VwGH 93/05/0160

VwGH93/05/016019.9.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des F in K, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. Mai 1993, Zl. MD-VfR - B XVIII - 9-11/93, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei:

B & B G.m.b.H. in W), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §364;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1976/018;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1987/028;
BauO Wr §76 Abs10 idF 1976/018;
BauRallg;
ABGB §364;
AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1976/018;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1987/028;
BauO Wr §76 Abs10 idF 1976/018;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren der Mitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

Am 14. Dezember 1989 suchte der Rechtsvorgänger der Mitbeteiligten um die Baubewilligung für ein ganz unterkellertes vierstöckiges Wohnhaus mit 14 Wohnungen und 14 Stellplätzen auf der Liegenschaft EZ 448, Grundbuch P (H-Gasse 98), an. Dem Beschwerdeführer gehört die östlich benachbarte Liegenschaft EZ 447 (H-Gasse 96). Der Liegenschaft der Mitbeteiligten westlich benachbart ist die Liegenschaft EZ 449, H-Gasse 100.

Mit dem Bauansuchen vorgelegt wurde der Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 25. September 1989 betreffend die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen. Dieser Bescheid bezog sich auf die Liegenschaften EZ 449 (Grundstücke Nr. 554/111 und .554/203) sowie auf die gegenständliche Liegenschaft EZ 448 (Grundstücke Nr. 554/110 und .554/205). Nach diesem Bescheid ergibt sich aus dem Bebauungsplan für die (beiden) Liegenschaften "Wohngebiet, Bauklasse II und die offene oder gekuppelte Bauweise, ... die Gebäudehöhe der Bauklasse II ist auf 10,50 m beschränkt ".

Mit Schreiben vom 27. April 1990 teilte die Magistratsabteilung 29 der Baubehörde mit, daß die der Magistratsabteilung 29 übermittelten, von Dipl. Ing. H.E. erstellten und von Dipl. Ing. Dr. E.W. geprüften Unterlagen über die mit Bodenvernagelungen beabsichtigte Baugrubensicherung (statische Berechnung und Plan vom März 1990 mit Prüfvermerken von Dr. E.W. vom 2. April 1990) die Zustimmung der Magistratsabteilung 29 fänden.

In seinen schriftlichen Einwendungen vom 12. April 1991 machte der Beschwerdeführer u.a. geltend, daß der Grenzverlauf zwischen den Liegenschaften des Bauwerbers und des Beschwerdeführers strittig sei. Ein schmaler Streifen, den der Bauwerber als den seinen betrachte, sei vom Beschwerdeführer ersessen worden.

Durch die geplante Bauführung sei die Sicherheit und Unversehrtheit der Liegenschaft des Beschwerdeführers nicht gewährleistet, weil ein Abrutschen nicht ausgeschlossen werden könne.

Der Bauplatz sei, wie sich schon aus dem Grundbuch ergäbe, nur 1365 m2 groß. Die bebaute Fläche werde in der Einreichplanung mit 497 m2 angegeben, weshalb die höchstzulässige Ausnützung des Bauplatzes überschritten werde.

Anläßlich der Verhandlung vom 3. Oktober 1991 wurde ein im Auftrag des damaligen Bauwerbers eingeholtes Gutachten des Dipl. Ing. M.E., Ingenieurkonsulent für Vermessungswesen, verlesen. Dort heißt es u.a.:

"Ich habe deshalb in meinem Lage- und Höhenplan (Beilage 4) die Eigentumsgrenze zwischen den Liegenschaften H-Gasse 96 und 98 in geradliniger Verbindung der Punkte 28 und 116 eingezeichnet. Dabei folgt diese Eigentumsgrenze zwischen den Punkten 28 und 277 auf eine Länge von 16,23 m dem Bestand, einer offenbar sehr alten Natursteinmauer. An deren Ende beginnt ein Maschengitterzaun, um 38 cm nach Westen versetzt, sodaß bis zum Punkt 116 die Besitzgrenze und die Eigentumsgrenze divergiert. In Punkt 116 meines Lage- und Höhenplanes liegen Naturstand und Eigentumsgrenze wieder zusammen."

