VwGH 94/19/0041

VwGH94/19/004117.2.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Stöberl und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des E in V, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Juli 1992, Zl. 4.325.647/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Juli 1992 wurde die Berufung gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg, mit dem ausgesprochen worden war, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem Staatsangehörigen Ghanas, der am 11. Mai 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist - kein Asyl gewähre, abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat anläßlich seiner Erstbefragung am 2. August 1991 bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich angegeben, er sei vorbestraft und würde in seinem Heimatland gesucht. Er sei bei einem Major des Militärs als Privatfahrer angestellt gewesen. Am 2. Oktober 1990 habe er von diesem den Auftrag erhalten, einige Pakete an einer bestimmten Adresse abzugeben. Auf der Fahrt dorthin sei er von der Polizei angehalten und kontrolliert worden, wobei bei der Durchsuchung des Fahrzeuges Waffen gefunden worden seien. Er und sein Arbeitgeber seien festgenommen, sein Arbeitgeber sei geschlagen worden; der Beschwerdeführer glaube, daß sein Arbeitgeber auch umgebracht worden sei. Er selbst sei bis 28. März 1991 inhaftiert gewesen. Ein bekannter Wärter habe ihm dann zur Flucht verholfen. Er fühle sich schuldlos, da er nicht gewußt habe, was er transportiere.

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg stellte mit Bescheid vom 8. Jänner 1992 fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei.

In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid führte der Beschwerdeführer weiters aus, in seinem Heimatland würden Menschen jahrelang ohne Gerichtsverfahren in Haft gehalten. Er hätte demnach gar keine Möglichkeit gehabt, seine Unschuld zu beweisen. Er sei nur bei seiner Verhaftung verhört worden. Sein Rechtsanwalt habe ihm wenig Hoffnung gemacht, indem er angedeutet habe, er könne die Todesstrafe erleiden. Seine Verfolgung sei sehr wohl politisch motiviert, in seinem Heimatland würden laufend Menschenrechtsverletzungen stattfinden, er habe keine Aussicht auf ein faires Gerichtsverfahren gehabt, da politische Gegner nicht mit einem fairen Verfahren rechnen könnten. Niemals hätte er beweisen können, daß er kein politisch aktiver Gegner gewesen sei.

Im nunmehr angefochtenen Bescheid gelangte die belangte Behörde zu dem Schluß, daß das "durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere auch die niederschriftliche Einvernahme, keine Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, daß der Beschwerdeführer Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei". Die Anhaltung durch die Behörden Ghanas sei auf Grund der dortigen Gesetzeslage erfolgt; der Beschwerdeführer sei bei einem Delikt betreten worden, was die Tätigkeit der Behörde ausgelöst habe. Die vom Beschwerdeführer als "Verfolgung" dargestellten Handlungen hätten sich in derselben Situation auch gegen jede andere Person gerichtet, weshalb die geschilderten Begebenheiten nur als kriminalistische Ermittlungstätigkeit betrachtet werden könnten, dadurch werde ein Verfolgungstatbestand im Sinne des § 1 Abs. 1 AsylG 1991 nicht verwirklicht. Auch wenn Strafvorwürfe zu Unrecht erhoben würden, begründete dies allein noch nicht die Annahme eines politischen Aspektes des Verfahrens; es sei vielmehr dem Betroffenen auch in diesem Falle zuzumuten, sich wie jeder andere Staatsbürger dem Gericht zu stellen und die erhobenen Vorwürfe zu entkräften. Darüberhinaus sprach die belangte Behörde dem Vorbringen des Beschwerdeführers die Glaubwürdigkeit ab.

Dem Beschwerdeführer ist insoweit zuzustimmen, wenn er diesbezüglich die Beweiswürdigung der belangten Behörde als unschlüssig rügt. So ist die Annahme, das Vorbringen des Beschwerdeführers sei deshalb unglaubwürdig, weil dieser in seiner Einvernahme am 5. November 1991 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich zunächst (Punkt 7) angegeben habe, vorbestraft zu sein, wenig später in derselben Einvernahme (unter Punkt 16) jedoch behauptet habe, keinem Gerichtsverfahren unterzogen worden zu sein, nicht zwingend, ist es doch - trotz des Verweises auf Punkt 16 im Anschluß an Punkt 7 der Niederschrift - durchaus möglich, daß der Beschwerdeführer wegen eines anderen, als dem in Punkt 16 geschilderten Sachverhalts tatsächlich strafrechtlich verurteilt wurde. Zumindest aber hätte ein allfälliger Widerspruch diesbezüglich der Aufklärung bedurft.

Es ist weiters nicht nachvollziehbar, weshalb es die belangte Behörde als unglaubwürdig wertete, daß dem Beschwerdeführer ein ihm bekannter Wächter zur Flucht verholfen haben solle; auch hier kann dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht von vornherein im Hinblick auf die von der belangten Behörde erwähnten, aber diesbezüglich nicht näher dargelegten Zustände in Ghana jede Glaubwürdigkeit abgesprochen werden.

Ebensowenig kann die Tatsache, daß der Beschwerdeführer ein Schreiben seines Rechtsanwaltes nicht vorlegen konnte, als für ihn nachteilig gewertet werden, zumal im Asylverfahren zur Bestätigung des Vorbringens des Asylwerbers kein Nachweis durch Urkunden zu erbringen ist. Tatsachenvorbringen des Asylwerbers müssen nicht bewiesen werden, vielmehr genügt ihre Glaubhaftmachung (vgl. nur das Erkenntnis vom 4. Oktober 1989, Zlen. 89/01/0245, 0246).

Die aufgezeigten Verfahrensmängel sind jedoch nicht wesentlich und führen im Ergebnis nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, da die belangte Behörde, wäre sie auch vom Vorbringen des Beschwerdeführers ausgegangen, nicht zu einem anderen Bescheid hätte kommen können:

Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 - dieses Gesetz hatte die belangte Behörde gemäß § 25 Abs. 2 AsylG 1991 anzuwenden - ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Der Beschwerdeführer hat nun im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht, als Fahrer eines Offziers wegen des unerlaubten Transportes von Waffen verfolgt worden zu sein. Wie die belangte Behörde zutreffend festgehalten hat, kann darin für sich allein keine Verfolgung aus einem der in § 1 Z. 1 AsylG 1991 genannten Gründe gesehen werden. Daß der Waffentransport dem Beschwerdeführer etwa im Zusammenhang mit einer bestimmten politischen Gesinnung zur Last gelegt worden wäre, läßt sich den Angaben des Beschwerdeführers nicht entnehmen.

Das erstinstanzliche Verfahren ist aber im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers auch nicht wegen eines Verstoßes gegen § 16 AsylG 1991 offenkundig mangelhaft (§ 20 Abs. 2 AsylG 1991) geblieben, da die Manuduktionspflicht im Asylverfahren nicht soweit reicht, den Asylwerber zu einem Vorbringen hinsichtlich möglicher Asylgründe anzuleiten, für die sich in den Angaben des Asylwerbers keinerlei Hinweise finden.

Die vom Beschwerdeführer ausgesprochene Befürchtung seiner Rückschiebung (§ 37 Fremdengesetz) ist nicht Gegenstand des Verfahrens über die Asylgewährung.

Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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