VwGH 93/15/0125

VwGH93/15/01256.4.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des Dr. E in T, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VIII) vom 8. Juni 1993, Zl. 6/4-4246/92-06, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1988 bis 1990, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §22;
BAO §23;
EStG §20 Abs1 Z2 litb;
EStG §4 Abs4;
BAO §22;
BAO §23;
EStG §20 Abs1 Z2 litb;
EStG §4 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer führt eine Ordination als praktischer Arzt und ist zusätzlich Gemeindearzt. In seiner Ordination beschäftigte er im Jahr 1988 neben seiner Ehegattin zwei, in den Jahren 1989 und 1990 drei weitere Ordinationshilfen sowie jeweils eine Raumpflegerin. Die Ehegattin des Beschwerdeführers war 40 Wochenstunden, die anderen Ordinationshilfen waren 28 Wochenstunden beschäftigt.

Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung stellte der Prüfer fest, daß die Ehegattin des Beschwerdeführers für dessen Ordination "neben der Rezeption die anfallenden Arbeiten im Labor (Naßchemie, sämtliche Blut- und Harnuntersuchungen) erledigt, Warenbestellungen und Bank-, Post- und Steuerberaterwege, Krankenkassenabrechnungen und diversen Schriftverkehr durchführt, sowie das Einnahmen- und Ausgabenbuch führt". Daneben habe sie in den Streitjahren noch den Telefondienst während der Bereitschaftsstunden des Beschwerdeführers besorgt.

Der Prüfer sah die Entlohnung der Ehegattin des Beschwerdeführers als überhöht an, "weil die Mehrleistung, die sie gegenüber den anderen Ordinationshilfen erbringt, durch die Wochendienstzeit von 40 Stunden gegenüber 28 Wochenstunden der anderen Ordinationshilfen quantitativ abgedeckt ist". Weiters stellte er fest, daß die mit der Ehegattin des Beschwerdeführers ungefähr gleich alte und gleich lang beim Beschwerdeführer beschäftigte, bestbezahlte Ordinationshilfe (Vergleichsperson) ausgebildete Krankenschwester ist, während seine Ehegattin keine Krankenschwesternausbildung absolviert hat. Der Prüfer rechnete die Entlohnung der Vergleichsperson auf 40 Wochenstunden um und sah den wegen "einer allfälligen qualitativen Mehrleistung" der Ehegattin des Beschwerdeführers um 10 % erhöhten Betrag als deren angemessene Entlohnung an. Die Differenzbeträge zum tatsächlichen Jahresbruttogehalt der Ehegattin des Beschwerdeführers betrugen S 165.207,-- (1988),

S 165.158,-- (1989) und S 167.755,-- (1990). Unter Berücksichtigung der Gehaltsnebenkosten gelangte der Prüfer zu Gewinnerhöhungen aus dem in Rede stehenden Titel für die Streitjahre von S 198.491,--, S 197.121,-- und von

S 200.439,--. Er hielt auch fest, daß der ab 4. Juli 1990 gültige Kollektivvertrag mit der Ärztekammer für Niederösterreich für die Berufsgruppe 2 B (Angestellte des gehobenen medizinisch-technischen Dienstes) im zwölften Berufsjahr einen Monatsbruttobezug von S 10.554,-- zuzüglich einer Infektionszulage von S 1.000,-- vorsieht.

Das Finanzamt nahm für die Jahre 1988 und 1989 das Einkommensteuerverfahren wieder auf und folgte in den damit verbundenen Sachbescheiden und im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1990 der Rechtsansicht des Prüfers.

