VwGH 93/08/0135

VwGH93/08/013517.10.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der H-AG, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 2. April 1993, Zl. 121.663/1-7/93, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG (mP: 1. Vlbg GKK, 2. PVA der Angestellten, 3. AUVA), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1151;
ASVG §4 Abs2;
ABGB §1151;
ASVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 30. Juli 1990 stellte die erstmitbeteiligte Gebietskrankenkasse fest, daß EP und BM aufgrund ihrer Tätigkeit als Musiker für die Beschwerdeführerin vom 1. bis 31. Mai 1990 der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 ASVG unterlegen seien. Nach der Bescheidbegründung hätten die beiden genannten Musiker mit der Beschwerdeführerin einen Werkvertrag abgeschlossen. Das Engagement habe vom 1. bis 31. Mai 1990 gedauert. Zu spielen sei ca. 4 x wöchentlich gewesen. Die konkreten Spieltermine seien nicht von vornherein fix festgelegt worden, sondern hätten sich aus dem Buchungsstand im Hotel ergeben. Die Spieldauer habe durchschnittlich ca. 4 Stunden pro Abend betragen und habe sich konkret nach dem Geschäftsgang gerichtet. Die Pausenregelung sei der freien Einteilung durch die Musiker unterlegen.

Die Musiker wären nicht der Hausordnung unterworfen worden. Sie hätten selbst entscheiden können, welches Verhalten angebracht sei. Unterkunft und Verpflegung sei den Musikern zur Verfügung gestellt worden. Als Entgelt habe ihnen 25 % vom Bruttoumsatz (Getränke und Speisen) gebührt. Ein Mindestlohn sei nicht garantiert worden, auf Sonderzahlungen, bezahlten Urlaub, etc. habe kein Anspruch bestanden.

Vertretungen seien nicht vorgekommen. Eine Vertretung der gesamten Gruppe (Austausch durch eine andere Gruppe) wäre nach den Aussagen der Beteiligten möglich und zulässig gewesen, wobei die Abrechnung weiterhin mit den genannten Musikern, genannt T, erfolgt wäre. Sämtliche Instrumente und Anlagen seien von der Gruppe mitgebracht worden. Die beiden Aufführenden seien hauptberuflich als Musiker tätig.

Hinsichtlich des Arbeitsortes hätten die Musiker keine Dispositionsmöglichkeit besessen. Auch für die Dauer des Engagements seien sie hinsichtlich der Einteilung der Arbeitszeit keineswegs frei gewesen.

Wenn die Musiker auch nicht der Hausordnung unterlegen wären, dürfe trotzdem angenommen werden, daß sie hier zumindest einer stillen Autorität der Geschäftsführung unterlegen seien. Ein unpassendes Verhalten der Musikergruppe in einem Hotel dieser Kategorie hätte jedenfalls größten Schaden angerichtet und wäre deshalb sofort unterbunden worden.

Hinsichtlich der Auswahl der Musikstücke seien die Musiker wohl frei gewesen, allerdings sollte laut Vertrag der Gesamtcharakter des Musikvortrages mit der Eigenart der Lokalität in Einklang stehen. Es wäre also doch möglich gewesen, diesbezüglich Weisungen zu erteilen, auch wenn nicht hinsichtlich einzelner konkreter Musikstücke. Die Musiker seien laut Vertrag verpflichtet gewesen, das Werk nach bestem Können sorgfälltig auszuführen. Somit sei nicht ein Erfolg, sondern ein redliches Bemühen geschuldet gewesen, was für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses spreche.

Obwohl in der Praxis Vertretungen nicht erfolgt seien, habe laut Werkvertrag das Recht bestanden, die versprochene Leistung jederzeit, ohne vorherige Rücksprache mit dem Vertragspartner, völlig frei durch dritte Personen erbringen zu lassen, wobei die Entsendung und Honorierung der Stellvertreter ausschließlich auf Rechnung und Gefahr der Musiker erfolgt wäre. Diese vertragliche völlig freie Vertretungsmöglichkeit spräche gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses. Anläßlich der Erhebung sei festgestellt worden, daß es ziemlich schwierig gewesen wäre, ein Mitglied der Gruppe durch einen Vertreter zu ersetzen. Ein Austausch der gesamten Gruppe wiederum würde für den Unternehmer ein erhebliches Risiko bedeuten und liege nicht in seinem Interesse. Die entsprechende Klausel im Werkvertrag sei daher nicht als realistisch anzusehen.

