Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
EMRK Art6 Abs1;
VStG §44a Z1;
VStG §44a;
VStG §51e Abs2;
VStG §9 Abs2;
VStG §9;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
EMRK Art6 Abs1;
VStG §44a Z1;
VStG §44a;
VStG §51e Abs2;
VStG §9 Abs2;
VStG §9;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. August 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortlicher Beauftragter der XY-Gesellschaft m.b.H. & Co in D (veranwortlich für die Überwachung der Produkte des Molkerei- sowie Wurst- und Selchwarenbereiches gemäß den lebensmittelrechtlichen Vorschriften) zu verantworten, daß am 28. März 1991 um
14.45 Uhr in der Filiale dieser Firma in T, N-Straße 117, 1. im Geschäftsbereich zwischen Obst- und Fleischabteilung auf Paletten ca. 200 Becher Mascarpone 500 g der Firma C bei einer Raumtemperatur von + 17 Grad Celsius zum Verkauf angeboten und damit in Verkehr gebracht wurden, obwohl die Lagerung laut Aufschrift auf der Verpackung bei + 1 Grad Celsius bis + 4 Grad Celsius zu erfolgen hat, 2. in der Fleischabteilung in drei Gitterkörben ca. 130 Stück vakuumverpackte Selchroller und
3. ca. 250 Stück vakuumverpackte Schinkenteilsames (beides Produkte der Firma K), ungekühlt bei einer Raumtemperatur von + 17 Grad Celsius zum Verkauf angeboten und damit in Verkehr gebracht wurden, obwohl laut Aufschrift auf der Verpackung beide Produkte bei + 4 Grad Celsius gekühlt zu lagern seien. Er habe somit diese Lebensmittel in Verkehr gebracht, ohne vorzusorgen, daß sie nicht durch äußere Einwirkung hygienisch nachteilig beeinflußt werden, obwohl das nach dem Stand der Wissenschaft möglich und nach der Verkehrsauffassung nicht unzumutbar ist. Er habe hiedurch die Verwaltungsübertretungen nach § 20 iVm § 74 Abs. 5 Z. 3 LMG 1975 begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
In seiner Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, die Übertretungen könnten ihm nicht zur Last gelegt werden, weil er lediglich als Marktleiter-Stellvertreter tätig sei. Zum Tatzeitpunkt sei der Marktleiter Hubert H. anwesend gewesen. Dieser sei damals bereits als Verantwortlicher gemäß § 9 VStG bestellt gewesen, was der BH auch bekannt sei. Aus "uns nicht erklärbaren Umständen" sei die Bestellung erst am 4. Dezember 1991 bestätigt worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Zum oben wiedergegebenen Berufungsvorbringen vertrat sie begründend die Auffassung, der Beschwerdeführer habe seiner Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten für den in Rede stehenden Sachbereich am 16. Juli 1990 ausdrücklich zugestimmt. Die Bestellung sei der Verwaltungsstrafbehörde bekanntgegeben worden. Hingegen datiere die Bestellung des Hubert H. zum verantwortlichen Beauftragten und dessen Zustimmung vom 4. Dezember 1991 und somit zu einem nach der Übertretung gelegenen Zeitpunkt. Sie könne den Beschwerdeführer schon aus diesem Grunde nicht entlasten.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit seinem Beschluß vom 15. März 1993, Zl. B 1730/92, ab und trat die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Beschwerdeergänzung wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde rügt zunächst das Unterbleiben einer
mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren.
Damit wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Nach § 51e Abs. 2 VStG ist, wenn in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, eine Verhandlung nur dann anzuberaumen, wenn dies in der Berufung ausdrücklich verlangt wurde. Im Beschwerdefall lagen die in der zitierten Vorschrift normierten Voraussetzungen für das Absehen von der mündlichen Verhandlung vor. Die Berufungsverhandlung soll der Klärung von Fragen des Sachverhaltes dienen; hängt die Entscheidung nach dem Inhalt der Berufung nur von Rechtsfragen ab, kann eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 unterbleiben, wenn ihre Anberaumung nicht ausdrücklich verlangt wird (vgl. Erläuterungen zur RV, 1090 Blg. NR 17. GP). Im Beschwerdefall wurde in der Berufung dem Sinn nach lediglich geltend gemacht, die Verwaltungsstrafbehörde hätte nicht den Beschwerdeführer, sondern Hubert H. als strafrechtlich Verantwortlichen ansehen müssen; dies ungeachtet des unstrittigen Umstandes, daß der Nachweis der Zustimmung des Hubert H. zu seiner Bestellung vom 4. Dezember 1991 stammt. Damit wird in der Berufung ausschließlich eine Frage der rechtlichen Beurteilung aufgeworfen. Eine mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt. Es liegt im Hinblick auf § 51e Abs. 2 VStG somit keine Rechtswidrigkeit darin, daß die belangte Behörde keine mündliche Verhandlung durchführte.
Die Beschwerde macht weiters geltend, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil nicht "spezifiziert wird, welche Gesellschaft gegen ihre Rechtspflicht nach dem LMG verstoßen hat und namens welcher Gesellschaft ich als Verantwortlicher gemäß § 9 VStG in Anspruch genommen werde".
Auch damit ist die Beschwerde nicht im Recht. Im oben wiedergegebenen Spruch des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz wird der Beschwerdeführer als "gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortlicher Beauftragter der Fa. XY-Gesellschaft m.b.H. & Co in D (verantwortlich für die Überwachung der Produkte des Molkerei- sowie Wurst- und Selchwarenbereiches gemäß den lebensmittelrechtlichen Vorschriften)" bezeichnet. Damit wird den gemäß § 44a VStG bestehenden Anforderungen an die Umschreibung der Tat sowohl in Ansehung der Merkmale, auf Grund deren der Beschwerdeführer die strafrechtliche Verantwortung trägt, als auch in Ansehung der bestimmten Bezeichnung der Gesellschaft, die den Beschwerdeführer zum verantwortlichen Beauftragten bestellt hat und in deren Betrieb die Verwaltungsübertretung begangen wurde, entsprochen. Mit dem angefochtenen, die Berufung abweisenden Bescheid wird der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides unverändert rezipiert. Es bedeutet somit keine Rechtswidrigkeit, daß die belangte Behörde die Gesellschaft nicht neuerlich namentlich anführte, zumal in der Berufung nicht behauptet wird, die Verwaltungsübertretung sei nicht beim Betrieb des Unternehmens der genannten Gesellschaft begangen worden oder der Beschwerdeführer sei nicht von dieser Gesellschaft als verantwortlicher Beauftragter bestellt worden.
Die Beschwerde macht schließlich geltend, die belangte Behörde hätte prüfen müssen, ob eine "verantwortliche Bestellung" des Hubert H. zum Tatzeitpunkt vorgelegen sei, allenfalls der Nachweis im Sinne des § 9 Abs. 4 VStG verspätet erbracht worden sei, "jedenfalls jedoch in diesem Sinne die Zustimmung des Beschwerdeführers zu einer von der Verantwortung des Hubert H. unabhängigen Übernahme der Verantwortlichkeit zum Tatzeitpunkt nicht vorlag."
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann sich der verwaltungsstrafrechtliche Verantwortliche nur dann mit Erfolg auf den Übergang der Verantwortung auf einen (anderen) verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG berufen, wenn ein aus der Zeit vor der Begehung der angelasteten Übertretung stammender Zustimmungsnachweis vorliegt (vgl. die bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II, § 9 VStG, E 63, 64, angeführte Rechtsprechung). In der Berufung wurde vorgetragen, der Nachweis der Zustimmung des Hubert H. zum verantwortlichen Beauftragten datiere vom 4. Dezember 1991 (mehr als acht Monate nach dem Tatzeitpunkt). Davon ausgehend bestand keine Grundlage für die Auffassung, nicht den Beschwerdeführer, sondern den Hubert H. treffe die strafrechtliche Verantwortung für die angelastete Übertretung.
Auch mit der oben wiedergegebenen Behauptung, es sei die Zustimmung des Beschwerdeführers "zu einer von der Verantwortung des Hubert H. unabhängigen Übernahme der Verantwortung" zum Tatzeitpunkt nicht vorgelegen, zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit auf. Der Verwaltungsstrafbehörde lag die vom 16. bzw. 30. Juli 1990 datierte Erklärung vor, mit der der Beschwerdeführer als für die Einhaltung näher genannter Verwaltungsvorschriften in der in Rede stehenden Filiale verantwortlicher Beauftragter bestellt wird, der Bestellung zustimmt und erklärt, über die entsprechende Anordnungsbefugnis zu verfügen. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die belangte Behörde - angesichts des nach dem Gesagten nicht zielführenden Berufungsvorbringens - Zweifel am Vorliegen einer den Anforderungen des § 9 Abs. 2 und 4 VStG entsprechenden, aus der Zeit vor der Begehung der Tat stammenden Bestellung des Beschwerdeführers zum verantwortlichen Beauftragten, dessen Zustimmung und dem Vorliegen einer entsprechenden Anordnungsbefugnis hätte haben sollen.
Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor; die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 2 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.
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