VwGH 90/14/0223

VwGH90/14/022331.1.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des E in U, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 2. August 1990, Zl. 30.529-3/90, betreffend Einkommensteuer 1978 bis 1983 sowie Verspätungszuschläge hinsichtlich Einkommensteuer 1978 bis 1982, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §167 Abs1;
BAO §183 Abs3;
FinStrG §7 Abs1;
FinStrG §7;
BAO §167 Abs1;
BAO §183 Abs3;
FinStrG §7 Abs1;
FinStrG §7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nachdem im Laufe einer im Jahr 1988 im Hotelbetrieb der Ehegattin des Beschwerdeführers durchgeführten Betriebsprüfung bekannt geworden war, daß für Schuldtilgungen in diesem Hotelbetrieb in Höhe von rund S 7,000.000,-- ein bisher steuerlich nicht einbekanntes Sparbuch des Beschwerdeführers gedient hatte, wurde auch bei diesem am 1. Juni 1988 eine abgabenbehördliche Prüfung angeordnet. An Einkünften aus Kapitalvermögen ergaben sich dabei laut Betriebsprüfungsbericht vom 5. Oktober 1988 (vor Abzug des Freibetrages nach § 27 Abs. 4 EStG 1972) 1978 S 341.495,--, 1979 S 314.863,--, 1980 S 375.632,--, 1981 S 326.360, 1982 S 1,016.019,-- und 1983 S 54.373,--. Aufgrund dieser Feststellungen kam es mit Bescheiden jeweils vom 29. November 1988 für den Beschwerdeführer erstmals zu Einkommensteuerveranlagungen für die Jahre 1978 bis 1983. Unter Berücksichtigung der nichtselbständigen Einkünfte des Beschwerdeführers resultierten daraus für die Jahre 1978 bis 1982 Einkommensteuernachzahlungen in Höhe von S 121.443,--, S 119.843, S 151.753,--, S 122.301,-- und S 522.959,--; für 1983 ergab sich unter Anrechnung der Lohnsteuer (§ 46 Abs. 1 EStG 1972) eine Gutschrift von S 228,--. Für die Jahre 1978 bis 1982 wurden wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen Verspätungszuschläge nach § 135 BAO in Höhe von jeweils 10 v.H. der festgesetzten Abgaben vorgeschrieben.

In der Berufung vom 29. Dezember 1988 wurde geltend gemacht, das Recht, die Einkommensteuer für die Jahre 1979 bis 1982 festzusetzen, sei verjährt. Straftatbestände für die Annahme der verlängerten Verjährungsfrist von zehn Jahren nach § 207 Abs. 2 BAO seien von der Abgabenbehörde nachzuweisen. Dieser Nachweis sei nicht erbracht worden, wobei auf "das Anbringen vom 5.9.1988" über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers sowie auf die beiden fachärztlichen Gutachten vom 4. Februar 1982 und vom 5. Jänner 1986 verwiesen werde. Die ersatzlose Aufhebung aller bekämpften Steuerbescheide (wobei hier in der Berufungsschrift auch der Einkommensteuerbescheid 1983 angesprochen wird) werde beantragt.

In dem (im Zuge des Betriebsprüfungsverfahrens beigebrachten) Schreiben vom 5. September 1988 ist davon die Rede, der Beschwerdeführer leide an einer psychischen Erkrankung, die seit dem Jahr 1975 eine ständige psychiatrische Behandlung mit dauernder "schwerer" Medikamenteneinnahme erforderlich gemacht habe. Insbesondere im Prüfungszeitraum 1978 bis 1983 habe sich ein "Vollbild der Manie" entwickelt, das dem Beschwerdeführer nicht erlaubt habe, seinen persönlichen Verpflichtungen, und damit auch der Abgabe der Steuererklärungen, ordnungsgemäß nachzukommen. Aus zwei gerichtsmedizinischen Gutachten gehe hervor, daß über entsprechende Zeiträume eine Aufhebung oder Verminderung der Zurechnungsfähigkeit beim Beschwerdeführer gegeben gewesen sei. Dadurch sei ein vorsätzliches Handeln nach § 8 Finanzstrafgesetz auszuschließen und die Unterstellung einer Abgabenhinterziehung unzulässig.