Im Vertrag sei vorgesehen, daß dieser vor Ablauf der vereinbarten Zeit bei Nichterfüllung der in ihm verankerten Rechte bzw. Pflichten, in deren Gefolge eine Erreichung des Vertragszweckes nicht mehr erwartet werden könne, auch gelöst werden könne. Diese Bestimmung dokumentiere, daß nicht ein bestimmtes Werk geschuldet sei, sondern daß ein Dauerschuldverhältnis (Erbringung gattungsmäßig umschriebener Leistungen auf Zeit) vorliege.

Als Entgelt habe nicht ein Fixbetrag, sondern ein bestimmter Prozentsatz des Bruttoumsatzes des Lokales gebührt. Diesbezüglich würden die Musiker ein gewisses Unternehmerrisiko tragen, weil sich geringe Umsätze auch auf ihr Honorar auswirken würden. Eine Entlohnung nach Umsatzprozenten sei im Gastgewerbe allerdings auch für die "Garantielöhne" kollektivvertraglich vorgesehen, wobei allerdings Mindestlöhne festgelegt seien. Eine Entlohnung nach dem getätigten Umsatz könne somit für sich alleine die Dienstnehmereigenschaft noch nicht ausschließen.

Die Musiker hätten zwar sämtliche Instrumente beigestellt, alle anderen Betriebsmittel (Gastlokal, Beheizung und Beleuchtung, Bereitstellung von Arbeitskräften zur Bewirtung der Gäste) seien vom Hotel zur Verfügung gestellt worden und hätten wertmäßig mit Sicherheit den Instrumenten gegenüber überwogen.

Zusammenfassend müsse daher vom Überwiegen der Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit ausgegangen werden.

In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch bestritt die Beschwerdeführerin, daß die Musiker als Dienstnehmer nach § 4 Abs. 2 ASVG beschäftigt worden seien. Mit den Musikern sei ein Werkvertrag abgeschlossen worden. Die Musiker hätten sich verpflichtet, an bestimmten Tagen für die musikalische Unterhaltung der Gäste zu sorgen. Bestimmte Weisungen, die auf eine persönliche Abhängigkeit der beiden Musiker hindeuten würden, seien nicht erteilt worden. Insbesondere seien keine Weisungen erteilt worden, welche Stücke zu spielen seien. Die Musiker seien berechtigt gewesen, sich in der Ausübung ihrer Tätigkeit jederzeit, somit nicht nur im Fall einer Dienstverhinderung, ohne vorherige Rücksprache mit der Beschwerdeführerin durch andere Musiker vertreten zu lassen. Die Musiker hätten ausschließlich mit eigenen Instrumenten und Verstärkeranlagen gespielt, sodaß sie die für die musikalischen Darbietungen erforderlichen Betriebsmittel selbst zur Verfügung gestellt hätten. Als Entgelt hätten den Musikern 25 % vom Bruttoumsatz des Gastlokales gebührt. Im Falle einer Dienstverhinderung hätten sie keinen Anspruch auf Entgelt gehabt. Bei schuldhafter Vertragsverletzung wären sie überdies zum Schadenersatz verpflichtet gewesen.

Die einzigen Umstände, die für ein Dienstverhältnis sprechen würden, sei die Bindung der Musiker hinsichtich Zeit und Ort der Tätigkeit. Diese Merkmale seien jedoch die Folge von Sachzwängen und nicht Ausdruck einer spezifischen persönlichen Abhängigkeit.

Der Auffassung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse, wenngleich die Musiker nicht der Hausordnung unterlegen seien, sei doch von einer stillen Autorität der Geschäftsführung auszugehen, sei entgegenzuhalten, daß jede Person, die sich in den Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin aufhalte, bestimmte Verhaltensregeln einzuhalten habe. Dies gelte nicht nur für die im Unternehmen tätigen Personen, sondern auch für Gäste.

Richtig sei, daß der Gesamtcharakter des Musikvortrages mit der Eigenart der Lokalität in Einklang zu stehen gehabt habe. Die Beschwerdeführerin hätte daher erforderlichenfalls Einfluß darauf nehmen können, daß diese Vertragsbestimmung eingehalten werde. Solche erforderliche Weisungen hätten somit nur der Einhaltung des zugrundeliegenden Werkvertrages gedient, ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis könne daraus nicht abgeleitet werden.