In seiner gegen diese Bescheide erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer zum Streitpunkt im wesentlichen aus, der vom Prüfer angestellte Vergleich vernachlässige die Verschiedenartigkeit der von seiner Ehegattin und von der Vergleichsperson ausgeübten Tätigkeiten. Seine Ehegattin trage die Verantwortung für das gesamte Labor bzw. für die Naßchemie, sie habe "die gesamte Ablauforganisation der Ordination über, so insbesondere den Einkauf, die Bank und den Postverkehr" und sie führe sämtliche Buchhaltungsaufgaben und auch den Schriftverkehr. Überdies nehme sie die Gebietskrankenkassa-Abrechnungen vor. Demgegenüber habe die Ordinationshilfe "lediglich die Führung der Patientenkartei über" und tätige kleine Hilfsarbeiten in der Ordination. Der Kollektivvertrag dürfe für die Beurteilung der Angemessenheit der Bezüge der Vergleichspersonen nicht herangezogen werden, "weil selbst die zum inneren Betriebsvergleich herangezogene Ordinationshilfe doppelt so viel" verdiene wie im Kollektivvertrag angegeben. Die vom Prüfer zum Vergleich herangezogene Ordinationshilfe sei nicht diplomierte Krankenschwester, sondern vor ihrer Anstellung beim Beschwerdeführer lediglich als Krankenschwester tätig gewesen. Die Ehegattin des Beschwerdeführers benötige für ihre Tätigkeiten keine Ausbildung als Krankenschwester, sondern habe ihr Wissen durch Spezialkurse auf den ausgeübten Gebieten erreicht.

Der Prüfer nahm zur Berufung dahingehend Stellung, die quantitative Mehrleistung der Ehegattin des Beschwerdeführers gegenüber der Vergleichsperson sei durch die Umrechnung von deren Entlohnung auf eine 40-Stundenwoche, die qualitative Mehrleistung der Ehegattin des Beschwerdeführers durch einen Zuschlag von 10 % zu den umgerechneten Gehältern der Vergleichsperson berücksichtigt worden. Der Prüfer wies ferner darauf hin, daß die Ehegattin des Beschwerdeführers neben ihrer Tätigkeit als Ordinationshilfe auch noch den Haushalt für sich und ihre Familie (Beschwerdeführer und zwei Kinder) führe.

Der Beschwerdeführer erwiderte hierauf, daß zwar die quantitative, nicht aber die qualitative Mehrleistung seiner Ehegattin beim Vergleich mit seiner bestbezahlten Ordinationshilfe gebührend berücksichtigt worden sei.

Bei der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde wurde noch erhoben, daß die Ehegattin des Beschwerdeführers die HAK-Matura abgelegt hat und vor dem Jahr 1979 bei der "Lufthansa" beschäftigt war, bei der sie monatlich ca. S 10.000,-- brutto verdiente. Der Beschwerdeführer legte seine Ordinationszeiten offen und wies darauf hin, daß sich seine Ehegattin zu Beginn ihrer Tätigkeit bei ihm 14 Tage lang in einer anderen Arztordination habe einschulen lassen. Zur Laborantin sei sie in einem Labor ausgebildet worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung in dem vor dem Verwaltungsgerichtshof noch strittigen Punkt der angemessenen Entlohnung der Ehegattin des Beschwerdeführers keine Folge. Die wertgesicherte Weiterführung des von der eben Genannten bei der "Lufthansa" bis dahin bezogenen Gehaltes auf Grund freier Gehaltsvereinbarung zwischen den Ehegatten (demnach ohne Beachtung kollektivvertraglich geregelter Gehaltsansätze zuzüglich allgemein üblicher Überzahlung) sei nur aus subjektiv motivierten Beweggründen, eben aus dem Angehörigenverhältnis heraus, erklärbar. Soweit der Beschwerdeführer qualitative Mehrleistungen seiner Ehegattin ins Treffen führe, übersehe er, "daß Voraussetzung für ein Anstellungsverhältnis die Erbringung der erforderlichen Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer innerhalb der Arbeitszeit" sei, sodaß für "differente Qualifizierungen kein wesentlicher Spielraum" bestehe. Hiezu werde auf die kollektivvertragliche Einteilung in Berufsgruppen verwiesen. Die aus der kaufmännischen Ausbildung der Ehegattin des Beschwerdeführers zu erwartende qualitative Mehrleistung sei durch den Zuschlag von 10 % zum Gehalt der Vergleichsperson als abgegolten zu betrachten. Ein zur Ehegattin des Beschwerdeführers fremder Arbeitgeber wäre nicht bereit gewesen, ihrer erst im Beruf erlernten Fähigkeiten wegen über diese 10 % Zuschlag hinaus höhere Gehälter als an einschlägig ausgebildete Fachkräfte zu leisten. Die vom Prüfer und vom Finanzamt herangezogene Vergleichsperson sei fast zeitgleich mit der Ehegattin des Beschwerdeführers angestellt worden. Ohne Anrechnung von Vordienstzeiten ergebe sich im Jahr 1990 daher für beide Personen das 10. Berufsjahr. Bei Einreihung der Vergleichspersonen in die Berufsgruppe 1 ergebe sich für diese bei einer 40-Stundenwoche ein Gehaltsansatz von S 8.211,--. Das Tätigkeitsbild der Ehegattin des Beschwerdeführers lasse die Einreihung in die Berufsgruppe 2 A zu ("Qualifikationszuschlag"), wofür der Gehaltsansatz im Kollektivvertrag für eine 40-Stundenwoche S 9.211,-- betrage. Da die Vergleichsperson tatsächlich S 10.890,-- für eine 28-Stundenwoche beziehe, liege sie 89,26 % über dem Kollektivvertrag. Erhöhe man den kollektivvertraglichen Gehaltsansatz der Ehegattin des Beschwerdeführers um den gleichen Prozentsatz (S 9.211,-- plus 89,26 % = S 17.433,--) und rechne man die Infektionszulage von S 1.000,-- hinzu, so ergebe dies einen Betrag von S 18.433,--, was etwa dem vom Prüfer gewählten Gehaltsansatz (S 265.475 : 14 = S 18.962,--) entspreche.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können Dienstverträge zwischen nahen Angehörigen - auch wenn sie zivilrechtlich gültig abgeschlossen worden sind - steuerlich nur insoweit anerkannt werden, als eine Entlohnung stattfindet, wie sie zwischen Fremden üblich ist. Andernfalls könnten wegen des zwischen nahen Angehörigen in der Regel fehlenden Interessengegensatzes zu Lasten einer gleichmäßigen Besteuerung alle steuerlichen Wirkungen willkürlich herbeigeführt werden. Da sich bei Dienstverhältnissen unter Fremden die Entlohnung nach Qualität und Quantität der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers richtet, kann bei Dienstverhältnissen zwischen nahen Angehörigen nur die auch zwischen Fremden übliche Entlohnung als Betriebsausgabe anerkannt werden (siehe das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 93/15/0064, m.w.N.).

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde nach Durchführung eines innerbetrieblichen Vergleiches die Entlohnung der Ehegattin des Beschwerdeführers nur in dem Ausmaß als fremdüblich anerkannt, in dem diese Gehälter nicht die um 10 % erhöhten, auf eine 40-Stundentätigkeit umgerechneten Gehälter seiner bestbezahlten Ordinationshilfe übersteigen. Die darüber hinaus gehenden Beträge wurden nicht als Betriebsausgaben des Beschwerdeführers anerkannt.

Der Beschwerdeführer räumt in seiner Beschwerde ein, daß zur steuerlichen Beurteilung des Dienstverhältnisses zwischen den Ehegatten ein Fremdvergleich anzustellen ist. Er meint aber ebenso wie im Abgabenverfahren, die qualitative Mehrleistung seiner Ehegattin gegenüber der Vergleichsperson sei mit 10 % Aufschlag zu wenig gewürdigt worden. Er hebt in diesem Zusammenhang insbesondere die kaufmännischen und administrativen Arbeiten seiner Ehegattin hervor und vermißt einen externen Betriebsvergleich. Der von der belangten Behörde zitierte Kollektivvertrag gelte zwar für Ordinationsgehilfen und Sekretärinnen, nicht aber für Ordinationsleiter(innen) mit dem seiner Ehegattin entsprechenden Verantwortungsbereich. Auch gehe es nicht oder nicht in erster Linie darum, daß seine Ehegattin dieselben Arbeiten qualitativ besser als die Vergleichsperson verrichte, sondern darum, daß ihre Position qualitativ ungleich höher und mit mehr Verantwortung und Aufgaben verbunden sei als die der anderen Ordinationshilfen. Um das von der belangten Behörde für angemessen erachtete Bruttogehalt von "unter S 20.000,--" sei eine gleichwertige Arbeitskraft mit vergleichbarer Berufspraxis nicht zu erhalten. Auch würde in Handelsbetrieben oder kleinen Gesellschaften des Handelsrechtes die Position seiner Ehegattin wohl zumindest der einer Handlungsbevollmächtigten, wenn nicht einer Prokuristin entsprechen. Daß solche Dienstnehmer wesentlich besser bezahlt würden als seine Ehegattin, bedürfe keiner näheren Ausführungen. Die dem angefochtenen Bescheid beigegebene Begründung lasse auch nicht erkennen, von welchen tatsächlichen Erwägungen die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung ausgegangen sei, weswegen ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliege. Ein solcher Mangel liege auch darin, daß die belangte Behörde ungleichartige Positionen miteinander verglichen bzw. keinen Vergleich mit vergleichbaren Positionen (Kanzleileiterinnen, Ordinationsleiterinnen und sonstigen Freiberuflerkanzleien) angestellt habe.

Der Gerichtshof hat in seinem schon zitierten Erkenntnis vom heutigen Tag im Zusammenhang mit der Prüfung der einkommensteuerlich angemessenen Entlohnung der Ehegattin eines Rechtsanwaltes ausgesprochen, daß es auf das Gesamtbild der Verhältnisse des jeweiligen Falles ankommt. Ebenso wie in jenem Fall war die belangte Behörde im vorliegenden Fall berechtigt, die Tätigkeit und Entlohnung der Ehegattin des Beschwerdeführers mit derjenigen seiner sonstigen Angestellten zu vergleichen. Wenn sie hiebei zu dem Ergebnis gelangt ist, daß die Ehegattin des Beschwerdeführers, hätte es sich bei ihr um eine zum Beschwerdeführer fremde Dienstnehmerin gehandelt, ihrer anderen Aufgaben und höheren Stellung wegen nicht um mehr als 10 % höher entlohnt worden wäre als die früher als Krankenschwester tätig gewesene Vergleichsperson bei Umrechnung ihrer Gehälter auf eine 40-Stundenwoche verdient hat, so kann ihr hierin nicht entgegengetreten werden, zumal der von der belangten Behörde als angemessen angesehene Bezug der Ehegattin des Beschwerdeführers auch im ungefähr gleichen Verhältnis über dem kollektivvertraglichen Gehaltsansatz liegt wie der der Vergleichsperson.

Soweit der Beschwerdeführer einen externen Vergleich vermißt, ist ihm entgegenzuhalten, daß er im Verwaltungsverfahren Gelegenheit gehabt hätte, entsprechende Fälle aufzuzeigen und solcherart den Beweis dafür anzutreten, daß es sich bei dem von ihm an seine Ehegattin gezahlten Lohn um den üblichen handelt.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides weist keinen zu seiner Aufhebung führenden Mangel auf, zumal hiedurch weder der Beschwerdeführer an der Geltendmachung seiner Rechte noch auch der Verwaltungsgerichtshof an der Prüfung des angefochtenen Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit gehindert war. Daß der Vergleich mit der Tätigkeit und Entlohnung der bestbezahlten anderen Ordinationshilfe des Beschwerdeführers unter der Voraussetzung der wenn auch pauschalen Berücksichtigung der Unterschiede im Tätigkeitsbereich zulässig war, wurde schon oben ausgeführt; hiebei ist die belangte Behörde weder unschlüssig vorgegangen noch ist ihr hiebei ein wesentlicher Verfahrensmangel unterlaufen.

Auf Grund des Gesagten mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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