In dem von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen für Psychiatrie und Neurologie erstellten Gutachten vom 4. Februar 1982 (richtig wohl: 1983) war die Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt eines am 23. August 1982 erfolgten Warenhausdiebstahls zu beurteilen. Dem Gutachten ist zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer seit dem Jahr 1977 an manischen Krankheitszuständen, die in den Bereich einer manisch-depressiven Psychose gehörten, leide. Der Beschwerdeführer, der mit 21 Jahren Volksschuldirektor geworden sei, sei 1973 wegen "persönlicher Feindschaft mit einigen Personen" aus dem Schuldienst ausgeschieden und seither im Hotel seiner Gattin als Geschäftsführer tätig. 1977 und 1979/1980 sei es jeweils zu einigen Wochen stationärer Aufenthalte in psychiatrischen Anstalten gekommen. Der Beschwerdeführer nehme regelmäßig Psychopharmaka ein, insbesondere ein Prophylaktikum, damit es nicht zum Auftreten von manischen oder depressiven Phasen komme. Im "Zeitraum seines Deliktes" habe der Beschwerdeführer jedoch das für ihn unentbehrliche Medikament weggelassen. Es sei daher auch prompt zum Auftreten einer depressiven Phase gekommen, die zum Zeitpunkt des Vorfalles am 23. August 1982 zu einer Verfassung geführt habe, die "forensisch-psychiatrisch mit einer Aufhebung der Zurechnungsfähigkeit" verbunden gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Befundaufnahme (16. Dezember 1982) habe der Beschwerdeführer angegeben, seit dem Tatzeitpunkt im August 1982 wieder das Dauermedikament einzunehmen, um so auch dem Begehen weiterer strafbarer Handlungen vorzubeugen.

Das ebenfalls vom Erstgutachter erstellte Gutachten vom 5. Jänner 1986 betraf die Frage der Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers hinsichtlich eines neuerlichen Warenhausdiebstahls am 16. September 1985 und eines "während der letzten 6 Monate" erfolgten "Schmuggels von Lebensmitteln" aus einem Kaufhaus. Im Rahmen des Untersuchungsbefundes führte der Sachverständige aus, es könne noch nicht von einem manischen Zustandsbild gesprochen werden. Der Beschwerdeführer habe "gute wendige Ausdrucksweise, gute Intelligenz, die sicher über dem Durchschnitt liegt, Gedankenabläufe geordnet, Anhaltspunkte für Denkstörungen, Wahnbildungen oder Sinnestäuschungen fehlen". Das Gutachten, das sich auch ausführlich mit dem bisherigen Krankheitsverlauf und dem psychischen Zustandsbild des Beschwerdeführers beschäftigt, schließt mit den Feststellungen, es sei anzunehmen, daß im Gefolge der nunmehr doch schon seit vielen Jahren bestehenden Erkrankung ein "leichter Defektzustand" vorhanden sei. Eine Verminderung des Kritikvermögens und der Hemmungsvorgänge aufgrund dieses Defektzustandes sei dem Beschwerdeführer auch für den "strafgegenständlichen Zeitraum" zuzubilligen. Es wäre aber lediglich berechtigt, forensisch-psychiatrisch eine Verminderung der Zurechnungsfähigkeit anzunehmen. Es wäre noch nicht gestattet, bereits eine Aufhebung der Zurechnungsfähigkeit in diesem Zeitraum annehmen zu dürfen.