Gegen die Annahme eines Dienstverhältnisses spreche, daß sich die beiden Musiker bei Ausübung ihrer Tätigkeit durch andere Personen hätten vertreten lassen können. Diese Vertretungsmöglichkeit sei nicht auf Fälle der Verhinderung wegen höherer Gewalt oder bestimmter sonstiger Dienstverhinderungen eingeschränkt gewesen.

Im Falle einer Dienstverhinderung hätte den Musikern kein Entgelt gebührt. Das Unternehmerrisiko sei daher zur Gänze bei den Musikern gelegen. Dem könne nicht entgegengehalten werden, daß im Gastgewerbe eine Entlohnung nach Umsätzen auch für andere Personengruppen vorgesehen sei. Diesen von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse angeführten Personengruppen gebühre nämlich eine Entlohnung auch im Falle ihrer Dienstverhinderung. Außerdem sei für diese Personengruppen regelmäßig ein kollektivvertraglicher Mindestlohn vorgesehen.

Betriebsmittel im engeren Sinn seien nur Gegenstände, die zur Ausübung der Tätigkeit unmittelbar erforderlich seien. Die Zurverfügungstellung der örtlichen und sonstigen Rahmenbedingungen stehe zur Tätigkeit der Musiker in keinem unmittelbaren Konnex. Ohne Bedeutung sei daher, daß die von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten Gegenstände wertmäßig gegenüber den Betriebsmitteln der Musiker überwogen hätten.

Mit Bescheid vom 22. Oktober 1991 gab der Landeshauptmann von Vorarlberg dem Einspruch Folge und behob den bekämpften Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG. Begründend wird ausgeführt, daß die Einspruchsbehörde den Vorstand der Beschwerdeführerin, HS, einvernommen habe und diese Aussage als Sachverhaltsgrundlage herangezogen werden könne. Nach dessen Angaben sei das besondere an diesem Vertrag gewesen, daß die Musiker mit 25 % am Bruttoumsatz beteiligt gewesen seien. Die Musiker hätten sich zu ihrem eigenen Nutzen engagieren müssen, weil sie am Bruttoumsatz beteiligt gewesen seien. Dies sei eine stärkere Motivation für die Musiker, die Leute zufrieden zu stellen. Weisungen gegenüber den Musikern habe es überhaupt nicht gegeben. Es habe keine Wünsche gegeben, daß bestimmte Musikstücke gespielt werden sollten, aber auch keine Anordnung, wie sich die Musiker auf dem Parkett hätten verhalten sollen. Gespielt sei zwischen 20.00 Uhr und 2.00 Uhr geworden.

In rechtlicher Hinsicht führte die Einspruchsbehörde aus, die Musiker hätten die Höhe des Verdienstes selbst bestimmen können. Sie hätten sich bei ihren Musikdarbietungen an den Vorstellungen und Wünschen des Publikums zu orientieren gehabt. Die Musiker hätten bestimmt, welche Stücke und wie lange gespielt würden. Die Erteilung von Weisungen in dieser Richtung sei daher entbehrlich bzw. fehl am Platze gewesen, weil die Musiker aufgrund ihrer Erfahrung besser hätten beurteilen können, welche Musikstücke dem Publikum am besten zusagen würden. Die Musiker hätten also ein Unternehmerrisiko zu tragen gehabt. Sie wären nicht einer disziplinären Verantwortlichkeit unterlegen und es könne auch nicht von einer Eingliederung in den Betrieb der Beschwerdeführerin gesprochen werden. Allfällige Urlaubsansprüche und sonstige Bezüge seien den Musikern nicht zugestanden. Die Beachtung der Arbeits- und Zeiteinteilung sei die Folge von Sachzwängen und daher im vorliegenden Fall kein unterscheidungskräftiges Kriterium im Hinblick darauf, ob die Musiker selbständig oder unselbständig tätig geworden seien. Wegen des festgestellten Unternehmerrisikos sei davon auszugehen, daß die Merkmale der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen einer selbständigen Ausübung von Erwerbstätigkeiten nicht überwogen hätten.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, daß der Sachverhaltsfeststellung weitgehend zuzustimmen sei. Es seien jedoch nicht alle Ergebnisse des Verwaltungsverfahrens ausreichend berücksichtigt worden. So könne der Einspruchsbehörde nicht gefolgt werden, daß die Musiker in der Auswahl ihrer Musikstücke völlig frei gewesen seien. Im Vertrag sei klar festgehalten worden, daß der Gesamtcharakter des Musikvortrages mit der Eigenart der Lokalität in Einklang zu stehen habe. Diesbezüglich habe eine klare Vorgabe bestanden. Hätten die Musiker den Geschmack des Publikums nicht getroffen, wäre es mit Sicherheit zu Weisungen bzw. bei deren Nichtbeachtung zu Konsequenzen gekommen. Hier sei jedenfalls von einer realistischen stillen Autorität des Dienstgebers auszugehen. Dem stehe nicht entgegen, daß in der Praxis möglicherweise Weisungen nicht erforderlich gewesen seien.