Am 29. Jänner 1992 teilte der Beschwerdeführer der Baubehörde mit, daß er gegen die Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft beim Bezirksgericht Döbling eine Klage auf Zustimmung zur Einverleibung des Eigentumsrechtes einer vom Beschwerdeführer ersessenen Grundstücksfläche, hilfsweise auf entsprechende Grenzberichtigung eingebracht habe. Die Klärung des Eigentumsrechtes und die Feststellung der strittigen Grenze bilde eine Vorfrage im Bauverfahren, weshalb er gemäß § 38 AVG beantragte, das Verfahren über das Ansuchen um Bewilligung des Neubaues bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage auszusetzen.

Mit Schreiben vom 6. August 1992 gab der Beschwerdeführer an, daß die Bauliegenschaft nicht, wie angegeben, 1450 m2, sondern wegen einer (im Jahr 1905 erfolgten Abtrennung eines 2,13 m breiten Streifens zur Liegenschaft EZ 449) nur 1365 m2 groß sei. Diese Fläche würde sich noch um die aufgrund eines allenfalls zu seinen Gunsten ergehenden Gerichtsurteils ihm zuzuschreibende Fläche reduzieren.

In der Folge erwarb die Mitbeteiligte einen 90 m2 großen Streifen von der Nachbarliegenschaft EZ 449. Mit Bescheid vom 31. August 1992 bewilligte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, die Abteilung u.a. der Grundstücke 554/110 und 554/205, inneliegend in EZ 448 sowie der Grundstücke 554/111 und 554/203, inneliegend in EZ 449, nach den Teilungsplänen des Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen Dipl. Ing. M.E., auf die Bauplätze bestehend aus den provisorischen Grundstücken 554/203 sowie 554/205, und genehmigte einschließlich der im Teilungsplan mit dieser Abteilung vorgesehenen Ab- und Zuschreibung die beantragte Abteilung. Vorgeschrieben wurde, daß die genehmigten Bauplätze als solche im Grundbuch anzumerken sind.

Der Bauverhandlung vom 11. Jänner 1993 lag bereits ein aktueller Grundbuchsauszug zugrunde. Danach beinhaltete die EZ 448 nur mehr das Grundstück Nr. 554/205 mit einer Gesamtfläche von 1455 m2 und wies die Bauplatzeigenschaft auf. Der Beschwerdeführer wendete ergänzend ein, daß die Bauwerberin nicht um Bekanntgabe der Baubauungsbestimmungen gemäß § 9 Abs. 1 lit. b BO angesucht habe, obwohl eine Grundaufteilung durchgeführt worden sei. Von den grundbücherlich ausgewiesenen 1455 m2 seien die streitverfangenen Flächen im Ausmaß von 16 bis 17 m2 in Abzug zu bringen.

Weiters wurde eingewendet, daß sich auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers ein alter Baumbestand befände, der durch die Tiefe des Gebäudes in Mitleidenschaft gezogen werde, sodaß die Bäume bei stärkerem Wind umfallen und die Sicherheit für das Gebäude bzw. Personen auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers nicht gegeben sei. Der Bauwerberin müsse daher ein ausreichender Abstand bei einer Bauführung aufgetragen werden.

Da zur letztgenannten Verhandlung andere Nachbarn nicht geladen waren, wurde für diese eine neuerliche Verhandlung für den 9. Februar 1993 anberaumt. Der Beschwerdeführer war zwar nicht geladen, erfuhr aber davon und beantragte eine Verlegung, weil er in der Energiewoche verreisen werde.

Mit Bescheid vom 10. Februar 1993 erteilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, die begehrte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen. Die Einwendungen der Nachbarn wurden teils ab-, teils zurückgewiesen bzw. auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Die Baubehörde erster Instanz ging von der grundbücherlich ausgewiesenen Grenze und damit von einer Bauplatzgröße von 1455 m2 ohne jeden Abzug aus.

