VwGH 92/08/0128

VwGH92/08/012817.1.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des K in S, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Kärnten vom 30. Oktober 1991, Zl. IVa2 7022 B, VNr. 4010 040557, betreffend Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §13;
AlVG 1977 §16 Abs1 litg;
AlVG 1977 §46 Abs1;
AlVG 1977 §46 Abs5;
AlVG 1977 §48 Abs1;
AlVG 1977 §59;
AlVG 1977 §13;
AlVG 1977 §16 Abs1 litg;
AlVG 1977 §46 Abs1;
AlVG 1977 §46 Abs5;
AlVG 1977 §48 Abs1;
AlVG 1977 §59;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht nach der Aktenlage seit längerer Zeit mit Unterbrechungen im Bezug der Notstandshilfe.

Mit Bescheid vom 10. Juli 1991 sprach das Arbeitsamt S aus, daß dem Beschwerdeführer aufgrund seines Antrages vom 3. Juni 1991 gemäß § 17 Abs. 1 in Verbindung mit § 38 und gemäß § 46 Abs. 1 in Verbindung mit § 59 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (in der Folge: AlVG) die Notstandshilfe ab 3. Juni 1991 gebühre. Nach der Begründung habe sich der Beschwerdeführer mit 7. März 1991 wegen eines Auslandsaufenthaltes vom Bezug der Notstandshilfe abgemeldet und den Anspruch auf Notstandshilfe erst am 3. Juni 1991 wieder persönlich beim Arbeitsamt geltend gemacht.

Der Beschwerdeführer erhob eine als Einspruch bezeichnete Berufung, in der er im wesentlichen vorbrachte, sich für den 7. und 8. März 1991 beim Arbeitsamt zwecks Arbeitssuche im Ausland abgemeldet zu haben. Eine Abmeldung sei nach Ansicht des zuständigen Sachbearbeiters nicht notwendig gewesen, sondern es sei ein Kontrolltermin für den 11. März 1991 vereinbart worden. Am 11. und 12. März 1991 sei das Arbeitsamt jedoch wegen eines Streiks geschlossen gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid des Arbeitsamtes bestätigt. Ein Anspruch auf Notstandshilfe bestünde gemäß § 46 Abs. 1 AlVG erst ab 3. Juni 1991. Begründend wurde ausgeführt, daß dem Beschwerdeführer am 4. März 1991 vom Arbeitsamt eine Beschäftigung bei einer Tischlerei zugewiesen worden sei. Am 6. März 1991 habe der Beschwerdeführer beim Arbeitsamt angegeben, die zugewiesene Beschäftigung nicht annehmen zu können, da er sich geschäftlich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten werde. Gleichzeitig habe er sich mit 7. März 1991 vom Notstandshilfebezug abgemeldet. Im Zuge dieser Abmeldung sei er eingehend darüber aufgeklärt worden, daß er nach Ende des Auslandsaufenthaltes sofort persönlich mit dem Arbeitsamt Kontakt aufzunehmen hätte. Für 11. März 1991 sei ihm "jedenfalls vor dem 6. März 1991" ein Kontrolltermin bekanntgegeben worden. Zu diesem Zeitpunkt sei noch nicht absehbar gewesen, daß an dem genannten Tag ein Streik der Arbeitsmarktverwaltung durchgeführt werde. Es sei jedoch für jedermann ersichtlich gewesen, daß die Geltendmachung aller Leistungen bis 15. März 1991 zu erfolgen habe, sodaß keinem anderen Kunden außer dem Beschwerdeführer Nachteile entstanden seien. Dieser habe sich erst wieder mit Schreiben vom 25. April 1991 beim Arbeitsamt gemeldet. Eine persönliche Antragstellung auf Notstandshilfe sei erst am 3. Juni 1991 erfolgt. Nach Wiedergabe der §§ 17 Abs. 1, 38, 46 Abs. 1 und 59 AlVG vertrat die belangte Behörde im wesentlichen die Auffassung, daß aufgrund des angeführten Sachverhaltes und den in der Berufung vorgebrachten Gründen spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Unzuständigkeit sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 1 AlVG gebührt, sofern sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt sind und der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gemäß § 16 ruht, das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Geltendmachung.

Nach § 38 AlVG sind soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.

Nach § 59 leg. cit. sind auf das Verfahren in Angelegenheiten der Notstandshilfe und der Sondernotstandshilfe die §§ 44 bis 57 sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 46 Abs. 1 AlVG (der erste Satz in der Fassung der AlVG-Novelle 1990, LGBl. Nr. 412) ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld vom Arbeitslosen persönlich bei dem nach seinem Wohnort, mangels eines solchen bei dem nach seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort zuständigen Arbeitsamt geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das hiefür bundeseinheitlich aufgelegte Antragsformular zu verwenden. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn das Antragsformular innerhalb der vom Arbeitsamt festgesetzten Frist beim Arbeitsamt persönlich abgegeben wurde.