Es sei unbestritten, daß die Musiker umsatzbeteiligt gewesen seien und deshalb ein gewisses Unternehmerrisiko bestanden habe. Eine Entlohnung nach Umsätzen sei auch bei anderen Dienstnehmern möglich, ohne daß dadurch in arbeits- und sozialrechtlicher Hinsicht ein Dienstverhältnis ausgeschlossen würde. Dabei handle es sich um den gesamten Bereich der Garantielöhne laut Kollektivvertrag für Arbeiter im Gastgewerbe sowie auch um sonstige Gruppen von Dienstnehmern (etwa Provisionsvertreter).

Im bekämpften Bescheid werde nicht ausführlich begründet, warum eine disziplinäre Verantwortlichkeit und Eingliederung in den Betrieb nicht bestanden habe. Nach Ansicht der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse müsse von einer klaren Vorgabe von Arbeitsort und Arbeitszeit gesprochen werden, was eine Eingliederung in den Betrieb bewirke.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab der Bundesminister für Arbeit und Soziales (die belangte Behörde) der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG Folge und stellte in Abänderung des angefochtenen Bescheides fest, daß die genannten Musiker nach § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG aufgrund ihrer Tätigkeit bei der Beschwerdeführerin vom 1. bis 31. Mai 1990 der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen seien. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und Zitierung der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde aus, daß sich unter Berücksichtigung des Akteninhaltes folgender im wesentlichen unbestrittener Sachverhalt ergebe:

Die Beschwerdeführerin habe mit den genannten Musikern einen Vertrag abgeschlossen, in dem sich diese verpflichtet hätten, im Mai 1990 an den Tagen Montag, Mittwoch, Freitag, Samstag von 20.00 Uhr bis 2.00 Uhr für die Unterhaltung der Gäste des Lokales zu sorgen, und zwar mit Musikvorträgen, deren Gesamtcharakter mit der Eigenart der Lokalität in Einklang stehe. Im einzelnen seien die Musiker sowohl bei der Musikwahl als auch bei der Pauseneinteilung weisungsfrei gewesen. Aufgrund ihrer Erfahrung und Qualifikation hätten sie gewußt, welche Musik in welcher Form darzubieten gewesen sei. Sie hätten je nach Kundenschicht die passende Musik zu spielen gehabt. Die Musiker seien an bestimmte Anstandsregeln gebunden gewesen, wie sie im Hotel für jeden, auch für Gäste gegolten hätten. Die Musiker hätten sich ohne vorherige Rücksprache vertreten lassen können, was auch einmal der Fall gewesen sei, weil EP für einige Tage nach Hause gefahren sei.

Die Musiker seien zu 25 % am Bruttoumsatz des Hauses beteiligt gewesen. Urlaubsansprüche und sonstige Bezüge seien ihnen nicht zugestanden. Im Falle der Dienstverhinderung wäre ihnen keine Entlohnung zugestanden. Die Instrumente und die Verstärkeranlage seien von den Musikern zur Verfügung gestellt worden. Die Lokalität sei von der Beschwerdeführerin beigestellt worden.

In der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, daß von einer Bindung an Ordnungsvorschriften hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort sowie einer Weisungsgebundenheit auszugehen sei. Hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort seien die Musiker streng an die Vorgaben der Beschwerdeführerin gebunden gewesen. Die Tätigkeit der Musiker sei anspruchsvoll in dem Sinne gewesen, als es einer entsprechenden Erfahrung und Qualifikation bedurft hätte, die Vorgaben der Beschwerdeführerin zu erfüllen. Die Tatsache, daß den Musikern nicht im einzelnen vorgeschrieben worden sei, welche Musikstücke sie zu spielen hätten, könne daher das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit nicht ausschließen. Vielmehr sei davon auszugehen, daß die Musiker der stillen Autorität der Beschwerdeführerin unterlegen seien, dies insbesondere im Zusammenhalt mit der Überlegung, daß sich die Musiker an einem vorgegebenen und vom Hotel gewünschten Kundenstock zu orientieren gehabt hätten.

