VwGH 94/18/0559

VwGH94/18/055917.11.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des J, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 4. Juli 1994, Zl. 1117/94, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §23;
FrG 1993 §26;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §23;
FrG 1993 §26;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 10. März 1993 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen polnischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 6 und 7 FrG ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. In der Begründung wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer vom 23. November 1992 "bis vor ca. einem Monat" an einer näher bezeichneten Anschrift in Wien gewohnt habe. "Seit ca. einem Monat" wohne er bei seiner Freundin in Wien, ohne polizeiliche Anmeldung. Am 5. März 1993 sei er aus dem Bundesgebiet ausgereist. Am 9. März 1993 habe er beim Grenzübergang Berg wieder in das Bundesgebiet einreisen wollen. Von der Grenzkontrollstelle sei er gemäß "§ 32 Abs. 2 lit. b" (FrG) zurückgewiesen worden. Die Zurückweisung sei auch in seinem Reisepaß ersichtlich gemacht worden. Der Beschwerdeführer sei daher wieder in die Slowakei zurückgefahren und habe auf einem Parkplatz die Seiten des Reisepasses, auf der sich der Rückweisungsstempel befunden habe, mit nassem Zucker zusammengeklebt. Anschließend habe er beim Grenzübergang Drasenhofen mit dem Reisepaß wieder einreisen wollen. Den Besitz der Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes könne er nicht nachweisen. Laut seinen Angaben bestreite er seinen Lebensunterhalt durch sogenannte Schwarzarbeit und durch Unterstützung seiner Freundin.

Mit Eingabe vom 16. Februar 1994 beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes. Zur Begründung gab er an, daß er in der Zwischenzeit seine langjährige Freundin geehelicht habe. Diese beziehe auf Grund einer behördliche genehmigten Beschäftigung ein monatliches Durchschnittseinkommen von S 18.500,--. Aus der mit dem Antrag vorgelegten Ablichtung der Heiratsurkunde geht hervor, daß die Ehe am 1. Februar 1994 in Wien geschlossen wurde.

Mit Bescheid vom 21. März 1994 wies die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach den Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 26 FrG ab. In der Begründung ging die Behörde davon aus, daß dem Beschwerdeführer und seiner Gattin zum Zeitpunkt der Eheschließung bekannt gewesen sei, daß er nicht in das Bundesgebiet einreisen dürfe bzw. nicht in Österreich bleiben könne. Durch die Eheschließung in Wien sei erwiesen, daß der Beschwerdeführer trotz des bestehenden Aufenthaltsverbotes wieder in das Bundesgebiet eingereist sei. Die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten, seien "mit Ausnahme der Mittellosigkeit" nicht weggefallen, der Beschwerdeführer habe - darüber hinaus - einen weiteren Bruch der Rechtsordnung gesetzt. Den aus der Eheschließung abgeleiteten Interessen komme kein entscheidendes Gewicht zu.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 26 FrG kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 4. Mai 1994, Zl. 93/18/0622) nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die für seine Erlassung maßgebenden Umstände zugunsten des Fremden geändert haben. Bei der Entscheidung über einen solchen Antrag kann die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden. Hingegen ist auch auf die nach der Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 1994, Zl. 94/18/0437).

Auf dem Boden dieser Rechtslage ist die Abweisung des Aufhebungsantrages im Beschwerdefall nicht als rechtswidrig zu erkennen. Auch bei Wegfall des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG rechtfertigt das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers, nämlich das im Bescheid vom 10. März 1993 dem Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG unterstellte Verhalten sowie die aus Anlaß der Heirat entgegen dem Aufenthaltsverbot erfolgte Einreise in das Bundesgebiet, weiterhin die im § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG umschriebene Annahme, zumal auch letzterer Verstoß in Anbetracht des hohen Stellenwertes, der einem geordneten Fremdenwesen zukommt, schwer ins Gewicht fällt (vgl. das schon erwähnte hg. Erkenntnis vom 8. September 1994, Zl. 94/18/0437). Auch gegen die Annahme, das Weiterbestehen des Aufenthaltsverbotes sei zur Erreichung des im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zieles der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens im Sinne des § 19 FrG dringend geboten, bestehen keine Bedenken.

Was die in § 20 Abs. 1 FrG vorgeschriebene Interessenabwägung anlangt, so vermag die Verehelichung des Beschwerdeführers schon deshalb nicht entscheidend zu seinen Gunsten auszuschlagen, weil es sich hiebei um eine während des aufrechten Bestandes des Aufenthaltsverbotes im Wege der Einreise entgegen diesem Verbot geschaffene Tatsache handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Februar 1994, Zl. 94/18/0004). Es ist daher auch in diesem Bereich keine wesentliche Änderung der Verhältnisse zugunsten des Beschwerdeführers eingetreten.

Dem vermag der Beschwerdeführer nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen. Ob er wegen Übertretungen des Kraftfahrgesetzes und des Meldegesetzes rechtskräftig bestraft wurde oder nicht, ist ebensowenig von rechtserheblicher Bedeutung wie der Umstand, daß er nicht wegen Urkundenfälschung gerichtlich verurteilt wurde. Der Beschwerdeführer verkennt ferner die Rechtslage, wenn er meint, daß ein "Kurzbesuch" im Bundesgebiet zur Durchführung einer Eheschließung einem aufrechten Aufenthaltsverbot nicht zuwiderlaufe. Diesbezüglich genügt es, auf § 23 FrG hinzuweisen. Daß die für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgebenden Gründe nicht schon deshalb zur Gänze weggefallen sind, weil der Unterhalt des Beschwerdeführers nunmehr auf Grund seiner Ehe mit einer in Österreich lebenden und hier einer Beschäftigung nachgehenden Frau gesichert sein mag, wurde bereits oben ausgeführt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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