VwGH 92/04/0260

VwGH92/04/02606.11.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des A in S, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in S, gegen den BMwA wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend die Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 10. August 1990, Zl. 5/01-30.824/3-1990, über die Verweigerung der Konzession für das Immobilienverwaltungsgewerbe, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §13 Abs5;
GmbHG §15;
GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §13 Abs5;
GmbHG §15;

 

Spruch:

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm. § 42 Abs. 4 VwGG wird die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt zu lauten hat:

"Gemäß § 175 Abs. 2 iVm. § 13 Abs. 5 GewO 1994 wird A die Bewilligung zur Ausübung des gebundenen Gewerbes der Immobilienverwalter (§ 127 Z. 20 GewO 1994) im Standort S, L-Gasse 21, verweigert."

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 10. August 1990 wurde gemäß § 25 Abs. 2 iVm. § 13 Abs. 5 GewO 1973 dem Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Konzession für das Immobilienverwaltungsgewerbe mit dem Standort S, L-Gasse 21, keine Folge gegeben und die beantragte Konzession verweigert. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, die Einsichtnahme in das Handelsregister beim Landesgericht Salzburg habe ergeben, daß der Beschwerdeführer am 3. Februar 1987 bei der damaligen "Unternehmensgruppe X GesmbH" mit dem Sitz in Salzburg zu einem einzelzeichnungsberechtigten Geschäftsführer bestellt worden sei. Der Sitz dieser Gesellschaft m.b.H. sei in der Folge von Salzburg nach Wien verlegt und die Gesellschaft im Handelsregister beim Handelsgericht Wien registriert worden (nunmehr: Unternehmensgruppe X GesmbH in Liquidation). Über das Vermögen der Unternehmensgruppe X GesmbH in Liquidation sei mit Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 24. August 1989, S n1/89, der Konkurs eröffnet worden. Es sei offenkundig, daß dem Konzessionswerber in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer ein maßgeblicher Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte der erwähnten, in Konkurs geratenen

Gesellschaft m.b.H. zugestanden sei bzw. als Liquidator noch zustehe, sodaß der Gewerbeausschließungsgrund des § 13 Abs. 5 GewO 1973 erfüllt sei.

In der gegen diesen Bescheid am 29. August 1990 erhobenen Berufung macht der Beschwerdeführer geltend, er sei zum Zeitpunkt der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der protokollierten Firma Unternehmensgruppe X GesmbH nicht mehr Geschäftsführer dieser Firma gewesen, sondern bereits vorher abberufen worden. An seiner Stelle sei Herr P zum handelsrechtlichen Geschäftsführer bestellt worden, diese Bestellung sei allerdings im Handelsregister nicht eingetragen worden. In der Folge sei Herr H zum Geschäftsführer bestellt worden. Daß die Abberufung des Beschwerdeführers im Handelsregister noch nicht durchgeführt sei, liege "offenkundig in der Sphäre des Handelsregisters Wien". Gegen die Bestellung zum Liquidator "mit einer aktenwidrigen Begründung" habe der Beschwerdeführer bereits entsprechende Schritte eingeleitet. Wäre dem Beschwerdeführer die Möglichkeit des rechtlichen Gehörs eingeräumt worden, "hätte er leichterdings nachweisen können", daß er zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung nicht Geschäftsführer der genannten Gesellschaft gewesen sei. Die Einräumung des rechtlichen Gehörs wäre insbesondere auch im Hinblick auf § 13 Abs. 3 Gewerbeordnung, wonach ein Gewerbeausschluß nicht auszusprechen sei, wenn der Konkurs durch strafgesetzwidrige Handlungen eines Dritten verursacht worden sei, erforderlich gewesen. Es könne wohl als amtsbekannt vorausgesetz werden, daß vom Landesgericht Salzburg gegen Dr. B u. a. im Zusammenhang mit dem sogenannten "X-Skandal" ein Strafverfahren anhängig und daß diesbezüglich auch vom Landtag ein Untersuchungsausschuß eingesetzt worden sei. Weiters sei notorisch, daß die Unternehmensgruppe X GesmbH nicht isoliert betrachtet werden könne und auch nicht isoliert agiert habe, sondern durch "das sogenannte Imperium" durch einen sogenannten Holding-Vertrag regiert und beherrscht worden sei. Dieser Holding-Vertrag sei im Verfahren vor dem Landesgericht Salzburg in Vorlage gebracht worden und könne, sofern dessen maßgeblicher Inhalt nicht ohnedies notorisch, bzw. durch die Ergebnisse des Landtagsuntersuchungsausschusses ebenfalls bereits amtsbekannt sei, vorgelegt werden. In diesem Zusammenhang werde hinsichtlich der Verantwortlichkeit und des maßgeblichen Einflusses die Beischaffung der Protokolle und des Berichtes des Landesuntersuchungsausschusses beantragt. Aufgrund der vom Untersuchungsausschuß des Landtages eingeholten Unterlagen ergebe sich, daß beabsichtigt gewesen sei, der Unternehmensgruppe X GesmbH im Jahre 1989 aus den erwarteten Gewinnen der Wohnungseigentumsbau-Wohnungs- und Siedlungsaktiengesellschaft, die ebenfalls zum "sogenannten Firmenimperium" gehört habe, die erforderlichen Mittel zuzuführen; diese Maßnahme sei jedoch aufgrund von Interventionen der Banken unterblieben. Wären diese Interventionen unterblieben, hätte für den Konkurs kein Anlaß bestanden.