Nach abweisender Berufungvorentscheidung erging - nach Durchführung eines weiteren Ermittlungsverfahrens und Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat - die nunmehr angefochtene Entscheidung, in der sich die belangte Behörde eingehend mit den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens auseinandersetzte und der Berufung insgesamt keine Folge gab. Unbestritten sei, daß der Beschwerdeführer sein Kapitalvermögen und seine daraus fließenden - beträchtlichen - Erträge niemals einbekannt habe. Dies offenbar auch bereits zu einer Zeit, als dieser (bis 1973) noch in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Volksschuldirektor gestanden sei. Nachdem er schon seit 1963 im Betrieb seiner Ehegattin "mittätig" gewesen sei und beispielsweise die "Lohnverrechnung nebenbei" gemacht habe, sei er seit Aufgabe des Lehrberufes für das Rechnungswesen und das Büro des Betriebes der Ehegattin verantwortlich und bei dieser als Angestellter gemeldet. Nach Erbringung eines Befähigungsnachweises sei im Jahr 1976 die Genehmigung zur Bestellung des Beschwerdeführers zum Geschäftsführer des Gastbetriebes gemäß § 39 Gewerbeordnung (und zwar bislang aufrecht) erteilt worden. Auf dem Gebiete der Buchhaltung und des Steuerrechts habe er zwar keine spezielle Ausbildung absolviert, sich die dazu erforderlichen Kenntnisse nach den niederschriftlichen Aussagen seiner Gattin in einem Steuerstrafverfahren aus dem Jahr 1982 jedoch "in der Praxis und mit WIFI-Kursen angeeignet". Nach den beiden Gerichtsgutachten und den vorgelegten Bestätigungen habe sich der Beschwerdeführer vom 14. Mai bis 2. Juni 1977 sowie vom 27. Oktober bis 28. November 1979 wegen manischer Phasen seiner Erkrankung in stationärer Behandlung befunden. Die Behauptung des Beschwerdeführers, in den Berufungsjahren 1978 bis 1983 habe sich "ein Vollbild der Manie entwickelt", finde in den beiden Gutachten nicht die geringste Stütze. Der Beschwerdeführer habe im Rahmen der Gutachtenserstellungen am 16. Oktober 1982 und 7. Dezember 1985 zur Medikamenteneinnahme auch erklärt, dieser "höchstens abgesehen von vereinzelten Tagen" auch nachgekommen zu sein. Konkrete Angaben (und Nachweise) über vom Beschwerdeführer u.a. behauptete "verschiedenste Krankheitsbilder und Zustandsphasen" seien trotz hiezu gebotener Gelegenheit, beispielsweise in der mündlichen Verhandlung, nicht erfolgt. Aus den Gutachten sei nicht zu entnehmen, daß dem Beschwerdeführer die Fähigkeit genommen gewesen wäre, den Unrechtsgehalt von in der Nichtabgabe von Abgabenerklärungen für 1978 bis 1983 gelegenen Unterlassungen in einer für das Vorliegen von bedingtem Vorsatz hinreichenden Weise einzusehen oder pflichtgemäß zu handeln. Zur Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Verpflichtungen hätte es auch nicht eingehender Darlegungen und Berechnungen bedurft, sondern wäre lediglich die Bekanntgabe der in den einzelnen Jahren gutgeschriebenen Kapitalerträge ausreichend gewesen. Der Beschwerdeführer habe aktenkundig für das Unternehmen seiner Ehegattin Umsatzsteuervoranmeldungen gezeichnet und beim Finanzamt eingereicht. Einem in der Lohnverrechnung (Buchhaltung) und damit zweifellos in den Grundzügen des Abgabenrechts hinreichend erfahrenen Buchhalter habe die Steuerpflicht der beträchtlichen laufenden Gutschriften von Kapitalerträgen bekannt sein müssen. Dafür, daß der Beschwerdeführer eine Abgabenverkürzung hinzunehmen gewillt gewesen sei, spreche auch, daß er in einem Antrag auf Durchführung eines Jahresausgleiches für das Jahr 1982 erklärt habe, keine anderen Einkünfte zu erzielen. Die weiters "auf Anraten der Volksbank" bereits am 6. Juli 1981 erfolgte Veranlagung eines Großteiles des auf dem Sparbuch befindlichen Vermögens (rund S 6,000.000,--) in Wertpapieren, "um eine höhere Verzinsung zu erreichen", spreche ebenfalls für eine Dispositionsfähigkeit des Beschwerdeführers gerade in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Wenn der Beschwerdeführer zwar "brauchbare" Unterlagen hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen seiner Gattin im Zuge der Betriebsprüfung nicht habe vorlegen können, folge daraus noch nicht, daß solche nicht geführt worden seien, weil diese auch - aus irgendwelchen Gründen - auch nur nicht vollständig aufbewahrt worden sein könnten. Ob der Beschwerdeführer im Unternehmen seiner Gattin tatsächlich eine "Führungsposition" inne gehabt habe, wie dies im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz bestritten werde, könne dahingestellt bleiben. Aufgrund der eingehenden Krankengeschichten und Befunde in den bereits vorliegenden zwei Gutachten sei die vom Beschwerdeführer beantragte Einvernahme des Hausarztes des Beschwerdeführers sowie die Einholung eines weiteren psychiatrischen Gutachtens über den Zeitraum 1978 bis 1985 nicht erforderlich, zumal auch von einem im Jahr 1990 in Auftrag gegebenen Gutachten weitere Aufschlüsse über das damalige Krankheitsbild und den Krankheitsverlauf in entscheidungswesentlicher Hinsicht nicht zu erwarten seien. Der Beschwerdeführer sei in seiner zivilrechtlichen Geschäfts- und Deliktsfähigkeit zu keiner Zeit rechtlich eingeschränkt gewesen.

