nächtlichen Lärmbelästigungen in den Morgenstunden kann nur durch eine einheitliche generelle Festlegung der Sperrstunde im gesamten Kerngebiet von St. Anton erreicht werden. Diese Sperrstunde müßte auch von Hotels und Privatbars eingehalten werden, da einzelne betrunkene Passanten während der ruhigen Zeit subjektiv sehr störend wirken. Die Lärmimmission im Ortskern von St. Anton wird durch das zwischen den einzelnen Lokalen pendelnde bzw. vor der Tür wartende Publikum vor der Tür verursacht. Aufgrund der durchgeführten Lärmmessungen kann eindeutig festgestellt werden, daß Lärmimmissionspitzen nicht auf die Sperrstunde der einzenlnen Gaststätten zugeordnet werden können. Eine effiziente Lärmminderung in den Morgenstunden kann nur durch eine generell auf die gesamte Ortschaft bezogene einheitliche Sperrstunde für Gastlokale, Hotels und Privatbars erreicht werden. Eine Vorverlegung der Sperrstunde von einzelnen Gaststätten wird keine erkennbare Pegelminderung zur Folge haben."

Auf Grundlage dieses lärmtechnischen Gutachtens habe Dr. Walter K. Universitätsprofessor für Hygiene und Sozialmedizin an der Universität I., in medizinischer Hinsicht festgestellt, daß das derzeitige Belastungsausmaß für die Bevölkerung im Bereich der Fußgängerzone aus gesundheitlichen Gründen zumindest als deutlich berücksichtigungswürdig einzustufen sei und die Vorverlegung der Sperrstunde auf 2.00 Uhr nur intensiv begrüßt und wärmstens empfohlen werden könne. Im Zuge des Verfahrens über die Berufung der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Anton am Arlberg vom 16. Jänner 1992 sei ein ergänzendes, medizinisches Gutachten eingeholt worden, in dem - fußend auf dem Gutachten des lärmtechnischen Sachverständigen - ausführlich dargelegt worden sei, wie sich die Lärmsituation im Ortskern von St. Anton auf die Nachbarn in gesundheitlicher Hinsicht auswirke. Zusammenfassend habe der medizinische Sachverständige folgendes festgestellt:

"Die Vorverlegung der Sperrstunde stellt aus medizinischer und sozialmedizinischer Sicht die einzige kurzfristig wirksame Maßnahme dar, um eine nächtliche Ruhestörung besonderer Art (starker informationshaltiger Lärm) zu reduzieren, die geeignet ist, die Anwohner der Fußgängerzone nicht nur unzumutbar zu belästigen, sondern auch ihre Gesundheit zu beeinträchtigen. Das zeitliche Ausmaß der Vorverlegung ist jedoch nach medizinischen Kriterien noch nicht als ausreichend anzusehen, um Gesundheitsgefahren mit ausreichender Sicherheit abzuwenden. Obwohl die Vorverlegung der Sperrstunde sicherlich einen wesentlichen Beitrag zur Verringerung der Ohnmachtsgefühle vieler Anwohner geleistet hat, ist zu erwarten, daß die Beschwerden der Anwohner nach einer gewissen Latenzzeit wieder ansteigen werden, da die Belastung sich auch nach Verfügung der Vorverlegung noch in einem Bereich bewegt, der über einen medizinischen vertretbaren Ausmaß liegt. Es wird deshalb empfohlen, die Sperrstunde auf 24.00 Uhr vorzuverlegen. Eine Ausnahmeregelung (bis 02.00 Uhr) könnte für die Wochenendnächte Freitag und Samstag erwogen werden."

