Normen
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §10;
AVG §13 Abs3;
AVG §37;
AVG §63 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §10;
AVG §13 Abs3;
AVG §37;
AVG §63 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Magistrat der Stadt Wien (Magistratisches Bezirksamt für den 3. Bezirk) stellte mit Bescheid vom 18. März 1994 gemäß § 340 Abs. 7 GewO 1973 fest, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des von der Beschwerdeführerin am 30. April 1993 angemeldeten Gewerbes "Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973, beschränkt auf den Großhandel mit Nahrungs- und Genußmitteln", im näher bezeichneten Standort nicht gegeben seien und untersagte die Ausübung des angemeldeten Gewerbes. Gleichzeitig wurde gemäß § 345 Abs. 9 GewO 1973 festgestellt, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den bestellten Geschäftsführer "A", wohnhaft in Wien, B-Gasse 21, nicht gegeben seien und die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den bestellten Geschäftsführer untersagt.
Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 28. April 1994 Berufung erhoben. Der Schriftsatz lautet auszugsweise:
"Einschreiben
An den Magistrat der Stadt Wien
MBA 3
Karl Borromäus Platz 3
1030 Wien
Betrifft: C-GesmbH
Gewerbeanmeldung,
Geschäftsführerbestellung
Einschreiter: F
Kaufmann
G-Gasse 2
Wien
vertreten durch:
Vollmacht erteilt RECHTSANWALT
DR. A
WIEN
BERUFUNG
einfach
..............................................................
..............................................................
..............................................................
BERUFUNGSANTRÄGE:
1.) Der Unabhängige Verwaltungssenat als Berufungsbehörde möge in Stattgebung der Berufung den angefochtenen Bescheid im Sinne der Berufung abändern und dem Einschreiter bzw. der von ihm vertretenen C-GesmbH die Gewerbeberechtigung erteilen; in eventu
2.) den angefochtenen Bescheid aufheben und zur ergänzenden Sachverhaltsermittlung an das Magistratische Bezirksamt als
I. Instanz zurückverweisen."
Mit Bescheid vom 3. Juni 1994 wies der Landeshauptmann von Wien die "von Herrn F, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. A in Wien, rechtzeitig eingebrachte Berufung" mangels Parteistellung als unzulässig zurück.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es, gegen den erstinstanzlichen Bescheid habe F das Rechtsmittel der Berufung erhoben, dies jedoch nicht als handelsrechtlicher Geschäftsfüher der Beschwerdeführerin, sondern im eigenen Namen. Das ergebe sich eindeutig aus dem Berufungsschriftsatz vom 28. April 1994, in dem als Einschreiter F bezeichnet werde. Weiters ergebe sich auch aus dem Inhalt des Rechtsmittels, daß der Berufungswerber im eigenen Namen das Rechtsmittel habe erheben wollen, weil klar zwischen ihm und der von ihm vertretenen Gesellschaft unterschieden werde ("... möge in Stattgebung der Berufung den angefochtenen Bescheid im Sinne der Berufung abändern und dem Einschreiter bzw. der von ihm vertretenen C-GesmbH die Gewerbeberechtigung erteilen ..."). Darüber hinaus sei zu beachten, daß der Berufungswerber rechtsfreundlich vertreten sei und daher angenommen werden müsse, daß der Einschreiter richtig bezeichnet und der Parteiwille unmißverständlich und eindeutig zum Ausdruck gebracht werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in dem Recht verletzt, "entgegen der Bestimmung des § 13 AVG die Behebung der Formgebrechen aufgetragen zu bekommen und bei fehlerfreier Anwendung der §§ 8, 63 Abs. 5 und 66 Abs. 4 AVG eine Entscheidung der Behörde in der Sache selbst zu erhalten". Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei die Berufung von F als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin eingebracht worden. Außerdem hätte die belangte Behörde, wenn sich für sie auf Grund einer unklaren Formulierung oder auf Grund der nicht ausreichend genauen Bezeichnung des Berufungswerbers Zweifel darin ergeben hätten, "ob der Berufungswerber auch im Namen der C-GesmbH Berufung erhebt", die Berufung zurückstellen und die Behebung der Formgebrechen gemäß § 13 Abs. 3 AVG auftragen müssen.
Vorweg ist zu bemerken, daß der Spruch des angefochtenen Bescheides nicht isoliert betrachtet, sondern im Zusammenhalt mit seiner Begründung ausgelegt werden muß. Daraus ergibt sich eindeutig der Bescheidwille der belangten Behörde, die vorliegende Prozeßhandlung (Berufung) nicht (auch) der Beschwerdeführerin sondern (allein) F zuzurechnen und aus diesem Grunde zurückzuweisen. Das bedeutet, daß der Spruch des angefochtenen Bescheides auch die Entscheidung darüber enthält, daß die Berufung vom 28. April 1994 nicht der Beschwerdeführerin zuzurechnen ist. Dadurch konnte die Beschwerdeführerin in ihren subjektiven öffentlichen Rechten verletzt werden (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Dezember 1984, Slg. N.F. Nr. 11.625/A).
Die - zulässige - Beschwerde ist auch begründet:
Wie sich aus dem oben (teilweise) wiedergegebenen Berufungsschriftsatz vom 28. April 1994 ergibt, wird als "Einschreiter" F bezeichnet. Einschreiter ist, wer das Anbringen bei der Behörde stellt, sei es für sich oder für einen anderen, wer also der Behörde gegenüber tätig wird (vgl. u. a. die hg. Erkenntnisse vom 9. September 1981, Zl. 81/03/0065, und vom 20. Februar 1990, Zl. 89/05/0226).
Ob F im eigenen Namen oder im Namen der Beschwerdeführerin eingeschritten ist, läßt sich aus der Bezeichnung als Einschreiter somit (noch) nicht ableiten.
Aber auch die in der Begründung des angefochtenen Bescheides herangezogene Wendung im Berufungsschriftsatz ("... möge in Stattgebung der Berufung den angefochtenen Bescheid im Sinne der Berufung abändern und dem Einschreiter bzw. der von ihm vertretenen C-GesmbH die Gewerbeberechtigung erteilen ...") läßt nicht den zwingenden Schluß zu, die Berufung sei - allein - von F im eigenen Namen erhoben worden. Für die Annahme, F habe die Berufung im Namen der Beschwerdeführerin erhoben, spricht vielmehr der Hinweis auf die "von ihm VERTRETENE C-GesmbH". Dem steht freilich entgegen, daß im selben Satzteil auch auf die ihm (als Einschreiter) zu erteilende Gewerbeberechtigung Bezug genommen wird.
Mangels eindeutiger Zuordnungskriterien mußte sohin die belangte Behörde Zweifel daran hegen, wem die vorliegende Berufung zuzurechnen ist. Diese Zweifel waren zwar nicht, wie die Beschwerdeführerin meint, im Wege eines Auftrages zur Behebung von Formgebrechen gemäß § 13 Abs. 3 AVG auszuräumen. Wohl aber war im vorliegenden Fall die Bestimmung des § 37 AVG anzuwenden, wonach den Parteien im Ermittlungsverfahren Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben ist. Ebenso wie die Behörde verpflichtet ist, den Sinn eines mehrdeutigen Parteienantrages durch Herbeiführung einer entsprechenden Parteienerklärung festzustellen, ist sie auch verpflichtet, in einem Zweifelsfall wie dem vorliegenden sich Klarheit darüber zu verschaffen, wer Rechtsmittelwerber ist (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Dezember 1984, Slg. N.F. Nr. 11.625/A).
Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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