In der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid "seinem gesamten Inhalte nach" wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes angefochten.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der §§ 207 ff BAO der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt - abgesehen von bestimmten Ausnahmen - allgemein fünf, bei hinterzogenen Abgaben und Beiträgen zehn Jahre; das Recht, einen Verspätungszuschlag oder Abgabenerhöhungen anzufordern, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe (§ 207 Abs. 2 BAO). Die Verjährung beginnt nach § 208 Abs. 1 lit. a BAO in den Fällen des § 207 Abs. 2 leg. cit. grundsätzlich mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist (§ 4 BAO).

Der Abgabenanspruch für die Einkommensteuer 1983 entstand nach § 4 Abs. 2 lit. a Z. 2 BAO mit Ablauf des Kalenderjahres 1983, sodaß die allgemeine Verjährungsfrist von fünf Jahren nach § 207 Abs. 2 BAO mit Ablauf des Jahres 1988 endete. Die mit Bescheid vom 29. November 1988 erfolgte Festsetzung der Einkommensteuer 1983 war daher - wie im Hinblick auf den Beschwerdepunkt entgegen der in der Gegenschrift geäußerten Auffassung im Rahmen der meritorischen Prüfung festzuhalten ist - auch nach den allgemeinen Verjährungsbestimmungen zulässig. Insoweit konnte die Beschwerde daher mit ihren Ausführungen zur "unterstellten Abgabenhinterziehung" jedenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen.

Nach § 33 Abs. 1 Finanzstrafgesetz macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Die Abgabenhinterziehung in bezug auf die nicht erklärten Kapitalerträge steht im Beschwerdefall in objektiver Hinsicht nicht in Streit; zur subjektiven Tatseite wird vom Beschwerdeführer jedoch vorgebracht, wegen fehlender (finanz)strafrechtlicher Zurechnungsfähigkeit sei die belangte Behörde zu Unrecht von (bedingtem) Vorsatz ausgegangen.

Wer zur Zeit der Tat wegen einer Geisteskrankheit, wegen Schwachsinns, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer anderen schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, handelt nach § 7 Abs. 1 Finanzstrafgesetz nicht schuldhaft.

Ein die Schuld ausschließendes Fehlen der Zurechnungsfähigkeit (Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit) ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn der (Ausnahme)Zustand des Betroffenen so intensiv und ausgeprägt ist, daß sein Persönlichkeitsbild zerstört ist. Die Frage der Zurechnungsfähigkeit ist eine Tatfrage, deren Beurteilung Ergebnis der freien Beweiswürdigung ist und die nicht nur medizinisch, sondern auch rechtlich - unter dem Blickwinkel der Sinnhaftigkeit strafrechtlicher Reaktionen - zu erfolgen hat (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. März 1986, 86/16/0004, vom 15. März 1988, 87/14/0193, und vom 24. November 1994, 93/16/0146, sowie Fellner, Finanzstrafgesetz, Anm. 3 f zu § 7 Finanzstrafgesetz).