Wie sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus den eingeholten Gutachten des lärmtechnischen und medizinischen Sachverständigen ergebe, sei zwar beobachtet worden, daß sich Gruppen von Leuten auch vor dem Gastgewerbebetrieb der mitbeteiligten Partei aufgehalten hätten. Der lärmtechnische Sachverständige habe jedoch ausdrücklich festgestellt, daß die eigentlichen Lärmspitzen nicht eindeutig den einzelnen Gastgewerbelokalen zugeschrieben werden könnten. Entgegen der Ansicht des Gemeinderates der Gemeinde St. Anton am Arlberg im (vor der belangten Behörde) angefochtenen Bescheid, wonach das Verhalten der Gäste durch den Betrieb der betreffenden Betriebsanlage lediglich mitverursacht seien müsse, sei auszuführen, daß die bescheidmäßige Vorverlegung der Sperrstunde einen Individualakt darstelle und daher eine eindeutige Zurechenbarkeit der unzumutbaren Lärmbelästigung zu dem betroffenen Gastgewerbebetrieb erfolgen müsse. Die Sachverständigen hätten jedoch übereinstimmend festgestellt, daß nur das Zusammenwirken verschiedener Gastgewerbebetriebe die gegebene Situation im Ortskern von St. Anton am Arlberg bewirke. Beide Sachverständigen hätten weiters festgestellt, daß eine effiziente Lärmminderung nur durch eine generelle, auf die gesamte Ortschaft bezogene, einheitliche Sperrstunde für Gastlokale, Hotels und Bars erreicht werden könne. Die Vorverlegung der Sperrstunde von einzelnen Gaststätten könne keine erkennbare Pegelminderung zur Folge haben. Die Gutachten seien an sich schlüssig und widerspruchsfrei, sie enthielten allerdings keine konkreten Ausführungen zu den einzelnen Betrieben, aus denen schlüssig abgeleitet werden könne, daß das Verhalten von Gästen des Gastgewerbebetriebes der mitbeteiligten Partei zu einer unzumutbaren Lärmbelästigung der Nachbarn führe. Dieser Beweis habe bislang nicht erbracht werden können. Dadurch, daß die Zuordnung der Lärmbelästigung zum Betrieb der mitbeteiligten Partei bislang jedoch nicht gelungen sei, liege ein Verfahrensmangel, durch den Rechte der mitbeteiligten Partei verletzt worden sei. Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens stehe nämlich fest, daß nicht der einzelne Betrieb, sondern vielmehr die Gesamtsituation im Ortskern von St. Anton am Arlberg für die Nachbarschaft als unzumutbar zu beurteilen sei. Im fortzusetzenden Verfahren müsse daher versucht werden, das Verhalten von Gästen vor der einzelnen Betriebsanlage meßtechnisch zu erfassen und - darauf fußend - die Auswirkungen in medizinischer Hinsicht zu beurteilen. In diesem Sinne seien die eingeholten Gutachten ergänzungsbedürftig.

Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde - nach dem der Verfassungsgerichtshof deren Behandlung mit Beschluß vom 27. September 1994, B 551/94 abgelehnt hatte - gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf "Nichterlassung eines aufhebenden Vorstellungsbescheides bzw. auf Nichtaufhebung des Bescheides des Gemeinderates der Gemeinde St. Anton am Arlberg vom 23. August 1993" verletzt. Sie bringt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes im wesentlichen vor, das vor ihr eingeholte medizinische Sachverständigengutachten sei unter Zugrundelegung der lärmtechnischen Meßergebnisse zum Ergebnis gekommen, daß die Nachbarschaft durch das Verhalten der Nachtlokalgäste im Fußgängerbereich vor den entsprechenden Betriebsanlagen unzumutbar belästigt werde. Die nächtliche Ruhestörung sei sogar geeignet, die Gesundheit der Nachbarschaft zu beeinträchtigen. Es werde durchaus eingeräumt, daß sich "diese Gesamtbeurteilung" der Sachverständigen nicht auf einen einzelnen Gastgewerbebetrieb allein konzentriere, die erwähnten Gutachten bezögen sich somit nicht einzig auf den Gastgewerbebetrieb der mitbeteiligten Partei; dieser sei jedoch zweifellos einer der Mitverursacher dieser unzumutbaren Belästigungen. In "verfassungskonformer Interpretation" des § 157 Abs. 5 GewO 1973 (nunmehr § 152 Abs. 6 GewO 1994 (hätte sich die belangte Behörde nicht auf den Standpunkt stellen dürfen, daß die Beschwerdeführerin den Nachweis zu erbringen habe, das Verhalten allein der Gäste des Lokales der mitbeteiligten Partei müsse zu unzumutbaren Lärmbelästigungen der Nachbarschaft führen. Aufgrund der räumlichen Situation (mehrere Nachtlokale in einem engen Bereich) und des naturgemäß starken Wanderns zwischen diesen Nachtlokalen könne eine alleinige Zuordnung des Gästeverhaltens an eine bestimmte Betriebsanlage nicht erfolgen; sowohl der lärmtechnische als auch der medizinische Sachverständige könnten sich daher nur auf die Gesamtsituation beziehen. In verfassungskonformer Interpretation der genannten Bestimmung hätte die belangte Behörde daher der Ansicht sein müssen, daß es für die Maßnahme des Bürgermeisters ausreiche, wenn jener "Nachtbetrieb", der durch die bescheidmäßige Vorverlegung der Sperrstunde betroffen sei, eindeutig als Mitverursacher des unzumutbaren Lärms festgestellt worden sei. Würde man der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde folgen, so hätte dies zum Ergebnis, daß bei Vorhandensein nur eines Gastgewerbebetriebes mit (relativ) wenig Lärm, eine Sperrstundenvorverlegung durch den Bürgermeister bei Erfüllung der notwendigen Voraussetzungen (unzumutbare Belästigung) möglich sei, da eine Zuordnung an den betreffenden Gastgewerbebetrieb ohne weiteres möglich sei. Sobald jedoch zwei oder mehrere Gastgewerbebetriebe in einem räumlichen Naheverhältnis stünden und eine Gästewanderung zwischen diesen Betrieben stattfinde, könne eine solche individuelle Zuordnung nicht mehr erfolgen und der Bürgermeister hätte sodann keine rechtliche Möglichkeit, die Sperrstunde vorzuverlegen, obwohl der Lärm unter Umständen (relativ) höher sei, als bei einer einzigen Betriebsanlage. Dieser höhere Lärm ergebe sich zum einen aus der weit höheren Anzahl der Gäste sowie aus der Tatsache der sehr lauten Wanderbewegung. Der Schutzzweck des Gesetzes werde somit ad absurdum geführt. Die belangte Behörde habe daher im angefochtene Bescheid die Rechtlage insoferne unrichtig beurteilt, als in diesem speziellen Fall eine eindeutige Zurechenbarkeit zu einem einzelnen Gastgewerbebetrieb nicht zwingend notwendig sei, zumal der Gemeinde auch keine Verordnungskompetenz zustehe, sondern sie die Vorverlegung der Sperrstunde mittels Individualakt durchsetzen müsse. Die festgestellte Tatsache der Mitverursacher reiche für die vorgenommene Sperrstundenvorverlegung aus. Bei einer rechtlichen Beurteilung, wie sie die belangte Behörde vorgenommen habe, wäre § 157 Abs. 5 (nunmehr § 152 Abs. 6) GewO unanwendbar, sobald mehrere Gastgewerbebetriebe in einem räumlichen Naheverhältnis stünden. Dies sei allerdings nicht im Sinne des Gesetzgebers gelegen.

Gemäß § 157 Abs. 5 GewO 1973 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, hat die Gemeinde, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt wurde, oder wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen, eine spätere Aufsperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben.