In der dagegen erstatteten Berufung wiederholte der Beschwerdeführer seinen Standpunkt, daß die gegenständliche Bauführung in sein Eigentumsrecht eingreife, weil Teilflächen der Liegenschaft H-Gasse 98 von ihm ersessen worden seien. Dadurch sei auch dem Erfordernis der Drittelbebauung nicht entsprochen worden. Aufgrund des Urteils des Bezirksgerichtes Döbling vom 30. Dezember 1992 stehe die Ersitzung des Flächenstückes zwischen den Vermessungspunkten 116

(= 116/108,67) - 277-278-116 fest, sodaß sich die Fläche des Baugrundstückes um diese 7,35 m2 verringere. Dem Beschwerdeführer stünden aber weiters rund 9 m2 Mauerfläche zwischen den Vermessungspunkten 278 - 277 und der H-Gasse zu, sodaß nur mehr eine Grundstücksfläche von 1438,65 m2 auf dem Baugrundstück verbleibe. Mit der verbauten Fläche von 480,18 m2 werde das Gebot der Drittelbebauung nicht mehr eingehalten.

Neuerlich wurde in der Berufung gerügt, daß die Baubewilligung auf keinem gültigen Bescheid über die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen beruhe. Durch die Zuschreibung von Teilstücken im Gesamtausmaß von 90 m2 sei die gegenständliche Liegenschaft nicht mehr jener Bauplatz, der dem Bescheid über die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen zugrunde gelegen sei. Die Baubehörde hätte der Bauwerbernin i. S.d. § 13 Abs. 3 AVG auftragen müssen, nach der Grundaufteilung abermals um die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen anzusuchen. In diesem Zusammenhang wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß sich die Festsetzung der Schutzzone, die auch die verfahrensgegenständliche Liegenschaft erfasse, bereits im Beschlußfassungsstadium befände.

Zur Behauptung der Gefährdung seines Baumbestandes legte der Beschwerdeführer mit der Berufung schriftlich ein Sachverständigengutachten vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde u. a. die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab und bestätigte den bekämpften Bescheid. Im Gegensatz zur Baubehörde erster Instanz ging die Berufungsbehörde von einer um 7,35 m2 verminderten Bauplatzgröße aus, gelangte aber trotzdem zum Ergebnis, daß der Vorschrift des § 76 Abs. 10 BO entsprochen worden sei. Die Vorfrage, ob auch die von der H-Gasse beim Vermessungspunkt 28 zu den Punkten 278 bis 277 reichende Mauer (9 m2) der Liegenschaft des Beschwerdeführers zuzurechnen sei, beantwortete sie unter Hinweis auf ihren im Abruchsbewilligungsverfahren ergangenen Bescheid vom 27. August 1992 verneinend. Wörtlich wurde aus dem genannten Bescheid folgender Begründungsteil zitiert:

"Betrachtet man den vom nunmehrigen Berufungswerber seiner Klage beigelegten Lageplan, so fällt auf, daß zwischen der auf seiner Liegenschaft errichteten Garage und dem Zaun ein Abstand bestehen müßte. Demgegenüber weist der mit Bescheid der Magistratsabteilung 37/18 vom 24. Jänner 1956, Zl. ..., bewilligte Plan zur Errichtung einer Garage in Wien, H-Gasse 96, einen solchen Abstand zwischen der Garage und der Liegenschaftsgrenze nicht aus, wie vor allem auch die Darstellung der Ansicht in diesem Genehmigungsplan erkennen läßt. Auch der seinerzeit vorgelegt Lageplan läßt die nunmehr vom Berufungswerber behauptete Abweichung der Liegenschaftsgrenze nicht erkennen."

Im Hinblick auf die Bauplatzgröße von 1447,65 m2 und die verbaute Fläche von 480,18 m2 sei daher der Vorschrift des § 76 Abs. 10 BO entsprochen. Auch halte das Bauvorhaben den gesetzlichen Mindestabstand gemäß § 79 Abs. 3 BO von den Bauplatzgrenzen ein. Was die behaupteten Hangrutschungen betrifft, habe die Bauwerberin zu den Untergrundverhältnissen ein geologisches Gutachten von Dipl. Ing. E.W. und zur Baugrubenumschließung ein Gutachten von Dipl. Ing. H.E. vorgelegt und seien diese Gutachten vom grundbautechnischen Sachverständigen der Magistratsabteilung 29 überprüft worden. Nach diesen schlüssigen Gutachten sei die Tragfähigkeit des Untergrundes in Ansehung der Bauführung ausreichend gewährleistet.

