VwGH 94/18/0550

VwGH94/18/055029.9.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 27. Juli 1994, Zl. St 196/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §19;
KFG 1967 §64 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §19;
KFG 1967 §64 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 27. Juli 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und 2 Z. 2 sowie den §§ 19, 20 und 21 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß der - seit März 1980 im Bundesgebiet aufhältige - Beschwerdeführer am 13. Dezember 1990, am 26. November 1992 und am 29. Juni 1993 jeweils wegen Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO und jeweils wegen Verstoßes gegen § 64 Abs. 1 KFG rechtskräftig bestraft worden sei. Bereits im Jahr 1987 habe der Beschwerdeführer ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand und im Jahr 1988 ohne gültige Lenkerberechtigung gelenkt. Überdies sei ihm wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand viermal die Lenkerberechtigung entzogen worden.

Übertretungen nach § 5 Abs. 2 StVO seien ebenso wie solche nach § 64 Abs. 1 KFG nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als schwerwiegende Verwaltungsübertretungen i.S. des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG anzusehen. Daher habe der Beschwerdeführer diesen Tatbestand verwirklicht. Auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme sei gerechtfertigt.

Da sich die Gattin und die Kinder des Beschwerdeführers in Österreich aufhielten, würde durch das Aufenthaltsverbot in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen. Im Hinblick auf die mehrfachen dem Beschwerdeführer zur Last liegenden schwerwiegenden Übertretungen sei jedoch diese Maßnahme zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten. Berücksichtige man, daß weder hohe Geldstrafen noch Führerscheinentzüge noch die Androhung fremdenpolizeilicher Maßnahmen seitens der Bezirkshauptmannschaft am 11. Dezember 1992 etwas gefruchtet hätten, so sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes angesichts der großen Gefahr, die von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehe, aber nicht nur i.S. des § 19 FrG, sondern auch nach § 20 Abs. 1 leg. cit. zulässig, zumal sich die Familie vom Ehemann bzw. Vater - wie die Anzeige der Gattin vom 5. Oktober 1993 zeige - innerlich schon gelöst zu haben scheine.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die Ansicht der belangten Behörde, die in Rede stehenden rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen Bestrafungen verwirklichten den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG und ließen auch die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme als gerechtfertigt erscheinen, unbekämpft. Auch der Gerichtshof hegt gegen diese rechtliche Beurteilung keine Bedenken.

2.1. Der Beschwerdeführer hält jedoch die Verhängung des Aufenthaltsverbotes weder nach § 19 noch nach § 20 Abs. 1 FrG für zulässig. Er habe in seiner Berufung ausgeführt, daß seine Gattin und seine vier Kinder in Österreich lebten und hier einer Beschäftigung nachgingen bzw. die Schule besuchten, daß zwischen den Familienmitgliedern intensiver Kontakt bestehe und daß sich durch den vierzehnjährigen Aufenthalt in Österreich die gesamten Lebensumstände und -gewohnheiten auf ein Verbleiben in diesem Land eingestellt hätten. Für die Kinder, die sehr gut Deutsch sprächen und für die (zwei von ihnen) ein Schulwechsel sehr schwierig wäre, würde es eine unfaßbare Härte bedeuten, wenn der Beschwerdeführer, der im übrigen in Österreich voll integriert wäre, sich hier nicht mehr aufhalten dürfte.

2.2. Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die belangte Behörde hat einen im Grunde des § 19 FrG relevanten Eingriff in das Privat- wie auch Familienleben des Beschwerdeführers angenommen. Wenngleich dieser Eingriff - dies ist dem Beschwerdeführer einzuräumen - als erheblich zu werten ist, kann die Auffassung der belangte Behörde, daß die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes i.S. dieser Bestimmung dringend geboten und daher zulässig sei, nicht als verfehlt angesehen werden. Denn die jeweils dreimaligen Verstöße gegen § 5 Abs. 2 StVO und § 64 Abs. 1 KFG - diese Übertretungen zählen zu den schwerwiegendsten Verfehlungen nach den genannten Gesetzen - und die daraus resultierende große Gefahr für die Allgemeinheit machen an sich schon die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zum Schutz der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte anderer (Art. 8 Abs. 2 MRK) notwendig. Diese Notwendigkeit wird im vorliegenden Fall aber noch zusätzlich dadurch unterstrichen, daß dem Beschwerdeführer wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand bereits viermal die Lenkerberechtigung entzogen worden ist, und weiters, daß ihn selbst die Androhung fremdenrechtlicher Maßnahmen nicht davon abhielt, neuerlich in schwerwiegender Weise gegen straßen- und kraftfahrrechtliche Bestimmungen zu verstoßen.

Wenn die belangte Behörde schließlich die Zulässigkeit im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG bejaht hat, so kann ihr auch in dieser Hinsicht nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Die Zahl, Art und Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten in Verbindung mit einer - wie der viermalige fruchtlos gebliebene Entzug der Lenkerberechtigung deutlich macht - offensichtlichen Neigung und Hartnäckigkeit, die Rechtsordnung zu verletzen, und zwar ungeachtet ihm angedrohter gravierender nachteiliger Rechtsfolgen für den Fall neuerlichen Straffälligwerdens, führen dazu, daß das solcherart begründete öffentliche Interesse an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer bzw. die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme von solch großem Gewicht sind, daß die gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers bzw. die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf seine und seiner Familie Lebenssituation jedenfalls nicht schwerer wiegen.

3. Bei diesem Ergebnis ist der in bezug auf die vollständige Ermittlung des für die Anwendung des § 20 Abs. 1 FrG maßgeblichen Sachverhaltes geltend gemachten Verfahrensrüge der Boden entzogen.

4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Im Hinblick auf die Entscheidung in der Hauptsache erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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