Soweit in der Beschwerde zunächst unter Hinweis auf § 48 Abs. 1 AlVG die Unzuständigkeit der eingeschrittenen Behörden der Arbeitsmarktverwaltung behauptet wird, ist darauf hinzuweisen, daß die genannte Bestimmung ein Sonderverfahren zur Klärung der Frage vorsieht, ob im Zuge der Erledigung eines Antrages auf eine Leistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz strittig ist, ob die Arbeitslosigkeit die Folge einer Arbeitskampfmaßnahme im Sinne des § 13 ist. Darüber hat in erster Instanz der zuständige Verwaltungsausschuß beim Landesarbeitsamt und schließlich der Bundesminister für Arbeit und Soziales zu entscheiden. Dabei sind Arbeitskampfmaßnahmen in einem Betrieb gemeint, in dem der Arbeitslose beschäftigt ist, nicht jedoch solche bei der entscheidenden Behörde. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde gehen daher ins Leere.

Die Beschwerde erweist sich jedoch aus folgenden Überlegungen als begründet:

Dem Beschwerdeführer wurde nach Lage der Verwaltungsakten die Notstandshilfe ab 4. Jänner 1991 für 273 Tage zuerkannt. Am 6. März 1991 teilte der Beschwerdeführer dem Arbeitsamt mit, daß er am 7. März 1991 im Ausland sei. Das Arbeitsamt veranlaßte daraufhin eine Bezugseinstellung mit 7. März 1991. Mit Schreiben vom 25. April 1991 teilte der Beschwerdeführer dem Arbeitsamt mit, erstaunt gewesen zu sein, für März 1991 nur Notstandshilfe in der Höhe von S 1.390,-- erhalten zu haben. Er habe sich beim zuständigen Referenten nur für den

7. und 8. März 1991 ins Ausland abgemeldet. Um keine Tage zu verlieren, habe er bereits am 6. März 1991 einen neuen Antrag (gemeint wohl: Antragsformular) mitnehmen wollen, da er am 8. März 1991 voraussichtlich erst wieder am Nachmittag an seinem Wohnsitz eingetroffen wäre. Es sei ihm jedoch versichert worden, daß dies nicht notwendig sei. Die Kontrollmeldung sei für einen Tag festgesetzt worden, an dem es die Belegschaft der Arbeitsämter vorgezogen habe, zu streiken. Nach einem weiteren Schriftverkehr mit dem Arbeitsamt stellte der Beschwerdeführer schließlich am 3. Juni 1991 einen neuerlichen Antrag auf Notstandshilfe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde - in Bestätigung des Bescheides des Arbeitsamtes - ausgesprochen, daß dem Beschwerdeführer aufgrund des Antrages vom 3. Juni 1991 (der allerdings ausdrücklich auch auf eine "rückwirkende" Leistungsgewährung ab 7. März 1991 abzielt) ein Anspruch auf Notstandshilfe erst ab 3. Juni 1991 zustehe. Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist dabei allerdings nicht zu entnehmen, ob ein Anspruch auf Notstandshilfe vor dem 3. Juni 1991 deshalb verneint wurde, weil der Beschwerdeführer eine Kontrollmeldung für den 11. März 1991 wegen eines Streiks beim Arbeitsamt auch bis 15. März 1991 nicht eingehalten hat oder ob er sich nach einem Auslandsaufenthalt erst wieder am 3. Juni 1991 persönlich beim Arbeitsamt gemeldet hat. Für die letztere Begründungsvariante spricht etwa der Hinweis in der Begründung des Bescheides des Arbeitsamtes, wonach sich der Beschwerdeführer am 7. März 1991 wegen eines Auslandsaufenthaltes vom Bezug der Notstandshilfe abgemeldet und den Anspruch auf Noststandshilfe erst am 3. Juni 1991 wieder persönlich beim Arbeitsamt geltend gemacht habe. Auch die Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde, wonach der Arbeitslose gemäß § 46 Abs. 5 AlVG nach Wegfallen eines Ruhensgrundes (im Beschwerdefall ist dabei wohl der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Ausland gemäß § 16 Abs. 1 lit. g AlVG gemeint) den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. auf den Fortbezug neuerlich persönlich geltend zu machen hat, deuten in diese Richtung. Dabei hat die belangte Behörde jedoch übersehen, daß aufgrund der mit der AlVG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 412, eingeführten Bestimmung des § 46 Abs. 5 AlVG eine persönliche Wiedermeldung beim Arbeitsamt nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen erforderlich ist (vgl. dazu die Ausführungen im Erkenntnis vom 9. Februar 1993, Zl. 92/08/0116). Sollte der Beschwerdeführer, wie er im Verwaltungsverfahren wiederholt behauptet hat (vgl. etwa sein Schreiben an das Arbeitsamt vom 25. April 1991 und seine Berufung vom 16. Juli 1991), bereits am 6. März 1991 bekanntgegeben haben, daß er sich nur für zwei Tage bis 8. März 1991 im Ausland aufhalte, so hätte das Arbeitsamt allerdings von Amts wegen "ohne gesonderter Geltendmachung und ohne persönliche Wiedermeldung über den Anspruch zu entscheiden" gehabt (vgl. auch dazu das bereits genannte Erkenntnis vom 9. Februar 1993). Dabei hätte sich das Arbeitsamt in der Folge mit der am 11. Mai 1991 unterbliebenen Kontrollmeldung auseinanderzusetzen gehabt.

Entsprechende Feststellungen hat die belangte Behörde aufgrund ihrer verfehlten Rechtsansicht allerdings unterlassen, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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