Daß sich die Musiker ohne vorherige Rücksprache hätten vertreten lassen können, bzw. daß dies einmal tatsächlich der Fall gewesen sei, sei als ein Merkmal ihrer persönlichen Selbständigkeit zu sehen.

In welcher Form die Musiker tatsächlich entlohnt worden seien, ob sie einen Teil des Unternehmerrisikos gehabt hätten, ob ihnen ein Urlaubsanspruch bzw. ein Entgelt im Krankheitsfall gewährt worden sei, sei nicht zur Beurteilung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit heranzuziehen. Vielmehr sei zu prüfen, ob die Musiker über die Unternehmensführung dem Risiko entsprechend hätten disponieren können, oder ob ihnen als Dienstnehmer zu Unrecht das Risiko des Unternehmers aufgebürdet und ihnen zustehende Entgeltleistungen vorenthalten worden seien. Die Dispositionsmöglichkeiten der Musiker seien jedoch auf ein Minimum beschränkt gewesen: Sie hätten nicht bestimmen können, zu welchen möglicherweise für sie günstigeren Zeiten das Lokal geöffnet halte. Vielmehr seien ihnen fixe Zeiten an bestimmten Tagen vom Abendessen bis zur Sperrstunde vorgegeben worden. Die Musiker hätten das Spiel nicht abbrechen können, wenn es etwa an einzelnen Abenden für sie unrentabel gewesen wäre, zu spielen. Die Musiker hätten ferner jede Musik dem Kundenkreis anpassen müssen. Es sei den Musikern nicht frei gestanden, einen anderen Kundenstock, als die Hausgäste anzulocken, der vielleicht den Musikern selbst mehr Profit gebracht hätte.

Daß die Instrumente und die Verstärker als Betriebsmittel von den Musikern beigestellt worden seien, spreche für sich gesehen für ihre wirtschaftliche Selbständigkeit. Dem sei jedoch entgegenzuhalten, daß das Lokal, als ebenso wesentliches Betriebsmittel, von der Beschwerdeführerin beigestellt worden sei. Dies wiederum sei als Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Musiker zu werten.

Die Musiker hätten sich ferner an die Verhaltensregeln eines Viersternehotels zu halten gehabt. Ein abweichendes Verhalten wäre für die Beschwerdeführerin geschäftsschädigend gewesen.

Bei der Beurteilung des tatsächlichen Ablaufes der Beschäftigung ergebe sich, daß die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen persönlicher und wirtschaftlicher Selbständigkeit überwögen. Die beiden Musiker seien Dienstnehmer i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm aber ebenso wie die zweit- und drittmitbeteiligte Partei von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand. Die Erstmitbeteiligte beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer i.S. dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; dazu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Welche Umstände bei Beantwortung der Frage zu berücksichtigen sind, ob bei einer Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit überwiegen, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt dargelegt, so etwa im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, Slg. Nr. 12325/A, und zuletzt in seinem Erkenntnis vom 31. Jänner 1995, Zl. 92/08/0213, auf deren Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG insoweit verwiesen wird.

Nach Auffassung der Beschwerdeführerin spreche die allgemeine Vertretungsmöglichkeit gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses. Die ausdrücklich vereinbarte und tatsächlich geübte Vertretung sei ein besonders starkes Indiz für die persönliche Unabhängigkeit der Musiker. Die Musiker hätten sich bei Ausübung ihrer Tätigkeit durch andere Personen vertreten lassen können. In dem mit den Musikern abgeschlossenen Werkvertrag sei ausdrücklich festgehalten, daß die Werkunternehmer die "versprochene Leistung jederzeit, ohne

