VwGH 94/19/0032

VwGH94/19/003225.11.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl, Dr. Holeschofsky und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Dezember 1993, Zl. 4.331.860/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §2 Abs2 Z1;
FlKonv Art1 AbschnC Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z1;
FlKonv Art1 AbschnC Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. Dezember 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen von Bangladesch, der am 23. Juni 1991 in das Bundesgebiet eingereist war und am 26. Juni 1991 einen Asylantrag gestellt hatte - gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 18. März 1992 abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde hat ihren Bescheid ausschließlich auf die Bestimmung des § 2 Abs. 2 Z. 1 AsylG 1991 gestützt. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers in seiner niederschriftlichen Befragung vom 8. November 1993 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien aus, wonach er sich am 18. März 1992 bei der Botschaft seines Heimatlandes in Bonn einen Reisepaß ausstellen habe lassen. Daraus folge, daß sich der Beschwerdeführer freiwillig wieder unter den Schutz seines Heimatlandes gestellt habe, weshalb Art. 1 Abschnitt C Z. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention auf den Beschwerdeführer anwendbar sei. Die Ausstellung eines Reisepasses sei eine der Formen, in denen ein souveräner Staat seinen im Ausland weilenden Bürgern seinen Schutz angedeihen lasse; durch die Innehabung eines solchen Passes werde nämlich dokumentiert, daß es sich bei der betreffenden Person nicht um einen Staatenlosen handle, sondern um eine solche, hinter der ein Völkerrechtssubjekt stehe, welches ihr konsularischen und diplomatischen Schutz angedeihen lassen könne und würde. In der Ausstellung eines Reisepasses manifestiere sich staatlicher Schutz. Durch die Antragstellung habe der Beschwerdeführer den Schutz seines Heimatlandes begehrt und durch die Ausfolgung des Dokumentes auch tatsächlich erhalten.

Der Beschwerdeführer wendet sich unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides gegen diese Ansicht der belangten Behörde. Er stellt die Tatsache der Ausstellung eines Reisepasses über seinen Antrag - wie von der belangten Behörde angenommen - nicht in Frage, bringt jedoch vor, daß er nur durch einen Freund versucht habe, bei der Botschaft seines Heimatstaates in Bonn einen Paß zu erhalten; er habe die Botschaft überhaupt nicht betreten. Auch dürfe aus der Tatsache der Ausfolgung eines Reisepasses noch nicht gefolgert werden, daß der betreffende Staat tatsächlich willens sei, auch von ihm verfolgten Staatsangehörigen entsprechenden Schutz zu gewähren.

Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 1 AsylG 1991 wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er unter Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention fällt.

Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention nimmt Personen aus dem Anwendungsbereich der Konvention aus, wenn sie (Z. 1) sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt haben.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt im Zusammenhang mit der Auslegung der hier in Rede stehenden Bestimmungen die Ansicht der belangten Behörde, daß die Ausstellung eines Reisepasses in der Regel - soferne nicht im konkreten Einzelfall ein dieser rechtlichen Beurteilung entgegenstehender Sachverhalt aufgezeigt wird - als eine der Formen angesehen werden muß, mit denen ein Staat seinen Angehörigen Schutz gewährt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung - zum Asylgesetz (1968), das unter anderem den in Rede stehenden Ausschlußgrund umfaßte - bereits ausgesprochen, daß in der Antragstellung auf Verlängerung eines Reisepasses eine Inanspruchnahme des Schutzes im Sinne der Genfer Konvention liegen kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Oktober 1990, Zl. 89/01/0303 sowie vom 20. Juni 1990, Zl. 90/01/0024). Auch im vorliegenden Fall bestreitet der Beschwerdeführer nicht, daß über seinen Antrag - das Dazwischentreten eines Freundes ist hier rechtlich nicht von Bedeutung - ihm von seinem Heimatstaat ein Reisepaß ausgestellt wurde. Warum darin keine "Unterschutzstellung" gelegen sein sollte, vermag der Beschwerdeführer selbst nicht darzulegen, bringt er doch nur Vermutungen spekulativer Art betreffend der Motive eines Staates vor, politisch Verfolgter durch Ausstellung eines Reisepasses habhaft zu werden. In keiner Weise aber legt der Beschwerdeführer dar, aus welchen in seiner Person gelegenen Gründen die Annahme der belangten Behörde, er habe sich freiwillig unter den Schutz seines Heimatlandes gestellt, unrichtig sein sollte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 1985, Zl. 85/01/0165).

Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war

sie gemäß § 42 Abs.1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den Nr. 416/1994.

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