Mit der Behauptung, durch die Bauführung würden Wurzeln der auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers stockenden Bäume beschädigt werden, könne eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte nicht geltend gemacht werden.

Auch das Vorbringen, durch die Änderung des Bauplatzes sei eine neuerliche Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen erforderlich gewesen, sei nicht begründet, "weil durch die Einbeziehung der Grundfläche in den Bauplatz keine Änderung der für die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen maßgebenden Umstände insbesondere kein Fall eingetreten" sei, für den nach § 9 Abs. 1 BO die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen zu beantragen gewesen wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht darauf verletzt, daß vom anrainenden Grundstück nicht mehr als ein Drittel verbaut werden dürfe, daß Bauten auf seinem Grund nur mit seiner Zustimmung aufgeführt werden dürften, daß keine Grundabgrabungen von seinem Grund zum Zweck der Bauführung stattfänden, daß Rutschungen durch die Baumaßnahmen nicht bewilligt würden, und in seinen verfahrensrechtlichen Rechten auf Parteiengehör, Akteneinsicht, sorgfältige Berücksichtigung des gesamten Ermittlungsverfahrens und nachvollziehbare Bescheidbegründung. Der Beschwerdeführer begehrt Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, hilfsweise wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift. Die Mitbeteiligte legte mit ihrer Gegenschrift das Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 30. Dezember 1992 und das bestätigende Berufungsurteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 22. Juni 1993 vor. Der Beschwerdeführer erstattete eine Gegenäußerung.

Vom Verwaltungsgerichtshof wurde der Akt des Bezirksgerichtes Döbling, GZ 7C 112/92b, beigeschafft. Nach dem vom Berufungsgericht bestätigten Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 30. Dezember 1992 wurden die dort beklagten Eigentümer der Liegenschaft EZ 448 schuldig erkannt, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes an der Fläche zwischen den Vermessungspunkten 277-278-116 zugunsten des dortigen Klägers (= Beschwerdeführers) einzuwilligen; das weitere Begehren, die Beklagten seien auch schuldig, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes an der Fläche zwischen den Vermessungspunkten 277-278-28 (= Mauer mit einer Grundfläche von ca. 9 m2) einzuwilligen, wurde abgewiesen. Damit ist der Grenzverlauf, wie im angefochtenen Bescheid angenommen, durch die Punkte 116-278-277-28 festgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. IV der Bauordnungsnovelle LGBl. Nr. 34/1992 und Art. II Abs. 2 der Novelle LGBl. Nr. 7/1990 ist für das vorliegende, vor dem 1. Jänner 1990 eingeleitete Bauverfahren die Bauordnung für Wien in der durch die Novelle

LGBl. Nr. 28/1987 geänderten Fassung (im folgenden: BO) anzuwenden. Gemäß § 134 Abs. 3 dritter Satz BO sind die Eigentümer (Miteigentümer) der benachbarten Liegenschaften dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre in diesem Gesetz festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berühren. Solche Rechte werden durch jene Bestimmungen begründet, die dem Schutz der Nachbarn dienen; hiezu zählen jedenfalls alle Bestimmungen des Bebauungsplanes für die Bebauung der Liegenschaft sowie alle jene Bestimmungen, die Rechte zum Schutz vor Gefahren und Belästigungen, die sich auf die Nachbargrundstücke erstrecken können, zum Inhalt haben.

Aus den Bestimmungen über die Ausnutzbarkeit der Bauplätze erwachsen, wie dies der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, subjektiv-öffentliche Nachbarrechte (siehe die Nachweise bei Hauer, Der Nachbar im Baurecht4, 217). Der Nachbar hat somit ein Recht darauf, daß entsprechend § 76 Abs. 10 BO das Ausmaß der bebauten Fläche nicht mehr als ein Drittel der Bauplatzfläche beträgt.