Im psychiatrischen Gutachten vom 5. Jänner 1986 wird zwar aufgrund der seit vielen Jahren bestehenden manisch-depressiven Erkrankung ein "leichter Defektzustand" beim Beschwerdeführer diagnostiziert, der allerdings nur berechtige, eine Verminderung der Zurechnungsfähigkeit anzunehmen. Diese gegen das Vorliegen einer Zerstörung des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers sprechende Beurteilung wird im Grunde durch das Vorgutachten vom 4. Februar 1982 (richtig wohl: 1983) bestätigt. Wird doch auch in diesem Gutachten nur eine ausnahmsweise - wegen unterbliebener Medikamenteneinnahme - gegebene Unzurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers im Zeitpunkt seines Warenhausdiebstahls im August 1982 angenommen.

Wenn daher die belangte Behörde unter Bedachtnahme auf die weiteren, vom Beschwerdeführer auch nicht substantiell bestrittenen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid, beispielsweise zur Ausbildung, Tätigkeit und zivilrechtlichen Handlungsfähigkeit des Beschwerdeführers, den Schuldvorwurf hinsichtlich der in Rede stehenden, auch keine "Augenblickstaten" darstellenden Hinterziehungsdelikte bejahte, kann darin weder ein Verstoß gegen Denkgesetze noch gegen allgemeines menschliches Erfahrungsgut erblickt werden.

Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt der Beschwerdeführer vor allem darin, daß seinem Antrag auf Beweisaufnahme vom 23. Juli 1990 nicht nachgekommen worden sei.

Dieser Beweisantrag lautete wie folgt:

"Mit Wirkung zum 26.07.1990 wurde eine mündliche Verhandlung über unsere Berufung vom 29.12.1988 anberaumt.

Aufgrund der Diktion in der Berufungsvorentscheidung vom 16.03.1989 und des Vorhaltes der Finanzlandesdirektion für Tirol sind wir zu Auffassung gelangt, daß die Finanzbehörde I.

und II. Instanz sich über die Krankheitsbilder der manischen

Depression im allgemeinen und im besonderen bei unserem

Mandanten k e i n e n genügenden Überblick verschafft

haben.

Daher beantragen wir, den Arzt des Herrn G...,

Herrn Doktor .... als Zeugen zu laden.

Des weiteren beantragen wir ein ergänzendes Gutachten des

Herrn Doktor P... über den seinerzeitigen Geisteszustand (1977

bis 1985) unseres Mandanten."

Gemäß § 183 Abs. 3 BAO sind von den Parteien beantragte Beweise aufzunehmen, soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 167 Abs. 1 zu entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist u.a. abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind.

Entscheidend für einen Beweisantrag ist vor allem die Angabe des Beweismittels und des Beweisthemas, also der Tatsachen und Punkte, die durch das angegebene Beweismittel geklärt werden sollen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. März 1993, 92/14/0182). Erheblich ist ein Beweisantrag jedoch nur dann, wenn Beweisthema eine Tatsache ist, deren Klärung, wenn sie schon nicht (sachverhalts-)erheblich ist, zumindest mittelbar beitragen kann, Klarheit über eine (sachverhalts-)erhebliche Tatsache zu gewinnen (vgl. dazu Stoll, BAO-Kommentar, 1891, sowie Sommergruber/Reger, Das Finanzstrafgesetz-mit Kommentar, 582).

Der Antrag vom 23. Juli 1990 war bloß allgemein gehalten (Verschaffung eines "genügenden Überblickes" über das Krankheitsbild und ergänzendes Gutachten - des bereits die Vorgutachten erstellt habenden Gutachters - über den seinerzeitigen Geisteszustand 1977 bis 1985, wobei hier auch nicht gesagt wird, welcher Art dieser Zustand in Ansehung der angenommenen Begehung einer Abgabenhinterziehung gewesen sein soll). Die belangte Behörde hat dessen Sachverhaltserheblichkeit daher nicht zu Unrecht verneint. Sie konnte somit, ohne Verfahrensvorschriften zu verletzen, von der beantragten Einholung eines "ergänzenden Gutachtens" und Einvernahme des Hausarztes absehen.

Die Beschwerde erweist sich damit insgesamt - zur Frage der Verspätungszuschläge hat der Beschwerdeführer keine eigenständigen Argumente vorgetragen - als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

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