Mit Schreiben vom 13. November 1991, GZ 313.638/1-III/5/91, brachte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten dem Beschwerdeführer zur Kenntnis, daß die Erteilung der beantragten Konzession jedenfalls von der Beantwortung der Frage abhängig sei, ob er die den Gegenstand des beim Landesgericht Salzburg zu Zl. n2/89 anhängigen Strafverfahrens bildenden strafbaren Handlungen begangen habe. Aufgrund des Umstandes, daß dieses Strafverfahren bisher noch nicht abgeschlossen worden sei und der Bundesminister im Hinblick auf den Umfang dieses Strafverfahrens zur selbständigen Beurteilung der angesprochenen Vorfrage nicht in der Lage sei, sei eine fristgerechte Erlassung eines Bescheides über die Berufung des Beschwerdeführers bisher nicht möglich gewesen und es werde in Aussicht genommen, das Berufungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluß des Strafverfahrens auszusetzen.

Mit Schriftsatz vom 23. November 1992 erhob der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde gegen den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht bezüglich seiner Berufung.

Mit Verfügung vom 11. Jänner 1993 leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 2 VwGG das Vorverfahren ein und trug der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, innerhalb einer Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen. Diese Verfügung wurde der belangten Behörde am 5. Februar 1993 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 30. April 1993 legte die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und führte aus, daß ihr eine Erlassung des Bescheides bisher nicht möglich gewesen sei. Sie wies weiters unter Bezugnahme auf § 55 Abs. 2 VwGG darauf hin, daß Gründe, die eine fristgerechte Erlassung des Bescheides unmöglich gemacht hätten, dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13. November 1991 bekanntgegeben worden seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.

Gemäß § 27 VwGG kann Säumnisbeschwerde erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden kann, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Diese Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Da die belangte Behörde den versäumten Bescheid auch innerhalb der ihr gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eröffneten Frist nicht nachgeholt hat, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.

Im Beschwerdefall ist nicht darüber abzusprechen, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens war. Mangels Sonderregelung in Übergangsbestimmungen ist daher diejenige Sach- und Rechtslage der Entscheidungsfindung zugrundezulegen, die im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegt (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 28. November 1983, Slg. Nr. 11.237/A). Im Beschwerdefall ist vom Verwaltungsgerichtshof somit die GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 anzuwenden.

Gemäß § 127 Z. 20 GewO 1994 darf das gebundene Gewerbe der Immobilienverwalter erst nach Erlangung einer Bewilligung ausgeübt werden.

Gemäß § 379 Abs. 3 GewO 1994 gelten anhängige Ansuchen um die Erteilung einer Konzession für ein Gewerbe, das nunmehr in die Gruppe der bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbe fällt, als Ansuchen um Erteilung der betreffenden Bewilligung.