Das gegenständliche Vorhaben beansprucht 480,18 m2. Unter Bedachtnahme auf den Grenzverlauf, von dem die belangte Behörde ausgegangen ist und der dem Ergebnis des abgeführten Zivilprozesses entspricht, beträgt die Bauplatzgröße 1447,65 m2, sodaß ein Drittel dieser Größe (482,55 m2) nicht überschritten wird.

Der Beschwerdeführer will aber auch, daß eine ca. 9 m2 große Mauerfläche seiner Liegenschaft zugeschlagen wird, sodaß sich die Bauplatzfläche um diesen Bereich reduzieren würde und sodann dem Gebot der Drittelbebauung nicht entsprochen werden könnte. Er bekämpft die aufgrund der selbständigen Vorfragenbeurteilung durch die belangte Behörde getroffene Feststellung, daß diese Fläche nicht dem Beschwerdeführer gehört.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntis vom 20. September 1994, Zl. 92/05/0262, der Beschwerde desselben Beschwerdeführers gegen die dem gegenständlichen Bauvorhaben vorausgehende Abbruchbewilligung keine Folge gegeben. Der Gerichtshof billigte damals die selbständige Lösung der Vorfrage des strittigen Grenzverlaufes durch die belangte Behörde. Allein auf den damaligen Berufungsbescheid nimmt auch der nunmehr angefochtene Bescheid Bezug. Damals (im Bescheid vom 27. August 1992) wurde zur Klärung dieser Vorfrage u.a. ein Bauakt herangezogen, in dem der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers Bauwerber war und woraus sich eindeutige Indizien für den Grenzverlauf (Lageplan und Darstellung der Ansicht) ergaben. Anläßlich der hier am 4. März 1993 erhobenen Berufung war dem Beschwerdeführer somit längst bekannt, welche Grundlagen die belangte Behörde zur Beurteilung des Grenzverlaufes herangezogen hat; von einer "aus dem Hut gezauberten" Entscheidung kann bei dieser die Liegenschaft des Beschwerdeführers betreffenden Baubewilligung vom 24. Jänner 1956 somit keine Rede sein. Ganz im Gegenteil war die Heranziehung der Planunterlagen aus diesem Baubewilligungsakt zur Beurteilung des Grenzverlaufes durchaus geeignet. Der Verwaltungsgerichtshof hält somit auch aufgrund der vorliegenden Beschwerdeausführungen die für die Beurteilung des Nachbarrechtes maßgebliche Feststellung der Bauplatzgröße von 1447,65 m2 für unbedenklich.

Der Beschwerdeführer hat zwar von Anfang an bemängelt, daß ein Teil der geplanten Bauführung auf seinem Grund erfolge, aber erst in der Beschwerde konkretisiert, daß (im Kellergeschoß; oberirdisch wird ja die Abstandsfläche eingehalten) die Garagenwand die Grundgrenze insofern überschreite, als diese Wand in das ersessene

Dreieck 116-278-277 hineinrage. Nach wie vor wird aber nicht präzisiert, an welcher Stelle und auf welche Länge diese Überschreitung zu gewärtigen sei.

Tatsächlich befand sich, wie aus den Kellergrundrissen früherer Pläne ersichtlich, eine Garagenwand mit einer Breite von 5,30 m an der Grundgrenze, womit offenbar die - alte - Grenzlinie zwischen den Punkten 116 und 277 gemeint war. Mit seinem nunmehrigen Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer aber, daß der Austauschplan, auf den sich der Baubewilligungsbescheid bezieht (Plan Nr. 062/310 Parie C1), bei der Darstellung des Kellergrundrisses nunmehr einen Abstand zur Grenze von 30 cm aufweist. Selbst wenn es sich bei der dort eingezeichneten Grenze um die (alte) Grenze zwischen den Punkten 116 bis 277 handeln sollte, ist schon wegen der Entfernung der Garagenwand zur Maximalbreite der ersessenen Fläche (bei den Punkten 277 - 278) eine Überschreitung nicht erkennbar.