Dem Tatbestandsmerkmal der "unzumutbaren Belästigung" kann im gegebenen Zusammenhang - wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt zur diesbezüglichen gleichlautenden Bestimmung des § 198 Abs. 5 GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399 ausgesprochen hat (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 19. Mai 1992, Zl. 92/04/0018 sowie vom 25. Mai 1993, Zl. 93/04/0052) - keine im wesentlichen andere Bedeutung beigelegt werden, als dem Begriff der unzumutbaren Belästigung im Sinne der für die Betriebsanlagen geltenden Vorschriften (§ 77 Abs. 1 und § 84 GewO 1973), wobei die Frage der Zumutbarkeit einer durch die Ausübung eines Gastgewerbes bewirkten Störung der Nachbarschaft mangels einer weiteren gesetzlichen Determinierung ausschließlich unter Bedachtnahme auf die gegebenen örtlichen Verhältnisse zu beantworten ist. Ein weiteres essentielles Tatbestandsmerkmal bildet der Umstand, daß diese unzumutbare Belästigung durch "ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes" hervorgerufen wurde und weiteres, daß eine derartige unzumutbare Belästigung "wiederholt" erfolgt ist.

Die Zulässigkeit der Vorverlegung der Sperrstunde für einen bestimmten Gastgewerbebetrieb hängt daher - im Sinne des ersten Falles der zitierten Bestimmung - davon ab, ob die Nachbarschaft dieses Betriebes wiederholt - wie dargelegt - belästigt wurde, und diese Belästigung ihre Ursache jeweils im (nicht strafbaren) Verhalten von Gästen dieses Betriebes und zwar vor der Betriebsanlage dieses Gastgewerbebetriebes hatte. Hingegen ist eine Belästigung der Nachbarschaft durch Lärm - selbst vor der Betriebsanlage dieses Gastgewerbebetriebes -, jedoch verursacht durch das Verhalten von Gästen anderer Gastgewerbebetriebe oder durch andere Lärmquellen in diesem Zusammenhang nicht relevant. Aus diesem Grunde genügt die Feststellung einer durch die Gesamt(lärm)situation in einem bestimmten Gebiet begründeten unzumutbaren Belästigung der Nachbarschaft für die Anordnung einer Maßnahme nach § 157 Abs. 5 GewO 1973 nicht, sodaß - im Gegensatz zu den Beschwerdeausführungen - auch der Umstand, daß diese Situation durch einen bestimmten Betrieb (in nicht näher dargelegter Art und Weise) "mitverursacht" wird, das in Rede stehende Tatbestandsmerkmal nicht zu erfüllen vermag. Daß § 157 Abs. 5 GewO 1973 Abs. 5 GewO 1973 in der im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung auf das Verhalten von Gästen "vor" und nicht mehr "unmittelbar vor" der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes abstellt, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern, weil dadurch lediglich der räumliche Bereich erweitert wurde, in welchem das beschriebene Gästeverhalten relevant ist.

Vielmehr obliegt es der Verwaltungsbehörde, Ermittlungen und Messungen in Ansehung der von ihr als relevant angesehenen Lärmeinwirkungen bei der im Immissionsbereich liegenden Nachbarschaft vorzunehmen (vgl. hiezu nochmals das zitierte hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1992) und anhand konkreter, hiefür geeigneter Sachverhaltsfeststellungen darzulegen, inwieferne eine iSd der zitierten Bestimmung wiederholte "unzumutbare Belästigung der Nachbarschaft" auf ein nicht strafbares Verhalten von Gästen des in Rede stehenden Gastgewerbebetriebes vor der Betriebsanlage dieses Betriebes ursächlich zurückzuführen ist. Das in diesem Zusammenhang notwendige Verfahren mag - wie die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift bemerkt - im Falle mehrerer Gastgewerbebetriebe in einem räumlichen Naheverhältnis zeitlich und technisch aufwendig sein; aus welchen Gründen es jedoch - so die Beschwerdeführerin - unmöglich sein sollte, wird in der Beschwerde selbst nicht dargetan.

Da die Auffassung der belangten Behörde, die bescheidmäßige Vorverlegung der Sperrstunde erfordere "eine eindeutige Zurechenbarkeit der unzumutbaren Lärmbelästigung zu dem betroffenen Gastgewerbebetrieb" somit nicht als rechtswidrig zu erkennen, eine entsprechende Zuordnung unbestrittenermaßen aber nicht erfolgt ist, erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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