Gemäß § 175 Abs. 1 GewO 1994 ist die Bewilligung für ein in § 127 angeführtes gebundenes Gewerbe zu erteilen, wenn

1. bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben (§§ 8 bis 15) keine Tatsachen vorliegen, die es zweifelhaft machen, ob der Bewerber oder, falls sich eine juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes um die Bewilligung bewirbt, eine der im § 13 Abs. 7 genannten Personen die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, und

2. die hinsichtlich der Ausübung des betreffenden im § 127 angeführten gebundenen Gewerbes allenfalls vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen erfüllt sind.

Liegt eine der im Abs. 1 angeführten Voraussetzungen nicht vor, so ist gemäß § 175 Abs. 2 GewO 1994 die Bewilligung zu verweigern.

Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 sind Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen.

Gemäß § 13 Abs. 4 GewO 1994 ist Abs. 3 nicht anzuwenden, wenn es im Rahmen des Konkursverfahrens zum Abschluß eines Zwangsausgleiches kommt und diese erfüllt worden ist.

Gemäß § 13 Abs. 5 GewO 1994 ist eine natürliche Person von der Ausübung des Gewerbes als Gewerbetreibender ausgeschlossen, wenn ihr ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person zusteht oder zugestanden ist, auf den der Abs. 3 anzuwenden ist oder anzuwenden war.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß über das Vermögen der Unternehmensgruppe X GesmbH der Konkurs eröffnet wurde und daß es im Rahmen des Konkursverfahrens zu keinem Abschluß eines Zwangsausgleiches gekommen ist. Unbestritten ist weiters, daß der Beschwerdeführer seit dem 3. Februar 1987 handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft war.

Daß ihm solcherart entsprechend den §§ 15 f GesmbHG ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte dieser Gesellschaft zukam (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1992, Zl. 92/04/0059), daran vermag der vom Beschwerdeführer behauptete Umstand, daß die Gesellschaft nicht isoliert agiert habe, sondern durch einen sogenannten Holding-Vertrag regiert und beherrscht worden sei, nichts zu ändern. Denn als Organ der Gesellschaft m.b.H. ist der Geschäftsführer der Gesellschaft, nicht aber sonstigen Personen gegenüber zur Tätigkeit verpflichtet.

Mangels eines eine andere Beurteilung gebietenden konkreten Vorbringens des Beschwerdeführers bedurfte es daher in dieser Hinsicht keiner weiteren Feststellungen zum Tatbestandsmerkmal des maßgebenden Einflusses des Beschwerdeführers auf den Betrieb der Geschäfte der genannten Gesellschaft.

Allerdings bestreitet der Beschwerdeführer, daß er im Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch Geschäftsführer der genannten Gesellschaft gewesen sei und er behauptet eine zuvor erfolgte Abberufung. Damit ist für den Beschwerdeführer im Grunde des § 13 Abs. 5 GewO 1994 allerdings nichts gewonnen. Denn nach dieser Bestimmung kommt es auf den maßgebenden Einfluß an, der zum Konkurs geführt hat, ohne Rücksicht darauf, ob dieser Einfluß im Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch bestanden hat und es besteht weder nach der Aktenlage noch nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers ein Anhaltspunkt dafür, daß die Beendigung der Funktion des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der in Rede stehenden Gesellschaft etwa in einer solchen zeitlichen Distanz zur Konkurseröffnung über das Vermögen dieser Gesellschaft gestanden wäre, daß er auf die letztlich zur Konkurseröffnung führende Geschäftstätigkeit keinen Einfluß gehabt hätte.

Aus den dargelegten Gründen sieht der Verwaltungsgerichtshof daher die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung der vom Beschwerdeführer beantragten Bewilligung zur Ausübung des bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbes der Immobilienverwalter schon in Ansehung des § 175 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 als nicht erfüllt, sodaß die Berufung des Beschwerdeführers abzuweisen, der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides jedoch der Gewerbeordnung 1994 entsprechend abzuändern war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 f, insbesondere 55 Abs. 1 VwGG iVm. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Der Hinweis der belangten Behörde, es lägen die Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 VwGG vor, trifft schon deshalb nicht zu, weil die von ihr zu beurteilende Zuverlässigkeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 nicht davon abhängig war, ob der Beschwerdeführer wegen bestimmter Handlungen in Hinkunft allenfalls strafgerichtlich verurteilt werde.

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