Zur Beschwerdebehauptung, es sei hinsichtlich des der Baubewilligung zugrundegelegten Bauplatzes keine Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen vorgelegen, ist folgendes auszuführen:

Die mit Bescheid vom 25. März 1989 erfolgte Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen bezog sich ja nicht nur, wie der Beschwerdeführer behauptet, auf die gegenständliche Liegenschaft EZ 448, sondern auch auf die benachbarte Liegenschaft EZ 449. Die Bauwerberin erwarb von dem in diesem Bescheid genannten Grundstück Nr. 554/111 einen 90 m2 großen Streifen. Somit lag hinsichtlich der neuerworbenen Grundfläche eine Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen vor, sodaß schon deshalb eine Verletzung des vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechtes nicht in Betracht kam.

Den diesbezüglichen Befürchtungen des Beschwerdeführers ist zu erwidern, daß hier nicht irgendeine Grundfläche einbezogen wurde, die irgendeine Widmung aufwies, sondern eine Fläche, für die nicht nur derselbe Bebauungsplan galt, sondern auf die sich auch derselbe Bescheid über die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen bezog.

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, der Berufungsbescheid begründe nicht, warum dem Amtssachverständigengutachten der Magistratsabteilung 29 gegenüber dem Privatgutachten E.W. und H.E. der Vorzug gegeben worden sei. Die belangte Behörde hätte die Richtigkeit der vorgelegten Gutachten erkennen müssen, wonach eine Rutschgefahr zu Lasten der Liegenschaft des Beschwerdeführers bestehe.

Dem ist zu erwidern, daß die behauptete Gefährdung der Liegenschaft des Beschwerdeführers den von der Bauwerberin vorgelegten Gutachten nicht entnommen werden kann. Ein Widerspruch dieser Gutachten zur Stellungnahme der Magistratsabteilung 29 liegt, wie aus dem eingangs wiedergegebenen Schreiben zu entnehmen ist, nicht vor; die belangte Behörde hat kein Gutachten bevorzugt, wenn sie in der Bescheidbegründung ausführte, daß "nach diesen schlüssigen Gutachten" die Tragfähigkeit des Untergrundes in Ansehung der Bauführung ausreichend gewährleistet sei. Von einer unzureichenden Beweiswürdigung bzw. mangelhaften Bescheidbegründung kann somit keine Rede sein.

Hinsichtlich des Vorbringens, die Bauführung beeinträchtige den Baumbestand auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers, vermag der Beschwerdeführer keine baurechtliche Bestimmung anzuführen, die von den Bauwerbern verletzt wird. Diesbezüglich ist der Beschwerdeführer auf den nachbarrechtlichen Schutz durch die Vorschriften des ABGB zu verweisen.

Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, dadurch, daß er zur letzten in der Sache stattgefundenen Bauverhandlung nicht geladen wurde, sei gegen § 41 AVG verstoßen worden. Damit hätten die übrigen Parteien des Verfahrens keine wechselseitige Kenntnis der jeweiligen Einwendungen erhalten; gerade diese wechselseitige Kenntnis könnte aber die Parteien zu noch präziseren Einwendungen anregen und insbesondere auch ein Gesamtbild ergeben, das für die Behörde zu einer anderen Entscheidung hätte führen müssen. Der Beschwerdeführer unterläßt aber konkrete Hinweise, was er bei Kenntnis der in der Verhandlung vom 9. Februar 1993 von anderen Nachbarn vorgetragenen Einwendungen - daß ihm in der Folge die Akteneinsicht in dieses Protokoll verweigert worden wäre, behauptet er nicht - vorgebracht hätte, und daß ein solches Vorbringen geeignet gewesen wäre, einen anderen Bescheid herbeizuführen. Damit legt der Beschwerdeführer die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels nicht dar.

Aus all diesen Gründen erwies sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Eine gesonderte Abgeltung des Aufwandes für die Stellungnahme eines Mitbeteiligten zu der vom Beschwerdeführer begehrten aufschiebenden Wirkung kennt das Gesetz nicht.

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