vorherige Rücksprache mit dem Vertragspartner ... völlig frei

durch dritte Personen erbringen ... lassen" könnten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Erkenntnisse vom 25. Jänner 1994, Zl. 92/08/0226, und Zl. 93/08/0154, sowie vom 22. November 1994, Zl. 93/08/0257) schließt schon die Berechtigung eines Beschäftigten, die übernommene Arbeitspflicht generell durch Dritte vornehmen zu lassen, - unabhängig davon, ob er von dieser Berechtigung auch tatsächlich Gebrauch macht - wegen des in dieser Berechtigung zum Ausdruck kommenden Fehlens der für die persönliche Abhängigkeit wesentlichen (grundsätzlich) persönlichen Arbeitspflicht und damit der Ausschaltung seiner Bestimmungsfreiheit durch die übernommene Arbeitspflicht, seine persönliche Abhängigkeit vom Empfänger der Arbeitsleistung und damit ein Beschäftigungsverhältnis i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG aus. Ob dann hinsichtlich der Beschäftigung selbst, sofern sie der Verpflichtete unter Verzicht auf seine Berechtigung, sich generell vertreten zu lassen, ausübt, ohne Bedachtnahme auf die genannte Berechtigung die sonstigen Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwögen, ist (abgesehen davon, daß zu prüfen wäre, ob diese Merkmale nicht im Hinblick auf die eingeräumte Vertretungsberechtigung einen inhaltlichen Bedeutungswandel erfahren) wegen der - schon in dieser Berechtigung zum Ausdruck kommenden - fehlenden Ausschaltung seiner Bestimmungsfreiheit bedeutungslos. Es ist auch unmaßgeblich, daß der Beschäftigte nur geeignete Dritte als Vertreter stellig machen darf, weil es ja bei der Vertretungsberechtigung immer um eine solche in bezug auf eine übernommene Arbeitspflicht und daher durch eine Person geht, die in der Lage ist, diese Arbeitspflicht gegenüber dem Empfänger der Arbeitsleistung zu erfüllen.

All dies setzt aber voraus, daß der Beschäftigte berechtigt ist, die übernommene Arbeitspflicht generell durch Dritte vornehmen zu lassen. Von einer solchen Vertretungsbefugnis kann nur dann gesprochen werden, wenn der Beschäftigte berechtigt ist, jederzeit (wenn auch nach Rücksprache oder - unter bestimmten eingeschränkten Umständen - sogar nach Zustimmung des Empfängers der Arbeitsleistung) und nach Gutdünken (d.h. ohne bestimmten Grund) irgend einen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen (vgl. die ebenfalls Musikergruppen betreffenden Erkenntnisse vom 14. März 1962, Zl. 656/59, vom 18. Oktober 1974, Zl. 496/74, und vom 25. Jänner 1994, Zl. 93/08/0154).

Die belangte Behörde sieht in der gegenständlichen Vertragsklausel, daß die Musiker die "versprochene Leistung jederzeit, ohne vorherige Rücksprache mit dem Vertragspartner völlig frei durch dritte Personen erbringen lassen können", als ein Merkmal ihrer persönlichen Selbständigkeit an. Trotzdem kommt sie jedoch zum Ergebnis, daß die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen persönlicher und wirtschaftlicher Selbständigkeit überwögen. Diese Auffassung vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen. Aus der genannten Vertragsklausel ergibt sich, daß es der Beschwerdeführerin lediglich darauf angekommen ist, daß an den vorgegebenen Zeiten in ihrem Lokal Unterhaltungsmusik, die der Eigenart des Lokales entspricht, dargeboten wird. Nach diesem Vertragsinhalt ist es der Beschwerdeführerin aber nicht darauf angekommen, daß ein bestimmter Musiker oder die Musikgruppe in einer bestimmten Zusammensetzung auftritt. Die festgestellte Berechtigung der Musiker stellt daher eine generelle Vertretungsbefugnis im oben genannten Sinn dar. Die Vertragsklausel berechtigt die Musiker, sich jederzeit und völlig frei, d.h. nach Gutdünken, vertreten zu lassen. Von einem Beschäftigungsverhältnis i.S.d. § 4 Abs. 2 ASVG kann daher im Beschwerdefall nicht gesprochen werden.

Der angefochtene Bescheid ist aber schon deswegen mit inhalticher Rechtswidrigkeit behaftet, weil die belangte Behörde auch über die Arbeitslosenversicherung der Musiker abgesprochen hat. Mit dem Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse wurde die Pflichtversicherung "gemäß § 4 Abs. 1 iVm Abs. 2 ASVG" festgestellt. Dieser Abspruch war auch der alleinige Gegenstand des Bescheides des Landeshauptmannes von Vorarlberg. Zufolge der Trennbarkeit von Absprüchen über die Versicherungspflicht hinsichtlich der Arten der Versicherung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1994, Zl. 94/08/0114, mwN) liegt der Abspruch über die Arbeitslosenversicherung der Musiker außerhalb der "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG.

Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß auf die übrigen Beschwerdeeinwände gegen die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses der Musiker mit der Beschwerdeführerin einzugehen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren (Stempelgebühren) war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit gemäß § 110 ASVG abzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte